Weil es die Tapferkeit angeht, möchte ich an ein anderes Zukunftsprojekt erinnern, bei dem alle Fraktionen in diesem Parlament Einigkeit bewiesen und auch sehr viel Geld in die Hand genommen haben. Es ging um Flugzeuge, nämlich um die Erweiterung des Airbusgeländes. Im übertragenen Sinne sprechen wir aber auch heute von einer Startbahn, wenn nicht sogar von der Startbahn.
Kitas – davon bin ich fest überzeugt –, gute Betreuung, Erziehung und Bildung sind die Startbahn des Lebens für die Kleinsten in unserer Stadt und in unserer Gesellschaft. Wenn man – das haben wir an anderer Stelle in diesem Hause gelernt – an der Länge der Startbahn spart, dann kann der Vogel nicht fliegen, auch wenn er sich noch so anstrengt.
Heute haben wir uns nach mehr als fünf Jahren Diskussionen und Streit auf die richtige Startbahnlänge für die Kinder unserer Stadt verständigt. Das ist gut so.
Es ging nicht mehr um die Lufthoheit von irgendwelchen Kinderbetten, sondern um die Sache. Ich glaube, dass wir mit dem Gesetz wesentliche Fortschritte gemacht haben; einiges wird weiterhin eine Frage der Umsetzung bleiben. Das wäre auch der Fall gewesen, wenn wir es am 13. Juni auf einen Volksentscheid ankommen lassen hätten. Deswegen gestatten Sie mir ungefragt einige Hinweise an den Senat.
Erstens: Seien Sie großzügig bei der Bewilligung bei so genannten dringlichen, sozialen und pädagogischen Bedarfen, nutzen Sie das pädagogische Know-how der Kitas und auch der Erziehungshilfen und nehmen Sie den im KiBeG manifestierten Rechtsanspruch in diesem Bereich sehr ernst.
Zweitens: Wer Sprachdefizite diagnostiziert, muss auch für den entsprechenden Kita-Platz sorgen. Mit der Abschaffung des unsäglichen Prioritätenkatalogs wird dieses möglich sein. Ein Blick in den Paragraphen 4 in Verbindung mit Paragraph 6 wird Ihnen diesbezüglich einen Weg zeigen.
Das war es an dieser Stelle. Fünf Jahre Kita-Debatten sind zu Ende. Ich glaube, dass die Hamburgerinnen und Hamburger dem Senat ein gutes Gesetz an die Hand geben. Machen Sie das Beste daraus. Ich selbst freue mich auf die Arbeit im Wirtschaftsausschuss und verspreche Herrn Uldall genau die gleiche pflegliche Behandlung wie ich Sie Herrn Lange und Herrn Soltau habe zukommen lassen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Böwer, jetzt, wo wir uns so lieb haben, gehen Sie. Das sehe ich als sehr schade an. Ich wünsche Ihnen aber – das sage ich an dieser Stelle ganz ausdrücklich – im neuen Politikfeld „Wirtschaftspolitik“ alles Gute.
Ich glaube, Sie haben es richtig formuliert: Es ist heute, mit dem Gesetz, das wir verabschieden werden, ein guter Tag. Es war am Montag ein guter Tag und eine richtige Entscheidung, dass hier die beiden Seiten, die sich über Wochen und Monate hinweg in harten Diskussionen gegenüberstanden, zu einer Einigung gefunden haben.
Ich glaube, es ergibt keinen Sinn, heute darüber zu diskutieren, wie viel Prozent der Gesetzesinitiative wem zuzuschreiben sind oder wie viel Prozent der Bürgermeister mit seiner Regierungserklärung bekommt oder wie viel Prozent eine Fraktion bekommt, weil sie in ihrer politischen Ausrichtung den Bereich Kindertagesbetreuung als das elementare Thema der Zukunft gesehen hat. Wichtig ist für die Familien und Kinder das Ergebnis. Wichtig ist, dass wir jetzt, nach diesen Verhandlungen, nachdem beide Seiten fast Deckungsgleichheit erreicht haben, zu
einem Ergebnis gekommen sind, das gut für diese Stadt ist, das allerdings – Herr Böwer, da muss ich Ihnen leicht widersprechen – noch nicht die Diskussion im KitaBereich beendet, eher im Gegenteil, denn die Ausgestaltung genau dieses Gesetzes und die weitere Perspektive – ich denke da an den Bildungsbereich und an den großen Komplex der vorschulischen Bildung – wird auch die Aufgabe bis 2008 sein. Ich glaube, dazu werden wir hier noch viele Debatten führen.
