Protokoll der Sitzung vom 23.02.2005

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(Beifall bei der CDU)

Es ist schlicht nicht wahr, wenn Sie sagen, unser Bürgermeister verschuldet diese Stadt. Die Neuverschuldung sinkt, seitdem wir da sind. Die Netto-Neuverschuldung, Herr Neumann, sinkt, seitdem wir an der Regierung sind und das ist die entscheidende Botschaft.

(Michael Neumann SPD: Das steht aber nicht im Finanzbericht!)

Gleichzeitig erhöhen wir die Investitionen, und zwar mit dem Schwerpunkt Wirtschaft, mit dem Schwerpunkt Arbeit, mit dem Schwerpunkt Wissenschaft, mit dem Schwerpunkt Schule. Wir investieren in die Zukunft dieser Stadt und Sie werden sehen, das Leitbild der "Wachsenden Stadt" greift. Die Bevölkerung wächst, die Wirtschaft hat Vertrauen, die Menschen haben Vertrauen. Meine Damen und Herren von der Opposition, es ist natürlich bitter, wenn man sieht, dass die eigene Politik über Jahre gescheitert ist. Aber die Politik dieses Senats ist erfolgreich.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Maaß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister und Herr Schira, Ihren Frohsinn, den Sie hier an den Tag gelegt haben, in allen Ehren. Aber angesichts des Desasters der schrumpfenden Stadt, der familienfeindlichen Politik, die Sie betreiben, erscheint mir das doch ehrlich gesagt ein ziemlich aufgesetzter Zweckoptimismus, den Sie hier vorspielen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir haben viel Frohsinn gehört und viele Ankündigungen. Ganz Interessantes, wozu wir wenig oder gar nichts gehört haben, sind Schulpolitik, Kitas, Schwimmbadschließungen, sinkende Lehrerzahlen und steigende Kita- und Vorschulgebühren. Angeblich gebe es einen Schwerpunkt Schulpolitik. Herr Peiner, wenn Sie mir das noch einmal erklären könnten. Sie wollen eine wachsende Stadt, Sie wollen aber gleichzeitig sinkende Lehrerzahlen, Sie haben sinkende Lehrerzahlen und erzählen uns, Sie machen einen Schwerpunkt Schulpolitik. Na, dann herzlichen Glückwunsch Schulpolitik, dass das Schwerpunkt der Senatspolitik geworden ist. So sieht es aus, wenn man zum Schwerpunkt wird, Frau Goetsch.

(Beifall bei der GAL)

Herr Peiner, wenn wir schon mit statistischen KorinthenSchietereien ankommen – das darf ich vielleicht noch sagen, Herr Präsident –,

(Glocke)

Herr Abgeordneter Maaß, das dürfen Sie nicht sagen. Ich rufe Sie zur Ordnung.

–, wie auch immer es mit den Korinthen sein soll –, dann müssen sie wenigstens vollständig sein. Was Sie in Ihren statistischen Ausführungen verschwiegen haben, Herr Peiner, sind zum Beispiel die 6000 Studenten, die Herr Dräger im letzten Jahr mit einer, wie sich jetzt herausgestellt hat, rechtswidrigen

Studiengebühr in die Hamburger Statistik hineingebracht hat. So sieht es aus.

Im Übrigen noch ein Wort zu der Behauptung, die Herrn Maier zu Recht aufgeregt hat, die Stadt würde seit 30 Jahren schrumpfen. Nein, im Gegenteil. Seit 1987 wächst die Stadt und Sie sind nicht der Erfinder gewesen. Daran waren unter anderen auch wir beteiligt.

(Beifall bei der GAL)

Einen Widerspruch müssten Sie noch aufklären, wenn es um Wachstum und Schrumpfen geht. Sie haben vielleicht bewusst das Thema Kriminalität vermieden, sinkende Kriminalität als Ziel. Aber vielleicht könnten Sie den Widerspruch aufklären, warum der Senat zig Millionen Euro für neue Gefängnisplätze ausgeben will – neuerdings auch Gefängnisse für Autos –? Es drängt sich die Frage auf, wozu wir eigentlich zusätzliche Gefängnisse brauchen, wenn die Kriminalität angeblich dank Ihrer erfolgreichen Sicherheitspolitik in Zukunft sinken soll? Es wäre interessant, wenn wir hier noch eine Erklärung bekämen.

