Protokoll der Sitzung vom 10.03.2005

(Beifall bei der GAL – Ingo Egloff SPD: Das be- schließen wir heute gar nicht!)

Da gibt es hier eine große Koalition, die sagt nein, je mehr Millionen desto besser. Das kann ich aus der Binnensicht der Politik teilweise sogar verstehen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Echt?)

Ja, letztendlich ist das Problem der Arbeitslosigkeit doch ein großes Problem und wir von der Politik haben bisher keine Antwort darauf gefunden, weder Sie noch wir. Das berührt aber die Menschen. Und wie beruhigt man die Menschen?

(Volker Okun CDU: Indem man Vertrauen schafft! Das tun Sie nicht!)

Indem man große Zahlen auf den Tisch legt und sagt, das ist ein großes Problem, aber wir investieren ja auch 700 Millionen Euro. Da kann Ihnen niemand mehr vorwerfen, Sie würden nichts tun. Aber letztendlich bekommen wir die Probleme damit nicht in den Griff. Darum möchte ich noch einen Punkt zu Herr Uldall sagen. Herr Uldall, Sie haben gesagt, meine Überlegungen seien ja ganz nette intellektuelle Spielereien, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hätten. Ich muss ehrlich sagen, ich versuche ja, sachlich zu bleiben, aber dass macht mich richtig wütend.

(Volker Okun CDU: Das hat er gewusst!)

Denn die Frage, die ich gestellt habe, ist: Wenn unsere bisherigen Maßnahmen nicht dazu beitragen, die Massenarbeitslosigkeit abzubauen, warum überlegen wir nicht, ob es andere Maßnahmen gibt, die das vielleicht schaffen können?

(Beifall bei der GAL)

Und da sagt Herr Uldall, das sind intellektuelle Spielchen, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. Ich frage mich, in welcher Welt Sie eigentlich leben, Herr Uldall? Das ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Arbeitslosen in dieser Stadt.

(Beifall bei der GAL)

Deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie uns auch darüber reden, ob es nicht in anderen Bereichen sinnvollere Handlungsmöglichkeiten gibt. Herr Uldall, auch das wieder zu der Oberflächlichkeit Ihrer Argumentation: Dieser Einmaleffekt, den Sie unseren Maßnahmen unterstellen, würde nur dann eintreten, wenn wir sagen, wir nehmen die 200 Millionen Euro und investieren die im nächsten Jahr und dann ist Schluss. Das ist nun wirklich der größte Blödsinn. Letztendlich sind das Programme, die genauso lange laufen wie Ihre Investitionsprogramme. So einfach kann man es sich nicht machen.

Meine Damen und Herren, wir haben hier das Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen. Bisher haben wir keine Antworten gefunden, die dieses Problem lösen und darum müssen wir über das hinaus, was bisher geleistet wurde, was den Status quo vielleicht auch absichert, Maßnahmen entwickeln. Nichts anderes wollen wir, nichts anderes verlangen wir und wir wünschen uns sehr, dass Sie dann auf diese Debatte endlich einmal eingehen und nicht allein den Status quo absichern, Schluss mit der Debatte und die Arbeitslosen können dann sehen, wo sie bleiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Grund.

Nein, Herr Kerstan, so ist es gerade nicht.

Erstens: Wir haben im Ausschuss schon einmal darüber gesprochen, wie die Verhältnisse wirklich sind. Es ist keineswegs so, dass diese Investitionen, die jetzt geplant werden, für Punkt und Komma exakt ausgegeben werden. Sollte die Entwicklung anders laufen als wir das vermuten, dann ist es überhaupt kein Problem, diese Investitionen vernünftig zu strecken und das Geld an anderer Stelle auszugeben.

(Bernd Reinert CDU: Stimmt!)

Aber wenn man weiß, dass diese Investitionen über Jahre hinaus geplant werden müssen, dass es erhebliche Zeitabläufe braucht, um das zu realisieren, und wenn man mit guter Begründung annimmt, dass die Entwicklung des Hafens so sein wird, wie das hier von den Rednern sowohl des Senates als auch der SPD- und CDUFraktion dargestellt worden ist, dann muss man heute die Entscheidung treffen, um in fünf und in zehn Jahren handlungsfähig zu sein. Nichts anderes geht.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Zweitens: Herr Kerstan, die Argumentation, hier würde Geld in den Hafen investiert, ohne dass das die von Ihnen gewünschte Zahl von Arbeitsplätzen schafft. Das ist ein Argument, das man jederzeit zu jeder Branche bringen kann. Ich habe Ihnen das auch schon im Ausschuss gesagt. Schauen Sie sich das klassische Dienstleistungsgewerbe an, zum Beispiel im Bereich der Bankenwirtschaft, der Finanzdienstleistung oder in anderen

Bereichen. Dort werden ebenfalls hunderte Millionen investiert, obwohl alle Beteiligten wissen, dass dies natürlich nicht Unmengen neue Arbeitsplätze schaffen wird. Werden aber diese Investitionen nicht geschaffen, Herr Kerstan und meine Damen und Herren von der GAL, dann wissen wir ganz gewiss, was passieren wird:

(Dr. Willfried Maier GAL: Sie kriegen keine Steuer- gelder rein!)

