Protokoll der Sitzung vom 02.02.2005

Ich sage Ihnen ganz klar, Herr Bürgermeister: Sie und Ihre Senatorin und Ihre Fraktion wollen eine andere Stadt. Sie wollen diese Leute von mehr Bildung fernhalten und das wollen wir nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Heinemann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht sollten wir einmal ehrlich sein: Gebühren für besondere Angebote in Schulen gab es schon immer. Ich habe vor zehn Jahren, als die CDU hier in Hamburg noch nicht regiert hat,

(Jörg Lühmann GAL: Das wissen Sie nicht?)

selbstverständlich für einen Squash-Kurs an der Schule meine Gebühren zahlen müssen. Das ist doch völlig klar.

(Oh-Rufe bei der SPD)

Das war an der Berufsschule. Wir sind in die Kaifu-Lodge gegangen und haben dafür selbstverständlich Gebühren bezahlt. Das hat nicht der Staat übernommen und auch die SPD hat es damals nicht bezahlt.

Vielleicht sollten wir einmal ein bisschen ehrlich damit umgehen. Das ist immer schon so gelaufen. Die Gebühren, um die es hier geht, kommen doch nicht ansatzweise dem Hamburger Haushalt zugute. Es werden dadurch auch keinerlei kostenlose Angebote eingeschränkt. Es geht doch nur um die Frage, ob die Schulen die Entscheidungsfreiheit bekommen, insbesondere auch auf Elternwunsch, auf Schülerwunsch zusätzliche Angebote anbieten zu können.

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Aber doch nicht Schwimmen!)

Warum sollen denn viele Vereine und Musikschulen, für die die Schüler bisher am Nachmittag natürlich Geld bezahlt haben, von vornherein von dem schulischen Unterrichtsangebot am Nachmittag ausgeschlossen werden mit der Folge, dass Schüler künftig nicht mehr wählen können, welche Angebote sie am Nachmittag wahrnehmen.

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Erst mal streichen und dann ein zusätzliches Angebot!)

Ich glaube, meine Damen und Herren, wir müssen endlich verstehen …

(Zurufe von der SPD und der GAL – Glocke)

Meine Damen und Herren! Sie können alle dazu beitragen, aber bitte dann vom Rednerpult. Es ist relativ einfach, das Wort zu bekommen. Melden Sie sich bitte. Ich rufe Sie dann auf. Das Wort hat jetzt Herr Heinemann.

Ich glaube, nicht wir müssen verstehen, sondern Sie müssen verstehen,

(Ingo Egloff SPD: Erst müssen Sie verstehen!)

dass die Ganztagsschulen ein völlig anderes Verständnis von Schule erfordern. Das heißt, wir müssen endlich die Trennung von Schule und Freizeit aufheben und anders denken. Wir müssen die Anbieter, die bisher die Nachmittagsangebote gemacht haben, in die Schulen hereinholen. Ich glaube, nur so ist das möglich. Wir haben allen Schulen klar aufgegeben, dass sie dies sozial verträglich machen müssen. Wieso trauen Sie eigentlich Hamburgs Eltern, Hamburgs Lehrern, Hamburgs Schülern nicht zu, dass sie so etwas an ihrer Schule ganz individuell für ihre Schule regeln.

(Michael Neumann SPD: Ihnen trauen wir alles zu! Das ist das Schlimme, was wir gelernt haben!)

Sie wollen das wieder von oben alles vorgeben, so und so müsst ihr es regeln. Ich glaube, gerade die Schulen, die ständig mit sozialen Unterschieden zu tun haben, die ständig um deren Ausgleich bemüht sind, haben doch auch die Kompetenz zu sagen, diese Angebote machen wir, diese Angebote machen wir nicht, und sie haben auch die Kompetenz zu sagen, nein, wir wollen gar keine kostenpflichtigen Angebote haben. Genau diese Kompetenz haben die Schulen doch.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist fahrlässig!)

Ich glaube, es ist deshalb genau richtig, in diese Richtung weiterzugehen, denn nur so haben wir die Möglichkeit, Schule und Freizeit zu verbinden und Freizeitangebote, die bisher wahrgenommen wurden, auch heute noch den Schülern zu ermöglichen.

Völlig anders – und das ist ja richtig – sieht das beim Thema der Schulbuchkosten und der Vorschulgebühren aus. Da sparen wir in der Tat bei den Betriebsausgaben. Ich haben schon vor zwei Wochen gesagt, dass wir das nicht mit Begeisterung tun, aber wir müssen es tun, um an anderer Stelle wieder in Bildung zu investieren. Wenn Sie sich den Haushalt einmal angucken, dann haben wir von 2001 bis 2006 eine Steigerung von insgesamt 8 Prozent bei den bereinigten Betriebskosten im Schulbereich. Wir geben jedes Jahr 100 Millionen Euro mehr aus für den Schulbereich. Ist das nicht ein Schwerpunkt Bildung?

(Michael Neumann SPD: Wo bleibt denn das Geld?)

Sie fragen, wo bleibt das Geld. Frau Dinges-Dierig hat doch gerade die Antwort gegeben: Unter anderem in den Ganztagsschulen. Allein die Ganztagsschulen, die gestern verkündet worden sind,

(Michael Neumann SPD: Verkünden reicht nicht!)

bedeuten 10 Millionen Euro mehr pro Jahr nur für Lehrerkosten.

