Sie sehen, meine Damen und Herren, Bayern unternimmt erhebliche Anstrengungen zum Schutz seiner Biergärten. Wir glauben, dass wir in Hamburg diese Anstrengung unternehmen sollten zum Schutz unserer Kindergärten.
Jetzt kommt der Auftritt der rechtlichen Bedenkenträger. Das ist immer so – zu Recht –, man muss untersuchen, ob etwas rechtlich Bestand hat. Dazu zwei Bemerkungen.
Erstens: Ich weiß aus beruflicher und privater Erfahrung mittlerweile bei Kinderlärm wirklich, wovon ich spreche. Das meine ich jetzt nicht nur rechtlich, sondern seit ein paar Monaten auch tatsächlich. Gewisserweise ist es rechtlich noch Neuland, aber wir glauben, dass diese rechtlichen Probleme aufgrund der Vorreiterrolle, die Bayern übernommen hat, durchaus lösbar sind. Wir hoffen, in einer Anhörung im Ausschuss etwaige Probleme, die hier auftreten sollten, lösen zu können.
Die zweite Bemerkung ist vielleicht noch wichtiger. Es ist letztlich eine politische Entscheidung, die wir hier treffen müssen. Es mag sein, dass Restzweifel rechtlicher Natur bleiben, aber, meine Damen und Herren, ich möchte an Sie appellieren, dass wir nicht von den rechtlichen Bedenkenträgern in den Rechtsabteilungen der Ministerialbürokratie regiert werden, sondern dass wir in diesem Parlament regieren und wir die politischen Vorgaben machen. Ich appelliere daran, dass Sie auch diese Rolle annehmen.
Bayern hat diesen Mut zum Schutz seiner Biergärten aufgebracht, lassen Sie uns gemeinsam diesen Mut aufbringen zum Schutz unserer Kindergärten und lassen Sie uns in den Ausschussberatungen die gemeinsame Arbeit, die wir jetzt angefangen haben, voranbringen, damit wir in Hamburg zum Wohle unserer Kinder ein Stück vorankommen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Kinderlärm in Wohngebieten ist erwünscht. Ich will keine Wortklauberei betreiben, aber an sich stört mich schon der Begriff "Kinderlärm" als solcher. Insofern möchte ich ihn für meinen Beitrag in Anführungsstriche gesetzt sehen, denn einen neuen Begriff habe ich dafür noch nicht. Darüber müsste man auch noch einmal nachdenken. Insofern verwende ich den Begriff "Kinderlärm" hilfsweise, aber an sich müssten wir sehen, dass wir von dem Begriff wegkommen, weil Lärm eher etwas mit brummenden Motoren, kreischenden Kreissägen oder lärmenden Rasenmähern zu tun hat, aber nicht mit Kindern, die spielen und toben.
Positiv formuliert möchte ich sagen: Kinder sind unsere Zukunft und manchmal ist ihre Kommunikation etwas lauter, aber es ist im Endeffekt für uns auch die Stimme der Zukunft. Das ist außerordentlich wichtig.
Anlass des gemeinsamen Antrags aller in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen Fraktionen ist ein Vor
gang, der in unserem Land leider kein Einzelfall mehr ist. Das Urteil vielleicht schon, aber dem Denken, das dahinter steht, sollten wir entgegentreten.
Es geht um ein Urteil des Hamburger Landgerichts, wonach – kurz gefasst – die Zumutbarkeit von Kinderlärm auf eine gemeinsame Stufe gestellt wird mit der Zumutbarkeit des Lärms von technischen Anlagen.
Ich habe mich über das Urteil wie viele andere hier im Hause vermutlich auch sehr geärgert. Ich will keine Richterschelte betreiben – das steht mir nicht zu –, aber ich möchte eine Sozialdemokratin sinngemäß zitieren, und zwar unsere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt, die das Urteil – in meinen Augen zu Recht – scharf kritisiert hat.
Sie sagte sinngemäß, dass man den ganzen Tag den Lärm einer vierspurigen Straße ertragen könne, aber nicht ein paar Stunden das Lachen von Kindern, dies stöße auf ihr Unverständnis. Dem kann ich mich eigentlich nur anschließen.
