Protokoll der Sitzung vom 13.04.2005

Damit ich Sie abschließend nicht noch langweile:

(Ingo Egloff SPD: Das machen Sie schon die gan- ze Zeit!)

Das habe ich befürchtet, dass Sie das nicht verstehen und es Sie deswegen langweilt. Aber es ist trotzdem notwendig, dass man es sagt.

Wenn Sie sich trotzdem noch einmal mit dem Untersuchungsgegenstand und dem Auftrag des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses auseinander setzen wollen, empfehle ich die Lektüre der Drucksache 16/764. Das war der damalige Zusatzantrag der SPD zu einem interessanten Untersuchungsausschuss, der sehr umfangreich war. Auch da hat die CDU-Fraktion nicht gesagt: Das könnten wir vielleicht anders sehen, das würden wir nicht zulassen oder das ist vielleicht mit dem Untersuchungsauftrag, so wie wir ihn uns vorstellen, nicht gedeckt. Herr Böwer, was Sie machen, ist kleinkariert, wenn Sie hier sagen, wir würden uns nicht trauen, die Fragen der CDU durch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufarbeiten zu lassen. Das ist kleinkariert und soll nur davon ablenken, wer die Verantwortung hatte.

Wir werden mit unserem Antrag deutlich machen, dass die Jugendlichen dieser Stadt Opfer Ihrer Politik waren und nicht unserer, so wie Sie es sagen. Wir werden in diesem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss deutlich machen, dass das, was Sie heute als Theater vorgeführt und als Feuerwerk abgefackelt haben, nichts als Seifenblasen sind und keinerlei Begründung für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss bietet.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Blömeke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Hesse! Sie können sich sicherlich vorstellen – ich möchte einmal sagen –, dass es zu Ihren lauten Statements noch einige Gegenpositionen gibt. Wenn wir vorher fachlich geredet und auseinander gesetzt haben, warum dieser PUA erforderlich ist, sind wir jetzt bei einem gewissen Polemikgrad gelandet. Die Polemik wird nicht richtiger, je lauter Sie schreien.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Frank- Thorsten Schira CDU: Das definieren Sie aber!)

Ich glaube, wenn es in Ihrer Fraktion einen Preis für Schönreden geben würde, dann hätten Sie den ersten Preis gewonnen.

(Zurufe von der CDU-Fraktion)

Nicht das schön reden, sondern das Schönreden der Fakten. Ich frage mich, ob Sie – körperlich habe ich Sie gesehen – wirklich geistig anwesend waren, als sowohl Herr Böwer, Frau Hilgers und ich hier unsere Statements gebracht haben, denn sonst kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Sie uns vorwerfen, dass wir an den Realitäten vorbei reden würden und wir irgendwelche Informationen von Jugendlichen oder hergelaufenen Leuten bekommen hätten.

(Michael Neumann SPD: Der hat vorher mit Herrn Meister gesprochen!)

Ich will Ihnen sagen: Ich habe anonyme Anrufe bekommen, aber diese habe ich hier nicht einmal zitiert, darauf beziehe ich mich nicht. Alles das, was wir hier gesagt haben, konnte man in den Akten nachlesen. Nun frage ich mich wirklich: Wie viel Glauben und Vertrauen haben Sie denn zu Ihren Akten? Wenn Sie das nicht einmal haben, wie sollen wir es denn haben?

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Der Inhalt der Akten ist doch nicht das Einzige, zu dem kritische Stimmen laut werden. Ich hatte von der Fachtagung gesprochen. Dort waren Familienrichter und Fachexperten aus der Jugendhilfe anwesend. Das sind doch nicht irgendwelche Leute. Auch die Jugendlichen, die Sie eben – ich sage einmal – so etwas nach unten gedrückt haben – so wie es in der Einrichtung passiert –, haben doch das Recht, sich zu äußern, wenn sie dort nicht so behandelt werden, wie es einem Jugendlichen würdig wäre. Das ist doch das Mindeste, für das wir uns hier für die Jugendlichen einsetzen sollten.

Ich bin dann gleich beim Thema. Ich frage mich, wann Sie wirklich die Verantwortung übernehmen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Permanent!)

Sie sind jetzt vier Jahre an der Regierung. Diese Jugendlichen, die sich jetzt in dieser Einrichtung befinden, sind während Ihrer Politik groß geworden,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist doch Unfug!)

sie sind während Ihrer Politik in der geschlossenen Unterbringung gelandet.

Die Jugendlichen, die sich jetzt in der Einrichtung befinden, sind jetzt durchschnittlich 15 Jahre alt. Ihrer Anfrage können Sie entnehmen, dass sie vielleicht das erste Mal mit elf, zwölf Jahren auffällig geworden sind. Das ist während Ihrer Regierungszeit passiert. Wenn Sie uns das schon so genau vorrechnen, dann müssen wir auch ganz genau sein.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Willfried Maier GAL: Das lag an der frühkindlichen Prä- gung! Und die ist sozialdemokratisch!)

