Protokoll der Sitzung vom 02.02.2005

(Glocke)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist bei weitem überschritten.

Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Nieting.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, geschätzte Kollegin, Frau Dr. Lappe! Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich vielleicht ähnlich reden, wie Sie es getan haben.

(Michael Neumann SPD: Weil sie Recht hat!)

Nein, Herr Neumann, nicht Recht in allen Punkten, aber ich muss zugestehen, dass Sie in einigen Punkten durchaus Recht haben.

Es ist richtig, wenn Sie beispielsweise behaupten, dass es Probleme vor Ort gibt, wenn Schwimmbäder geschlossen werden. Selbstverständlich ist das so, für die Bürger, die betroffen sind, ebenso wie für die Vereine. Aber ich bin nicht an Ihrer Stelle und meine Kollegen in der CDU-Fraktion sind es auch nicht. Wir würden auch lieber regieren, wenn die Stadtkasse voll und der Haushalt ausgeglichen ist. Aber weder das eine noch das andere ist der Fall. Ich will jetzt auch gar nicht darauf eingehen, woran das liegen könnte.

(Zuruf von der CDU: Das wissen wir alle! – Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Da könnte man sicherlich einiges sagen, aber die Situation ist wie sie ist. Die Gesamthaushaltslage ist dramatisch. Das jährliche Defizit der Bäderland GmbH liegt bei über 17 Millionen Euro und nun stellt sich die Frage, wie man damit umgeht. Schulden weiter erhöhen? Das könnte man machen, wollen wir aber nicht, denn das hieße, nachfolgende Generationen zusätzlich zu belasten und Probleme nur zu vertagen, anstatt sie zu lösen. Dann werden es in einigen Jahren nicht drei Hallenbäder, sondern vielleicht fünf oder noch mehr.

Frau Dr. Lappe, ein Schwimmbad zu schließen, tut weh, nicht nur den Bürgern, nicht nur den Vereinen, nicht nur der Opposition, nein, ganz besonders auch uns von der CDU. Ich gebe zu, dass auch bei uns heftig diskutiert wurde, wie viele und welche Bäder es denn sein sollen. Ich muss sagen, dass ich allerhöchsten Respekt vor Andreas Ernst habe, der sich intern außerordentlich stark für das Bramfelder Hallenbad macht.

(Beifall bei der CDU)

Oder, Herr Neumann, auch vor Volker Okun, dem kein Vertreter von SPD oder GAL das Wasser reichen kann, wenn es darum geht, Lösungen für das Bismarck-Bad zu erarbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Trotzdem sagen beide, ja, wir tragen Schließungen von Bädern mit, wenn sie denn nicht zu vermeiden sind, auch dann, wenn es gegebenenfalls das Bad in meinem Stadtteil treffen sollte. Wir stimmen zu, wenn das Gesamtkonzept sozial fair ist, alle Möglichkeiten geprüft wurden und tragbare Alternativlösungen für die betroffenen Bürger und Vereine gefunden werden. Meine Damen und Herren! Natürlich spielt bei der Auswahl der zu schließenden Bäder die Höhe des jährlichen Defizits genauso eine Rolle wie die Höhe eines möglichen Investitionsstaus. Nach Auffassung der CDU-Fraktion sollen diese Zahlen aber nicht alleine über Erhalt oder Schließung eines Bades entscheiden. Wir wollen weitere Punkte in die Entscheidung einfließen lassen. Zum Beispiel ist uns wichtig, dass gewährleistet ist, dass bei einer Schließung das nächste Bad in zumutbarer Entfernung erreichbar ist. Gegebenenfalls muss hierfür auch an eine Anpassung einer Busverbindung gedacht werden.

Ein weiterer Punkt. Alle Freibäder der Bäderland GmbH bleiben bestehen, denn Freibäder haben speziell für sozial schwächere Familien, insbesondere in der Zeit der Sommerferien, eine herausragende Bedeutung und dem tragen wir Rechnung.

(Lutz Kretschmann-Johannsen SPD: Im Winter ist das schwierig!)

Freibäder erfüllen aber noch eine andere Funktion. Sie führen Menschen zusammen, alte und junge, deutsche und ausländische Mitbürger. Hier gelingt Integration viel besser, als in jedem Bürgerhaus oder Haus der Jugend und auch wenn die Sommer in Hamburg meist recht kurz sind, wollen wir auf diesen Vorteil nicht verzichten.

(Beifall bei der CDU)

Noch ein Punkt. Mögliche Verkaufserlöse aus Badschließungen sollen in den Bestand der weiter bestehenden Bäder investiert werden und bei Investitionsvorhaben sind selbstverständlich die örtlichen Schwimmvereine mit einzubeziehen.

Wir sind mit unseren Überlegungen aber noch nicht am Ende. Wir wollen beispielsweise auch geprüft wissen, ob im Einzelfall bei einer Schließung ein Neubau eines kompakteren, kleineren Funktionsbades in Betracht kommen könnte ebenso wie eine mögliche Übernahme von Bädern zum Beispiel durch den Hamburger Schwimmverband. Für uns gibt es bei dieser Diskussion keine Denkverbote. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Schmidt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es war gestern schon sehr eindrucksvoll, dass Vertreter von knapp 800 Vereinen, die immerhin 500 000 Sportlerinnen und Sportler in Hamburg vertreten, die beabsichtigte Sportsteuer abgelehnt haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Gestern ist schon gesagt worden, dass dies ein Sieg für den Breitensport, eine Niederlage für die Senatorin und eine Ohrfeige für die CDU und den Bürgermeister ist, denn Sie haben 14 Tage vor der Wahl noch Stein und

Bein geschworen, dass es eine Nutzungsgebühr nicht geben werde.

