Protokoll der Sitzung vom 19.01.2005

Aber lassen Sie mich zum Schluss auch einige wenige Anmerkungen zu dem Finanzierungskonzept machen. Es gibt die Investitionsmittel von 6 Millionen Euro aus dem öffentlichen Haushalt und es gibt die Zusage von 3 Millionen Euro von der Stiftung Maritim, davon sind 2,45 Millionen Euro jetzt schon fest zugesagt. Es fehlen also noch über 500 000 Euro an privaten Mitteln. Ich hoffe sehr, dass es dafür von privaten Sponsoren demnächst Zusagen geben wird.

Schon jetzt müssen wir denjenigen danken, die zum Teil Mittel in erheblichem Umfang zur Verfügung gestellt haben. Jeweils 1 Million Euro kommen von den privaten Sponsoren der Norddeutschen Affinerie und von Hapag Lloyd, kleinere, aber auch beachtliche Summen kommen vom Flughafen Hamburg und von der Hamburger Feuerkasse. Es ist ganz besonders wichtig, dass sich diese Unternehmen in Hamburg für dieses Projekt engagieren.

Ein weiterer Punkt der Finanzierung für die Zukunft: Die Besucherzahlen, die mit 150 000 oder mindestens 100 000 pro Jahr kalkuliert wurden, sind wirklich sehr optimistisch, wofür wir natürlich alle werben. Wenigstens kurz erörtert werden muss auch die Frage, was passieren soll, wenn dieses nicht auf Anhieb gelingen wird.

Wir geben nicht mit der Beschlussfassung heute, sondern nach einer Ausschussberatung in zwei Wochen den Startschuss für ein großartiges Projekt in der Stadt. Ich hoffe, dass es gelingen wird.

(Beifall bei der SPD und bei Frank-Thorsten Schira CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Maier.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Wir haben dieses Projekt von Anfang an unterstützt, sogar betrieben. Ich war eine Zeit lang für die Vorstufe dieses Projektes auch persönlich verantwortlich. Aus dieser Zeit möchte ich Sie kurz daran erinnern, wie es eigentlich zustande gekommen ist.

Es war das Verdienst von zwei Personen aus der Senatskanzlei – Frau Gießler und Herrn Scheppelmann – die die Idee hatten, die im Staatsarchiv vorhandene, 5 Millionen Personen umfassende Schiffsliste ins Netz einzustellen. Es entstand das Projekt LinkToYourRoots, das das Staatsarchiv, beschäftigungslose Behinderte und das Internet in Bewegung brachte. Außerdem haben

Firmen an diesem großartigen Projekt mitgewirkt, das am Anfang dieser ganzen Geschichte stand.

Dann wurde darüber nachgedacht, was man noch damit anfangen könnte. Dabei stießen die Beteiligten auf die BallinStadt als historische Erinnerung und dann auch auf den Ort, an dem sie gewesen sind. Nach einigem Nachforschen stellte sich heraus, dass die armselige Restbaracke, die dort noch als letzter übrig gebliebener Bestandteil steht, zum Teil von einem portugiesischen Wirt als Lokal genutzt wird.

Die zwischenzeitliche Nutzung dieser Baracke war nicht ruhmvoll. Sogar die Organisation "Todt" hat sie benutzt, also der Reichsarbeitsdienst.

Die erste Idee war, dort eine Zweigstelle des Staatsarchivs einzurichten, das LinkToYourRoots bearbeitete, und gleichzeitig eine weitere Nutzung für den Stadtteil zu öffnen, indem wir das Stadtteilbüro Veddel dort hineinlegen würden. Herr Ehlers befürwortete damals das erste Modell, nach dem nur eine Halle für einen Betrag von 5,7 Millionen DM gebaut werden sollte. Dann verloren wir 2001 die Wahl, die Stiftung Hamburg Maritim griff dieses Projekt auf und plötzlich bekam es eine dreimal so große Dimension. Es sollte nicht mehr 5,7 Millionen DM kosten, sondern 9 Millionen Euro.