(Michael Neumann SPD: Der Staatsrat hat gesagt, wachsende Stadt, weniger Kriminalität, mehr Ge- fängnisse!)

Mit anderen Worten: Für die Dinge, Herr Neumann, die wachsen sollen – beispielsweise Familien, Schulen –, gibt es weniger Geld und für die Dinge, die angeblich bereits schrumpfen, gibt es mehr Geld. Es wäre interessant, dieses aufzuklären.

Die Reden von Herrn von Beust und auch von Herrn Reinert haben gezeigt, Hamburg ist anscheinend so etwas wie die Welt des Frohsinns.

(Ingo Egloff SPD: Ist ja Karneval!)

Wenn es um Prestige und um die Verbreitung von Frohsinn geht, dann ist der Senat wirklich immer ganz vorne dabei. Ich würde Ihnen zugestehen, dass das ein Schwerpunkt der Senatspolitik ist. Aber wenn es um die Bedürfnisse der einfachen Menschen geht, dann ist das alles andere als Frohsinn, was mir dazu einfällt.

Kommen wir zurück zum Alltag, zu den Problemen, die Sie in Hamburg lösen müssen. Ein Beispiel ist die U 4. Da haben wir die wahrscheinlich teuerste U-Bahn-Haltestelle der Welt. Für 255 Millionen Euro wird eine Haltestelle in einem Viertel gebaut, in dem die Wohnungen 4000 Euro pro Quadratmeter kosten. Aber was ist eigentlich mit den Vierteln Steilshoop und Bramfeld, wo sich die Menschen Wohnungen leisten können, die vielleicht ein Drittel davon kosten. Die gehen leer aus, obwohl der Senat für das gleiche Geld, das er jetzt in der HafenCity versenkt, auch diese Stadtteile für den Nahverkehr erschließen könnte. Das ist eine Bilanz nach einem Jahr schwarzer Alleinregierung: Die Reichen und die Schönen bekommen es von diesem Senat hinten und vorne und die einfachen Menschen bekommen Brot und Wasser.

(Beifall bei der GAL)

Noch ein Wort zu einem weiteren Prestigeobjekt des Senats. Was nützt es eigentlich den Menschen, wenn der Gehweg am Jungfernstieg mit edlem und teurem Granit gepflastert wird, wenn die Menschen vor ihrer Haustür in Altona oder Billstedt auf die Nase fallen, weil der Senat das Geld für die Reparaturen von Radwegen und von Fußwegen gestrichen hat.

(Barbara Ahrons CDU: Weil Sie das jahrelang ver- schlafen haben!)

Ich empfehle Ihnen, die Leserbriefspalte im "Hamburger Abendblatt" zu lesen. Da bekommen Sie gesagt, was die Menschen von dieser Politik halten, Herr von Beust.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. Herr Bürgermeister, es ehrt Sie, wenn Sie zu Ihrem Geburtstag die Hamburgerinnen und Hamburger zu Kartoffelsalat und Würstchen einladen. Noch viel mehr würde es Sie allerdings ehren, wenn Sie bei Ihrer alltäglichen Politik dafür sorgen würden, dass Sie den einfachen Bürgerinnen und Bürgern nicht die Butter vom Brot nehmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Weinberg.

(Dirk Kienscherf SPD: Jetzt ist wieder Frohsinn angesagt!)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Maaß, Sie sind, glaube ich, auch herzlich eingeladen zur Geburtsfeier des Bürgermeisters. Vielleicht können Sie das eine oder andere dann unter vier Augen besprechen.

Es stellt sich natürlich die Frage in Richtung Opposition, wie konkret und wie abgesprochen eigentlich Ihre Vorschläge und Ihre Alternativen für diese Stadt sind. Hört man zu, was Herr Neumann sagt: Sie bestrafen den Mittelstand, diejenigen, die Eigenheime haben.