Ich möchte betonen, dass Richter in ihrer Entscheidung unabhängig sind – das ist auch gut so –, aber trotzdem hat unsere Gesellschaft auf der anderen Seite ein Anrecht auf verlässliche Wege in der Rechtsprechung und nachvollziehbare Entscheidungen. In diesem Zusammenhang hat die Bürgerschaft auch die Verantwortung und Aufgabe, für rechtliche Klarheit zu sorgen. Hier scheint dies in der Tat der Fall zu sein. Das Urteil ist meines Wissens zwar noch nicht rechtskräftig – und ich gehe auch davon aus, dass es im Endeffekt keinen Bestand haben wird –, aber Klarheit sollte dennoch geschaffen werden.
Der Senat wird deshalb mit dem Antrag gebeten, die rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen. Wir werden uns damit erst einmal im Ausschuss auseinandersetzen, was im Landesrecht möglich ist. Sie haben sich da schon sehr intensiv mit den bayerischen Biergärten vertraut gemacht, in der Tat eine vernünftige Erfahrung.
(Klaus-Peter Hesse CDU: Da hat er bestimmt auch einen Praxistest gemacht! – Gegenruf von Christian Maaß GAL: Das ist schon ein bisschen her!)
Der Praxistest hat sich dann sicherlich gelohnt. Aber nichtsdestotrotz wollen wir hier über eine Hamburger Regelung reden. Ich halte es auch für einen vernünftigen Weg, für eine Privilegierung von Kinderlärm gegenüber anderen Lärmquellen einzutreten.
Es ist das Anliegen des gemeinsamen Antrages, dass wir diesen auch im Richterrecht gewachsenen Themenkomplex Kinderlärm somit klarer definieren. Die Möglichkeiten und Grenzen dazu müssen wir vielleicht noch ein wenig ausloten. Rechtliche Aspekte gibt es eine ganze Reihe. Wir haben den Paragraphen 906 BGB, der das private Nachbarschaftsrecht regelt, aber auch wieder Abwehrrechte in dem Paragraphen 906, aber auch im Paragraphen 1004 BGB. Da sind wieder Duldungspflichten maßgeblich. Klar ist dabei, dass Kinder Lärm verursachen durch Lachen, Schreien, Toben und wenn er gebündelt auftritt, ist das sicherlich auch noch ein bisschen lauter. Daher ist auf eine Güterabwägung zwischen den Interessen der betroffenen Nachbarn einerseits und den Interes
Nach ständiger Rechtsprechung gilt hier ein allgemeines Toleranzgebot und das ist eigentlich auch das Ziel dieser Interessenabwägung. Wir sollten dabei vielleicht auch auf die Erheblichkeit und Wesentlichkeit der Beeinträchtigung achten, die hinzunehmen ist.
Weitere Probleme sind dann Dauer und Zeit der Einwirkung, aber auch die Spitzenwerte und in dem Fall auch, was mit dem Urteil zusammenhängt, die verschiedenen Ursachen. Hier ging es um Straßenlärm und Kinderlärm, die da nicht klar abzuwägen waren. Besonders empörend fand ich die Passage, dass Kinderlärm dann besonders belastend sein soll, wenn er monoton und mit gleichmäßigen Geräuschen, wie Straßenlärm, hervortritt. Das, finde ich, ist eine unglaubliche Formulierung, aber so ist es halt.
Es ist ein ganz schwieriges Thema, je weiter man sich einarbeitet. Insofern ist eine Ausschussberatung eine sehr sinnvolle Sache, die wir uns da gemeinsam vornehmen sollten. Ich denke, bei der ganzen Sache ist das Ziel klar vor Augen und ich bin guter Dinge, dass wir das gemeinsam im Interesse der Kinder in Hamburg voranbringen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! "Musik wird störend oft empfunden, weil sie mit Geräusch verbunden" reimte Wilhelm Busch vor ungefähr 150 Jahren. Dass es heute viele Menschen gibt, die dichten würden, "Kinder werden störend oft empfunden, weil sie mit Geräusch verbunden", käme Busch und seinen Zeitgenossen womöglich eigenartig vor, denn Kinderlärm war lange Zeit eine Selbstverständlichkeit. Es gab überall Kinder und es gab viele Kinder. Sie gehörten zum Leben dazu und eben auch der Lärm, den sie bisweilen verursachen. Dagegen vor Gericht zu ziehen, wäre – so vermute ich – eine Kuriosität gewesen. Das ist heute leider anders. Sonst hätten wir keinen Anlass zu dieser Debatte. Dabei ist die Geräuschentwicklung von Kindern heute sicherlich keine andere als in der Vergangenheit.