Zunächst kam die Ansage, das sei kein Problem, dafür würde in New York gesammelt und das Geld würde nur so fließen, weil es Herzensangelegenheit der amerikanischen Millionäre sei, ihren Ausgangspunkt in Europa wiederzufinden. Das Geld floss aber nicht. Ich glaube, aus New York kam gar nichts Nennenswertes. Aber das Projekt hatte jetzt plötzlich diese Dimension von 9 Millionen Euro bekommen. Die Stiftung Hamburg Maritim warb jetzt nicht mehr mit nur einer einsamen Baracke, sondern mit drei Baracken und Kopfbau als Modell. Davon war auch schlecht wieder herunterzukommen. Nun klappte das erste Versprechen nicht, dass wenigstens die Hälfte des Geldes von privater Seite kam; jetzt wird mit 3 Millionen Euro gerechnet. Hoffen wir, dass es so sein wird. Zurzeit steht der Betrag bei 2,45 Millionen Euro.

Auch eine zweite Idee war nicht plausibel. Es ist immer der Vergleich mit Ellis Island gemacht worden. Nun muss man aber begreifen, dass uns in Deutschland oder auch in Hamburg vermutlich die Auswandererhallen – so wichtig sie für uns sind –, nicht so nah am Herzen liegen wie Ellis Island den Amerikanern, die diesen Weg wirklich als Teil ihrer Identität gegangen sind und damit auf ihre Ursprünge zurückgehen. Insofern stellt sich die Frage, warum wir uns eigentlich nur mit der Auswanderung beschäftigen, wenn wir denn schon größer werden, und nicht auch mit der Einwanderung nach Hamburg, weil daran das Herz vieler hängt, die heute noch hier sind.

(Beifall bei der GAL)

Das würde die Sache ganz anders in die Motivationslage der heutigen Hamburgerinnen und Hamburger bringen.

Nun ist das vom Senat so vorgelegt worden.

(Zuruf von Wolfgang Drews CDU)

Die kommen nicht mehr mit der HAPAG an, noch nicht einmal mit der HADAG, sondern mit Flugzeugen. Aber immerhin hat sich die Hamburger Flughafen AG beteiligt. Insofern wäre es nahe liegend, auf den Gedanken zurückzukommen.

Ich hoffe, dass die fehlenden gut 0,5 Millionen Euro noch zusammenkommen werden. Problematischer sehe ich die Betriebskosten. Die Kalkulation sieht jetzt folgendermaßen aus: Es wird mit 150 000 Besuchern gerechnet. Jede Besucherin beziehungsweise jeder Besucher soll im Durchschnitt 9 Euro für die Eintrittskarte und 4 Euro im Shop ausgeben. Gleichzeitig hat man aber die Vorstellung, dass viele Kinder und Jugendliche dort hingehen sollen. Also müssten Erwachsene möglicherweise allein für die Karte etwa 15 Euro zahlen. Das wird für einen Museumsbesuch schwer zu erreichen sein, zumal das Problem besteht – Frau Stapelfeldt wies schon darauf hin –, dass wir im Sinne eines Museums so gut wie nichts auszustellen haben. Es gibt ja kaum noch erhaltene Erinnerungsstücke, sondern es müssen dort Inszenierungen gemacht werden, es muss Edutainment stattfinden. Das ist aber sehr aufwendig. Jetzt hat IRCON gesagt, sie würden das schaffen. Wir haben aber Zweifel, ob das hinzukriegen ist. Ich will auf keinen Fall, dass der sowieso schon knappe Etat der Museen in unserer Stadt, die eine große Bugwelle negativer Betriebsmittel vor sich hertragen, dadurch gefährdet wird.

Es ist sehr zu begrüßen, dass das Museum für Hamburgische Geschichte 0,9 Millionen Euro für eine wissenschaftliche Ausstellung zur Auswanderung bekommen soll. Man sollte den Auftrag auch dahin gehend erweitern, dass dabei zumindest die zentralen Elemente der Einwanderung eine Rolle spielen.

Wenn ich das Projekt insgesamt betrachte – wir werden es im Haushaltsausschuss noch einmal besprechen –, muss ich sagen, dass ich im Moment noch nicht davon überzeugt bin, dass es laufen wird. Das hängt aber auch ein bisschen damit zusammen, dass wir vom Betreiber noch keine Vorstellung haben, wie es denn eigentlich aussehen soll. Wir haben ein paar Bilder gesehen, die gar nicht vom künftigen Betreiber stammen, sondern vom Museum für Hamburgische Geschichte. Dort sollen zum Beispiel Vitrinen aufgestellt werden, wir wissen aber nicht, was dort eigentlich geschehen soll. Bevor ich aus vollem Herzen sage: Wir sind bereit, das Risiko, das darin steckt, wenn man ein neues Museum eröffnet, einzugehen, muss noch ein bisschen nachgelegt werden.