(Michael Neumann SPD: Hat weh getan!)

Zwei Minuten später sagt er, das wollen wir nicht, sondern wir wollen die Streichung der Eigenheimzulage. So viel Widerspruch in drei Minuten, Herr Neumann, können nur Sie zustande bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Dann sagt Frau Goetsch, man dreht sich zweimal mit dem Fahrrad und landet dann auf maroden Straßen. Herr Neumann äußert sich vier Minuten später, die sozialdemokratischen Vorgängersenate hätten diese Stadt so hinterlassen. Das stimmt, Herr Neumann, genauso marode haben einige Senate diese Stadt hinterlassen.

(Beifall bei der CDU)

Sie fragen danach, Herr Maaß, was mit der Kita-Politik und der Schulpolitik ist. Ich zitiere Frau Goetsch sinngemäß.

"Liebe CDU, bilden Sie sich gar nicht ein, dass die erfolgreiche Kita-Politik auf Ihrem Rücken gewachsen ist."

Es geht mir nicht um den Rücken, sondern um das Zitat. Ihre erfolgreiche Kita-Politik, Sie haben es gesagt. Unsere Kita-Politik ist erfolgreich, weil sie jetzt genau das leistet, was Herr Maier einfordert: Investitionen in Humankapital, eine familienfreundliche Stadt. Eine Stadt, die es

schafft, dass Berufstätige einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz haben, ist eine familienfreundliche Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Dann kommt natürlich die Frage zum Schulbereich und es wird kritisiert, dass jetzt Gebühren erhoben werden. Es ist richtig, man kann nicht wie die Opposition agieren und sagen, ein Mehr an Qualität, ein Mehr an Quantität, aber keine Neuverschuldung und keine Gebühren. Man muss konsequent sein und wir sind auch konsequent.

Ein Beispiel sind die Lernmittel. Im Schulausschuss wurde uns vorgeworfen, mit den Lernmitteln würde man wieder selektieren. Man würde auf die finanziell Schwächeren in der Klasse zeigen, weil sie entlastet würden, was ja eine soziale Aufgabe ist nach dem Motto, sie seien nicht in der Lage, die Kosten für die Lernmittel zu tragen. Worin liegt denn das Problem für die Schwachen in dieser Gesellschaft? Wir haben beispielsweise 10 Jahre alte Bücher. Die Eltern von so genannten Reichen sorgen dafür, dass ihre Kinder mit neuen Büchern und Nachhilfekursen besser versorgt werden als die finanziell schwächeren Schülerinnen und Schüler. Von den Experten wurde ganz klar festgestellt, dass es umso dringender ist, darauf zu achten, dass sich die Qualität für alle verbessert und es deswegen auch bei den Lernmitteln eine Qualitätssteigerung gibt. Die wird es geben und das kommt gerade den Schwachen zugute.

(Beifall bei der CDU)

Dann muss ich mich natürlich fragen, wo das Konzept der Opposition ist. Sie haben ja die Stadt bedroht, dass Sie sich jetzt geeinigt hätten nach dem Motto: Wir wissen jetzt, wohin es geht, wir haben unsere Wahlniederlage verkraftet, jetzt mal los, wir Sozialdemokraten wissen, drei Züge und sucht euch mal einen Zug aus. Als Beispiel nehme ich eine kleine Sequenz aus dem Schulausschuss. Die Senatorin wurde beschimpft: Was machen Sie mit der Schulstandortplanung? Herr Buss sagte: Sie schränken die Elternrechte ein – das machen wir gar nicht –, das wollen wir nicht, wir wollen die Elternrechte stärken. Vier Minuten später meldet sich Frau Fiedler zu Wort: Immer dieses mit den Elternrechten, das wollen wir nicht, sondern wir wollen auch an sozialen Brennpunkten Standorte haben. Das war nicht "Alma Hoppe", das war ein Schulausschuss, in dem sich die Opposition in einer wirklich vernichtenden Art und Weise dargestellt hat.