Protokoll der Sitzung vom 25.05.2005

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drucksache 18/2208 annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist bei einigen Stimmenthaltungen einstimmig so beschlossen.

(Unruhe im Hause – Glocke)

A C

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Meine Damen und Herren, die CDU möge die Finanzlage selbst klären. Wir fahren in der Sitzung fort.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf, die Drucksache 18/2088 in der Neufassung, Bericht des Innenausschusses zum Thema "Gefahren durch Gas- und Schreckschusswaffen verringern".

[Bericht des Innenausschusses über die Drucksache 18/249: Gefahr durch Gas- und Schreckschusswaffen verringern (GAL-Antrag) – Drucksache 18/2088 (Neufassung) –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/2291 ein Antrag der SPD-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der SPD: Mehr Sicherheit durch weniger Waffen: Eine umfassende Entwaffnungsstrategie für Hamburg ist überfälliger denn je! – Drucksache 18/2291 –]

Das Wort wird gewünscht, der Abgeordnete Dressel hat es.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, dort hinten in der Ecke den Zahlungsverkehr leise abzuwickeln.

(Heiterkeit im ganzen Hause)

Herr Dressel, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt müssen wir uns doch einem ernsteren Thema zuwenden, denn die jüngsten Messerangriffe in Hamburg haben sehr viele Menschen in unserer Stadt zu Recht schockiert. Die Opfer dieser Taten in den letzten Wochen müssen für uns Mahnung sein, beim Thema "Bekämpfung der Waffen" neue Wege zu gehen, denn mit seiner doch etwas selektiven Wahrnehmung der Kriminalstatistik hat der Innensenator übersehen, dass die Gewaltbereitschaft in Hamburg zunimmt. Wir haben eine Steigerungsrate von etwa 7 Prozent bei der gefährlichen Körperverletzung, sogar knapp 37 Prozent bei den Delikten gegen das Leben – alles Taten, bei denen Messer, Waffen oder andere gefährliche Werkzeuge eingesetzt werden. Die Zahl der Verstöße gegen das Waffengesetz hat ebenfalls um knapp 37 Prozent zugenommen. Deshalb können wir hier heute nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

Wir Sozialdemokraten haben deshalb eine umfassende Entwaffnungsstrategie für Hamburg vorgelegt. Unser Motto ist "Mehr Sicherheit durch weniger Waffen". Verehrte Kollegen von der CDU-Fraktion, es nützt nichts, wenn wir uns abstrakt darüber einig sind, dass es schön wäre, wenn in Hamburg weniger Waffen in Umlauf wären. Wir müssen auch ganz konkret etwas dafür tun, dieses zu erreichen. Dafür fehlt Ihnen bislang der Mut.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir schlagen deshalb eine Hamburger Initiative zur Verschärfung des Waffenrechtes vor. Da Sie ja gezeigt haben, aus jedem mittelmäßigen Blödsinn auch eine Bundesratsinitiative zu basteln, meinen wir, Sie sollten zur Abwechslung einmal etwas Sinnvolles im Bundesrat beantragen, nämlich eine Verschärfung des Waffengesetzes

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

und vor allem eine Verschärfung, die dann auch unseren großstädtischen Bedingungen Rechnung trägt. Dazu gehören mehrere Punkte, drei will ich nennen.

Erstens hat leider auch die letzte, übrigens von CDULänderkollegen verwässerte Waffengesetznovelle noch Lücken bei den Hieb- und Stichwaffen, bei Spring- und Fallmessern gelassen. Können Sie mir erklären, verehrte CDU-Kollegen, warum es jetzt etwa bei Springmessern eine Ausnahme vom Verbot gibt, wenn der herausragende Teil der Klinge höchstens 8,5 Zentimeter lang ist? Wir haben für solche Ausnahmen kein Verständnis mehr. Diese Lücken müssen geschlossen werden. Natürlich muss so ein Verbot auch praktikabel gehalten werden. Bei Taschenmessern und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfes können wir Ausnahmen zulassen.

Zweiter Punkt: Der Zugang zu Gas- und Schreckschusswaffen muss erschwert werden. Kriminelle benutzen diese weit überwiegend bei schweren Straftaten. Diese Waffen können – das ist in der Anhörung belegt worden – schwerste Verletzungen hervorrufen. Der Kauf ist bislang unproblematisch möglich. Das muss aufhören, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Hier darf es keine falsche Rücksichtnahme geben. Schade, verehrte CDU-Kollegen, dass Sie hier bisher eher den Interessen der Waffenlobby gefolgt sind als vielen Experten aus Polizeikreisen.

(Beifall bei der SPD – Christoph Ahlhaus CDU: Das ist Quatsch, das wissen Sie doch!)

