Protokoll der Sitzung vom 25.08.2004

(Beifall und Heiterkeit bei der GAL)

Letztendlich wird eine vorschnelle Elbvertiefung, die sicherstellen soll, dass zukünftige Containerschiffe, die sich jetzt erst im Bau befinden, den Hamburger Hafen besser erreichen können, nur die nächste Stufe in einem Ausbau- und Subventionswettbewerb der norddeutschen Häfen einleiten, die letztendlich zu ruinierten Haushalten aller beteiligten Länder führt, ohne die strategische Situation Hamburgs zu verbessern. Im Gegenteil, wenn jetzt eine solche Entwicklung eintritt und die Unterelbe vertieft wird, die Außenweser vertieft wird und auch Wilhelmshaven gebaut wird, dann hat sich die strategische Situation Hamburgs gravierend verschlechtert. Ein Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven, wenn er erst als Universalhafen mit einer Wassertiefe von mehr als 20 Metern gebaut ist, wird bei zukünftigen Schiffen, die einen größeren Tiefgang haben, automatisch dazu führen, dass dann endgültig und für immer die Verkehre an Hamburg vorbeilaufen.

Eine vorausschauende und verantwortungsvolle Senatspolitik würde jetzt nach Lösungen suchen, die diese gefährliche Entwicklung vermeiden. Der Senat muss in Verhandlungen mit Niedersachsen und Bremen für den Standort Cuxhaven eintreten, der wirtschaftlich allen Beteiligten gerecht wird und eine weitere Elbvertiefung überflüssig machen würde. Eine Arbeitsteilung zwischen Hamburg und Cuxhaven würde beiden Standorten helfen. Cuxhaven hat das tiefe Wasser und Hamburg behielte weiterhin durch von Cuxhaven gefeederte Container seine Logistikfunktion als Warendrehscheibe. Auch die Hinterlandverkehrsverbindungen, die in Hamburg bereits vorhanden sind, bräuchten nicht zusätzlich an einem weiteren Standort ausgebaut werden. Dass Wilhelmshaven diese Hinterlandverbindungen erst noch gebaut werden müssen, ist ein zusätzlicher Kostenaspekt, der volkswirtschaftlich völlig unsinnig ist.

Das Projekt einer weiteren Elbvertiefung muss grundsätzlich geprüft werden unter umfassender Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Aspekte, aber auch der Deichsicherheit. Wir sind überzeugt, dass Cuxhaven der bessere Standort wäre und hoffen, dass der Senat nicht noch einmal zwei Jahre verliert, um diese sinnvolle und notwendige Lösung voranzutreiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Mattner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gabriels Poltern in Niedersachsen hilft der gemeinsamen Sache nicht. Nun will ich den Kollegen Egloff nicht schon wieder loben, weil das wahrscheinlich langsam karriereschädigend für ihn ist, aber der Kollege

Gabriel hätte auf Herrn Egloff hören sollen. Aber Gabriel sagt nicht nur Dinge, die wir schon kennen, sondern er wird damit in der Zeitung zitiert, dass er einen Stopp der Elbvertiefung haben möchte. Wer sich seine Landtagsrede – ich konnte das nachlesen – genau angeschaut hat, sieht, wes Geistes Kind dort spricht. Er macht Fundamentalopposition und das ist für die gemeinsame Sache im Norden schädlich.

Viele Arbeitsplätze, das haben wir vorhin schon gehört, hängen auch in Niedersachsen von unserem Hafen ab. Es wird so viel umgeschlagen wie nie; bis 2015 werden wir eine Verdoppelung des Containerumschlags haben. Und wenn man jetzt eine ungefähre Einschätzung vornimmt, hängen in der gesamten Region 150 000 Arbeitsplätze am Hafen und es werden täglich mehr. Die jetzt anstehenden Investitionen belaufen sich auf 350 Millionen Euro und wer weiß, dass Investitionen in der Regel immer die doppelte volkswirtschaftliche Effektivität haben, kann sich ausrechnen, welchen Wohlstand das für Hamburg und die Region bringt.

Wir sehen auch viele Chancen. Ich will hier nur kurz die Osterweiterung der EU erwähnen; wir werden Drehscheibe. Vielleicht erinnern Sie sich noch, insbesondere der Erste Bürgermeister, an den Oberbürgermeister aus Warschau, der hier war und ihn raten ließ, welches der bedeutendste Hafen für Warschau sei. Die Antwort war nicht etwa Danzig, sondern Hamburg. Das zeigt, wie man im Osten denkt, aber leider nicht in Niedersachsen.