Schön und gut wäre es – da sollte man auch selbstkritisch sein –, wenn wir vom Debatten- und Diskussionsstand dahin kommen, dass wir das, was in dieser Frage gemeinsam auf den Weg zu bringen ist, mit allen drei Fraktionen hier in der Politik und mit allen Betroffenen außerhalb der Politik, mit Trägern, mit Verbänden und insbesondere mit Eltern auf den Weg brächten. Ich glaube, dass dieses politische Signal, das Montag ausging, auch für die Zukunft eine Perspektive bilden sollte.
Letzter Satz der Selbstkritik: Vielleicht haben wir in der Vergangenheit zu häufig zu sehr politisiert. Wir haben gerade auch in Zeiten des Wahlkampfes vergessen, worum es eigentlich ging. Das ist tragisch und schade. Umso besser ist es, dass wir die Kurve gerade noch gekriegt haben und heute zu diesem Ergebnis gekommen sind. Das ist das Entscheidende, meine Damen und Herren.
Sie haben es gesagt. Sie haben die wesentlichen Änderungen angeführt. Das heißt in der Konsequenz für uns: Kindertagesbetreuung ist als Thema, als wichtiges Politikfeld, als Teil einer modernen Familienpolitik, als Teil einer modernen Sozialpolitik und gerade auch als Teil einer zukünftigen Bildungspolitik angenommen worden. Wir haben die fünfte Stunde bekommen. Das ist sozialpolitisch das Richtige. Das war eine alte CDU-Forderung. Auch andere Parteien haben diese Forderung immer wieder aufgestellt. Umso erfreulicher – das sage ich auch ganz persönlich – ist es dann, wenn man weiß: Am 1. Januar 2005 wird man das erreichen, was man schon einmal gefordert hat.
Trotzdem bleibt noch einiges zu tun, wenn man die Sozialpolitik ernst nehmen möchte. Noch können wir nicht genau abschätzen, wie sich die Kindertagesbetreuung in sozial schwierigen Stadtteilen entwickelt. Hier muss unter Umständen auch noch nachgebessert werden. Das wird man aber in Zukunft sehen.
Wichtig ist Kindertagesbetreuung als Teil einer modernen Sozialpolitik. Wir schaffen es in Hamburg, zum Jahre 2006 etwas zu erreichen, was wirklich in Westdeutschland – Sie haben es genannt, Herr Böwer – einmalig ist. Ostdeutschland baut zurzeit die Kapazitäten massiv ab, weil die Kommunen damit finanziell nicht mehr zurechtkommen. Wir schaffen etwas in Hamburg und das ist der richtige Weg, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Jahre 2006 spätestens zu schaffen. Das ist richtig.
Wir haben im Elementar- und Hortbereich angefangen. Auch der Bereich Krippe wird sich jetzt positiv entwickeln. Das ist gut so, im Übrigen auch unter dem Gesichtspunkt der wachsenden Stadt. Ich weiß nicht, ob der eine oder andere von Ihnen am Montag die „FAZ“ gelesen hat. Darin war ein kleiner Artikel über eine kleine Stadt, Laer bei Münster. Die Stadt ist sicherlich schön und toll. Dahin wollen wir alle gerne einmal. Aber die Stadt Laer bei Münster hat eines geschafft: Die Geburtenrate liegt dort
bei jährlich 13,5 pro tausend Einwohnern. Der Bundesdurchschnitt beträgt etwa 8,7. Das ist mehr als in Frankreich, das ist mehr als in Dänemark und die Frage stellt sich, warum es eine Stadt wie Laer schafft, diesen Zuzug von Familien zu gewährleisten. Schlicht und einfach deshalb, weil die Kommunalpolitiker in Laer gesagt haben, sie wollten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen. Das hieß, dass alle Kinder vom vierten Monat an einen garantierten Anspruch auf einen Krippen- beziehungsweise auf einen Kindertagesplatz haben. Das ist dann auch wirklich eine wachsende Stadt. Sie sehen an diesem kleinen Beispiel Laer, wie gut das funktionieren kann. Daran werden wir uns in Hamburg anschließen.
