Protokoll der Sitzung vom 02.02.2005

(Michael Neumann SPD: Und für den normalen Menschen vergessen!)

Wir wollen, dass Familien ab dem dritten Kind für alle Kinder nur die Hälfte zahlen.

(Michael Neumann SPD: Bei der Politik wird es keine Drei-Kinder-Familien mehr geben! Meine Damen und Herren! Diese sozialen Komponenten erfüllen unser Verständnis der Sicherung gerechter Bil- dungschancen. Genau dies gilt auch beim Thema Ganz- tagsschulangebote. Sie haben selber gesagt – gestern ist es öffentlich geworden –, dass wir bis zum kommenden Jahr die Zahl der Ganztagsschulen auf über 70 fast ver- doppeln. (Zurufe von der SPD)

Es ist unser Ziel, Leben und Lernen an einem Ort für Schülerinnen und Schüler stärker zu verknüpfen. Das ist ein großes Stück Ausbau von gerechten Bildungschancen.

(Beifall bei der CDU)

Das, meine Damen und Herren, gilt im diametralen Gegensatz zu dem, was hier wieder an Desinformationen verkündet wird. Das betrifft gerade die besonderen Angebote – weder die normalen, Frau Ernst, noch die regulären, Frau Goetsch – an Schulen. Es ist ein gutes und wichtiges Stück Arbeits- und Sozialpolitik im Bildungsbereich, die Möglichkeit privater, besonderer Angebote im Ganztagsschulbereich abzusichern.

A C

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(Gesine Dräger SPD: Das heißt Sozialpolitik! – Christiane Blömeke GAL: Definieren Sie mal be- sondere!)

Die Schule wird dadurch stärker in ihren regionalen und sozialen Bezug eingebunden. Schule wird sich stärker für außerschulische Anbieter öffnen, sei es im Bereich des Sports und der Musik, aber auch in der freiwilligen Feuerwehr und der Kirche. Auch hier gilt: Ein Blick in SPDregierte Länder würde Ihnen weiterhelfen. In NordrheinWestfalen werden für zusätzliche Angebote im Ganztagsschulbereich Elternbeiträge bis zu einer Höhe von 100 Euro im Monat und Kind erhoben. So weit können, wollen und werden wir in Hamburg nicht gehen, auch nicht wie in Schleswig-Holstein. Dort ist für die Finanzierung offener Ganztagsschulen Voraussetzung, dass man von einer Komplementärfinanzierung in Höhe von 50 Prozent spricht. So geht es in meinen Augen nicht. Dieses Vorgehen könnte und werde ich nicht verantworten. Aber, die besonderen Angebote in Hamburg, die es außerhalb des regulären Schulangebotes gibt, bilden in integrativer Form eine neue Zukunft ab. Heute haben wir Schule und Freizeit additiv, morgen haben wir es integrativ, indem die Freizeit und die besonderen Angebote in die Schulen kommen. Damit schaffen wir Möglichkeiten, Kinder und Jugendliche zum Beispiel zum Vereinssport, aber auch zu anderen Tätigkeiten in der Region zu motivieren und die Angebote sogar noch zusätzlich finanziell zu unterstützen, um damit Eltern auch entlasten zu können.

Meine Damen und Herren, eines ist sicher klar: Das, was Sie immer unter Chancengleichheit verkünden, gibt es in meinen Augen nicht. Aber was es gibt und was wir sicherstellen müssen, sind gerechte Bildungschancen, nicht nur für unsere Kinder heute,

(Beifall bei der CDU – Petra Brinkmann SPD: Das müssen Sie mal erklären, was gerecht ist!)

sondern auch für die Kinder von morgen. Ich denke, wir sind uns auch darin einig – ich hoffe es zumindest –, dass zu diesen gerechten Bildungschancen gehört, die Ganztagsschulen erheblich auszuweiten, so wie wir uns jetzt auf den Weg gemacht haben. Wir müssen dafür sorgen, dass wir eine wirksame zusätzliche Sprachfrühförderung, wie wir sie gerade planen, in Angriff nehmen. Wir brauchen ein Mehr individueller Förderung im Bereich der Schule sowohl für die Benachteiligten als auch für die besonders Leistungsfähigen.

(Michael Neumann SPD: Wenn die Eltern das Geld haben!)

Das sind die inhaltlich relevanten Herausforderungen einer Bildungspolitik, die Chancengerechtigkeit schafft. Das ist die gerechte und moderne Bildungspolitik, für die die CDU und der Senat hier in Hamburg sorgen werden.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich dem Abgeordneten Buss das Wort gebe, habe ich in Kenntnis der hamburgischen Verfassung darauf hinzuweisen, dass es eine Vereinbarung zwischen Senat und Bürgerschaft zur Redezeit in der Aktuellen Stunde gibt. Dieses waren 180 Prozent der Redezeit eines Abgeordneten. – Das Wort bekommt der Abgeordnete Buss.

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Das passiert immer wieder!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Sie haben vorhin Herrn Freistedt gehört. Wir reden hier von Bildungspflicht in der Schule und von nichts anderem. Das, was Sie machen, ist Abzocke und das muss man so deutlich und klar sagen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Volker Okun CDU: Was sind das denn für Formu- lierungen? – Robert Heinemann CDU: Unseriös!)

