Protokoll der Sitzung vom 26.10.2005

Herr von Beust, Sie sind Jurist und wollen uns weismachen, es sei legitim, dass a priori Maßnahmen wie die Verabreichung von Psychopharmaka, die HIV-Tests ohne Einwilligung, der Freiheitsentzug und die Verletzung der Persönlichkeitsrechte rechtlich abgesichert seien. Frau Schnieber-Jastram ist keine Juristin, aber sie ist Behördenleiterin und Zweite Bürgermeisterin.

Sie wollten, dass kriminelle Jugendliche weggesperrt werden. Dann müssen Sie aber auch dafür sorgen, dass das rechtlich absolut wasserdicht gemacht wird.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist Ihr Job, Ihre Verantwortung als Behördenleiterin. Wenn Sie das nicht können oder dieser Herausforderung nicht gewachsen sind, dann sind Sie für diese Aufgabe nicht geeignet. Das ist Ihr persönliches Fehlverhalten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wie lautete das Zitat?

"Ein Grund für einen Rücktritt liegt aus meiner Sicht dann vor, wenn es um persönliches oder politisches Fehlverhalten im höchsten Maß geht."

Sie sind bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität mit strengen Maßstäben angetreten, aber vergessen Sie nicht, dass Sie sich auch an Gesetze halten müssen. Sie wollen straffälligen Jugendlichen beibringen, sich an Regeln zu halten, wo Sie selbst nicht willens oder in der Lage dazu sind? Was Jugendliche in der geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße lernen, ist der wiederholte und von oberster Stelle, nämlich ein von der Behördenchefin, vom Ersten Bürgermeister gedeckter Gesetzbruch mit Verweis auf eigene Unkenntnis.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dann setzen Sie noch einen drauf. Sie fordern einen Ihrer engsten Mitarbeiter auf – der wiederum die Presse auffordert –, einen zwölfjährigen Jungen zu verfolgen, um ein Foto zu schießen. Unter Ihrer Verantwortung wird eine Anweisung gegeben, die eigene Fürsorgepflicht gegenüber den Kindern und Jugendlichen zu verletzen. Sie räumen zwar ein, dass die Vorwürfe korrekt seien, aber das ist der entscheidende Punkt. Die Vorwürfe sind korrekt.

(Glocke)

Ich komme zum Ende.

Dafür sind Sie, Frau Schnieber-Jastram, persönlich und politisch haftbar. In Ihrem Fall, Frau Schnieber-Jastram, handelt es sich im höchsten Maße um persönliches und politisches Fehlverhalten. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete van Vormizeele.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das, was Sie eben von Frau Goetsch und in den vergangenen 14 Tagen von Herrn Böwer und Herrn Neumann gehört haben, ist wohl eines der dreisten politischen Ablenkungsmanöver der letzten Jahre hier in Hamburg.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der GAL und der SPD)

Sie haben mit einem unglaublichen Aufwand längst bekannte Sachverhalte, Halbwahrheiten unter dem vermeintlichen Deckmantel angeblich geheimer Papiere aus dem Untersuchungsausschuss an die Medien gegeben. Das alles nur aus einem einzigen Grund: Sie wollen von eigenen gravierenden Fehlern und Versäumnissen der rotgrünen Jugendpolitik ablenken.

(Beifall bei der CDU)

Sie stellen sich hier und in der Öffentlichkeit als Beschützer und Bewahrer der Jugendlichen hin. In Wahrheit, verehrte Kollegen von der SPD und der GAL, sind Sie diejenigen, die verantwortlich sind dafür, dass wir heute Jugendliche in geschlossenen Einrichtungen betreuen müssen. Ein dreizehn- oder vierzehnjähriges Kind mit einer Strafakte von 40 bis 50 teilweise schweren Straftaten ist eine Schande für jahrzehntelange sozialdemokratische Jugendpolitik.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der GAL und der SPD)

Sie waren diejenigen, die über Jahre die Augen vor Entwicklungen in der Stadt geschlossen haben. Sie meinten mit dem Satz, dass es gut sei, dass wir einmal darüber geredet haben, schwer gefährdete Jugendliche wieder auf die richtige Bahn bringen zu können. Das war und ist eine fatale Fehlentwicklung.

(Bernd Reinert CDU: Sehr richtig!)

