Protokoll der Sitzung vom 14.09.2005

Denn natürlich ist es ein Unterschied, ob ein Kind acht Stunden oder fünf Stunden eine Kita besucht. Gerade in den bildungsfernen Schichten besteht, was den Spracherwerb oder die Bildung angeht, ein ganz gewaltiger Unterschied.

(Beifall bei der GAL)

Das macht sich vor allen Dingen bei den Hortkindern bemerkbar. Hier scheint die Förderung und der Schrei nach Bildung völlig aufzuhören. Kinder, bei denen ein Elternteil zu Hause ist, haben einfach kein Anrecht mehr auf einen Hortplatz. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Solange es noch nicht überall Ganztagsschulen – auch im Grundschulbereich – gibt, ist ein Hortplatz genau das, was die Kinder aus eben diesen bildungsfernen Schichten brauchen, um wirklich die gleichen Chancen zu erhalten.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion und auch vom Senat! Wer es mit der Bildungsförderung wirklich ernst meint, der sorgt dafür, dass alle Kinder die gleichen Chancen und den gleichen Zugang zur Bildung haben, und zwar unabhängig vom Geldbeutel und von ihrer Herkunft.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Selbst wenn wir diese Ungerechtigkeiten einmal außer Acht lassen, dann stellt sich wirklich die Frage, ob sich diese anspruchsvollen Bildungsempfehlungen mit den Rahmenbedingungen vereinbaren lassen, die wir hier zurzeit vorfinden und die Sie diktiert haben.

Die Absenkung der Qualitätsstandards hat zu einer Vergrößerung der Gruppen und zu einer Reduzierung der Erzieher geführt. Die Mehrbelastung für das verbliebene Personal ist deutlich gestiegen. Aus der Praxis wissen wir genau, was passiert. Es wird zuerst an Ausflügen und an Bewegungsangeboten gespart. Das Paradoxe ist, dass genau das in den Bildungsempfehlungen vorgeschrieben ist als eine der frühen Maßnahmen, Bildung aufzugreifen. Unserer Meinung nach wäre es genauso wichtig gewesen, die Ausbildung von Migrantinnen zu Erzieherinnen weiter zu fördern. Doch auch hier hat der Senat seinen Rotstift angesetzt und damit den Kindern mit Migrationshintergrund eine Möglichkeit des Zugangs zur Bildung vertan.

Ich werde genau hinsehen, wenn Sie eine Überprüfung der Bildungsempfehlungen in den Einrichtungen vornehmen, denn es darf keinesfalls so sein, dass Einrichtungen nur deswegen schlecht bewertet werden, weil es nicht genügend Erzieher gibt, die Gruppen zu groß sind oder weil die Erzieherinnen vielleicht nicht ausreichend fortgebildet beziehungsweise geschult worden sind.

Zusammengefasst stelle ich fest: Die Bildungsempfehlungen sind lediglich ein Meilenstein zu einem Gesamtkonzept Bildung. Sie müssen aufpassen, dass die Früchte Ihrer Kita-Politik bei diesen ungenügenden Rahmenbedingungen für die Kitas nicht am Baum vertrocknen, bevor sie geerntet werden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Senatorin Schnieber-Jastram.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, insbesondere meine Damen und Herren von der Opposition! Ich glaube, Sie müssen sich entscheiden, ob Sie diese Stadt weiterhin schlecht reden oder

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

ob Sie an den Stellen, wo wir zu Recht stolz sein können,

(Ingo Egloff SPD: Sie reden doch das Land schlecht!)

diese Stadt auch einmal loben wollen. Ich mache Ihnen das ganz konkret am Beispiel der Kindertagesbetreuung deutlich.

Hamburg steht im Vergleich der westlichen Bundesländern an der Spitze.

(Doris Mandel SPD: Dank 44 Jahre SPD!)

A C

B D

Hier gibt es wirklich ein Angebot, das kein anderes Bundesland, keine andere westdeutsche Großstadt bietet. Darauf sollten wir alle miteinander stolz sein, denn das ist wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Auch vor diesem Hintergrund müssen Sie sich entscheiden, ob Sie Ihr Mitwirkungsrecht in Anspruch nehmen oder ob Sie nicht mitmachen wollen. Dann können Sie beliebig weiter kritisieren.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Thema verfehlt!)

Aber solange Sie sich nicht zu diesem System und zu dem Gesetz bekennen, kann ich nicht verstehen, dass Sie für sich in Anspruch nehmen, an diesem Gesetz beteiligt gewesen zu sein.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andrea Hilgers SPD: Wovon reden Sie?)

Diese Bildungsempfehlungen sind ein Meilenstein in der Kindertagesbetreuung, wie Sie ihn in 40 Jahren nicht haben setzen können.

(Michael Neumann SPD: 44 Jahre!)

Neben der bedarfsgerechten und verlässlichen Kindertagesbetreuung bedeutet dieser Meilenstein für die Eltern erheblich mehr Qualität in allen Hamburger Kindertageseinrichtungen.

(Thomas Böwer SPD: Unmöglich!)

Das ist wichtig für die Eltern, denn Sie können Vertrauen und Verlässlichkeit abfordern. Es ist wichtig für die Beschäftigten, weil diese Bildungsempfehlungen ihnen so etwas wie eine Richtschnur geben.

Frau Dr. Hilgers, natürlich gibt es für die Erzieher für den gesamten Bereich dieser Einrichtungen eine massive Fortbildung. Das wissen Sie auch.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ach ja? Wie viel?)

Wenn Sie aber immer wieder mit Ihrer einzigen Antwort so tun, als ob Geld unendlich vorhanden ist, dann sind Sie unredlich.

(Beifall bei der CDU)

Diese Bildungsempfehlungen bauen natürlich auch auf der Praxis auf. In allen Kindertagesstätten sind sehr gute Arbeit geleistet und sehr gute Erfahrungen gesammelt worden.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das bestreitet doch nie- mand!)

Es waren Verbände und Träger beteiligt, die diesen Bildungsempfehlungen zugestimmt haben. Auch der Landeselternrat hat diese Empfehlungen entsprechend der Praxis zur Kenntnis genommen. Wir können heute einen ganz großen Erfolg für die Kinder und für die Familien in unserer Stadt zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Schulz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte eine kurze Bemerkung zu dem machen, was Frau Schnieber-Jastram gesagt hat.

Es ist richtig, dass die Freie und Hansestadt Hamburg seit über 40 Jahren – wenn es um die Versorgung mit Kindertagesplätzen geht – in Westdeutschland zu den absoluten Spitzenreitern gehört.

(Beifall bei der SPD)

Dass das auch noch heute gilt, liegt nicht an Ihnen, sondern das gilt trotz Ihrer Politik.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Frau Senatorin, denn nichts, was in den letzten zwei oder drei Jahren an Verbesserungen erreicht wurde, ist von Ihnen, sondern ausschließlich gegen Sie durchgesetzt worden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das ist die Wahrheit.

(Bernd Reinert CDU: Nein, kommen Sie jetzt mal zur Wahrheit!)

Zweiter Punkt: Dass die Bildungspläne jetzt endlich vorliegen, ist erfreulich. Die CDU will sie unter das Motto stellen: Gut Ding will Weile haben oder gut Ding braucht eben seine Zeit. Wir hätten wahrscheinlich die Überschrift gewählt: Besser sehr spät als gar nicht.

(Robert Heinemann CDU: Sie haben es doch überhaupt nicht hingekriegt! 44 Jahre!)