Den Unterschied zu der Zeit als Hamburg wirklich wuchs, kann man in alten Finanzberichten nachlesen. Was haben damals die Senate und Bürgerschaften gemacht, als die Stadt nach der Wiedervereinigung imposant Menschenzustrom hatte? Sie haben vor allem das gemacht, was in der Situation zwingend nötig war: Wohnungen gebaut, die soziale Infrastruktur, insbesondere Kitas und Schulen ausgebaut. Was machen wir gegenwärtig hauptsächlich? Wir müssten gegenwärtig,
weil Wachstum heute unter anderen Bedingungen stattfindet, dafür sorgen, dass Familien günstigere Bedingungen fänden und insbesondere Kinder in der Stadt. Das ist aber keineswegs der Bestandteil des Haushaltes, der besonders stark steigt. Wenn Sie sich nur einmal Ihr Sonderinvestitionsprogramm anschauen: Sie erhöhen die Hafeninvestitionen in den nächsten fünf Jahren um 55 Prozent gegenüber Ihren alten Ansätzen. Von einer solchen Steigerungsrate kann der Schulhaushalt nur träumen, dass so etwas passieren würde.
Damit verkennen Sie aber, was alle größeren Städte gegenwärtig sagen. Die jüngste Bertelsmann-Studie, die Städte im demographischen Wandel untersucht, stellt dar, dass es in Bezug auf die langfristige Entwicklung der Städte immer wichtiger wird, zentral in Humankapital zu investieren. Das sei wichtiger als Infrastrukturinvestitio
nen. Das sagen die ausdrücklich. Machen wir aber nicht, wir machen es anders. In derselben Bertelsmann-Studie wird Stuttgart vorgestellt, Typ "wachsende westdeutsche Großstadt in einer prosperierenden Region" – so ähnlich wie wir. Was ist die Strategie der Stuttgarter, die deswegen gelobt werden?
"Familienförderung sichert Einwohner. Der kompakte familienpolitische Ansatz soll das Leben in der Stadt für junge Familien wieder attraktiver erscheinen lassen, die besten Zukunftschancen bieten und so die Abwanderung ins Umland verhindern."
Sie machen an dem Punkt gerade das Gegenteil und das ist kontraproduktiv für die Stadt. Dann halten Sie uns nicht vor, wir liebten die Stadt nicht, weil wir sagten, hier solle man mehr für die Familien tun. Das ist doch ein Quatsch-Argument.
Wir werden Sie, Herr Bürgermeister, an Ihrem Maßstab der wachsenden Stadt messen. Viele Rankings, in denen Bürgermeister und Städte gemessen werden, sind völlig subjektiv. Wie sich aber die Einwohnerzahl entwickelt, daran sehen Sie, welche Politik gemacht wird und ob diese Politik Zustimmung findet oder nicht. Im Moment findet Ihre Politik bei der Masse der Menschen faktisch weniger Zustimmung als die Politik in den Jahrzehnten vorher.
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr von Beust, ich greife Ihren letzten Satz auf. Sie fragten uns: Warum sind Sie eigentlich als Opposition so aufgeregt? Der Einzige, der am Rednerpult ein bisschen die Nerven verloren hat, waren Sie und nicht die Opposition.
Ich kann das ja verstehen. Sie haben die Messlatte sehr hoch gelegt. Sie haben sich mit dem Bild der wachsenden Stadt und der Art und Weise, wie Sie versuchen, das Konzept umzusetzen, eine politische Schlinge um den Hals gelegt. Ich greife auch da ein Wort auf: Das tut weh. Mir ist klar, dass Sie nervös werden, wenn wir als Opposition den Finger in die Wunde legen
und Sie versuchen, uns mit unhanseatischen Argumenten als Vaterlandsverräter in die Ecke zu stellen. Das ist dem Kaiser schon nicht gelungen, das ist anderen nicht gelungen, das wird Ihnen auch nicht gelingen.
Herr Maier hat uns zu der Geschichte, die Sie uns erzählen wollten, dankenswerterweise Fakten genannt. Ich will das ergänzen.
Wie haben sich die Schulden der Stadt entwickelt? Welcher Bürgermeister macht die meisten Schulden pro Jahr? Es gab niemand anderen in der hamburgischen Geschichte, Herr von Beust, der bisher pro Jahr mehr
Schulden gemacht hat. Sie sind der Schuldenkönig in der Hamburger Geschichte. Den Ruf werden Sie auch nicht mehr los. Das ist jetzt Ihr Verdienst.
Ich weiß nicht, ob Sie das, was Sie gesagt haben, ernst meinten. Sie verstecken sich wenig mutig – das andere Wort darf ich ja nicht sagen – hinter dem Ministerpräsidenten eines Flächenstaates. Dass ein Ministerpräsident eines Flächenstaates natürlich für die Pendlerpauschale ist, ist völlig klar. Aber wir sind Hanseaten. Sie werden ja nicht müde, das immer deutlich zu machen. Dann handeln Sie als Hanseat und als Stadtstaat kann man nur sagen, die Pendlerpauschale und die Eigenheimförderung für das Umland sind Gift für unsere Stadt. Seien Sie Hanseat, schütteln Sie nicht nur die Hand von Herrn Stoiber, sondern heben Sie die Hand im Bundesrat im richtigen Augenblick für die Abschaffung.
