Wir haben es mit der Einführung von verbindlichen vorschulischen Bildungsplänen jetzt geschafft, dass wir nach einer Reihe von Maßnahmen unter dem Motto "Bildung von Anfang an" – Maßnahmen für den Bildungsbereich nach der Viereinhalbjährigen-Untersuchung, Implementierung eines Sprachförderkonzepts als dritter und entscheidender Schritt – jetzt verbindliche Standards für die Bildung im vorschulischen Bereich haben und das war ein Erfolg.
Stehen geblieben waren wir beim Zitat von Wolf Singer vom Max-Planck-Institut, der als Hirnforscher – das bestätigen alle wissenschaftlichen Positionen, auch wissenschaftliche Positionen und Wissenschaftler soll man in der Politik ernst nehmen und das, was sie erforscht haben – ganz klar gesagt hat, dass die ersten Lebensjahre die entscheidenden sind. Herr Neumann, Sie wissen ja aus persönlicher Anschauung, dass die ersten Lebensjahre die entscheidenden für die Entwicklung des Kindes auch im Hinblick auf seine Bildungsbegabung sind und dem wollen wir Rechnung tragen.
Die Diskussionen über die Gesamtschule – ja oder nein – und die Diskussionen über ein gegliedertes Schulsystem treffen einfach nicht den zentralen Punkt in der Frage, was im Bildungssystem der Bundesrepublik und in der vorschulischen Bildung in den letzten 20, 30 Jahren nicht richtig gelaufen ist. Jeder, der mal das Vergnügen hatte, zu unterrichten und der das größere Vergnügen hatte, alle Klassenstufen zu unterrichten, nämlich von eins bis 13, wird feststellen, je kleiner die Kinder sind, desto größer ist der Lernzuwachs. Das heißt, wir haben in Deutschland – das ist das bestehende Problem – eine Bildungspyramide, die falsch herum steht. Je kleiner und jünger die Kinder sind, desto größer sind die Erfolge, die man im Bildungsbereich investiert, und wir fangen jetzt an, das in Hamburg umzusetzen, indem wir verbindliche Standards für den vorschulischen Bereich setzen und damit in Deutschland auch eine Spitzenposition einnehmen.
Was ist denn in Hamburg bildungspolitisch falsch gelaufen? Man hat in den letzten Jahrzehnten sehr stark in die Wirkung investiert, man hat in Hamburg einen Reparaturbetrieb geschaffen. Das ist richtig und wichtig, um später Defizite auszugleichen, aber unser Ansatz ist ein anderer. Wir wollen nicht reparieren und nicht die Wirkung verändern, sondern wir wollen an der Ursache arbeiten und das ist im Bildungsbereich ursächlich der entscheidende Punkt.
Da setzen wir jetzt auch an. Es ist für Kinder wichtig, die Umwelt zu erfahren. Es ist wichtig, verbindliche Standards für Spracherziehung zu setzen – nehmen wir das Beispiel des ganzen Satzes, der zu sprechen ist, oder dass Kinder Geschichten erzählen sollen –, aber auch in den Bereichen Musik, Kunst, Mathematik und Naturwissenschaften. Der Professor für Physik an der Universität wird in erster Linie im Kindergarten geboren und kann sich im Kindergarten mit seiner Begabung ausleben. Das muss gefördert werden, weil das der engere Zusammenhang zwischen Bildung und Ergebnissen ist.
Zentral ist bei diesen Richtlinien, dass es Verbindlichkeiten gibt. Es gibt jetzt Verbindlichkeiten für Kitas und es gibt Verbindlichkeiten – das ist uns wichtig – für Eltern. Eltern können jetzt nachgucken, was in der Kita ihres Kindes passiert,
wo Bildungselemente vertieft eingesetzt werden und möglicherweise dann entscheiden, dass die Kita, die das nicht erfüllt, nicht die richtige ist.
Zu betonen ist ein ganz entscheidender Punkt. Durch die Standards und die Verbindlichkeit schaffen wir auch soziale Gerechtigkeit. Wir müssen dazu kommen, dass soziale und gesellschaftliche Unterschiede, die vom Elternhaus abhängig sind und sich auf die Kinder auswirken, abgebaut werden. Hier müssen wir ausgleichen und es vor dem Schuleintritt schaffen, ein Niveau hinzubekommen.
Aber, Herr Maier, was haben Sie denn in Ihrer Regierungszeit gemacht? Wo waren denn Ihre Bildungsrichtlinien? Sie haben keine geschaffen, wir haben jetzt Verlässlichkeit und Verbindlichkeit geschaffen.
