Protokoll der Sitzung vom 02.02.2005

gut. Aber er ist nicht so erstklassig darin, diese Schwerpunkte auch inhaltlich und engagiert zu unterfüttern.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich denke, es gibt ein bewährtes Mittel, um das aufzulösen: Messen wir Sie an Ihren Taten. Stichwort Ostseekooperation – Herr Frank hat es angesprochen: Die Oppositionsparteien haben einen praktikablen Vorschlag vorgelegt, wie Zusammenarbeit im Ostseeraum durchgeführt werden kann. Mit der Unterstützung Hamburgs für eine Ostseejugendstiftung wollten wir die Ernsthaftigkeit unseres Engagements im Ostseeraum unterstreichen und bei den Ansätzen, von denen wir alle noch etwas haben werden – die einen als Empfänger von Rentenleistungen, die anderen auf andere Weise, nämlich von den Jugendlichen. Wie passt es aber zu Ihrem Schwerpunkt Ostseepolitik, diese Initiative abzulehnen? Hier lassen Sie Ihren großen Schwerpunktsetzungen, auch vielen Ankündigungen, wieder einmal keine tatsächliche Arbeit und zu wenig Wertschätzung folgen. Ich denke, Sie machen hier einen richtigen Fehler und das nicht nur im Sinne von Ostseezusammenarbeit und Völkerverständigung.

Denken Sie einmal an die Realität im heutigen Berufsleben: Sprachkenntnisse, internationale und interkulturelle Kompetenz sind immer entscheidender für den Lebensweg des Einzelnen, aber auch für den wirtschaftlichen Erfolg einer Region. Gleichzeitig sind gerade in diesem Bereich Schülerinnen und Schülern in Deutschland große Schwächen zu attestieren. Wo kann man besser lernen, als im Kontakt mit anderen Menschen, die man trifft? Das heißt, wir müssen Jugendaustausch und Jugendbegegnung auch als Qualifizierungsinstrument für unsere Jugendlichen begreifen und nicht nur im Bereich der Ostseejugendstiftung. Auch bei den Fallzahlen für Jugendbegegnung und Jugendaustausch – die zurückgehen – verspielen wir mit dieser Politik eindeutig Chancen, die genutzt werden sollten.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Noch ein kleiner Punkt dazu. Ich möchte es auch nicht zu lange machen: Wir können uns hier und im Ausschuss über viele Sachen gern einig sein. Wir können auch gern streiten, sowohl über das Setzen regionaler Schwerpunkte als auch über anderes. Ich denke aber, dass es Hamburg durchaus verdient hat, ein genaueres Auge auch auf Wachstumsbereiche zu werfen – die Sie ja auch laut Ihrer Mitteilung haben möchten –, die nicht nur in den Küstenregionen des Ostseeraumes liegen, sondern zum Beispiel in Zentral- oder Südpolen. Auch als der ungarische Präsident hier zu Besuch war, hat der Bürgermeister gesagt, er habe ein großes Interesse daran. Ansonsten merkt man davon leider nicht so viel.

Wir wissen auch, dass sehr viel in den Schwerpunkten passiert, die innerhalb des Ostseeraums gesetzt sind, in St. Petersburg zum Beispiel, jetzt hoffentlich auch bald mit Kaliningrad. Ich finde, wir sollten aber auch den Bereichen Aufmerksamkeit schenken, in denen wir bisher nicht so engagiert sind, wie wir es vielleicht sein können. Aus unserer Sicht muss Hamburg offensiver und differenzierter seine Chancen in den verschiedenen Regionen des Ostseeraumes definieren und dann versuchen, Zusammenarbeit anzugehen oder auch Zusammenarbeit Dritter zu unterstützen. Es gibt viele Initiativen in dieser Stadt, wo die Politik gar nicht immer alles machen muss. Die Handlungsweise aber, Zusammenarbeit nicht nachhaltig anzugehen – dafür habe ich leider Beispiele, die ich

hier nicht nennen möchte –, Schwerpunkte auszuloben, aber nicht zu unterfüttern, und trotzdem einen großen PR-Bohei zu veranstalten, ist leider auch ein Grundmerkmal der Europapolitik des Senates. Die Ostseekooperation ist nur ein Beispiel.

