Protokoll der Sitzung vom 13.12.2004

Auf die Frage, woher denn die zusätzlichen 500 Millionen Euro kommen sollen, fallen dem Senat – es ist schon fast ein Reflex – immer wieder die Worte Vermögensverkauf und Public-private-partnership ein.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wissen Sie denn, was das ist?)

Bisher hat die Stadt bei diesen Public-privatepartnerships vor allem gezahlt und nicht gespart: beim Museum Tamm 30 Millionen Euro, beim Jungfernstieg fast 9 Millionen Euro statt der ursprünglichen 4 Millionen Euro. Übrigens ist das Geld für den Jungfernstieg durch temporäre Minderausgaben bei der Flughafen-S-Bahn vorfinanziert worden. Man kann sich mittlerweile fast vorstellen, wo das Geld bei der Flughafen-S-Bahn gefehlt hat. Die kostet jetzt aber 270 Millionen Euro statt 240 Millionen Euro und die fehlenden 5 Millionen Euro müssen jetzt wohl obendrauf kommen. Nachdem klar ist, Herr Heinemann, dass ECE das Management der Europapassage übernommen hat, ist auch dem Letzten klar, warum der ECE-Chef 5 Millionen Euro für seinen Vorhof gespendet hat.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Andreas Mattner CDU: Das ist genauso ein Quatsch!)

Es gibt aber noch mehr, was der Bausenator immer wieder gern als Leuchtturm benennt. Die Leuchttürme der

Kultursenatorin sind ein neues Archäologiezentrum auf dem Domplatz, ein Ballett-Museum für John Neumeier und vor allem die Elbphilharmonie. Ich wage vorherzusagen, dass Herr Neumeier sein Ballett-Museum wohl selbst finanzieren muss und ob die Elbphilharmonie jemals kommt, weiß im Moment niemand. Die Bürgerschaft hat noch nicht einmal eine Drucksache erhalten, aber die Entwurfsskizzen von Herrn Beecken und Herrn Gérard wurden schon für viel Geld gekauft. Ich frage mich, ob man diese Entwurfsskizzen als Vermögen mobilisieren kann.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn ich nun höre, dass die Elbphilharmonie zu einer Herzensangelegenheit der Hamburgerinnen und Hamburger werden soll, dann wird jeder Hamburger ganz schnell seine Geldbörse festhalten.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Eine andere Perspektive wäre auch noch, nächstes Jahr kurz vor Weihnachten mal wieder auf die Idee zu kommen, die Grundsteuer zum dritten Mal zu erhöhen.

Ihre Finanzpolitik steigert nach wie vor die Ausgaben, denn Sie planen, im Jahre 2006 100 Millionen Euro mehr auszugeben als in diesem Jahr und danach jedes Jahr 200 Millionen Euro mehr auszugeben. Sie machen lediglich weniger mehr Schulden, weil Sie Vermögen beziehungsweise Forderungen verkaufen. Egal, wie Sie es drehen, die Zeche zahlen so oder so die späteren Generationen und damit versündigen Sie sich an denen, die sich nicht mit dem Stimmzettel wehren können, nämlich an den Kindern und Jugendlichen unserer Stadt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Sie haben die absolute Mehrheit in der Bürgerschaft, Sie hatten volle vier Jahre vor sich, um die Zukunftsaufgaben der Stadt für die Menschen in der Stadt anzugehen;

(Harald Krüger CDU: Und das ist auch gut so!)

Sie nutzen diese Chance nicht. Ihre Gestaltungskompetenz beschränkt sich auf die Streichung vermeintlichen Sozialklimbims, auf Postenschacherei und wortreich präsentierte Leuchttürme, deren Planung nie über die untersten Schubladen der Behörden hinauskommt. Es gibt kaum eine Presseerklärung des Senats, in der nicht das Leitbild der "Wachsenden Stadt" beschworen wird. Ein eigenes konservatives oder christlich-demokratisches Leitbild haben Sie bis heute nicht. Sie haben sogar die Formulierung der wachsenden Stadt von Henning Voscherau abgeschrieben. Sie haben keinen Plan für Hamburg und Ihnen fehlt ein Plan, das modernste Kinderbetreuungsgesetz umzusetzen. Ihnen fehlt ein Plan, die Schulstandortplanung mit einer Neuausrichtung der Bildungspolitik zu verknüpfen, zusammenzubringen. Ihnen fehlt ein Plan, das von Ihnen selbst verkündete Sonderinvestitionsprogramm mit sinnvollen und vor allen Dingen finanzierbaren Projekten zu füllen und Ihnen fehlt ein Plan, durch den Umbau der Verwaltung, die Modernisierung des öffentlichen Dienstes, eine Stabilisierung und Sicherung der Steuereinnahmen – da kommt es auf das Abstimmungsverhalten im Bundesrat an – Hamburg aus der Finanzkrise zu führen ist. Und weil Ihnen ein Plan für Hamburg fehlt, beschränken Sie den Begriff "Wachsende Stadt" nicht auf die Menschen, sondern auf Beton. Dass Sie in die Menschen unserer Stadt investieren müssen, in

ihre Fähigkeiten und Potenziale, um aus Hamburg eine wirklich wachsende Stadt zu machen, haben Sie bis heute schlichtweg nicht begriffen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten standen und stehen uneingeschränkt zum Projekt Airbus. Wir haben das auch in den vergangenen Wochen getan und sind auch Berlin dankbar, dass sie sich für Airbus in Hamburg stark gemacht haben. Beim Thema Airbus stehen wir weiter an Ihrer Seite trotz des Dilettantismus, den der Senat in der Krisenbewältigung der letzten Monate an den Tag gelegt hat.