Allmählich, Herr Neumann, lichtet sich der Nebel, den Sie hier verbreitet haben. Allmählich wird deutlich, was sich in Hamburg im Bereich der Kindertagesbetreuung verändert hat. Wir haben die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie geschaffen, wir haben die vier Stunden ausgebaut, den Rechtsanspruch für alle Kinder von drei bis sechs Jahren auf fünf Stunden und wir haben jetzt Bildungsempfehlungen.
Zusammenfassend stellen wir fest, dass wir für den Bereich der Kindertagesbetreuung jetzt in den Bildungsbereich einsteigen, den entscheidenden Bereich der nächsten Jahrzehnte, und da werden wir auch nicht aufhören; das ist entscheidend, das ist der Einstieg.
Zum Schluss: Wir geben mehr Geld aus als Sie früher, wir haben mehr Kinder in der Betreuung, wir haben sogar mehr Kitas, als Sie damals hatten, und wir fangen jetzt mit der Bildungsarbeit an. Jetzt sieht man einmal, dass das alles in Teilen unwahr war, womit Sie den Leuten Angst gemacht haben, denn mittlerweile kommt dieses neue System mit seiner Stärke heraus und durch den Bildungsbereich setzen wir einen neuen Schwerpunkt und das ist auch gut so für die Entwicklung der nächsten Jahre für die Kinder in dieser Stadt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Vorbemerkung sei mir erlaubt. Hören Sie auf, sich in puncto Kinderbetreuungsgesetz mit falschen Federn zu schmücken. Das war die Initiative "Mehr Zeit für Kinder", Sie wollten dieses Gesetz nicht.
Die CDU behauptet in ihrer Anmeldung für heute, ihre richtige Politik trage Früchte. Lassen Sie uns diesen Obstbaum analysieren, Herr Weinberg. Es ist schön, dass Hamburg Bildungsempfehlungen für Kitas beschließt, wenn auch als letztes Bundesland. Ohne das renommierte Institut INA, die Internationale Akademie aus Berlin, und das Know-how der freien Wohlfahrtsverbände in Hamburg hätten wir, da bin ich mir sicher, Frau Senatorin, in Hamburg immer noch keine Bildungsempfehlungen; daher mein ausdrücklicher Dank an die Wohlfahrtsverbände und das Institut.
Es ist auch schön, dass Hamburg die Bundesrahmenrichtlinien für frühkindliche Bildung dabei für nützlich hält und umsetzt. Ebenso gut ist es, dass Hamburg sich an die sehr guten Bildungsempfehlungen des Landes Berlin anlehnt, aber Papier ist bekanntlich geduldig. Wie, Frau Senatorin und Herr Weinberg, sind denn die materiellen Voraussetzungen für diese wegweisenden Bildungsempfehlungen? In der Pressearbeit der Behörde zu diesen Bildungsempfehlungen heißt es, sie seien nur eine Sys
tematisierung und Standardisierung dessen, was es schon in den Kitas gebe. Deswegen, so die Schlussfolgerung, könnten die Kitas nach Einschätzung der Senatorin diese Bildungsempfehlungen auch ohne eine Ressource mehr umsetzen.
Richtig daran ist, dass die Kitas seit Jahren auf einem guten Weg sind, sich als Bildungseinrichtung verstehen und an ihrem Profil arbeiten. Falsch daran, Frau Senatorin, ist Ihre monetäre Schlussfolgerung,
denn Sie entziehen den Kitas in zweierlei Hinsicht die Basis für eine weiterhin gute Arbeit oder gar eine Weiterentwicklung.
Erstens: Die Kitas müssen in diesem Jahr mit 11 Prozent weniger Personal im pädagogischen Bereich auskommen. Da bleibt wenig Zeit für die in den Bildungsempfehlungen geforderte Dokumentationspflicht, für Bildungsfortschritte der Kinder, für konzeptionelle Arbeit. Außerdem müssen die Kitas seit dem 1. Januar mit 30 bis 40 Prozent Kürzungen bei den Fortbildungsansätzen auskommen. Wir haben in Hamburg viele sozialpädagogische Assistentinnen und Kinderpflegerinnen, die der Nachqualifizierung bedürfen. Setzen Sie mindestens für die nächsten drei Jahre diese Fortbildungsansätze in den alten Stand und sorgen Sie dafür, dass bis dahin die Ausbildung an die Bildungsempfehlungen angepasst wird.