Dritter Punkt: Bei den Softair- und bei den Spielzeugwaffen ist die im Waffengesetz vorgenommene Liberalisierung absolut unverständlich, denn sie hat zu einem gefährlichen Boom dieser Waffen geführt. Damit muss ebenfalls Schluss sein und ich freue mich, dass wir wenigstens an dieser Stelle die Unterstützung der CDUFraktion bekommen haben, auch wenn ich sagen muss, dass es schon ein wenig perfide ist, dass Sie gegen Spielzeugwaffen schärfer vorgehen wollen und bei den anderen Waffen die Zustimmung verweigern. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD)

Daneben sind wir auch in Hamburg ganz konkret gefordert und zwar mit einem ganzen Bündel repressiver und präventiver Maßnahmen. Egal, wie man da zu den Einzelpunkten steht – Sie haben die Drucksache ja vorliegen –, was sich jedenfalls mit dem Zurückdrängen der Waffen in unserer Stadt überhaupt nicht verträgt, ist, dass es Stellenstreichungen bei der zuständigen Dienststelle bei der Landespolizeiverwaltung gibt. Sieben Stellen sollen nach Ihrer Planung in diesem Bereich wegfallen, das bei 1500 verschwundenen Waffen in diesem Bereich, deren Verbleib noch geklärt werden muss, sieben Stellen bei dem immer noch nicht fertiggestellten elektronischen Waffenregister.

Wie können Sie diese Stellenstreichung rechtfertigen? Bei der Umsetzung des Waffenrechtes wird mehr Personal benötigt, nicht weniger. Insofern muss man klar sagen: Diese Stellenstreichung geht auf Kosten der Sicherheit. Lassen Sie es deshalb nicht zu.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Zu den anderen Punkten, die konkret Hamburg betreffen: Das Messerverbot für bestimmte Quartiere als Prüfungspunkt, verbindliche Sicherheitskonzepte für Szenelokalitäten, effektivere Kontrolle der Waffengeschäfte und eine dieses Ganze flankierende und begleitende Öffentlichkeitskampagne. Da kann ich insbesondere auf die sehr positiven Erfahrungen verweisen, die mit einer solchen Initiative in Amsterdam gemacht worden sind. Warum soll das, was in Amsterdam erhebliche Erfolge gebracht hat, nicht auch in Hamburg funktionieren?

Insbesondere die Situation auf St. Pauli darf nicht weiter eskalieren.

"St. Pauli ist ein touristischer Anziehungspunkt, wo Menschen feiern und fröhlich sein wollen. Dort haben Messer nichts zu suchen."

Sehr richtig. Dieser Satz stammt nicht von mir, sondern den hat der gerade ins Gespräch vertiefte Kollege Warnholz gesagt, als er im letzten Sommer seine AntiMesser-Initiative vorgeschlagen hat. Dann hat er weiter gesagt:

"Ich werde die CDU-Fraktion bitten, dieses Vorhaben schnell voranzutreiben."

Schade, Kollege Warnholz, dass eine parlamentarische Initiative der Opposition erforderlich war, Ihnen hier auf die Sprünge zu helfen. Sie haben aber heute die Gelegenheit, dies nachzuholen und unserem Zusatzantrag zuzustimmen, um Waffen in der Stadt auch effektiv zu bekämpfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Ach, nun doch. Der Abgeordnete Goldberg bekommt das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD hat in ihrer Regierungsverantwortung in Hamburg über viele Jahre das Thema "Innere Sicherheit" massiv und fahrlässig vernachlässigt. Zu Recht hat sie erkannt, dass sich der Regierungswechsel in Hamburg ganz wesentlich daraus begründet. Gott sei Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nun gilt es, wieder Profil zu gewinnen, aber offenbar hat sich das in langen Jahren mühsam aufgebaute Kompetenzdefizit bis heute gehalten, denn der vorliegende Oppositionsantrag ist lediglich ein Beispiel für Effekthascherei. Geeignet ist er nicht.

(Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Sie haben ja gar nicht zugehört!)

Wer sich an die Ergebnisse der Expertenanhörung im Innenausschuss erinnert und an die Ausführungen der Polizei, erkennt die pseudo-scharfe Gaukelei dieses Antrages.

(Uwe Grund SPD: Das ist ja unglaublich!)

Um es klarzustellen: Wir sind die Ersten, die auch gravierende Maßnahmen befürworten und durchsetzen, wenn sich damit eine nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage für unsere Stadt erreichen lässt.

(Beifall bei der CDU)

Gehen Sie davon aus, dass wir Kriminalitätsprävention mit noch größerer Freude betreiben als die erfolgreiche Ermittlung und Ahndung von Straftaten. Wir befürworten aber keine Maßnahmen, die hierfür nicht geeignet sind, insbesondere dann nicht, wenn sie mit sinnlosen Bürokratieaufbau verbunden wären und vor allen Dingen diejenigen Bürger belasten würden, die für die zu verhindernden Straftaten ohnehin kaum infrage kommen,

(Beifall bei der CDU)

zumal das Präventionsziel durch weitere Ermittlungsvollmachten für die Polizei schneller, zielgerichteter, nachhaltiger und kostengünstiger erreicht werden kann.

Die mögliche Gefahr geht nicht von einer Waffe an sich aus. Gefährlich wird sie durch den damit umgehenden Menschen und dessen krimineller Energie.