Protokoll der Sitzung vom 24.08.2005

Insoweit kann ich das Ziel des Bürgermeisters auch verstehen. Aber daran schließt sich der fragende Gedanke an. Das ist der Gedanke: Warum vermutet der Bürgermeister diese fehlende Kompetenz in Sachen Energiepolitik ausgerechnet bei seinem Umweltsenator? Und damit bei einem Senator, der in seiner Amtszeit noch keine einzige eigene Initiative zum Klimaschutz und zur Energiepolitik präsentiert hat.

(Michael Neumann SPD: Nicht nur da!)

Man muss sich fragen: Gibt es hier tatsächlich überhaupt etwas an überschießender Kompetenz, die man entziehen oder übertragen könnte?

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Hauptproblem in der Energiepolitik dieses Senates scheint mir vornehmlich darin zu liegen, dass es in diesem Senat schlichtweg kein Interesse an einer zukunftsfähigen Energiepolitik gibt. Die Bürgerschaft wartet jetzt, glaube ich, seit beinahe fast einem Jahr auf ein energiepolitisches Konzept. Das hat der Senat großartig angekündigt, aber bisher haben wir überhaupt nichts vorgelegt bekommen.

Hamburg braucht aber dringend ein energiepolitisches Konzept. Ein Konzept, was nicht nur für die Stabilisierung der Energiepreise, sondern auch für mehr Klimaschutz in dieser Stadt sorgt.

(Beifall bei der GAL)

Wir erleben in diesen Tagen auch genau das, was die Klimaforscher vorhersagen und vorhergesagt haben, nämlich eine deutliche Zunahme extremer Wetterereignisse. Hiermit meine ich nicht den Sommer auf Sylt, auch wenn das vielleicht ein extremes Wetterereignis war, was dem Senat ein bisschen näher geht. Ich meine hiermit eher die Hitzewellen und Dürren in Südeuropa sowie die tagelangen sintflutartigen Regenfälle im Alpenraum, verbunden mit den verheerenden Schäden für die Volkswirtschaften, Leib, Leben und Eigentum der Betroffenen, die ganz beträchtlich sind.

Besonders besorgniserregend sollten für uns alle auch die jüngsten wissenschaftlichen Berichte sein, wonach die arktischen Dauerfrostböden auftauen und Treibhausgase in unvorstellbaren Mengen abzugeben drohen.

Gerade hinsichtlich dieser sehr ernsten Ereignisse und Bedrohungen ist Klimaschutz kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, die ein ganz entschiedenes Umsteuern in der Energiepolitik erfordert.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Monika Schaal SPD)

Daher wäre es ein verheerendes Zeichen, wenn für die Energiepolitik in dieser Stadt zukünftig nicht mehr derjenige Senator zuständig ist, dem auch der Umweltschutz unterliegt, sondern ein Senator, der in dem Umweltschutz bisher nur ein Wettbewerbshindernis sieht. Das ist Herr Senator Uldall.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Genau diese Haltung machen wir dem Senat zum Vorwurf. Der Senat muss endlich begreifen, dass das Engagement im Klimaschutz mittelfristig ein Wettbewerbsvorteil ist. Der Senat spricht immer nur von den Kosten, die die erneuerbaren Energien und Energieeffizienzprogramme häufig produzieren. Sicher, solche Programme und erneuerbaren Energien kosten Geld und sind auch in vielen Bereichen noch nicht wettbewerbsfähig oder stehen erst an der Schwelle zur Wettbewerbsfähigkeit. Aber sie stehen auch an der Schwelle hierzu und werden in einigen Jahren wettbewerbsfähig sein. Die Volkswirtschaft, die dann die Technologien auf dem Weltmarkt anbieten kann, hat dann ganz große Potenziale vor sich. Das sind die Chancen, die der Senat einmal erkennen sollte.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Eine Regierung, die in Energieeinsparungen und erneuerbaren Energien investiert, schafft hier in Hamburg in der Bauwirtschaft und im Mittelstand Arbeitsplätze, an

statt das Geld für Öl-, Gas- oder Kohleimporte zu bezahlen. Ich bin der Ansicht, dass dieses Geld in den 40 000 Arbeitsplätzen, die die Windenergie allein hier in Norddeutschland vorweisen kann, besser angelegt ist, als auf dem Konto irgendeines Kronprinzen oder Scheichs in Saudi Arabien oder Katar.

(Beifall bei der GAL)

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, welcher nun wirklich nicht grüner Umtriebe verdächtig ist, hat jüngst erwähnt, dass erneuerbare Energien die Energiepreise stabilisieren. Das war in der letzten Zeit die Hauptdebatte in der Energiepolitik. Stabile Energiepreise sind gerade für die deutsche Wirtschaft so wichtig.

Eine Volkswirtschaft, die heute in erneuerbare Energien investiert, macht sich unabhängiger von den Öl- und Gaslieferungen aus dem Ausland. Das sollten Sie sich einmal vor Augen halten, wenn Sie hier auf erneuerbare Energien herumhacken. Genau das ist das Problem und damit komme ich auch

(Glocke)

zum Ende, Herr Präsident.

Wir müssen endlich eine Diskussion ansetzen, wie die Energiepolitik vom Öl und Atom weggezogen und nicht hin zu Uldall geführt wird.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Herr Abgeordneter Engels, darf ich das als Wortmeldung deuten? – Vielen Dank. Dann bekommen Sie es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Maaß, Sie haben soeben einmal wieder vorgeführt, wie Sie mit einem großen Blick in die Luft die großen Ziele des Klimaschutzes und Ihre Energiepolitik betreiben wollen. Sie haben jetzt diese Politik auch einige Jahre betrieben, worauf ich noch eingehen werde. Aber entscheidend ist, dass wir eine realitätsgenaue Energiepolitik benötigen. Diese Politik betreibt der Senat und insbesondere, auch zugunsten unserer Stadt, Gunnar Uldall.