(Beifall bei der SPD)

Das ist auch kein Betriebsunfall. Ihre ganze Einstellung zeigt, dass der Breitensport Ihre Sache nicht ist, angefangen vom Vorwort im Sporthaushalt. Dort fehlt zum ersten Mal die Feststellung, dass der Breitensport ein Schwerpunkt ist. Es geht ja auch schlecht, wenn man dort streicht. Sie sind nicht einmal ansatzweise auf die Idee gekommen, den Sport so zu behandeln, wie Sie es mit den Studiengebühren machen wollen. Die Studiengebühren sollen an die Hochschulen zurückfließen, beim Sport soll die abgezockte Nutzungsgebühr zum Stopfen von Haushaltslöchern dienen. Ihre massiven Versuche der Verhinderung, diese für den Sport so existentielle Frage der Sportsteuer im Sportausschuss zu erörtern, sind ein weiteres beredtes Beispiel.

Ihre Wagenburgmentalität zeigt sich, wenn die Senatorin heute den Sport auffordert, Vorschläge zu machen. Meine Damen und Herren von der CDU und vom Senat, Sie müssen nachdenken.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Einfach einzugestehen, dass man mit Bäderschließungen und überproportionalen Kürzungen den Schwimmsport kaputtmacht, wäre eine Äußerung, die hier im Hause angebracht wäre. Sie verstehen nicht, dass der Sport hervorragende gesellschaftliche Arbeit leistet. Der Sport, so gestern Dr. Augner, Vorsitzender des Rissener Sportvereins, ist ein Sparbeitrag in sich. Der Breitensport hat seine große Kompetenz bei der Integration von Kindern und Jugendlichen immer wieder gezeigt.

Nun kommen Sie wahrscheinlich mit dem Argument, alle müssten sparen. Zunächst – das will ich noch einmal ausdrücklich wiederholen – haben Sie ein Wahlversprechen gebrochen und das ist schon von großer Bedeutung. Aber es stimmt nicht, wenn Sie sagen, alle müssen sparen, ich denke nur an Ihre Leuchttürme Elbphilharmonie, Tamm-Museum, Jungfernstieg.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das wollen Sie alles nicht, sagen Sie es!)

Dann kommt wahrscheinlich von Ihrer Seite wieder der berühmte Spruch, das seien doch Investitionen. Richtig, aber dafür muss der Steuerzahler auch durch die Zinsen jährlich in Millionenhöhe bluten.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Die Vereine und Sportler fühlen doch, dass der breite Konsens der Olympia-Bewegung verloren geht. Auch innerhalb des Sports gibt es ein krasses Ungleichgewicht. Da wird auf der einen Seite draufgepackt – Großveranstaltungen, Sportevents, HSV-Trainingsplätze unter dem Deckmantel der WM 2006 –, aber Trainingsplätze an der Flurstraße und der Hagenbeckstraße sind vorhanden. Die mit 13,8 Millionen Euro ausgestattete Marketing-Gesellschaft muss nun auch noch bekennen, dass es mit der Sportstadt Hamburg nicht weit her ist. Eine Sportstadt kann und darf nicht allein durch Sportevents und Spitzensport geprägt sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der Breitensport ist wichtig, ja lebensnotwendig. Er hat in Hamburg durch 44 Jahre SPD-Politik die anerkannte

Spitzenstellung in Deutschland erfahren und jedermann weiß, dass Schwimmen dazugehört.

(Beifall bei der SPD)

Wie kann man Bäder schließen, wenn man eine wachsende Stadt propagiert, oder besteht eine wachsende Stadt nur aus Leuchttürmen, wie Sie das nennen? Senator Freytag hat in einem Interview zur Bäderschließung erklärt, zur politischen Kultur gehöre, Entscheidungen transparent und nachvollziehbar zu machen. Dann erklären Sie doch den Betroffenen in den Stadtteilen, warum Sie nicht die Besucherzahlen veröffentlichen. Zwischenzeitlich wissen wir, dass die drei Bäder im Vergleich hervorragende Zahlen haben.

(Lachen bei Volker Okun CDU)

Warum werden zwei verhältnismäßig nahe beieinander liegende Bäder in Wandsbek geschlossen? Wie erklärt sich die Aussage des Senats, zur eventuellen Weiterführung der Bäder mit verschiedenen Institutionen in Kontakt zu treten, wenn auf der anderen Seite die Bäderland GmbH immer wieder erklärt, Konkurrenz käme nicht infrage? Nehmen Sie denn die Äußerung Ihres Wandsbeker Bundestagsabgeordneten dazu gar nicht zur Kenntnis?

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet. Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz hinzufügen. Es kann nicht angehen, dass es in Hamburg einen Olympia-Stützpunkt mit einem Leistungszentrum Schwimmen gibt und wir in Zukunft gar keine Schwimmer mehr haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir fordern den Senat auf, auf den Sport mit konstruktiven Vorschlägen zuzugehen und die Nutzungsgebühr in der Rumpelkammer zu lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)