Zum Thema Freude. Sie strahlen richtig aus, welche Freude das Regieren im Moment macht – etwas verkrampft allerdings.
Sie glauben gar nicht, wie freudig wir sind, dass wir Sozialdemokraten die Ansiedlung von Airbus gegen den Widerstand der CDU durchgesetzt haben. Ihre Fraktion war es, die damals dagegen war, die MBB-Anteile zu kaufen. Das erfüllt uns mit Freude, macht uns stolz und zeigt, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben.
Das Thema Hafenausbau Altenwerder. Sie hatten damals wirklich vorgeschlagen, man sollte lieber ein bisschen warten und auf der Fläche Bäume anpflanzen, um ein Biotop zu entwickeln. So war Ihre Rede in der Bürgerschaft. Ich habe sie nachgelesen. Sie haben gegen Altenwerder gesprochen. Wir Sozialdemokraten waren es, die der Vernunft und den Notwendigkeiten gefolgt sind und die richtigen Investitionsentscheidungen getroffen haben. Darüber freuen wir uns. Das ist richtig gewesen.
Was glauben Sie, wie wir uns freuen und wie stolz wir darauf sind, dass wir es geschafft haben, die Arbeitslosigkeit im Jahr 2001 auf unter 69 000 Menschen gedrückt zu haben. Aber wir sind natürlich traurig und wir sind auch darüber böse, dass die Arbeitslosigkeit während Ihrer Regierungszeit nach oben geschnellt ist. Wir haben weit über 85 000 Menschen, die in Hamburg arbeitslos sind.
Die Bilanz nach drei Jahren: Die Arbeitslosigkeit ist dramatisch gestiegen und Sie haben sie nicht in den Griff bekommen.
Zum Schluss ein Wort zur Finanzierung des Sonderinvestitionsprogramms, eines der großen Geheimnisse von Herrn Peiner. Er hat ja mehrere Geheimnisse. Wir werden im Laufe der Legislaturperiode noch Gelegenheit haben, das eine oder andere aufzudecken. Man weiß bis heute nicht, wie das Programm überhaupt finanziert werden soll und welche Ausgabenstruktur es gibt. Insbesondere wissen wir nicht, woher das Geld, das dort ausgegeben werden soll, kommen soll. Herr Maier weist zu Recht darauf hin, dass Sie noch nicht einmal wissen, wie viel Geld Sie ausgeben wollen. Sie sprechen ständig von einem 1-Milliarden-Euro-Sonderinvestitionsprogramm. Es ist ein Sonderinvestitionsprogramm von 1,1 Milliarden Euro. Das heißt, Sie kennen Ihre eigenen Zahlen nicht. Das macht der Opposition Freude. Machen Sie ruhig so weiter. Ich bin ganz entspannt, der Ball läuft in die richtige Richtung. Für Hamburg ist es allerdings schade. Deshalb bitte ich Sie und fordere Sie auf, sehen Sie es ein, nehmen Sie unsere Argumente an und kriegen Sie zum Wohle Hamburgs die Kurve.
Aus der Mittelschicht kamen bisher Ihre Wähler. Das ist jetzt nicht mehr der Fall, sie kehren Hamburg im Ergebnis den Rücken zu. Deshalb kann ich Sie nur auffordern, die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Wir müssen in die Menschen investieren. Sie sagen, Sie wollen in Arbeitsplätze investieren. Wir brauchen auch hoch qualifizierte Menschen, die die Jobs machen können. Bei 17 Prozent Menschen, die in dieser Stadt keinen Schulabschluss erreichen, können wir noch so viele Arbeitsplätze schaffen, wenn wir nicht die Menschen haben, die die Jobs schlichtweg machen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Neumann hat für die SPD am Wochenende die Parole ausgegeben: Attacke, wir greifen an.
Ihr Problem ist dabei schlicht und das hat Ihre Rede eben wieder demonstriert – es war nämlich dieselbe Rede, die Sie im Dezember gehalten haben, nur glücklicherweise dieses Mal in Kurzfassung –, Sie kämpfen mit denselben alten stumpfen Waffen, die Ihnen sowieso schon keinen Erfolg beschert haben.
(Beifall bei der CDU – Petra Brinkmann SPD: Brin- gen Sie doch mal Argumente und nicht so einen Blödsinn!)
Deswegen lassen Sie mich an dieser Stelle auch noch einmal etwas zu den Arbeitsplätzen sagen. Natürlich war die Arbeitsplatzentwicklung in ganz Deutschland in den letzten Jahren schlecht. Herr Neumann, da sind wir absolut einer Meinung. Aber bitte vergleichen Sie einmal die Sonderentwicklung in Hamburg, die sich gegen die negative Bundesentwicklung durchgesetzt hat.