Ich will die Auswandererhalle, aber so bin ich noch nicht davon überzeugt und würde in der momentanen Situation eher zu einer Enthaltung neigen. Aber vielleicht kann man uns noch Weiteres sagen und klüger machen. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und Tanja Bestmann SPD)

Das Wort erhält die Kultursenatorin von Welck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich freue mich natürlich sehr, dass dieser interfraktionelle Antrag vom November 2000 nun in Form einer Senatsdrucksache zum Entschluss vorliegt. Ich bin ganz sicher, dass auch die vermeintlich noch offenen Fragen zu den Betriebskosten in 14 Tagen im Haushaltsausschuss zufriedenstellend für alle Beteiligten beantwortet werden können.

Herr Drews hat darauf hingewiesen, dass das maritime Erbe das Herzstück der Identität Hamburgs ist. Insofern messe ich diesem Projekt eine ganz zentrale Bedeutung

A C

B D

zu im Dreiklang mit dem Internationalen Schifffahrtsmuseum, der Elbphilharmonie und jetzt der BallinStadt.

Die Auswanderung über den Hafen Hamburg ist ein unglaublich wichtiges Kapitel in der Geschichte unserer Stadt. Wenn man sich einmal vorstellt, dass mehr als 5 Millionen Menschen über Hamburg Deutschland verlassen haben, um nach Übersee auszuwandern – vorwiegend nach Amerika –, ist das schon eine unglaubliche Zahl. Über Jahre hinweg war Hamburg der bedeutendste Auswanderungshafen Deutschlands. Ich finde es erstaunlich, dass dieses Kapitel unserer Stadtgeschichte bislang nicht angemessen in den Hamburger Museen gewürdigt wurde.

(Beifall bei der CDU)

Mit der Errichtung des Auswanderermuseums BallinStadt auf der Veddel und der Errichtung einer dauerhaften Auswandererausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte wollen wir diese Lücke in der hamburgischen Museumslandschaft schließen. Das Auswanderermuseum soll genau an der Stelle errichtet werden, an der Albert Ballin seine Auswandererstadt baute. Allerdings sind, Frau Stapelfeldt wies darauf hin, von den Gebäuden allein die Grundmauern eines Schlafpavillons erhalten. Doch dieses Gebäude soll rekonstruiert werden und die Keimzelle für dieses Museum bilden.

Mit dem Auswanderermuseum, meine Damen und Herren, eröffnet sich uns auch die Möglichkeit, diesen einzigartigen historischen Schatz, der im Hamburger Staatsarchiv schlummert, nämlich die aufbewahrten Schiffslisten dieser 5 Millionen Menschen, für genealogische Recherchen publikumswirksam einzusetzen. Die Listen enthalten neben dem Schiffsnamen und dem Auswanderungsjahr die Daten aller Passagiere mit Familiennamen, Vornamen, Familienstand, Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit, Beruf, Ziel- und Herkunftsort. Gerade diese letzte Informationen – Ziel- und Herkunftsort –, machen diese Listen so unglaublich spannend, weil sie nämlich auf den Einwandererlisten in Ellis Island fehlen. Von daher ist eine wichtige und gute Verknüpfung mit Ellis Island möglich, obwohl natürlich klar ist, dass das eine ganz andere Institution ist. Die Daten der Listen werden gegenwärtig in dem Projekt LinkToYourRoots digitalisiert und sollen das Material für ein Zentrum für Familienforschung im Auswanderermuseum bilden.

Meine Damen und Herren! Auswanderung über Hamburg muss immer auch im Zusammenhang mit der Entwicklung von Stadt und Hafen, von Schifffahrt- und Zubringerverkehr gesehen werden. Ein besonders dunkles Kapitel war die Zwangsaussiedlung von Verfolgten im Nationalsozialismus. Diese Aspekte sollen natürlich ebenfalls berücksichtigt werden. Die Planungen sehen vor, sie im Museum für Hamburgische Geschichte als Dauerausstellung umfassend darzustellen. Natürlich wird dabei auch die Einwanderung eine Rolle spielen, Herr Maier, denn dieses Thema sollte nicht ausgeschlossen werden.

