Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Das ist zwar gerechter, aber einige Menschen fallen jetzt raus. Sie müssen selber zusehen, wie sie die teure Spezialbeförderung bezahlen können. Und was ich daran kritisieren möchte, ist, dass hierbei nicht einkommensabhängig gestaffelt wurde. Es ist einfach so: Man hat mehr und man fällt raus, egal wie knapp man über der Einkommensgrenze liegt.

Durch Marktöffnung und Kostenentwicklung können die Preise fallen. Gleichzeitig denke ich aber, dass Sie nicht genau abschätzen können, wie groß demnächst der Bedarf ist und ob Ihre Kostenplanung wirklich stimmt, Frau Schnieber-Jastram. Die beförderungsberechtigten Personen, denke ich, werden in der Zukunft ansteigen, allein schon vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung. Eine solche Entwicklung darf aber nicht dazu beitragen, dass man jetzt Pauschalen einführt, um sie dann gleich wieder abzusenken, wenn die Leute sich daran gewöhnt haben und damit zurechtkommen. Das wäre nicht das Ziel, das wir gerne wollen, nämlich die Menschen zu integrieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält die Bürgermeisterin Schnieber-Jastram.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir hier ein neues System zur individuellen Beförderung von Menschen mit Behinderungen einrichten konnten. Wir sorgen in einem für diese Menschen unglaublich wichtigen Bereich, in der Frage der Mobilität, dafür, dass sie in einer viel größeren Eigenverantwortung mit dieser Frage umgehen können und dass sie viel freier in der Entscheidung sind, wann und wohin sie fahren. Das ist uns in Abstimmung mit den Interessenvertretungen und mit dem Senatskoordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen gelungen.

Wir haben jetzt einen freien Markt. Bislang hat das Deutsche Rote Kreuz diesen Bereich allein durchgeführt. Zuletzt waren es drei Fahrzeuge und das hat in der Tat zu Problemen geführt. Es sind jetzt schon über 100 Fahrzeuge registriert worden, für die Interesse bekundet wurde. Das heißt, es wird viele verschiedene Möglichkeiten geben und die Nutzer der Taxipauschale werden in Zukunft mit einbezogen, was für sie den großen Vorteil hat, dass sie nicht mehr einzelne Belege sammeln müssen. Wir kommen in diesem Bereich endlich auch zu einer Entbürokratisierung.

(Beifall bei der CDU)

In dem neuen System ist im Übrigen auch sichergestellt, dass Nutzer, die in besonderen Lebenssituationen sind und besondere Bedarfe anmelden können, auch zusätzliche Gelder erhalten. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann also in der Regel bis zu zwei Monaten im Jahr oder auch ganzjährig ein über die Pauschalen hinausgehendes Beförderungsbudget bis zu einer Höhe von 500 Euro im Monat gewährt werden.

Solche Neuerungen sind auch eine große Umstellung und Umgewöhnung. Ich meine, dass es unter dem Strich eine deutliche Verbesserung ist, hier jetzt direkte Geldleistungen an die Betroffenen zu zahlen und nicht mehr Institutionen zu fördern.

A C

B D

Wir wollen uns mit großer Sorgfalt anschauen, wie das läuft. Daher haben wir beschlossen, dieses über das erste Jahr zu evaluieren und dann Bilanz zu ziehen, um dann unter Umständen auch Korrekturen anzubringen, wenn es nötig sein sollte. Für die betroffenen Menschen ist das endlich ein Fortschritt zu mehr Eigenständigkeit. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung dieser Drucksache 18/3056 federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist dann einstimmig so beschlossen.

Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 21, Drucksache 18/3063, Antrag der SPD-Fraktion: Konkrete Schritte zur Modellregion Hamburg für Kinder- und Jugendkultur – Kooperation mit der Yehudi Menuhin Stiftung Deutschland beschließen!

[Antrag der Fraktion der SPD: Konkrete Schritte zur Modellregion Hamburg für Kinder- und Jugendkultur – Kooperation mit der Yehudi Menuhin Stiftung Deutschland beschließen! – Drucksache 18/3063 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Kulturausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Buss.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD möchte mit diesem Antrag die Förderung der Kinder- und Jugendkultur konkret voranbringen. Frau Strasburger, mit diesem Antrag geht es genau darum, mehr Kultur an mehr Familien zu bringen, vor allem an Familien mit geringem Bildungshintergrund.