(Beifall bei der CDU)

Sie wissen, welche Probleme wir nicht nur in dieser Stadt sondern in ganz Deutschland mit den gestiegenen Energiekosten haben. Das ist ein entscheidender Punkt, der im Übrigen auch – und das werde ich Ihnen gleich ausführen – ökologische Auswirkungen haben wird.

Ein wirklich ökologisch erfolgreicher Standort ist entscheidend daran gebunden, dass er auch ökonomisch erfolgreich ist. Diese Politik werden wir jetzt zielgemäß fortsetzen und nicht die Traumpolitik von Herrn Trittin oder Frau Künast fortführen.

(Beifall bei der CDU)

Sie bejammern jetzt die gestiegenen Kosten, die die beiden soeben genannten Minister in Berlin zu verantworten haben. Hier werden alle möglichen Schuldzuweisungen gegeben. Es sind aber die Grünen gewesen, die immer darüber gejammert haben, dass die Energiepreise eigentlich zu niedrig seien, und zwar vor allen Dingen mit dem Ressourcenargument und insbesondere auch hinsichtlich der mangelnden Konkurrenzfähigkeit gerade

wegen der Kosten der regenerativen Energien. Sie können sich jetzt nicht hinstellen und jammern, dass die Energiekosten zu hoch sind, wo Sie selber die Grundlage geschaffen haben, dass die Energiepreise höher sein müssten.

(Farid Müller GAL: Das ist doch Quatsch!)

Das ist kein Quatsch. Lesen Sie in Ihren alten Äußerungen nach.

(Beifall bei der CDU)

Es sind vonseiten dieses Senats – Sie haben den Namen Uldall genannt, was aber genau auch für Freytag und insbesondere auch für unseren Bürgermeister gilt – die Sorgen um eine der entscheidenden Entwicklungsgrundlagen für unsere Stadt, nämlich die Sorgen um die Energiepreise. Hier nützt auch nicht das Vorlegen von irgendwelchen Konzepten, sondern es ist besser, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Energieversorgung dieser Stadt preisgünstig und auch gesichert werden kann.

(Ingo Egloff SPD: Dann machen Sie das doch mal!)

Diese Gedanken werden sich dauernd gemacht. Das wissen Sie, aber diese werden von Ihnen kritisiert.

(Beifall bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Die sind wohl geheim!)

Es gibt für die Kostensteigerung natürlich sehr viele Gründe. Ein Hauptgrund, welchen Sie überhaupt nicht verneinen können, ist natürlich die Entwicklung am Weltmarkt. Aber darauf will ich jetzt nicht weiter eingehen. Ich möchte Ihnen am Beispiel der Windenergie vorführen, dass auch so genannte regenerative Energien ihre gewaltigen Kostensteigerungsmomente haben, die Sie nicht einfach ver- und ableugnen können, sondern Sie müssen sie in eine realistische Energiepolitik mit einbeziehen. Nur dann können Sie auch – und das wollen wir auch – alternative Energien auch wirklich fördern, wenn man sie ernsthaft und realistisch behandelt.

Ich will das am Beispiel der Windenergie einmal vorführen. Wir haben europaweit in Deutschland 50 Prozent aller Windenergiekraftwerke. Allein unser hamburgisches Energieversorgungsunternehmen Vattenfall/HEW macht dabei einen Bestandteil von 40 Prozent wiederum der deutschen Produktion aus. Es ist nicht so sehr die Einspeisevergütung, die zu einer Kostensteigerung beiträgt. Diese trägt zwar auch dazu bei, aber sie ist nicht entscheidend. Sie müssen einfach wissen, dass der Wind und insbesondere die Windschwankungen der entscheidende Grund ist, weswegen die Kosten für dieses Beispiel Windenergie besonders hoch sind.

Sie können davon ausgehen, dass allein für zehn Windkraftwerke in gleicher Kapazität normale konventionelle Kraftwerkskapazitäten bereitgehalten werden müssen, weil der Wind einfach nicht dauernd weht. Diese Ersatzmaßnahmen können nicht nur leer herumstehen, sondern müssen gewartet und betreut sowie für den Fall eines Falles auch eingesetzt werden, und zwar in 80 Prozent der Fälle. Der Wind weht eben nicht immer und das trägt insbesondere bei uns zu erheblichen Kostensteigerungen bei.

Diese Kostensteigerungen nennen Sie überhaupt nicht, sondern Sie reden davon, dass es nur noch mit alternativer Energie laufe. Das funktioniert nicht. Wir haben einen

erfreulichen Anstieg der Windenergiebeiträge. Sie schaffen auch eine CO2-Minderung, aber sie sind nicht das Allheilmittel. Das ist eine Sache, die ich Ihnen weiterhin nachhaltig vorwerfe.

(Beifall bei der CDU – Christian Maaß GAL: Na, wenn das mal nachhaltig ist, Herr Engels! – Glocke)

Gut, ich bin am Ende meiner Redezeit.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das freut Sie natürlich, aber wir sehen uns noch häufiger.

Ich gehe jedenfalls davon aus und wir sind davon überzeugt, dass die Energiepolitik der CDU eine erheblich realitätsgenauere als die Ihrige ist. Darauf kommt es an. – Dankeschön.