Ich bin seit über 30 Jahren Mietervertreterin einer großen Baugenossenschaft. In dieser langen Zeit hatte ich häufig mit derartigen Streitigkeiten zu tun. Dabei ist mir Folgendes aufgefallen: Menschen, deren eigene Kinder klein sind, fühlen sich durch Kinderlärm nicht gestört und wer Enkelkinder hat, auch nicht. Wohl aber fühlen sich diejenigen gestört, die keine Kinder mehr im familiären Umfeld haben oder weil die eigenen Kinder aus dem Haus sind und noch keine Enkelkinder da sind.
Für mich folgt daraus vor allem eines: Ob man sich durch Kinderlärm gestört fühlt, ist viel weniger eine Frage der objektiv zu messenden Lautstärke. Es ist vor allem eine Frage der Einstellung.
Das kennen wir doch alle. Hat man sich erst einmal auf etwas eingeschossen, was einen ärgert, kann es einen die Wände hochtreiben.
Vielleicht müssten wir in dieser Bürgerschaft auch den Lärm der Abgeordneten einmal gesetzlich regeln. Es hält sich nur leider niemand daran.
Letztlich, so glaube ich, werden wir des Problems nur Herr, wenn wir die gesellschaftliche Einstellung zu Kindern ändern.
Das aber ist ein langer Prozess, auf dessen Abschluss wir nicht warten können und wollen. Deswegen ist es nötig und richtig, hier auch rechtlich vorzugehen. Deshalb freuen wir uns darüber, dass dieser interfraktionelle Antrag zustande gekommen ist. Aber dieser gemeinsame Antrag aller Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft bedeutet nicht, dass es in dieser Frage keine Differenzen zwischen den Fraktionen gibt. Wir waren – wie sicherlich auch viele Hamburgerinnen und Hamburger, die von dem Fall "Marienkäfer" aus der Presse erfuhren – davon ausgegangen, dass dies das einzige Problem dieser Art in Hamburg ist. Die Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage 18/2808 zeigte jedoch, dass das leider nicht der Fall ist. Es sind hingegen etliche derartige Streitigkeiten anhängig oder waren es. Der Senat hätte aus unserer Sicht seit langem handeln müssen. Dass ein Fall erst so hochkochen muss und dass der Senat von der Bürgerschaft aufgefordert werden muss, sich dieses Problems anzunehmen, zeigt, wieweit es mit seiner Familien- und Kinderfreundlichkeit her ist.
Regelungen in anderen Bundesländern – Herr Maaß hat schon darauf hingewiesen – zeigen, dass diese Dinge landesrechtlich zu regeln sind. Das zeigt unter anderem – und auch da greife ich noch einmal auf die Sonderregelung in Bayern zurück – die Regelung der Biergärten. Es ist eben nicht so, wie der Bundestagsabgeordnete Klimke im Bundestagswahlkampf behauptet hat, dass es einer bundesrechtlichen Gesetzgebung bedarf. Deshalb hätten wir es – anders als die CDU-Fraktion – lieber gesehen, dem Senat nicht lediglich einen Prüfauftrag zu geben, sondern gleich Nägel mit Köpfen zu machen.
Darf ich noch einmal unterbrechen. Ich hatte darum gebeten, die Zwischengespräche zu unterlassen. Vielen Dank. Frau Abgeordnete, fahren Sie bitte fort.
Es bleibt zu hoffen, dass der Senat parallel zu den Ausschussberatungen prüft und möglichst schnell im Sinne der Kinder und Eltern dieser Stadt tätig wird. – Herzlichen Dank.