(Michael Fuchs CDU: Ach, hören Sie auf!)

Herr Bürgermeister, als es höchste Zeit war, nach Neuenfelde zu gehen und sich den Menschen dort zu stellen, haben Sie sich viel zu lange vor diesem zweifellos schwierigen Termin gedrückt. Als es dann eng wurde und Sie fürchteten, die Kuh nicht mehr vom Eis zu bekommen, haben Sie vorsorglich Fehler Ihrer Amtsvorgänger eingeräumt. Dass Sie das Problem der Landebahnverlängerung überhaupt hatten, liegt daran, dass Sozialdemokraten dafür gesorgt haben, dass der A380 in Hamburg gebaut wird.

(Michael Fuchs CDU: So kann man es auch se- hen!)

Das war unsere Leistung und nicht Ihre.

(Beifall bei der SPD)

Und dann hatten Sie am Ende mit der Kirche ganz pauschal jemanden, dem Sie wunderbar die Schuld für Ihr eigenes Scheitern und Versagen in der Krise aufbürden konnten.

(Wolfgang Beuß CDU: Sie haben keine Ahnung!)

Das war ein plumpes Ablenkungsmanöver, das eines Hamburger Bürgermeisters unwürdig ist. Ich gestehe Ihnen zu, dass es Dinge gibt, die wir als Menschen empfinden. Es gibt aber auch Dinge, die das Amt von uns verlangt, und Sie sind in dieser Frage den Anforderungen Ihres Amtes nicht gerecht geworden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Sie haben das Verhältnis zwischen Stadt und Kirche vor zwei Wochen so ramponiert, wie es vor Ihnen nur Ronald Schill tat.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist unglaublich!)

Ihr Senat und Sie haben mit der kindischen Absage des Adventsempfangs das Gespräch verweigert

(Zuruf von der CDU)

und mit dieser Gesprächsverweigerung haben Sie genau denselben Fehler gemacht, den Sie dem Neuenfelder Kirchenvorstand – aus meiner Sicht übrigens zu Recht – vorgeworfen haben. Unbequeme Kirchenleute besuchen Sie nicht zum Advent und Kirchenleute, die Ihnen nach dem Munde reden, werden Senatssprecher. Das ist das Verhältnis zwischen Stadt und Kirche unter einem Bürgermeister von Beust.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen heute deutlich gemacht, dass es klare Alternativen zur Politik dieses CDU-Senats gibt.

(Zurufe von der CDU: Nein! und lachen bei der CDU)

Wir Sozialdemokraten haben klare Schwerpunkte in die Bildung und die Investition in Bildung gesetzt. Wir stehen für Innovation, für Zukunftsinvestitionen und ein klares Bekenntnis zur Leistung.

(Zurufe von der CDU – Glocke)

Meine Damen und Herren! Nicht alle zugleich. Das Wort hat der Abgeordnete Neumann, und zwar ausschließlich.

Deshalb müssen wir in die einzige Ressource investieren, die unsere Stadt besitzt, und das sind die Menschen, denen wir eine Zukunft geben müssen, mit denen, wenn sie erfolgreich sind, dann auch unsere Stadt die Zukunft erfolgreich meistern wird. Damit wird auch klar: Wir stehen für ein anderes Hamburg als die CDU. Wir stehen für ein Hamburg, das auf der Grundlage einer starken Wirtschaft eine soziale Stadt ist. Wir wissen aber auch, dass eine soziale Stadt dauerhaft wirtschaftlich stark und sicher sein kann.

Deshalb will ich zum Schluss sagen, dass wir, wenn wir wirklich ein soziales, starkes und sicheres Hamburg schaffen wollen, in Menschen investieren müssen und nicht allein in Beton. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Reinert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Neumann, zählen Sie mit, wie oft das Wort "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt" vorkommt. Ich habe es nicht gezählt, mir sind die Inhalte wichtiger als die Statistik.

(Beifall bei der CDU)

Mit diesem Doppelhaushalt, dem ersten in Hamburg, stellen wir die Weichen für die beiden mittleren Jahre der Wahlperiode und die möglichen weiteren Schritte zur Umsetzung des eben genannten Konzepts und mit diesem Konzept wollen und werden wir Hamburgs Zukunft sichern.

Heute leben fast 1 740 000 Menschen in Hamburg; das ist der höchste Bevölkerungsstand seit 1974. Würden die Anwürfe der SPD und der GAL stimmen, dass wir die Weichen falsch stellen, eine bildungsfeindliche Politik der sozialen Kälte betreiben würden, dann müssten die Menschen scharenweise die Stadt verlassen. Die Abstimmung mit den Füßen beweist, dass das Gegenteil der Fall ist.

(Beifall bei der CDU)

Trotz des demographischen Wandels in Deutschland, trotz insgesamt schrumpfender Bevölkerung hat Hamburg auch langfristig weitere Wachstumsaussichten, wie verschiedene Analysen wissenschaftlicher Institute bestätigen. Wir wollen diese Chancen nutzen und deshalb

kommt es darauf an, Hamburg im Wettbewerb der Städte und Regionen weiter zu stärken und gezielt zu investieren. Das Wachstum der Einwohnerzahl ist eine Folge der Anziehungskraft der Stadt auf Menschen aus Deutschland und der ganzen Welt.