Protokoll der Sitzung vom 25.05.2005

Die mögliche Gefahr geht nicht von einer Waffe an sich aus. Gefährlich wird sie durch den damit umgehenden Menschen und dessen krimineller Energie.

(Antje Möller GAL: Das ist ja eine absurde Theo- rie!)

Wir befürworten den bestehenden, restriktiven Umgang mit Schusswaffen. Gern ziehen wir illegale Waffen aus dem Verkehr. Aber die Ermittlung von potenziellen Tätern ist besser als die Ermittlung von potenziellen Tatwerkzeugen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das schließt sich ja nicht aus!)

Letztere sind nämlich stets und leicht zu ersetzen.

Waffenrecht ist Bundesrecht und Hamburg könnte im Bundesrat initiativ werden. Das ist richtig. Das erst vor zwei Jahren umfangreich novellierte und verschärfte Waffenrecht können wir noch weiter novellieren und weiter verschärfen. Aber hierfür bedarf es einer fundierten sicherheitspolitischen Begründung und einer politischen Mehrheit, weil es einen bundesweiten Konsens gibt, weitere Verschärfung und Ausweitung müsse zu einer nachhaltigen Verbesserung der Sicherheitslage führen. Das ist aber bei Ihren Vorstellungen nicht der Fall.

Dazu gern im Einzelnen: Bereits heute sind Hieb- und Stoßwaffen mit besonderem Gefährdungspotenzial verboten, zum Beispiel Butterfly-Messer, Kampfsterne, Faustmesser et cetera. Leider zeigt die Praxis, dass Verbotsausweitung zu Erfindung und Einsatz von Alternativwerkzeugen motiviert und das Präventionsziel weitgehend verfehlt. Die meisten Straftaten, die mit Messern begangen werden, werden mit Küchenmessern begangen.

(Wolfhard Ploog CDU: Hört, hört!)

Restriktionen bei Erwerb und Besitz von Schreckschusswaffen verfehlen das Präventionsziel ebenfalls, wie die Relation von Altbestandszahlen, rückläufigem Neuverkauf, kleinem Waffenschein und tatsächlich begangenen Straftaten zeigt. Aus gleichen Gründen erreichen Sie nichts mit Handelseinschränkungen. Die Registrierung der Käufer nimmt der Handel ordnungsgemäß vor, wie regelmäßig durchgeführte Kontrollen zeigten.

Recht haben Sie beim Thema Softair- und Anscheinwaffen. Dort besteht Verwechslungsgefahr mit echten Schusswaffen durch Dritte, und zwar insbesondere durch die Polizei. Hier findet Ihr Verbotsvorschlag unsere Zustimmung, aber nicht unter dem Gesichtspunkt der Kriminalitätsprävention, sondern unter dem Aspekt des Kinder- und Jugendschutzes, da es für diese Gegenstände keine Altersbeschränkung gibt. Diese Position haben wir ja im

Innenausschuss abschließend behandelt. Der Senat hat sich auch schon bereit erklärt, dies im Rahmen der Innenministerkonferenz auf den Weg zu bringen.

Jetzt kommt der schönste Vorschlag aus Ihrem Papier: eine generelle Straffreiheit bei freiwilliger Aufgabe illegalen Waffenbesitzes. Das ist zumindest aus unserer Sicht höchst bedenklich und kommt mit uns auch nicht infrage. Was wäre das für eine Rechtsstaatlichkeit, wenn die freiwillige Beendigung einer Straftat gleich die Straffreiheit nach sich zöge. Im Übrigen erreicht auch dies das Präventionsziel nicht. Die straffreie und anonyme Abgabe von erlaubnispflichtigen Waffen bietet eine ausgezeichnete Möglichkeit für Straftäter zur Entsorgung des Corpus delicti. Wer seine Straftaten noch in Vorbereitung hat, behält seine illegalen Schießeisen noch ein wenig.

Der Weg aus Ihrer sicherheitspolitischen Amnesie über eine waffenrechtliche Amnestie ist ein Irrweg.

(Beifall bei der CDU – Rolf-Dieter Klooß SPD: Lan- ge gearbeitet an dem Wortspiel!)

Die von Ihnen geforderte, weitergehende Detaillierung der Kriminalstatistik hinsichtlich verwendeter Waffenarten ist ebenfalls praxisfern, nicht nur, weil jedes unaufgeklärte Delikt die Zuordnung mangels Ermittlungssicherheit infrage stellt. Wie wir wissen, steht häufig genug in der Statistik "Tatwerkzeug unbekannt". Es hilft auch nicht weiter zu wissen, dass ein Armeedolch oder ein angespitzter Schraubenzieher verwendet wurde oder vielleicht auch Küchenwerkzeuge, die Sie dann nach Brot-, Schinken- oder Käsemesser unterscheiden wollen. Die Experten haben sich eindeutig geäußert, dass weitergehende Differenzierung kein hinreichendes …

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dazu haben sie gar nichts gesagt!)

Gucken Sie doch in Ihren Antrag. Das steht doch drin.

(Zuruf von der SPD)

Dennoch haben sich die Experten dazu geäußert, denn natürlich haben sie sich zu Ihrem Papier, dass Sie damals schon hatten, geäußert.

Die Erfahrung der Polizei in der Zusammenarbeit mit der einschlägigen Gastronomie sind durchweg positiv und bedürfen keiner weiteren Institutionalisierung. Auch das Verbot von Waffen an Schulen besteht bereits. Die polizeilichen Erfahrungen zeigen keine besondere Signifikanz unerlaubten Besitzes oder Mitführens von Waffen an Schulen in Hamburg. Es gibt nach den bisherigen Erfahrungen kein Waffenproblem an Hamburger Schulen. Aber wir wollen auch keins in Zukunft. Deshalb arbeiten 91 Präventionsbeamte im Rahmen des Cop4U-Programmes flächendeckend an den Schulen.

Nach dem Regierungswechsel ist mit Einrichtung der LPV 36, der Dienststelle zentrale Waffenangelegenheiten, in Hamburg der wesentliche Schritt getan worden, um den in einigen Teilen der SPD-geführten Hamburger Verwaltung geradezu schlampigen Umgang mit dem alten Waffenrecht zu beenden und zu einer konsequenten Rechtsanwendung zu kommen.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Und was habt ihr seither gemacht?)

In nur anderthalb Jahren ist es dieser Dienststelle gelungen, einige hundert zum Teil viele Jahre schlummernde Zeitbomben zu entschärfen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Und 1500 schlafende Bomben gibt es noch!)

Ihr Ruf, Herr Dressel, nach Restriktion, Konsequenz der Rechtsanwendung und Erhalt der von uns eingerichteten Dienststelle ist Hohn dagegen.

(Beifall bei der CDU)

Bis heute, lieber Herr Dressel, fehlen die vom Bund zu erlassenden Verwaltungsvorschriften für die Durchführung des neuen Waffenrechtes. Ihre Berliner Kollegen haben natürlich seit langem genug mit sich selbst zu tun, als dass sie sich solch profanen Sachfragen widmen könnten. Aber das wird sich bald ändern. Darauf freuen wir uns schon.

(Beifall bei der CDU)

Es ist bereits heute nicht erlaubt, Gas- und Schreckschusswaffen in der Öffentlichkeit zu führen, ohne im Besitz eines so genannten Kleinen Waffenscheines zu sein. Die unerwartet niedrige Zahl der Kleinen Waffenscheine von wenigen Tausend statt der erwarteten zig Tausend

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das sind doch fast keine!)

zeigen unter anderem, dass nur wenige das Bedürfnis haben, solche Waffen legal in der Öffentlichkeit zu führen. Wer einen Kleinen Waffenschein besitzt, ist bereits registriert, geprüft und handelt legal. Wer keinen Kleinen Waffenschein besitzt, handelt bereits illegal. Letzteres gilt es zu ermitteln. Bei hochgerechnet 400 000 Gas- und Schreckschusswaffen in privater Hand allein in Hamburg wäre eine Bedürfnisprüfung, Registrierungs- und Erlaubnispflicht verbunden mit einem ungeheuren bürokratischen Aufwand. Das schafft Beschäftigung für öffentliche Bedienstete und gäbe eine schöne große Behörde mit tollen Aufgaben. Den braven Bürger erreichen Sie aber mit solchen absurden Regelungen nicht mehr, aber Sie können ihn drangsalieren und ein bisschen kriminalisieren. Den potenziellen Straftäter fangen Sie damit aber nicht.