Meine Damen und Herren! Es ist schon vieles geschehen. Herr Kerstan, wir wissen doch, dass schon Voruntersuchungen stattgefunden haben. Die Wasserverwaltungen der Bundesanstalten haben sich mit dem Thema beschäftigt und von daher wissen wir schon jetzt, dass hydrologisch in Ordnung ist, was dort passieren soll. Die Tide wird dadurch nicht erhöht, im Gegenteil, sie wird gedämpft. Wir haben Hochwasserneutralität zu verzeichnen und ökologisch ist es auch vertretbar, insbesondere im Zusammenhang mit Ausgleichsmaßnahmen. Kein Mensch, außer Herrn Kerstan, bezweifelt, dass das Ganze für uns hochrentabel sein wird. Das sind die Fakten, die wir nicht übersehen dürfen.

Unter der alten SPD-Regierung in Niedersachsen war es sachlicher, nicht bezogen auf die neue CDU-Regierung, sondern auf Gabriel, der jetzt Hochwasserängste schürt trotz der bisherigen Erkenntnisse. Wir wissen im Übrigen auch, dass die Folgen des letzten Ausbaus 1999 viel geringer ausgefallen sind, als man uns prognostiziert hat, denn nicht nur in Hamburg, sondern überall gibt es Messpunkte. In Hamburg arbeiten allein 15 Menschen täglich daran, das festzustellen. Insofern verwundert es auch nicht, dass die Ministerpräsidentin von SchleswigHolstein sich noch im April für die Maßnahmen ausgesprochen hat.

Bei Herrn Stolpe in Berlin geht es mir im Moment in der Tat bei dieser wichtigen Fragestellung ein wenig zu gemächlich zu. Ich würde etwas mehr Schnelligkeit erwarten, zumal seine Staatssekretärin, Frau Mertens, noch vor kurzem erklärt hat, wir würden im Sommer eine Entscheidung bekommen. Langsam wird es kälter, nur eine Entscheidung kommt nicht.

In Richtung Grüne muss man sagen, dass das doch wieder ein wenig nach Wahlkampfgetöse klingt, was wir auf Bundesebene, aber in Ansätzen auch von Ihnen, gehört haben. Herr Kerstan, wir alle wissen, dass die UVP im

weiteren Verfahren noch kommt. Wir wissen, dass es landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen geben wird, das heißt, all das, was wir schon wissen, wird noch weiter vertieft und sachlich begründet. Spätestens mit der U-Bahn, Herr Kerstan, haben Sie uns wieder gezeigt, dass Sie wirklich nur Fragen beantworten, die kein Mensch stellt, und die allerwichtigste Frage, die Frage nach Cuxhaven, stellen eigentlich nur noch Leute, die Hamburg schaden wollen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen zum ersten Thema sehe ich nicht.

Dann rufe ich das zweite, von der SPD-Fraktion angemeldete Thema auf

Der Senat gegen das Volk – Wortbrüche am laufenden Band

Das Wort hat der Abgeordnete Neumann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hamburg sammelt Unterschriften für zwei Volksbegehren und es gilt, mit diesen Volksbegehren zu verhindern, dass unsere Wasserwerke verkauft und unsere Berufsschulen an die Handelskammer verschenkt werden.

(Bernd Reinert CDU: Ach!)

Der Bürgermeister hat in einem Interview erklärt, dass unsere Wasserwerke nicht verkauft werden sollen, doch diese Zusage ist aus meiner Sicht nichts wert, denn entscheidend ist in dieser Frage schon lange nicht mehr der Bürgermeister, entscheidend ist doch hier einzig und allein Herr Peiner. Er bestimmt die Richtlinien der Politik, nicht der Bürgermeister und schon lange nicht mehr die CDU-Fraktion.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wird der Bürgermeister also in dieser Frage sein Wort halten oder erleben wir auch in dieser Frage einen ähnlichen Wortbruch, wie wir ihn in der Innenpolitik erlebt haben? Das Ergebnis eines solchen Bürgermeister- Schwerpunkts ist immerhin die Streichung von weit über 350 Stellen bei der Polizei. Versprochen wurde einmal eine Polizeiwache in jedem Stadtteil. Das Einzige, was wir heute haben, sind Mahnwachen von Polizei und Feuerwehr vor dem Rathaus.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Der Bürgermeister spricht immer wieder gern vom Schwerpunkt Bildung und was macht der Finanzsenator? Er streicht 400 Lehrerstellen und die Ganztagsschulen sollen durch die Streichung von weiteren 100 Lehrerstellen finanziert werden. Da kann man nur sagen: Nichts ist in diesem Bereich besser geworden, vieles aber schlimmer.