(Beifall bei der SPD)

Wir möchten zeigen, wie man auch als Regierungsfraktion versuchen sollte, mehr für Kinder- und Jugendkultur zu tun. Das möchte ich hier zur Einbringung dieses Antrages mit meinem Eingangsstatement begründen.

Wie Sie alle wissen, gibt es seit dem Sommer 2004 das Rahmenkonzept, mit dem der Senat Hamburg zu einer Modellregion für Kinder- und Jugendkultur machen möchte. Wir haben hierzu im Kulturausschuss erfahren, wie die Kulturbehörde mit einigen Projekten dieses Vorhaben voranbringen möchte. Schon hierbei, meine Damen und Herren von der CDU, hat es auch von Ihrer Seite viel Skepsis gegeben, ob diese Ideen denn auch Unterstützung im Schulbereich finden würden. Im Schulausschuss haben wir dann schließlich auch erfahren, wie schwer sich die Bildungsbehörde damit tut, musische Grundausbildung voranzubringen.

Vor wenigen Monaten fand in Hamburg der europäische Kongress zur Kinder- und Jugendkultur "Kinder zum Olymp" statt. Auch dort ist deutlich geworden, dass die Schulbehörde das Engagement der Kultursenatorin auf diesem Gebiet nicht teilt, wenn nur ein einziger Vertreter der BBS auf Referentenebene während des ganzen Kon

gresses anwesend war. Das ist ein Armutszeugnis für diesen Senat, denn auch die Presse empfand das als eine unfaire Geste gegenüber der Kultursenatorin.

Daher möchte jetzt wenigstens die SPD-Fraktion die Kultursenatorin darin unterstützen, möglichst zügig und vor allen Dingen möglichst nachhaltig eine breitere Basis für das Interesse an Musik und am Selbstmusizieren zu schaffen. Schließlich – und hier sind wir uns wohl alle einig – müssen wir heute langfristig gesehen die Besucher der Elbphilharmonie von übermorgen ausbilden.

(Jörg Lühmann GAL: Sonst wird das Ding nie voll!)

Und MUS-E, das europaweite "künstlerische Programm für Schulen", das 1992 von dem Geiger Lord Yehudi Menuhin gegründet und von seiner Stiftung durchgeführt wird, hat zur Idee, dass Kinder regelmäßig einmal pro Woche in ihrer Klasse unter der Anleitung von professionellen Künstlern musizieren, tanzen, inszenieren oder gestalten. Das soll im Rahmen des regulären Unterrichts – und jetzt kommt das Entscheidende – über eine Dauer von mindestens drei Jahren und unter pädagogischer Verantwortung der Lehrerinnen und Lehrer geschehen.

Es ist das Ziel von MUS-E, dazu beizutragen, Frau Strasburger, die Persönlichkeit eines Kindes zu entfalten und seine künstlerische Ausdrucksfähigkeit zu fördern. In den letzten zehn Jahren hat MUS-E sich zu einem bedeutenden europaweiten Programm entwickelt, das inzwischen in 14 europäischen Ländern durchgeführt wird.

Die Yehudi Menuhin Stiftung Deutschland hat in Nordrhein-Westfalen seit 1999 das größte MUS-E Programm etabliert. Allein dort nehmen 417 Klassen mit über 10 000 Kindern an diesem Programm teil. MUS-E eignet sich grundsätzlich für Kinder und Jugendliche aller Altersstufen.

Für uns Sozialdemokraten sind hierbei zwei weitere Komponenten in der Arbeit der Stiftung wichtig.

Das ist erstens die Nachhaltigkeit, wie ich schon ausführte. Sie hat das Ziel, dass sich auch die Yehudi Menuhin Stiftung, wie Sie dem Petitum entnehmen können, verpflichtet, die Sponsoren an ihre Arbeit heranzuführen, damit sie die zusätzliche musikalische Arbeit in der Schule langfristig sichern, weil diese Sponsoren von den Erfolgen der Kinder so begeistert sind.