Noch zwei, drei Sätze zum Bericht der Lenkungsgruppe: Ich halte es auch für gut und richtig, dass der Bericht der Lenkungsgruppe ganz klar und offen formuliert hat, wo welche Defizite in der Vergangenheit lagen. Wer von Ihnen den Bericht gelesen hat, wird das eine und andere wiedererkennen.
Ja, aber man muss auch sagen, Frau Goetsch, dass es ein gutes Signal ist, wenn ein offener Bericht einer Behörde das auch dementsprechend signalisiert und sagt, hier seien Fehler gemacht worden, hier müsse nachgebessert werden.
Der zweite Bereich ist natürlich – das hat Herr Böwer angesprochen – der sensible Punkt der Finanzierung. Auch in dieser Frage hat sich der Bericht der Lenkungsgruppe geäußert. In Zukunft wird das Hauptproblem die Finanzierung sein. Ich möchte nur zwei, drei Beispiele nennen: Wenn wir Kita als gemeinsames, gesellschaftliches Thema nehmen wollen, dann reicht es nicht, wenn sich nur die Politiker hier in diesem Saal einigen, sondern es muss auch eine Solidarität mit den Betroffenen erfolgen. Dann erwarte ich auch von Trägern, Verbänden und anderen, dass sie sich gemeinsam diesem gesellschaftlichen Prozess stellen. Wenn ich dann bei den Fragen der Finanzierung die Entwicklung der Kosten im Kita-Bereich sehe, muss die eine oder andere Frage auch gestellt werden. Einen Punkt nenne ich einmal: Wenn Sie die Pflegesätze 2002 mit den Entgelten von 2004 vergleichen, gibt es je nach Leistungsart eine Steigerung von 7 Prozent bis zu 34,2 Prozent. Dazu muss ich ehrlicherweise die Frage stellen, wie es sein kann, dass es innerhalb von zwei Jahren zu einer Steigerung von 34,2 Prozent bei einzelnen Betreuungsarten kommt.
Ich frage auch als derjenige, der hier den Haushalt beschließen muss, was man mit diesem Verfahren macht, und sage ganz deutlich, es wird debattiert werden.
Da insgesamt eine Summe von 44,3 Millionen Euro für den Bereich „Kostensteigerung“ zustande kommt, stellt sich gesellschaftlich die Frage, ob das Geld so richtig angelegt ist und ob man darüber debattieren muss, wie man es machen kann. Es gibt viele Beispiele, wo man auch fragen muss, ob die Staffelung der Elternbeiträge so richtig ist. Ich rede jetzt nicht von einer Erhöhung, ich rede nur von einer Gerechtigkeit. Wenn ich mir zum Beispiel anschaue, dass Sie bei dem Vergleich von vier und sechs Betreuungsstunden in Elementarbereich fünf Euro
am Tag mehr bezahlen, dass man bei einem durchschnittlichen Einkommen von 2000 Euro für vier Stunden 84 Euro zahlt und für sechs Stunden 101 Euro, dann weiß ich nicht, ob das so richtig sein kann und ob man nicht darangehen sollte, ein Mehr an Gerechtigkeit zu schaffen. Dass die Elternbeiträge vor zwei Jahren im Durchschnitt gesenkt wurden, war, glaube ich, ein Riesenerfolg. Ich glaube aber, wir sollten uns auch mit diesen Dingen beschäftigen.