Frau Senatorin, Sie haben gesagt, es würde im Schulbuchetat durch die Einführung des Büchergeldes eine Modernisierung stattfinden. Gleichzeitig senken Sie aber vorher den Etat ab, damit die Schulen weniger Geld haben, um etwas Neues einzuführen. Dann wird das mit dieser Gebühr gerade mal wieder bei Plus minus Null gelassen.

Wo sollen da Verbesserungen stattfinden, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der SPD)

Sie reden von regulären Angeboten, die selbstverständlich weiterhin aufrechterhalten werden. Schwimmunterricht, Frau Senatorin, war bisher für mich sowohl in der Grundschule als auch in der Sekundarstufe regulärer Unterricht und der wird jetzt kostenpflichtig. Das ist die Realität, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

In der Tat haben wir von der CDU nach drei Jahren Wartezeit endlich einen Ausbau des Ganztagsschulprogramms vorgelegt bekommen.

(Wolfhard Ploog CDU: Das ist doch gut!)

Herr Kollege, die rotgrüne Bundesregierung in Berlin

(Oh-Rufe von der CDU)

hat seit drei Jahren immer wieder versucht, dies in den Ländern umzusetzen. Dafür haben Sie, wie gesagt, diese drei Jahre gebraucht.

(Wolfgang Drews CDU: Aber die Länder müssen es machen, sie müssen es bezahlen!)

Ja, und Sie sind dabei gescheitert, gerade Sie persönlich haben es nicht geschafft, das umzusetzen, mein lieber Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt haben Sie endlich 35 Ganztagsschulen mit einem pädagogischen Konzept eingeführt. Die Basis bleibt, aber alle Schulen werden auf eine schlechtere Konzeption gestellt. Das heißt, die Ausstattung ist um 60 Prozent schlechter als die bisher vorhandene. Das bedeutet für die schon bestehenden Ganztagsschulen, wie zum Beispiel in Mümmelmannsberg und Steilshoop, dass sie die Programme, die sie die ganze Zeit gemacht haben, herunterfahren müssen. Die Konzepte, mit denen sie versucht haben, mehr Bildung an bildungsferne Schichten zu vermitteln und Talente zu erschließen, müssen jetzt möglicherweise verdorren. Das ist das Entscheidende, was dabei herauskommen wird.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Und das Schlimmste kommt dann obendrauf, Frau Senatorin, das ist Ihr Coup, dass Sie gesagt haben, dann müssten für die besonders interessanten Neigungskurse

auch noch Gebühren bezahlt werden. Da führen Sie doch die soziale Spaltung direkt in die Klassenzimmer hinein. Das ist doch der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Herr von Beust, was bedeuten denn diese Schulgebühren, die Sie jetzt einführen lassen, für die kleinen Leute? Ich habe mir das einmal durch den Kopf gehen lassen und habe an meinen Barmbeker Busfahrer gedacht

(Frank-Thorsten Schira CDU: Sie haben einen eigenen Busfahrer?)

ach, Sie wissen doch genau, was ich damit meine, Herr Kollege –,

(Michael Neumann SPD: Wer einen Chauffeur hat, kennt keinen Busfahrer!)

dessen Frau beim Discounter an der Kasse sitzt, damit sie einigermaßen über die Runden kommen. Rechtschaffene "Abendblatt"-Leser versuchen ihre Kinder ordentlich zu erziehen und sie tragen die Steuern für diese Stadt zusammen. Das sind die Bürgerinnen und Bürger, wie ich sie kenne, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der Sohn ist zehn Jahre alt und freut sich jetzt darauf, dass er nach den Sommerferien in die neugegründete Ganztagsschule Fraenkelstraße gehen kann. Die Tochter ist fünf Jahre alt und soll demnächst in die Vorschule. Was kommt jetzt an Gebühren auf diese Familie zu, Herr Bürgermeister von Beust? Da haben wir erst einmal die Gebühr für die Vorschule. Das ist ein bildungspolitischer Skandal ersten Ranges vor dem Hintergrund von PISA.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das sind für diese Familie rund 40 Euro im Monat. Dann 10 Prozent mehr für die Hortunterbringung dieser Tochter nach der Vorschule. Das sind jetzt statt 73 Euro 80 Euro. Dann das Büchergeld für den Sohn von 75 Euro im Schuljahr und das mal so eben zu Beginn des Schuljahres hingelegt. Dann das Mittagessen in der Ganztagsschule und die Gebühr für die Neigungsgruppen. Das habe ich einmal überschlagen, Herr Bürgermeister. Das sind etwa 60 bis 70 Euro im Monat, die Sie dieser Familie in Hamburg konkret aus der Tasche ziehen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen und das nennen Sie dann gerechte Bildungschancen. Das kann es doch wohl nicht sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Wolfgang Drews CDU: Das ist doch billiger Klassenkampf! – Glocke)

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich sage Ihnen ganz klar, Herr Bürgermeister: Sie und Ihre Senatorin und Ihre Fraktion wollen eine andere Stadt. Sie wollen diese Leute von mehr Bildung fernhalten und das wollen wir nicht.