Protokoll der Sitzung vom 09.03.2005

Wenn ich hier sage, dass die GAL bei einem vernünftigen Mediationsverfahren zustimmen würde, dann muss ich wahrscheinlich doch noch einmal ausholen, um zu erklären, was ein Mediationsverfahren eigentlich bedeutet.

(Oh-Rufe bei der CDU)

Oh doch, das werden Sie jetzt ertragen müssen. Aber seien Sie ganz tapfer, ich mache das in wenigen Worten.

Mediationsverfahren bedeutet, dass man alle an einen Tisch bringt, alle Interessen deutlich benennt, alle Fakten auf den Tisch legt und beispielsweise klar sagt:

• welche Verkehrsentlastung von der Südtrasse und welche im Verhältnis dazu von der Bezirkstrasse ausginge,

• wo die größeren ökologischen Risiken sind,

• welche finanziellen Risiken man eingeht,

• welche Kosten überhaupt entstehen,

• ob beispielsweise eine modifizierte Bezirkstrasse mit Anbindung an die Neß-Umfahrung des Airbusgeländes kostengünstiger sein könnte oder nicht.

Das alles muss offen diskutiert werden können.

(Jörg Hamann CDU: 40 Jahre lang!)

Dann werden Sie auch Vertreter in das Mediationsverfahren schicken müssen, die dort nicht nur physisch anwesend, sondern auch bereit sind und in die Lage versetzt werden, entsprechend zu antworten und mit den Leuten zu verhandeln. Wenn das alles nicht passiert – und hier sollen Sie nicht den Kopf schütteln, Herr Hecht –, schauen Sie doch mal in das Protokoll, das Herr Wickel unterschrieben hat. Dort heißt es sehr vornehm formuliert, dass die Vertreter überwiegend passiv waren. Das bedeutet, sie haben dazu nichts gesagt.

Wenn wir ein Mediationsverfahren haben, dann können in relativ kurzer Zeit alle Fakten auf den Tisch kommen. Wenn man im Gegensatz hierzu die Entscheidung vor Gericht sucht, kann am Ende passieren, dass man wegen Zerschlagung der Südumgehung mit gänzlich leeren Händen dasteht und dann kein Alternativplan vorliegt. Dann ist die Chance, in einem Mediationsverfahren schneller und sinnvoller zum Ziel zu kommen, sehr viel höher, als jetzt auf die Gerichtsverfahren zu setzen. Das ist der Unterschied, Herr Uldall.

(Beifall bei der GAL)

Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst zum Bericht, Drucksache 18/1733. Wer schließt sich der Ausschussempfehlung an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Ausschussempfehlung mit großer Mehrheit angenommen worden.

Nun zum Bericht, Drucksache 18/1734. Wer möchte Ziffer 1 der Ausschussempfehlung folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 mit großer Mehrheit angenommen worden.

Im Übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Ich rufe auf Punkt 6, Drucksache 18/1616, Große Anfrage der CDU-Fraktion zum Thema: Kunstbestände in den Archiven und Depots der Hamburger Museumsstiftungen – Wie gehen wir damit um?

[Große Anfrage der Fraktion der CDU: Kunstbestände in den Archiven und Depots der Hamburger Museumsstiftungen – Wie gehen wir damit um? – Drucksache 18/1616 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Drews, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auf über 30 000 Quadratmetern Archiv- und Depotfläche beherbergen die Hamburger Museumsstiftungen einen künstlerischen und kulturhistorischen Schatz, auf den Hamburg zu Recht stolz sein kann. Ein eindrucksvoller Beleg für die Gewissenhaftigkeit, mit der die Hamburger Museen stets den zentralen Aufgaben des Sammelns und auch des Bewahrens nachgekommen sind.

Nicht minder eindrucksvoll ist aber auch die Art und Weise, in der Museumsstiftungen diesen Schatz der Öffentlichkeit in Hamburg zugänglich gemacht haben und auch machen. Neben den in den meisten Fällen erheblichen Ausstellungen und Sammlungsgegenständen in ständi

gen Schausammlungen haben die Hamburger Museen seit 1999 nicht weniger als genau 598 Sonderausstellungen durchgeführt, davon allein das Museum für Kunst und Gewerbe 185.

Außerdem arbeiten die Museen daran, ihre Depots und Archive in zunehmendem Umfang der Öffentlichkeit zu erschließen. Diese Initiative begrüßen wir als CDUFraktion mit Nachdruck und bitten darum, dass dieses weitervorangetrieben wird.

(Beifall bei der CDU)

Allerdings ist trotz allem ein Teil dieser Sammlungsgegenstände auch nicht zu besichtigen und wird nicht gezeigt. Das Museum für Hamburgische Geschichte schätzt diesen Anteil immerhin auf 5 Prozent seiner Bestände.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass der Umstand, dass diese Teile nicht zu besichtigen sind, nicht daran liegt, dass sie nicht würdig seien, gezeigt zu werden. Sie sind selbstverständlich ein Teil unseres kulturellen Erbes, sollen bewahrt und auch behalten werden, zumal die Museumsstiftungen hervorheben, dass eine Reihe der in den Depots und Archiven lagernden Objekte auch weiterhin Gegenstände für wissenschaftliche Forschungen sind. Aber oftmals passen diese Objekte nicht in die Sammlungen der Museen, weil sie beispielsweise vererbt oder geschenkt worden sind. Damit passen sie auch nicht in ein Sammlungskonzept, sodass sie Teil einer Ausstellung werden können.

Auf der anderen Seite – und das wissen wir alle – gibt es zahlreiche Kunstwerke auf dem freien Markt, die inhaltlich sehr gut zu den Sammlungen unserer Hamburger Museen passen würden, aber aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, nicht erworben werden können.

Ich bin mir der Tatsache bewusst, auch bei dem Stellen der Großen Anfrage, dass es sich hierbei um ein sehr sensibles Thema handelt, was in Hamburg hinter den Kulissen schon seit vielen Jahren diskutiert worden ist. Aber die Frage muss aufgeworfen und kann nicht weiter vertagt werden, ob es sinnvoll wäre, unseren Hamburger Museumsstiftungen unter klar definierten Voraussetzungen die Möglichkeit einzuräumen, einzelne Sammlungsgegenstände, die nicht zur Substanz des jeweiligen Museums gehören, in Eigenverantwortung zu veräußern, um mit den aus dem Verkauf erzielten Einkünften zweckgebunden neue Objekte zu erwerben.

In der Sitzung des Kulturausschusses am 27. Juni 2003 der Bürgerschaft haben zwei Hamburger Museen bereits klar signalisiert, dass ein solcher Schritt für sie vorstellbar wäre. Wäre es daher nicht an der Zeit, den Direktoren unserer Museen hier stärkere Eigenverantwortung zu geben? Da trotz der rechtlichen Verselbstständigung unserer Hamburger Museen der weit überwiegende Teil des in den Depots und Archiven lagernden Schatzes nach wie vor Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg ist, bedürften die Museen hierzu jedoch unseres Einverständnisses.

(Wilfried Buss SPD: Das wäre ja noch schöner!)

Ich verstehe die Sorge, dass auf diese Weise wertvolle Sammlungsgegenstände aus kurzfristigen, vom jeweiligen Zeitgeist geprägten Überlegungen heraus und ohne hinreichende fachliche Bewertung veräußert werden könnten, wie das in der Vergangenheit anderenorts vor

gekommen sein soll. Aber auf der anderen Seite denke ich auch, dass diese Tatsache vor allem dem Fehlen klar definierter Voraussetzungen für eine Abgabe von Sammlungsgegenständen zuzuschreiben war.

Auch die beiden auf nationaler Ebene in Deutschland tätigen Museumsorganisationen, nämlich zum einen der Deutsche Museumsbund und zum anderen die deutsche Sektion des Internationalen Museumsrates ICOM, haben sich seit einiger Zeit intensiv mit genau dieser Frage der Abgabe von Sammlungsgut durch das einzelne Museum befasst.

Nach eingehender Diskussion im letzten Jahr haben die Vorstände ein Diskussionspapier erarbeitet, das auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Museumsbundes im Mai dieses Jahres diskutiert werden soll. Hiermit sehen Sie, dass das zurzeit in der Museumslandschaft in Deutschland ein aktuelles Thema ist.