Es werden Arbeitsplätze zu hunderttausenden verloren gehen und dass können wir nicht brauchen. Das können wir in Hamburg nicht brauchen und auch im Dienstleistungsgewerbe nicht.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Drittens: Die Investitionsvorschläge, die gemacht worden sind, haben alle einen realen Hintergrund. Es sind keine Spielereien und auch keine von uns öfter mal kritisierte irgendwelche Leuchttürme, sondern es geht um Investitionen in die Bahnen, es geht darum, dass die Elbvertiefung stattfinden kann und es geht um konkrete Liegeplätze, um entsprechende Volumina in diesem Hafen umschlagen zu können. Wir wissen – das kommt noch dazu –, dass es nicht das Geld der Stadt ist, das ausgegeben wird, sondern fast die gleiche Summe, nämlich noch einmal 800 Millionen Euro werden von der privaten Wirtschaft investiert. Das nenne ich richtig investiertes Geld für die Menschen in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Volker Okun CDU: Sehr richtig!)

Das Wort erhält der Abgeordnete Kerstan.

(Zurufe von der CDU: Gnade, Gnade!)

Das mag ja heute vielleicht der Beginn einer Diskussion sein und dann hätte die heutige Debatte vielleicht doch noch etwas bewirkt. Das wäre gar nicht so schlecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL)

Herr Grund, Herr Egloff und auch Herr Uldall – Sie haben alle sehr stark betont –, dass in den großen Branchen, wo Deutschland bisher stark war, im Moment überall ein Arbeitsplatzabbau stattfindet. Natürlich ist das so. Sie haben Zyklen in der Wirtschaft. Branchen, die einmal stark waren, werden schwächer, es gibt neue Branchen, es gibt technischen Fortschritt und neue Bereiche. Deutschland hat das Problem, dass es in den Branchen sehr stark ist, die auf dem absteigenden Ast sind und dass zukunftsträchtige Entwicklungen an Deutschland vorbeigehen, an Hochtechnologie und Bereichen, wo Arbeitsplätze entstehen. Es gibt Branchen in Deutschland und auch in anderen Ländern, die wachsen. Das sind eben nicht mehr der Automobilbau, die Chemieindustrie oder die Banken und das Transportgewerbe, das sind andere Bereiche: IT, Software und zum Beispiel auch erneuerbare Energien, meine Damen und Herren. Nur eine Volkswirtschaft, die es schafft, diesen Wandel zu bewältigen, teilweise auch alte Sachen einmal alt sein zu lassen und in neue Bereiche zu investieren, ist eine erfolgreiche Volkswirtschaft. Die USA machen uns das zum Teil sehr gut vor. Das ist genau das Problem, das Deutschland im Moment hat. Wir investieren im Moment unglaublich viel Geld in Bereiche,

(Ingo Egloff SPD: Aber transportiert werden muss es trotzdem und ausgeladen werden!)

wo wir genau wissen, dass es, egal, wie viel Geld wir reinstecken, nicht mehr Arbeitsplätze werden, sondern dass wir allein die bestehenden absichern und genau das ist der Fehler, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL)

Deshalb, meine Damen und Herren, kommen wir um diese Debatte nicht herum. Vor 150 Jahren, als die jetzt starken Branchen im Anfangsstadium waren – Automobilbau, Chemie, Elektroindustrie –, war Deutschland vorne an. Das waren deutsche Erfindungen, da sind die Unternehmen gegründet worden und dort sind dann die Arbeitsplätze entstanden. In den zukunftsträchtigen Branchen der heutigen Zeit hält Deutschland keine Spitzenposition und deshalb werden in diesen Bereichen auch in den nächsten Jahrzehnten keine neuen Jobs entstehen. Sie tun so, als müssten wir uns damit abfinden. Es muss doch die Aufgabe der Politik sein, zu analysieren, woran diese Schwäche liegt, und Konzepte zu entwickeln, wie man dem entgegensteuern kann.

(Barbara Ahrons CDU: Indem Sie noch mehr Anti- Diskriminierungsgesetze machen!)

Das ist die einzige Debatte, die wir möchten, meine Damen und Herren, und diese Debatte müssen wir führen. Bisher haben wir in der Politik darauf keine vernünftigen Antworten gefunden.

(Wolfgang Drews CDU: Sagen Sie das doch mal Ihrem roten Kanzler!)

Darum haben neben der Wirtschaft auch wir alle in Politik und Gesellschaft ein gemeinsames Interesse daran, dass wir diese Probleme, die dieses Land hat und viele andere Länder in dieser Dimension nicht haben, überwinden können. Darum würde ich mir wünschen, dass wir diese Frontstellung und dieses Betondenken, alles oder gar nichts, oder nur so, wie es in der Vergangenheit war, ist es auch in der Zukunft richtig, überwinden. Nur so können wir die Zukunft gewinnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst zum CDU-Antrag aus der Drucksache 18/1848. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen.

Nun zum Bericht des Haushaltsausschusses, Drucksache 18/1897. In den Ziffern 1 und 2 zur Drucksache 18/1681 empfiehlt der Haushaltsausschuss Kenntnisnahmen. Diese sind erfolgt.

Wer möchte sich Ziffer 3 der Ausschussempfehlung zur Drucksache 18/1681 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall.

Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen.