Man stelle sich vor, ein Medienunternehmen wollte vom Senat Auskünfte, wie es in Hamburg mit Film und TV aussehe, und der Senator sagt: Tut mir Leid, damit haben wir uns nicht befasst.
Wir hören das Gelächter aus Köln, aus München, aus Berlin noch im Alten Elbtunnel, meine Damen und Herren, die freuen sich.
Weiß er zum Beispiel etwas über Hamburgs Festivals? Unser Hamburger Filmfest ist ihm wahrscheinlich bekannt. Das Kurzfilmfestival lief vor ein paar Wochen.
Frage: Wie stehen wir da mit unseren Festivals im Vergleich zu anderen Städten? – Fehlanzeige, wissen wir nicht.
Wie bewertet der Senat den Medienerlass? Hier geht es ums Geld, meine Damen und Herren. Es ist die wichtigste Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Filmfinanzierung in Deutschland. – Fehlanzeige.
Bei so viel Ahnungslosigkeit muss man sich wundern, dass es in dieser Stadt überhaupt noch TV-Unternehmen gibt.
Was muss nach den Abwanderungen vor allem nach Berlin, nach den Kürzungen der Filmförderung, nach dem Krach um das Filmstudio an der Media School noch passieren, damit dieser Senat endlich aufwacht? Auch wenn Sie es sich auf der Regierungsbank recht bequem gemacht haben, wir Hamburger können es uns nicht mehr leisten, auch nur einen einzigen Arbeitsplatz wegen Nachlässigkeit und Ignoranz zu verlieren.
Wenn schon die Aluminium-Werke vor dem Aus stehen, wenn es beim LBK Arbeitsplätze kostet, dann sollten Sie von der CDU wenigstens in einer Zukunftsbranche wie Film und TV aufwachen. Hier hat Hamburg Potenzial, wie Sie in der Großen Anfrage sehen können.
Ich fordere den Senat auf, jetzt endlich zu handeln: Beenden Sie Ihre Politik der Ahnungslosigkeit und der folgenlosen Ankündigungen. Wir brauchen einen hamburgischen Kraftakt, um diesen Abwanderungstrend zu stoppen. Wir brauchen den Willen dafür, um diesen Trend umzukehren, denn die Kreativen gehen dahin, wo sie sich willkommen fühlen. Zurzeit ist das nicht Hamburg. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kollegen! Herr Müller, wenn ich es richtig gesehen habe, haben Sie eine Antwort auf Ihre Anfrage bekommen, die über 73 Seiten ging. Wenn ich es auch richtig verstanden habe, haben Sie einen Riesenanhang bekommen, aus dem Sie ersehen, was in Hamburg passiert ist und weiterhin passiert. Das als "Wandeln im dunklen Tal" hinzustellen und zu sagen, die Stadt und der Senat würden nichts tun, ist eine ziemliche Leistung, passt allerdings in das Bild, das Sie ansonsten liefern.
Werden wir konkreter. Sie sagen, alles sei ganz schrecklich, NDR und ZDF wollen sich nicht festlegen, wie sie die Filmförderung unterstützen. Ich habe mich beim Senator schlau gemacht, die Verträge liegen unterschriftsreif vor. Wir werden in den nächsten Tagen Genaues erfahren. Damit ist Ihr Vorwurf vom Tisch und Ihre ganze Argumentation bricht zusammen. Die Filmförderung in Hamburg wird von uns gefördert, ebenso von NDR und ZDF. Sie sollten keine Fehlinformation streuen, sondern sich schlau machen und dann sehen wir weiter.
Nun fällt ein Teil Ihrer Rede weg, auf den ich nicht mehr eingehen muss. Nichtsdestotrotz gibt es noch einige Punkte, über die ich gerne sprechen möchte.
Schon 2003 wurde von McKinsey festgestellt, dass Hamburg zu den international bekannten Medienmetropolen
gehört und ein beliebter Produktionsort mit drei der acht größten nationalen Produktionsfirmen ist. Herr Müller, Sie kommen im Prinzip über 73 Seiten zu einem ähnlichen Ergebnis. Sie haben es nur ein bisschen unsauber gelesen. Ich würde Ihnen vorschlagen, die Antwort auf Ihre Anfrage erst durchzulesen, bevor Sie die Drucksache debattieren, dann bekommen Sie auch das richtige Bild zum Thema Standort. Der Standort Hamburg ist stark.
Der Mediencampus in Europa ist einmalig, er ist ein absoluter Imagegewinn. Das haben Sie dezent unter den Tisch fallen lassen. Sie ignorieren weiterhin, dass es fast 11 300 Medienunternehmen in dieser Stadt gibt, davon 1500 in Film und TV. 70 000 Menschen arbeiten im Medienbereich, davon 16 000 allein in Film und TV. Sie erwirtschaften zusammen 25 Milliarden Euro Jahresumsatz, davon 1,5 Milliarden Euro in Film und TV. Herr Müller, Sie ignorieren die Realitäten auf Kosten der Leute, die dort arbeiten, und reden den Standort schlecht. Das machen wir nicht mit.
Besonders stark sind wir im Bereich der Werbewirtschaft – das wird uns auch attestiert –, es herrscht ein attraktives und gutes Klima, das einem guten Standortmarketing zu verdanken ist. Wir sind ständig im Wettbewerb um das lebendigste Klima, denn das ist für Werber wichtig.
Wettbewerb ist aber auch das Stichwort, das wir bei der Diskussion um den Medienstandort auch im Bereich Film und TV nicht vergessen dürfen. Herr Egloff hat, glaube ich, im Blick auf Berlin gesagt, wer Millionenhilfen vom Bund fordert, dürfe Steuergelder nicht zum Abwerben einsetzen. Das ist richtig, Herr Egloff, ich würde mir nur wünschen, dass Sie dieses auch bei Ihren Genossen und beim Koalitionspartner etwas nachhaltiger verankern würden.
Auf das Subventionsspiel lassen wir uns im Interesse des Steuerzahlers nicht ein. Das ist aber eine Politik, die neu und hier zu kritisieren ist, was auch reichlich langweilig wäre. Sogar Ihre Kulturstaatsministerin Frau Weiss hatte gute Ansätze. Die gute Frau wollte helfen, Steueranreize für Filmfonds zu schaffen. Das Problem ist, es gibt viele Filmfonds, die auch in Deutschland aufgelegt werden. Das Geld geht aber häufig in ausländische Produktionen. Da hat Frau Weiss vorgeschlagen, das Geld nach Deutschland zu holen, und hat gesagt, wie wäre es, wenn man 25 bis 35 Prozent des Fondsvolumens in deutsche Produktionen investiert. Gute Idee, Frau Weiss, Applaus auch von der CDU, Applaus von der Wirtschaft. Was macht der Bundesfinanzminister? Er sagt, nein, liebe Frau Weiss, so machen wir das nicht, ich mache einen Bundesmedienerlass und Deutsche Fonds sollten erst dann in Filmproduktionen investieren dürfen, wenn alle Anleger feststehen und sie sich aktiv an der Produktion beteiligen. Von Wirtschaftspolitik hat dieser Mann keine Ahnung. Frau Weiss hatte einen Anflug von Ahnung und ist leider gescheitert. Das bedauert die CDU ausdrücklich.
Aber, das ist das typische Szenario: Schlechte Rahmenbedingungen, die im Bund produziert werden. Hier vor Ort lamentiert die Opposition über eine vermeintlich verfehlte Standortpolitik der Union – wider besseres Wissen. Die
ses Verfahren machen wir nicht mit. Unser Konzept ist relativ einfach. Wir stärken den Standort insgesamt, das ist allemal besser, als Subventionen zu zahlen. Dann bekommen wir auch erfolgreiche Filmproduktionen. Herr Müller, Sie wissen, je erfolgreicher die Produktion ist, desto mehr Fördermittel können zurückfließen. Das sind dann so genannte Referenzmittel, die für einen bestimmten Zeitraum weiterhin für neue Produktionen zur Verfügung stehen.
Wenn Sie hier schon fachlich diskutieren wollen, dann steigen Sie bitte so tief ein, dass wir überlegen können, wie unsere Filmproduktionen so erfolgreich werden wie die bereits aufgezählten, und rufen Sie nicht nach weiteren Subventionen.
Wir setzen gegen Ihr Lamento über den Standort ein aktives Standortmarketing. Wir sind dafür, dass sich die Medien stärker organisieren. Wir haben in Hamburg in diesem Bereich sehr viele Verbände, die sich unserer Ansicht nach stärker zusammenfinden sollten. Unser Teil wäre es dann, offen für Verbesserungsvorschläge am Standort zu sein und zu kooperieren. Die Hamburg Media School ist ein gutes Beispiel dafür, wie dieser Dialog funktioniert und kreative Köpfe unterstützt werden, die in Hamburg etwas erreichen und etwas produzieren wollen. Das passiert allerdings nicht am grünen Tisch. Um auf Ihre Strategien, die Sie ständig lesen wollen, zurückzukommen: Um Politik gut zu finden, muss sie immer mit dem gemessen werden, was ist. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg.
Nichtsdestotrotz führen wir diesen Dialog, um von Ihrem Lamento wegzukommen und auch Sie noch zu überzeugen, Herr Müller. Wir sind nämlich für Veränderungen guter Art am Standort immer offen. Von daher stimmen wir einer Überweisung an den Kulturausschuss zu und fordern Sie auf, uns zu unterstützen. Lassen Sie uns gemeinsam am Medienstandort reden und nutzen Sie Große Anfragen nicht dazu, diesen Standort schlecht zu reden. – Vielen Dank.
Leider, lieber Herr Heintze, ist die Sache nicht ganz so einfach, wie Sie es dargestellt haben. Wenn Sie schon der Opposition nicht glauben, was ich ja verstehen kann, dass die Lage kritisch ist, dann hören Sie auf die unabhängigen Sachverständigen.
Im Jahre 2003 hat das renommierte Unternehmen Ernst & Young die Filmwirtschaft in Deutschland untersucht. Dabei sind sie zu dem Ergebnis gekommen – ich will das Fazit und die Perspektiven einmal zitieren –, dass es erhebliche Umbrüche in der Filmbranche geben wird und dass weitere Konzentrationen anstehen. Dann heißt es weiter, eine solche Konzentration hätte auch die Folge für die großen Filmstandorte in Deutschland und – jetzt bitte zuhören –, dass der Standort Hamburg mittelfristig gefährdet sei. Dann wird das begründet und dargelegt. Auf die Frage an die Filmschaffenden und Unternehmen, wie sie die Bedeutung des Standorts einschätzen, erhalten München, Köln und Berlin jeweils etwa 80 Prozent bei den Rubriken "wichtig" und "sehr wichtig" und Hamburg 54 Prozent, während 46 Prozent den Standort Hamburg
Meine Damen und Herren, das sind Alarmzeichen. Bei solchen Grundlagen ist es Aufgabe des Senats, dem nachzugehen und Konsequenzen zu ziehen.
Ernst & Young hat sich in seiner Studie auch mit den Fragen beschäftigt, was Hamburg tun müsste. Es ist etwas zur Aufstockung des Filmförderungsetats gesagt worden, also zur Stärkung der Filmförderung, zur Gründung der Medien-Akademie – die damalige HMS war auf dem Weg – und zur Entwicklung von Investitionsanreizen.
Der Senat hat das exakte Gegenteil getan. Die Filmfördermittel wurden gekürzt. Herr Heintze, ich habe nicht den Senator gefragt, sondern Herrn Ploog vom NDR und Herrn Schächter vom ZDF. Die haben ganz klar gesagt, was sie machen werden. Sie werden nämlich ihre Filmförderung in dem gleichen Umfange kürzen, wie der Senat es getan hat. Das heißt nichts anders, als dass die Filmförderung in Hamburg wegen Ihrer politischen Entscheidung weiter geschwächt wird. Das ist die Realität in der Stadt.