(Beifall bei der CDU)

ie sehen auch, dass es der Wunsch der CDU ist, aktuelle Themen zu aktueller Stunde aufzugreifen sowie zu diskutieren und nicht 20 Jahre zu verschleppen oder zehn Jahre zu spät zu kommen.

(Wolfhard Ploog CDU: Sehr gut!)

Die Präambel in diesem Papier stellt klar und daran rütteln wir selbstverständlich auch nicht, dass der Auftrag der Museen und ihrer für die Sammlung verantwortlichen Träger Teil des kulturellen Erbes ist und das natürlich auch die ungeschriebene Aufgabe ist und bleiben soll.

Die Objekte dieser Sammlungen seien bewusst und endgültig den Wirtschaftskreisen auch entzogen – so steht es dort –, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und für nachfolgende Generationen zu bewahren. Ich glaube, in diesem Punkt sind wir auch alle d'accord.

Aber die beiden Museumsorganisationen stellen in der Diskussion auch klar, dass ausnahmsweise und unter geregelten Voraussetzungen eine Abgabe von Sammlungsgut möglich sein kann, die diesem Auftrag nicht widersprechen. Das Verfahren, das hier vorgeschlagen wird, setzt eine Reihe von Hürden, um der Gefahr der von mir soeben zitierten vorschnellen Abgabe ohne Sorge, ohne hinreichende Begutachtung und Bewertung vorzubeugen.

So wird unter anderem ein langfristig vorzuschreibendes und verbindliches Sammlungskonzept für jedes einzelne Museum verlangt sowie ein qualifiziertes Fachgutachten zur wissenschaftlichen, künstlerischen und historischen Bedeutung der einzelnen Objekte. Darüber hinaus ist dann wichtig, dass für jedes Objekt ab 1000 Euro die Entscheidung einer externen Kommission notwendig ist. Es gibt noch viele weitere Punkte, die ich hier aus Zeitgründen nicht alle nennen möchte.

Diese Kriterien entsprechen genau dem internationalen Standard, denn sie stellen eine nationale Konkretisierung der entsprechenden Vorgehensweisen dar. Das ist der Abschnitt 4.3 der ethischen Richtlinien für Museen des Internationalen Museumsrates.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Daher wird zurzeit ganz aktuell geprüft, ob derartige Verfahrensgrundsätze nicht auch für unsere Hamburger Sammlungen einen hinreichenden Schutz böten, ohne auf der anderen Seite eine Veräußerung einzelner Objek

te zum Zwecke der Anschaffung neuer Objekte gänzlich auszuschließen. Es geht also darum, dass wir als CDU das nicht aktiv forcieren wollen, aber es geht darum, zu diskutieren, ob es nicht auch möglich sein darf.

Wir, die Hamburger CDU, sind uns der Risiken, aber auch der Chancen bewusst, die die Öffnung dieser Möglichkeiten mittel- und langfristig bergen können. Auch wenn nach meiner persönlichen Auffassung die Chancen überwiegen, möchte ich an dieser Stelle die aufgeworfene Frage nicht jetzt abschließend beantworten. Vielmehr wollen wir aktiv im Kulturausschuss mit den anderen Fraktionen einen Prozess anregen, im Zuge dessen wir uns gemeinsam Gedanken darüber machen können, wie wir mit dem über Generationen gewachsenen Schatz in den Depots und Archiven unserer Museen umgehen wollen und wie viel Freiheit wir unseren ansonsten in jeder Hinsicht verantwortungsbewussten Hamburger Museumsdirektoren zusätzlich geben können.

Die Museen in Hamburg erfreuen sich bei den Hamburgerinnen und Hamburgern größter Beliebtheit. Letzte Woche konnten wir es lesen, dass die "Lange Nacht der Museen" zum beliebtesten Groß-Event der Stadt gewählt worden ist. Wer hätte das gedacht? An dieser Stelle kann ich für unsere Fraktion sagen: Hut ab vor der engagierten Arbeit der Hamburger Museen.