Das ist richtig. Die frühkindliche Prägung fand unter der SPD-Regierung statt.

Lassen Sie mich noch einige Worte über die Jugendlichen verlieren, von denen Sie vorhin gesagt haben, dass sie vorher psychiatrisch behandelt wurden und dies habe sich in der Einrichtung fortgesetzt.

Das ist doch genau der Knackpunkt, nämlich die Fehlbelegung, die ich vorhin ansprach. Jugendliche kommen in diese Einrichtung, die dort eigentlich nicht hingehören. Sie können dort auch nicht unter der Aufsicht eines Allgemeinmediziners jugendpsychiatrisch begleitet werden. Ihre erste Psychologin, die Sie gerade genannt haben – das hat Herr Böwer vorhin gesagt – hat gekündigt, obwohl sie das Konzept für gut befunden hatte.

Dann waren die Jugendlichen in dieser Einrichtung in einem Zeitraum von vier Monaten ohne psychologische Betreuung; das ist auch in den Akten nachzulesen. Jetzt gibt es eine Psychologin, deren halbe auf eine dreiviertel Stelle aufgestockt wurde und die alle Jugendlichen betreut. Das ist nicht das, was ich mir für Jugendliche vorstelle, die vorher jugendpsychiatrisch betreut werden mussten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich kann verstehen, Herr Hesse, dass Sie Ihre Senatorin schützen möchten. Es ist inzwischen auch zu viel in der CDU-Fraktion passiert, da kann man sich nicht noch mehr leisten. Aber zu Ihrem Ausdruck "sie war stets bemüht" kann ich nur noch einmal sagen – was ich eben leise sagte –: Wenn im Zeugnis steht, sie war stets bemüht, dann hat sie versagt. Genau das ist hier der Fall.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Klaus-Peter Hesse CDU: Das schreiben wir Ihnen ins Zeugnis, Frau Blömeke!)

Das Wort erhält der Abgeordnete Böwer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Den einen Punkt hat Frau Blömeke in der Tat deutlich gemacht, dass nämlich sämtliche Jugendhilfemaßnahmen aus Ihrer Phase stammen. Das will ich aber gar nicht ansprechen.

(Zuruf von Klaus-Peter Hesse CDU)

Doch, Sie müssen die Große Anfrage auch lesen und nicht nur in Auftrag geben.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wir haben ja Zeit, das zu diskutieren!)

Herr Hesse, ein Punkt ist allerdings bei Ihren Einlassungen deutlich geworden: Sie machen im Augenblick eine schwere Zeit durch.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

Ihre Rede war eine einzige Ersatzhandlung. Sie waren schon einmal besser.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen schmeißen!)

Ein Punkt macht mich allerdings ein bisschen hellhörig. Sie sagen, dass wir in diesem PUA nichts ans Tageslicht bringen werden. Ist das die Ankündigung von weiterer Vertuschung, wie wir sie in diesem Fall schon erlebt haben?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wenn schon auf Beratungen in Fachausschüssen hingewiesen wird, so gab es in der letzten Legislaturperiode im Zusammenhang mit der Feuerbergstraße eine Ausschusssitzung, in der ein leitender Beamter den Ausschuss nicht darüber informiert hat, dass drei Jugendliche entwichen waren, obwohl er es bei Beginn des Ausschusses wusste. Auch das wird ein Thema sein, mit dem wir uns im PUA beschäftigen werden.

Warum jetzt die Einsetzung dieses Parlamentarischen Untersuchungsausschusses? – Weil nicht die historische Frage von 1981 bis 2001 im Raum steht, sondern weil Tag für Tag von dieser Einrichtung eine Gefährdung innerhalb und auch außerhalb der Feuerbergstraße ausgeht. Sie schalten dieses aber nicht entsprechend ab.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Da hat Frau Schnieber-Jastram bisher weniger Können bewiesen als vielmehr Glück gehabt. Sie haben im Augenblick einen ziemlichen Dusel gehabt, dass da nicht viel mehr passiert ist als das, was schon passiert ist. Das will ich Ihnen an dieser Stelle einmal sagen.

Eine Petitesse am Rande, die man mit der Großen Anfrage herausbekommen hat: Scheinbar mutiert der Senat jetzt zu etwas wie einer Erziehungskonferenz. Wie anders soll man die Antwort des Senats verstehen, wenn es da heißt, dass zehn Minderjährige den Anschluss an Schule und Beruf wiedergefunden haben und auch persönlich gefestigt zu sein scheinen? Diese Senatssitzung, in der Herr Kusch, Herr von Beust und Frau Schnieber-Jastram über den Einzelfällen gehockt haben, um zu dieser Aussage zu kommen, stelle ich mir lebhaft vor. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte den Antrag aus der Drucksache 18/2017 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit angenommen.