Ihre 50 000 Euro, die Sie, wie man hört, zur Umsetzung der Bildungsempfehlungen einplanen, sind viel zu wenig, Frau Senatorin.
Zweitens: Wie stellen Sie sicher, dass all die guten Ansätze in Bildung und Sprachförderung auch wirklich die Kinder erreichen, die sie dringend vor der Schule brauchen? Wie stellen Sie sicher, dass Sie nicht die nächste Generation PISA-Verlierer produzieren? Warum erhalten Kinder mit Sprachförderbedarf keinen Ganztagsplatz in der Kita? Fünf Stunden reichen hier nicht, Frau Senatorin.
Ist Ihnen aufgefallen, dass die Anmeldezahlen von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache in den Vorschulklassen in diesem Jahr um 20 Prozent zurückgegangen sind, seitdem auch dort Ihr Gebührenhammer zugeschlagen hat? Halten Sie das für wegweisend? Ich nicht.
Verdrängung der Kinder, die es brauchen, aus Kita und Vorschule ist das zweite substanzielle Problem, das Ihrer Politik der frühkindlichen Bildung zugrunde liegt.
Zurück zu Ihrem Titel der Aktuellen Stunde. Erstens sind es nicht Ihre Früchte, zweitens sägen Sie an den tragenden Ästen, das heißt, die schönen Früchte, die nicht auf Ihrem Mist gewachsen sind, fallen herunter und werden zu Fallobst.
Sachen kennzeichneten Ihre Rede. Ich fange einmal mit dem Positiven an. Sie haben gelernt, das finde ich sehr schön. Die stete Arbeit der GAL, frühkindliche Bildung in den Vordergrund zu heben und auf ein "Bildungsjahr Fünf Plus" zu drängen, hat auch bei Ihnen gewisse Früchte hinterlassen, die wir jetzt vielleicht ernten können; das ist das Positive.
Zweitens haben Sie uns überhaupt nichts Neues erzählt mit dem, was Sie hier berichtet haben, denn die frühkindliche Bildung, da sind wir uns alle einig, ist wichtig und die müssen wir unterstützen. Aber in dem Zusammenhang haben Sie etwas dick aufgetragen und ich kann mich da den Ausführungen von Frau Hilgers anschließen. Die Sachen, mit denen Sie sich hier rühmen, sind wirklich nicht alle auf Ihre Fahnen zu schreiben. Der Ausbau der Betreuung ist nicht Ihre Initiative. Sie ist vielleicht die einzige Initiative, die Sie jetzt in die Wege geleitet haben, sie hat aber ihren Ursprung im kontinuierlichen Bohren der SPD- und der GAL-Fraktion in Sachen frühkindlicher Bildung.
Ich möchte noch einmal sagen, dass diese Initiative auch nicht ganz freiwillig geschehen ist, denn entgegen Ihrer Darstellung, dass Hamburg eine Vorreiterrolle habe, war Hamburg das Schlusslicht bei diesen Bildungsplänen und irgendwann wird der Druck der anderen Bundesländer so groß, dass man auch als Senatorin Schnieber-Jastram einmal handeln muss.
Aber sei es drum, nun haben wir die Bildungsempfehlungen und sie sind ja durchaus anspruchsvoll und im Großen und Ganzen positiv zu bewerten. Doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und diese Bildungsempfehlungen machen entgegen der Meinung einer Hamburger Tageszeitung noch keine schlauen Kita-Kinder. Gerade an dieser Stelle wird nämlich deutlich, dass eine einheitliche klare Bildungslinie für alle Kinder fehlt. Sie sprechen von frühkindlicher Förderung und meinen nur die Drei- bis Sechsjährigen. Sie klammern die Krippenkinder aus, obwohl wir alle wissen – Sie haben es gerade selbst gesagt –, dass Lernerfahrung und Spracherwerb gerade vor dem dritten Lebensjahr von ganz großer Bedeutung sind. Sie grenzen Kinder aus benachteiligten Familien aus und – das kann man nicht oft genug sagen, auch wenn es die Kollegin Hilgers eben gesagt hat – Sie verwehren ihnen denselben Zugang zu Bildung, den andere Kinder von berufstätigen Eltern haben.
Denn natürlich ist es ein Unterschied, ob ein Kind acht Stunden oder fünf Stunden eine Kita besucht. Gerade in den bildungsfernen Schichten besteht, was den Spracherwerb oder die Bildung angeht, ein ganz gewaltiger Unterschied.