Ich frage mich, wie es zu der von Ihnen genannten Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich Inneres und Justiz passt, den europäischen Haftbefehl im Bundesrat abzulehnen? Wie passt es zu Ihrem erklärten Anspruch, im Sinne Hamburgs auf die Ereignisse auf die Europapolitik Einfluss zu nehmen, dass Sie in der Föderalismuskommission zu dieser Frage schlicht und einfach nur unfähig gewesen sind, sich einzubringen? Und wie passt es zu einer konsistenten Europapolitik Hamburgs, wenn an der einen Stelle, wo der Bürgermeister einmal Recht hat mit seiner Position zum Beitritt der Türkei zur Europäischen Union, die eigene Fraktion ihm hier, in diesem Hause, bei der Abstimmung in den Rücken fällt? Ich denke, Sie sehen, warum es aus meiner Sicht nicht zuviel Grund für Gemütlichkeit gibt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich möchte aber noch ein paar kurze aktuelle Fragestellungen aufgreifen. Wir haben viel über das Jahr 2004 mit der Erweiterung und mit dem Verfassungsvertrag geredet. Aber auch das Jahr 2005 hat ganz wesentliche Entscheidungen zu erwarten, die ebenfalls hier vor Ort Auswirkungen haben werden. Zurzeit läuft das Mitentscheidungsverfahren – Herr Frank hat es schon genannt – über den Kommissionsvorschlag zur so genannten Dienstleistungsrichtlinie. Die EU-Kommission will Barrieren für den freien Verkehr von Dienstleistungen im Binnenmarkt abbauen, ein Ansinnen, das wahrscheinlich alle hier im Hause grundsätzlich begrüßen. Die Instrumente und vor allem die Umsetzung im konkreten Richtlinienentwurf rufen aber zu Recht starke Kritik hervor, unter anderem vom Bundesrat in zwei Beschlüssen formuliert. Wie Sie aber darauf kommen, in den europapolitischen Schwerpunkten in der Drucksache 18/1536 genau diese Richtlinienvorschläge in der Form zu benennen, dass Sie eine Harmonisierung nationalstaatlicher Regelungen erkennen lassen, ist mir absolut schleierhaft. Mit der Einführung des Herkunftslandsprinzipes wird auf gar keinen Fall eine Harmonisierung nationalstaatlicher Regelungen einhergehen können. Was ist daran eine Harmonisierung, wenn in Hamburg zukünftig für Dienstleistungsanbieter nicht nur das deutsche Recht, sondern auch das Recht 24 anderer Nationen einschlägig sein soll? Wir möchten, dass hier in Hamburg viel stärker über die Risiken des Richtlinienentwurfes für uns Verbraucher, für uns Angestellte und für Unternehmen geredet wird, aber auch, dass die Chancen nicht zu kurz kommen. Wir werden deswegen in Kürze eine Große Anfrage dazu einreichen.

Herr Frank hat auch schon – das ist dann der eigentlich letzte Aspekt – Port Package II angesprochen. Herr Ohlsen, das hat Herr Frank schon ganz richtig gesagt: Sie machen ja hier zurzeit tatsächlich viel Wind darum. Europa kommt ja nicht so oft in unserer Presse vor. Sie kommen mit Port Package II da schon öfter vor. Man kann aber tatsächlich sagen, dieses Thema ist ganz offensichtlich besser bei Rotgrün aufgehoben. Wir haben uns dazu im Bundestag ganz klar positioniert. Wir haben weitgehende Änderungen am vorliegenden Richtlinienentwurf eingefordert und Ihre Fraktion hat es im Bundestag nicht mitgetragen. Von daher: Machen Sie hier nicht

so ein Bohei, sondern setzen Sie sich einmal in Ihrer eigenen Partei stärker ein.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ähnlich ist es auch bei den Strukturmitteln, die Herr Frank angesprochen hat. Herr Frank und die SPD haben eine Große Anfrage zum ESF eingereicht. Wir werden im Rahmen der Diskussion über die finanzielle Vorausschau in diesem und vielleicht auch noch im nächsten Jahr sehr viel darüber reden müssen.

Hier gilt es jetzt, von Hamburger Ebene aus sehr stark darauf Einfluss zu nehmen, dass die Metropolfunktion Hamburgs auch im europäischen Kontext anerkannt wird. Es gibt Bestrebungen und auch die Absichten, in den Zielgebietsdefinitionen die spezifischen Problematiken von Metropolregionen zu berücksichtigen. Hier muss Hamburg massiv Einfluss nehmen, nicht zulasten von Regionen, die es nötiger hätten, aber in dem Maße

(Rolf Harlinghausen CDU: Es nimmt aktiv Ein- fluss!)

wie aktiv Sie Einfluss nehmen, haben wir oftmals gemerkt und manchmal leider auch nicht – ,

wie es für ganz Europa sinnvoll ist, aber auch so, dass Hamburg nicht zu kurz kommt.

Abschließend kann ich Folgendes sagen: Ob in der Ostseepolitik, in der europäischen Jugendarbeit, bei der Stärkung des Wirtschaftsstandorts oder auch zum Teil beim europapolitischen Tagesgeschehen, der Senat kündigt vieles an, tatsächlich wird er aber zumeist nicht einmal seinen eigenen Schwerpunkten gerecht. Zu oft lässt der Senat Hamburgs Interessen im Regen stehen. Nicht alles, was passiert, ist schlecht. Aber besser machen würde es diese Seite des Hauses allemal. – Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Kraxner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Frank, ich möchte noch auf ein paar Punkte eingehen, die so nicht im Raum stehen gelassen werden sollten. Ich habe das Gefühl, Sie sind unheimlich neidisch, dass der Senat bereits zum dritten Mal einen Bericht zum europapolitischen Schwerpunkt vorgelegt hat, was Ihre Vorgängerregierung leider nicht getan hat. Insofern gebührt ihm der Dank.