(Beifall bei der CDU – Petra Brinkmann SPD: Die sind doch nicht da, die kommen doch erst!)

Wir investieren doch gerade für Familienförderung in den sozial schwierigen Stadtteilen.

(Gesine Dräger SPD: Da schließen Sie!)

Gucken Sie sich einmal die Liste an: Wilhelmsburg, Jenfeld, Altona-Nord, Steilshoop, überall dort werden neue Ganztagsschulen gegründet, um gerade die Familien entsprechend zu fördern. Ich verstehe überhaupt nicht, Frau Ernst, warum Sie kritisieren, dass Arnkielstraße und Fuchsbergredder nun Ganztagsschulen werden. Gerade dort haben wir doch im Rahmen der Schulentwicklungsplanung gesagt, dass diese Schulen als stabilisierender Faktor in der Region wichtig sind.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Hü und hott!)

Jetzt tut die Bildungsbehörde eines und stärkt diese Schulen, damit sie genau diese Rolle weiterhin in ihrer Region ausüben können. Sie haben das, glaube ich, als Konzeptionschaos bezeichnet. Ich glaube hingegen, das ist völlig konsequent und der SPD gehen mittlerweile alle Argumente aus, die sie noch gegen die Bildungspolitik vorbringen kann.

(Beifall bei der CDU)

Anders als die GAL. Die legt wenigstens Konzepte vor. Darüber kann man sich auch streiten. Die SPD tut gar nichts, immer das Gleiche: polemisch, ein bisschen aggressiv, aber leider voll am Ziel vorbei. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Frau Senatorin, es ist ja nicht die eine Kürzung bei den Lernmitteln, die so irritierend wirkt, sondern es ist die Summe all dieser Kürzungen, die Sie gleichzeitig auf den Weg bringen.

(Petra Brinkmann SPD: So ist es!)

Sie kürzen ja nicht nur, indem Sie den Eltern Lernmittelkosten abverlangen, sondern Sie kürzen die Elternsituation weiter, indem Sie jetzt für die Vorschulen Geld verlangen. Sie verlangen für den Schwimmunterricht Geld, also nicht für ein freiwilliges Angebot. Soll es demnächst möglicherweise Fußballcents geben, wenn die Kinder mit einem Ball spielen? Es ist ganz unplausibel, dass dafür Geld verlangt wird, wenn eine Maßnahme im Unterricht angeboten wird. Sie kürzen die Elternfinanzen weiter, indem Sie zusätzliches Geld für Angebote an Ganztagsschulen verlangen. Sie kürzen insofern, dass Sie die Sprachförderung an den Schulen zurücknehmen. Das alles zusammen gibt ein Tableau von mehr als 10 Millionen Euro.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Strategie!)

Wenn Sie sich das durch den Kopf gehen lassen und dann beispielhaft mit Rheinland-Pfalz et cetera kommen, dann verkennen Sie ein Problem. Wir sind eine große Stadt, eine Metropole, in der sich auch Armutsprobleme ballen. Die CDU lädt im Moment Herrn Paul Nolte ein, den konservativen jungen Historiker aus Bremen, der allüberall verkündet, dass es ein richtiges Verwahrlosungsproblem im Bereich der Unterklassen der Gesellschaft gibt. Dagegen anzukämpfen, verkündet derselbe, sei nur möglich, sofern man das Bildungsangebot qualitativ verbessert und quantitativ ausweitet. Aber, was machen Sie?

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das Gegenteil!)

Im allgemein bildenden Schulwesen, also in dem, was das Elementare darstellt, kürzen Sie. Das halte ich nicht für vernünftig.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Volker Okun CDU: Wo wollen Sie denn sparen?)

Wenn denn jetzt schon zur "Abendblatt"-Gläubigkeit aufgerufen werden soll, so haben Sie sich auch von dort einen entsprechenden Kommentar eingefangen. Das ist in der Summierung ein bisschen viel. Das hat überhaupt nichts mit konzeptionellen Überlegungen zu tun, sondern das hat etwas mit Sanierungsfragen des Haushaltes zu tun. Das ist aber wiederum auch nicht richtig plausibel. Herr Heinemann, auf der einen Seite sagen Sie, es gebe seit 2001 bis 2006 8 Prozent mehr für Schulen. Das ist schon mal weggefressen durch die Inflation. Wenn Sie sechs Jahre kalkulieren, ist da kein Cent mehr, sondern real ist da weniger Geld reingeflossen. Wir reden ja darüber, wo wir eigentlich Schwerpunkte setzen wollen. Ihre Vorsitzende erzählt uns, dass in der Republik zu wenig

Kinder geboren werden. Wenn das der Fall ist, wollen Sie denn angesichts der sinkenden Zahl von Kindern den Eltern dann noch wieder mehr Geld wegnehmen für das Elementare, das Sie jedem Kind angedeihen lassen müssen?

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das Dritte zahlt die Hälfte!)

Es ist eine falsche Schwerpunktsetzung, die Sie da machen. Das werfen wir Ihnen vor.