Wie sieht es an den Universitäten aus? Tausende von Studienplätzen sollen offensichtlich abgebaut werden. Die Fächer Geschichte und Philosophie sollen in Hamburg abgeschafft werden. Ist das die Wissensmetropole Hamburg, von der der Bürgermeister immer so gern spricht?

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir haben dem Senat vor vier Monaten die Hand zum so genannten Kita-Kompromiss gereicht und wohl als einzige Opposition in ganz Deutschland einer Steuererhöhung der Regierung zugestimmt. Wir halten unsere Zusage, 21 Millionen Euro Grundsteuererhöhung zur Finanzierung des Kita-Kompromisses bereitzustellen. Was macht der Senat? Er will 70 Millionen Euro streichen, obwohl 5000 Kinder zusätzlich in Hamburg versorgt werden sollen.

Müssen also die Menschen unter einem politischen Schwerpunkt des Bürgermeisters verstehen, dass für 5000 zusätzliche Kinder 70 Millionen Euro weniger ausgegeben werden? Ist das die Vorstellung des Bürgermeisters und der CDU von Kinder- und Familienpolitik?

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn man diese wenigen Beispiele einmal Revue passieren lässt, dann kann man nur jedem Ressort wünschen, nicht Schwerpunkt des Senats, nicht Schwerpunkt des Bürgermeisters zu sein,

(Beifall bei der SPD und der GAL)

denn Schwerpunkt des Bürgermeisters zu sein bedeutet faktisch, vom Finanzsenator das Fell über die Ohren gezogen zu bekommen.

Empörend dabei ist auch – das ist der vorläufige Tiefpunkt – der zumindest moralische Verfassungsbruch des Bürgermeisters und des Senats im Fall des Verkaufs unserer Krankenhäuser. Dreiviertel der Hamburgerinnen und Hamburger haben entschieden, dass unsere Krankenhäuser nicht verscherbelt werden dürfen, und da können sich CDU und Senat nicht mit irgendwelchen juristischen Winkelzügen herausreden. Der Wille des Volkes war und ist eindeutig, unsere Krankenhäuser dürfen nicht verkauft werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Bei den beiden aktuellen Volksbegehren sollen jeweils 66 000 Unterschriften gesammelt werden. Wir Sozialdemokraten unterstützen diese Volksbegehren, weil unsere Wasserwerke nicht verkauft werden dürfen und unsere Berufsschulen staatlich bleiben sollen und, was dauerhaft viel wichtiger ist und einen noch größeren Schaden anrichtet, weil man den Aussagen und Versprechungen eines hamburgischen Bürgermeisters leider nicht mehr trauen kann.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Unter einer verantwortlichen Regierungsfraktion stelle ich mir vor, dass das Parlament in einem demokratischen Staat die erste Gewalt und nicht der Schoßhund des Senats ist. Die erste Gewalt darf nicht die zweite Geige spielen. Nun wird es Sie überraschen, dass das nicht meine Worte sind. Es sind die Worte, die Herr Freytag als Ihr Fraktionsvorsitzender genau an diesem Ort nach der Wahl 2001 gefunden hat. Er sagte auch, dass das parlamentarische Abnicken vorgekauter Exekutivfertiggerichte in diesem Parlament nicht mehr stattfinden wird.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Da haben Sie die größte Erfahrung!)

Ich messe Sie an Ihren eigenen Maßstäben, an den Maßstäben von Herrn Freytag. Herr Reinert, ich frage Sie: Was ist aus diesem Anspruch geworden, was ist aus Ihrer Fraktion geworden?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Deshalb appelliere ich an Sie, sich nicht von Ihrem Finanzsenator einwickeln zu lassen, der Sie ohnehin nur als unfähig und engstirnig einschätzt. Fragen Sie Herrn Tants, der weiß besser, was der Finanzsenator von Ihnen als Abgeordnete hält.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist bei weitem überschritten.

Dann bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Reinert.