(Beifall bei der CDU)

Hamburg hat sich – das sehen Sie vielleicht anders, aber das ist auch Ihr Recht – im Bereich Europa sehr gut positioniert. Dass der Senat seine ersten Reisen in die baltischen Staaten gemacht hat – ob es der Erste Bürgermeister gewesen ist oder der Wirtschaftssenator –, zeigt deutlich, wie wichtig dem Hamburger Senat Europa und auch die neuen europäischen Länder sind.

(Beifall bei der CDU)

Herr Frank und auch Herr Sarrazin, Sie sprachen Port Package an. Ich frage mich wirklich, ob Sie die Presse lesen oder nicht. Heute ist auf Initiative dieses Senats eine Bundesratsinitiative eingebracht worden, Port Package abzulehnen, und Sie sagen hier, der Senat

verschlafe diese ganze Geschichte. Mit dieser Initiative ist klar bewiesen, dass das nicht der Fall ist.

(Beifall bei der CDU)

Außerdem finde ich es besonders lustig, wenn Sie sagen, die tolle Bundesregierung würde im Bereich Port Package und Hafen alles machen. Wer verhindert denn die außerordentlich notwendige Ausbaggerung der Elbe? Das ist doch die derzeitige Bundesregierung. Sagen Sie also bitte nicht, die Bundesregierung würde alles für die Hafenstadt Hamburg tun.

(Beifall bei der CDU)

Der Senat hat mit dieser Drucksache eindeutig bewiesen, dass er die Bedeutung Europas und Osteuropas in seine Politik aufgenommen hat. Dieser Senat hat erkannt, dass Hamburg durch die Dynamisierung und Flexibilisierung Europas sowie durch die neuen Beitrittsstaaten wirtschaftlich, aber auch kulturell ein enormes Potenzial hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 18/1536 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe jetzt die Tagespunkte 31 und 15 a auf, die Drucksachen 18/1625 in der Neufassung und 18/1645, Antrag der Fraktionen von SPD und GAL, erfolgreiche berufsbegleitende Weiterbildung der HWP sichern, und Bericht des Wissenschaftsausschusses: Entwurf eines Gesetzes zur Bildung der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg und zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Erfolgreiche berufsbegleitende Weiterbildung der HWP sichern – Drucksache 18/1625 (Neufassung) –]

[Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Drucksache 18/1148: Entwurf eines Gesetzes zur Bildung der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg und zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes – WiSoG – (Senatsantrag) – Drucksache 18/1645 –]

Die Drucksache 18/1625 (Neufassung) möchte die CDUFraktion an den Wissenschaftsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Brüning, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Universität für Wirtschaft und Politik war in Hamburg jahrzehntelang eine Hochschule mit einem besonderen Profil. Vor allem Berufstätige ohne Abitur, die an anderen Hochschulen kaum eine Chance haben, wurden an der HWP speziell betreut und zu einem erfolgreichen Studienabschluss geführt. Bundesweit wurde die HWP deshalb gelobt, genützt hat es ihr nichts, denn sie wird vom jetzigen Senat buchstäblich weggelobt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ab dem 1. April 2005 wird es die HWP als eigenständige Hochschule nicht mehr geben. Sie wird mit der Universi

tät Hamburg zu einer Mammutfakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zwangsfusioniert.

Die SPD-Fraktion lehnt diese Fusion ab. Wir werden deshalb dem Gesetz zur Gründung der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften heute nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Heike Opitz GAL)

Wir sind von Anfang an dafür gewesen, die HWP als eigenständige Hochschule mit ihrem besonderen Profil für Berufstätige zu erhalten. Wir verstehen deshalb auch nicht die Gründe, warum diese Hochschule aufgelöst werden soll. Sachliche Gründe wie Effizienzsteigerung oder Bündelung von wissenschaftlichen Synergieeffekten können es nicht sein, denn Sie gründen in Hamburg eine Mini-Hochschule nach der anderen: die Media School, die Finanzhochschule, künftig die Polizeihochschule und die Bauakademie. Warum in dieser pluralistischen und nach meinem Geschmack ausufernden Hochschullandschaft nun ausgerechnet die HWP keinen Platz mehr haben soll, diese Antwort sind Sie bis heute schuldig geblieben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich ziehe daraus folgenden Schluss: Die HWP ist politisch nicht gewollt und muss deshalb anderen Mini-Hochschulen weichen.