(Ingrid Cords SPD: Da ist die Schulbehörde be- stimmt dagegen!)

Das Zweite ist der Schwerpunkt der Arbeit dieser Stiftung an Schulen in sozial nachbeteiligten Stadtteilen. Die Stiftung arbeitet hauptsächlich an solchen Schulen. Hier kommen nämlich Kinder vieler verschiedener Kulturen zusammen. Bei ihnen setzt das Programm an, denn diese Kinder haben bislang in der Regel weder durch die Schule, noch durch ihre Eltern, Frau Strasburger, eine besondere musische Erziehung oder Berührung mit Kunst oder Kunstschaffenden überhaupt erfahren.

Nicht zuletzt diese beiden Aspekte haben dazu beigetragen, dass etliche Experten auf dem Kongress die Arbeit dieser Stiftung würdigten.

(Beifall bei der SPD)

Eine Initiative, die europaweit so viel Anerkennung für ihre Arbeit erhält, ist doch genau das Richtige für Hamburgs Kinder. So geht es voran mit der Modellregion

Kinder und Jugendkultur. Daher unsere Bitte: Stimmen Sie für unseren Antrag. – Dankeschön.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Willfried Maier und Christa Goetsch, beide GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Strasburger.

(Dirk Kienscherf SPD: Nun mal positiv denken!)

Also, weshalb ein Kindertheatertag im Monat nur für reiche Kinder sein soll, habe ich bis jetzt nicht begriffen.

(Petra Brinkmann SPD: Ne, das glaube ich!)

Aber, wie dem auch sei, Herr Buss, dass das MUS-E Projekt von der Menuhin Stiftung ganz hervorragend ist, steht hier außer Frage. Dieser Meinung sind wir auch. Musik und Bewegung stärken die soziale Kompetenz und das Selbstbewusstsein von Kindern. Ich glaube, das wissen wir alle.

Prinzipiell bin ich ganz Ihrer Meinung. Aber lassen Sie uns einmal die Situation anschauen, wie Hamburgs Schulen mit Kultur umgehen und welche Initiativen dort vorhanden sind.

(Dirk Kienscherf SPD: Nicht nur in die Elbvororte gucken!)

Wir haben "TUSCH". Ich weiß nicht, ob TUSCH bekannt ist. Das ist ein sehr gutes Projekt, wo Theater und Schulen zusammen arbeiten. Acht Theater und elf Schulen kooperieren miteinander. Das geht in die gleiche Richtung, wie MUS-E, ist aber nicht das gleiche Projekt.

(Ingrid Cords SPD: Das ist wohl wahr!)

Die Kinder entwickeln, wie beispielsweise auch im MUS-E Projekt beabsichtigt, soziale und ästhetische Kompetenzen sowie Verantwortungsbewusstsein, Teamfähigkeit, Kreativität und Fantasie.

Dann haben wir das Projekt MOMS, Modell Orchestermusiker an die Schulen. Das ist auch ein ausgesprochen wichtiges Projekt. Wie die Abkürzung MOMS ausgesprochen wird, darüber wollen wir uns nicht streiten. Ich glaube, wir wissen, worum es hier geht.

Hier gehen Orchestermusiker an die Schulen. Es geht letztendlich darum, Kinder an Musik heranzuführen, und zwar nicht nur in sozial bevorteilten, sondern gerade auch in sozial schwachen Gebieten. Orchestermusiker gehen in Klassen von der ersten bis zur sechsten Stufe und die Kinder werden mit Musik vertraut gemacht. Dieses sehr gute Projekt läuft mittlerweile seit einem Jahr und wird in der Kooperation zwischen Kulturbehörde und dem Landesmusikrat durchgeführt. Dieses Projekt sollte weiterlaufen, weil es meines Erachtens ein sehr gutes Projekt ist.

Dann haben wir die Pilotschulen "Kultur" eingerichtet. Drei Ganztagsschulen sind ausgewählt worden und erhalten Geld von der Kulturbehörde, um Kulturinitiativen durchführen zu können. Fazit: Kultur soll im Leben der Schule eine größere Rolle spielen. Daran müssen wir arbeiten.