Wer über Jahrzehnte eine solche Jugendpolitik in dieser Stadt betrieben hat, hat moralisch das Recht verloren, über diejenigen zu richten, die die notwendigen Kurskorrekturen vorgenommen haben.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

Seien Sie doch nicht so aufgeregt, Kollegen. Ich verstehe, dass Sie das trifft, aber hören Sie doch einmal zu. Ich habe Frau Goetsch auch zugehört. Ich weiß, das trifft Sie bis ins Mark. Ganz ruhig.

(Beifall bei der CDU)

Als wir die Regierung Ende 2001 übernommen haben, standen wir vor den Trümmern einer verfehlten Jugendpolitik, für die der Name Dabelstein im besonderen Maß das ausdrückte, was alles schiefgelaufen war. Die CDU bekannte und bekennt sich zu einer geschlossenen, verbindlichen Pädagogik für schwerst gefährdete und kriminelle Kinder und Jugendliche.

(Gudrun Köncke GAL: Setzen Sie sich doch mal mit dem Thema auseinander!)

Wir waren uns damals und sind uns auch heute darüber bewusst, dass wir damit eine schwierige Klientel angehen, an die sich viele andere Bundesländer nicht herantrauen. Aber auch diese Jugendlichen verdienen eine Chance.

Der Beginn dieser Einrichtung – um es klar und deutlich zu sagen – war holprig, es ist vieles schiefgelaufen. Das liegt aber auch daran, dass wir den Mut hatten, Dinge anzugehen, die Sie nicht angegangen sind. Die meisten Probleme gab es in den Jahren 2003 und 2004. Dort, wo Probleme aufgetaucht sind, wurden und werden sie angegangen.

Nun behaupten inzwischen die Kollegen der SPD, sie hätten einen Paradigmenwechsel vollzogen und auch sie wären jetzt für eine geschlossene Unterbringung. Das

wird so manches Opfer der letzten Jahre als besonders zynisch empfinden. Aber wie sieht es nun eigentlich in der Realität aus?

Als erstes fordern die Kollegen der SPD die Schließung der einzigen geschlossenen Einrichtung in Hamburg und schwadronieren über irgendwelche Neubaupläne mit anderen Bundesländern. Bis dahin sollen diejenigen Jugendlichen, die sich jetzt in der geschlossenen Unterbringung befinden, mal eben schnell in anderen Einrichtungen untergebracht werden. Verehrte Kollegen von der SPD! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir die Probleme jetzt lösen und jetzt in Hamburg lösen müssen.

(Wilfried Buss SPD: Sie sind das Problem!)

Wir sind nicht diejenigen, die die Probleme Hamburgs auf andere Bundesländer verlagern. Wir sind diejenigen Fälle angegangen, die Gauting und Rummelsberg nicht haben will. Deshalb müssen wir sie hier in Hamburg lösen.

Sie kritisieren die Zweite Bürgermeisterin, verlangen den Abbruch einer Dienstreise im Ausland, fordern den Ersten Bürgermeister auf, zu handeln, den Urlaub abzusagen

(Michael Neumann SPD: Unzumutbar!)

und anderes mehr. Man könnte gelegentlich den Eindruck gewinnen, dass Hamburg in einer schweren Staatskrise steckt. Tatsächlich steckt aber nur die SPD in einer schweren Krise, denn nach der Verkündung eines Abgeordneten aus Ihren hinteren Reihen, Bürgermeister werden zu wollen, musste man schnell von dessen abenteuerlichen Äußerungen zur Elbphilharmonie ablenken.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Was für ein albernes Gerede!)

Was ist einfacher, als eine Pressekonferenz zu geben und schnell den Rücktritt von Senatsmitgliedern und Staatsräten zu fordern? Mit Verlaub, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das ist billig und durchschaubar, damit kommen Sie nicht durch.

(Beifall bei der CDU)

Es geht Ihnen eigentlich überhaupt nicht um die Jugendlichen in der Feuerbergstraße, auch nicht um das Schicksal von potenziellen Gewaltopfern, sondern Ihnen geht es einzig und alles um parteitaktische Machtspielchen, mit denen Sie ganz nebenbei noch einmal Ihre parteilichen Rachegelüste an einem Staatsrat auslassen wollen, der eine hervorragende Arbeit geleistet hat.

(Beifall bei der CDU)

Dies gilt auch für die Zweite Bürgermeisterin. Ich will es klar sagen: Ich kann mir keine Bessere vorstellen, die die Probleme lösen kann, als diese Zweite Bürgermeisterin. Unsere Fraktion steht voll und ganz hinter ihr.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Böwer.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist doch der mit der Landverschickung! Der will jetzt auch Bürgermeis- ter werden!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege von der CDU, Sie haben nichts dazu gelernt.