Die Frage „Implementierung von Bildungsplänen“: Wir machen das, weil die Kritik von der GAL, glaube ich, kam, das passiere zu schnell und sei nicht so richtig ausgewogen. Machen Sie sich da keine Sorgen. Ich erkläre für die CDU-Fraktion, dass gerade die Implementierung von Bildungsplänen ein sehr langer und sehr gut zu durchdenkender Prozess ist. Wir von der CDU-Fraktion werden das und natürlich die Frage der sozialen Entwicklung als weiteren Schwerpunkt aufnehmen.
Was bleibt zum Schluss neben dem Dank an Herrn Böwer? Ich glaube, dass wir es hier in diesem Parlament geschafft haben, die Politik zu einen. Nutzen wir die nächsten vier Jahre, um mit diesem Signal und einer ersten Einigung auch diesen wirklich hoch schwierigen Bereich der Kindertagesbetreuung wahrzunehmen, denn es gibt gewisse Gruppen, die sich politisch weniger wehren können. Das sind in erster Linie Kinder und Familien. Insoweit, glaube ich, ist es heute eine richtige Entscheidung. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten. – Vielen Dank.
Herr Weinberg, ich fange jetzt nicht an zu sagen, dass wir uns alle lieb hätten. Das kommt vielleicht noch. Vielleicht wächst das in der Zeit noch. Wir beide lernen uns vielleicht noch besser kennen. Das mag sein.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mein Dank geht heute in eine ganz andere Richtung. Auch ich möchte nämlich einen Glückwunsch aussprechen, denn heute ist wirklich ein erfolgreicher Tag. Ich schaue aber dazu ganz bewusst nach oben nicht hier unten ins Parlament, weil ich glaube, dass auch oben unter den Besuchern sicher einige dabei sein werden, die unter den 170 000 waren, die ihre Unterschrift unter diese Volksinitiative gesetzt haben. Ich gratuliere Ihnen dazu.
Das können Sie sich durchaus als Erfolg verbuchen, denn Sie sind letztendlich diejenigen, die es geschafft haben, was die politische Opposition hier zwei Jahre nicht geschafft hat, nämlich die CDU in Bewegung zu versetzen. Einmal in Bewegung gekommen, geht die CDU dann auch weiter. In großen Schritten ist sie auf die Initiatoren des Bürgerentscheids zugegangen und damit auch auf die SPD-Opposition.
Meine Damen und Herren, heute liegt uns nun das Gesetz vor. Das Gesetz ist der Erfolg dieser Volksinitiative. Ein Kompromiss, der gefunden wurde – in schnellen Schritten von der CDU erreicht –, der nun den Volksentscheid am 13. Juni überflüssig macht. Eindrucksvoller kann nicht bewiesen werden, wie stark und wie wichtig das Instrument einer Bürgerbeteiligung sein kann.
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist im Ansatz gut und richtig. Vor allem ist es längst überfällig, denn die anderen Bundesländer haben uns schon seit geraumer Zeit und insbesondere seit den letzten zwei Jahren vorgemacht, wie ein gutes Gesetz zur Kinderbetreuung aussehen kann. Aber hier von einer Vorreiterrolle Hamburgs zu sprechen, wie es vor kurzem Bürgermeister Ole von Beust verkündet hatte, ist unserer Ansicht nach allerdings bei weitem zu gewagt. Dagegen spricht zurzeit in erster Linie der fehlende Finanzierungsplan für die Umsetzung des Gesetzes. Eine wichtige Voraussetzung, wenn nicht sogar die wichtigste Voraussetzung für die Erfüllung schöner Kita-Wünsche ist ihre Finanzierbarkeit. Da bewegt sich der Senat zurzeit noch in einen völlig luftleeren Raum.
Machen wir uns doch einmal klar, dass zur Ausführung dieser Kita-Wunschliste mit den wesentlichen Schwerpunkten, die Hamburger Garantie der Betreuung von null bis 14 Jahren und die Ausweitung der Betreuungszeit von vier bis fünf auf fünf Stunden inklusive Mittagessen, nach Schätzung rund 70 bis 100 Millionen Euro nötig sind. Die Herkunft der Summe ist auch heute noch, bei Verabschiedung des Gesetzes, völlig unklar.