(Beifall bei der CDU)

Und, Herr Dressel, Ihr Vorschlag ist nicht nur nicht zielführend, er ist auch kontraproduktiv. Der Aufwand von Registrierung, Prüfung und Erlaubniserteilung ist kaum finanzierbar oder operativ leistbar. Er bindet finanzielle und personelle Ressourcen, die dann anderweitig fehlen und effizienter eingesetzt werden könnten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wenn Sie Stellen streichen, sind natürlich keine Leute da, die das feststellen können!)

Aber Sie können dann immer noch nicht feststellen, wer sich illegal verhält, Herr Dressel.

Gefährlich ist Ihr Antrag auch, denn er fördert den illegalen Besitz heute schon erlaubnispflichtiger Waffen, denn wenn schon illegal, dann richtig illegal. Für das illegale Führen von Gas- und Schreckschusswaffen gilt das Gleiche wie für den unerlaubten Besitz scharfer Waffen: Durch eine Ausweitung von Verboten werden diese Delikte nicht verhindert, weil dies bereits jetzt verboten ist. Die SPD möchte illegales Handeln noch illegaler machen, Gewaltkriminelle noch gewaltkrimineller, aber das hat mit Verbesserung von Sicherheit nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Statt einer Ausweitung von Verbotstatbeständen bedarf es einer konsequenten Durchsetzung bestehender gesetzlicher Bestimmungen. Hierzu zeichnet sich die von uns im Frühjahr 2001 eingerichtete Dienststelle für zentrale Waffenangelegenheiten als außerordentlich erfolgreich und effektiv aus. Die Ausstattung der Polizei mit den notwendigen Vollmachten durch präventive Ermittlung von Delinquenten, bevor sie die von ihnen unerlaubt mitgeführten Waffen für weitere unerlaubte Handlungen einsetzen, ist der nächste sinnvolle Schritt. Hierfür wollen wir vor allem die Möglichkeit lageabhängiger Kontrollen schaffen.

Der vorliegende Antrag schlägt vor, viel Geld auszugeben, Sicherheitsillusionen zu schaffen und Wähler zu blenden, aber Prävention und Sicherheit erreicht er nicht.

Wir stimmen mit Ihnen in der Zielsetzung intensiver Kriminalitätsprävention, Straftatsermittlung und Verfolgung überein. Wir stimmen auch mit Ihnen in der Zielsetzung der Begrenzung von Schusswaffen in privater Hand überein, insbesondere in der Öffentlichkeit. Aber die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen sind hierfür schlichtweg nicht tauglich. Wir müssen der Straftäter habhaft werden. Hierfür wollen wir ein neues Polizeirecht und hierfür wollen wir auch Ihre Unterstützung. Aber wir wollen keinen untauglichen Aktionismus, der anderweitig sinnvoll einzusetzende Ressourcen bindet. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es erhält das Wort die Abgeordnete Möller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Goldberg, was Sie als untauglichen Aktionismus bezeichnet haben, wäre endlich einmal eine Initiative, sich mit dem Thema der Bewaffnung hier in der hamburgischen Bevölkerung wirklich auseinander zu setzen. Dem haben Sie sich schon im Ausschuss verweigert und dort schon immer darum herumgeredet.

Der SPD-Antrag gibt uns hier einfach nochmals die Möglichkeit, wirklich die Frage zu stellen, die Sie bisher immer verweigert haben, nämlich: Wie weit ist eigentlich die hamburgische Bevölkerung bewaffnet und was können und müssen wir politisch dagegen tun? Das ist das vorrangige Ziel des SPD-Antrages, das im Übrigen nicht nur auf Hamburg bezogen ist, sondern eine Bundesratsinitiative hat dann zum Glück auch immer den Effekt, dass einfach bundesweit darüber diskutiert wird.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren, es ist einfach zu laut im Plenarsaal. Frau Möller.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Ausgangspunkt der Anhörung nicht der SPD-Antrag war, sondern der GAL-Antrag zu den Gas- und Schreckschusswaffen. Dort haben Sie schon sehr deutlich ausgeführt und soeben auch noch einmal wiederholt, dass im Grunde jede nicht gemeldete Gas- und Schreckschusswaffe auch nicht getragen wird. Das ist aber eine absurde

Unterstellung, denn das kann niemand beweisen, genauso wie Sie das Gegenteil nicht beweisen können.