Meine Damen und Herren! Es ist bemerkenswert, dass vor allem private Einrichtungen in Hamburg die Pflege unseres maritimen Erbes übernommen haben. Beispielhaft und vorbildlich ist – Herr Drews, Sie haben es erwähnt – die Stiftung Hamburg Maritim. Herr Maier, man muss schon ein bisschen freundlicher mit ihr umgehen. Es ist phantastisch, dass schon so viel Geld zusammengekommen ist, obwohl wir erst jetzt den Startschuss für dieses Projekt gegeben haben. Es ist eine große Leis

tung, die man nicht in Zweifel ziehen oder unfreundlich behandeln sollte.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Willfried Maier GAL)

Nein, aber man muss die Stiftung Hamburg Maritim würdigen, denn sie hat es verstanden, dieses Thema wieder in die Öffentlichkeit und ins Bewusstsein zurückzuholen, nachdem es ein bisschen in Vergessenheit geraten war.

Die Stiftung hat fabelhafte Sponsoren an Land gezogen. Insbesondere die Norddeutsche Affinerie, Hapag-Lloyd, Hamburger Feuerkasse und Flughafen leisten einen phantastischen Beitrag.

Meine Damen und Herren! Das Auswanderermuseum wird sicher auch die Aufwertung des Stadtteils Veddel im Rahmen des städtebaulichen Leitprojekts "Sprung über die Elbe" bewirken. Das finde ich persönlich ganz besonders wichtig. Auch die Bewohner der Veddel werden von dem neuen Museum profitieren. Gemeinsam mit den Quartiersentwicklern werden wir Strategien der Zusammenarbeit zwischen Museum und Stadtteil entwickeln und darauf freue ich mich schon sehr.

Darüber hinaus bereiten wir eine intensive Zusammenarbeit mit dem im Bau befindlichen Auswanderermuseum in Bremerhaven vor. Insbesondere im Bereich der Werbung in Übersee versprechen wir uns hiervon wichtige Impulse.

Zur Förderung städtebaulicher Zielsetzungen wird Hamburg zudem, wie Ihnen bekannt ist, im Jahr 2013 eine Internationale Bauausstellung, die IBA, durchführen. Das Auswanderermuseum wird als kultureller Anziehungspunkt natürlich hervorragend zum IBA-Projekt passen. Museum und Bauausstellung werden sich wechselseitig befördern.

Meine Damen und Herren! Die Menschen innerhalb und außerhalb der Grenzen Deutschlands schätzen das weltoffene maritime Flair unserer wunderbaren Stadt. Veranstaltungen und Einrichtungen, die sich mit dem maritimen Erbe Hamburgs beschäftigen, locken alljährlich viele Touristen nach Hamburg. Wie hoch die Anziehungskraft ist, können wir Jahr für Jahr erleben, wenn sich am Hafengeburtstag eine Million Menschen an den Landungsbrücken trifft. Mit dem Auswanderermuseum auf der Veddel und der Auswandererausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte bietet sich uns die historische Chance, die nationale und internationale Bedeutung der Kultur in diesem Sektor zu stärken. Das gilt natürlich vor allem mit Blick auf die USA, in der die Menschen bekanntermaßen ein besonders lebhaftes Interesse an ihren Wurzeln haben. Lassen Sie uns gemeinsam diese Chance ergreifen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Finck hat das Wort.

(Uwe Grund SPD: Das tut doch gar nicht Not!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch kurz auf einen Aspekt eingehen. Ich wundere mich, dass die SPD und GAL nicht mehr dazu gesagt haben, welche Bedeutung die Auswandererhalle für die Menschen auf der Veddel hat. Warum möchte ich dazu sprechen? Ich habe als Student

einige Jahre auf der Veddel gewohnt und kann Ihnen ein bisschen über die Sorgen der dort wohnenden Menschen sagen.

(Carola Veit SPD: Wo denn da?)

In der Veddeler Brückenstraße, Frau Veit, neben dem Stadtteilladen.