Wir müssen die Frage beantworten, ob es uns allein darum geht, Kinder vor dem Verhungern zu retten, weil es dem Image unserer Stadt schadet, oder ob wir wollen, dass Kinder in allen Lebensbereichen Chancen bekommen, das Beste aus sich zu machen.
Deshalb will ich damit enden: Wir wollen das wachsende Hamburg, das uns eint, als Grundgedanke menschlich gestalten. Wir müssen Chancen geben, müssen Perspektiven eröffnen und, Herr Bürgermeister, wir müssen Hoffnungen wecken, aber wir müssen sie auch erfüllen. In der Verantwortung stehen Sie.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am Sonntag ist erster Advent, die Stadt ist schön geschmückt, die Weihnachtszeit beginnt, aber nicht für alle Kinder gibt es Weihnachten. Das ist traurig und wir mussten in der letzten Zeit …
… kaum fassbare Fälle von Vernachlässigung erleben. Das hat uns alle tief erschüttert und es ist in der Stadt durchaus ein Umdenken zu verspüren. Das ist auch gut so.
Die Ursachen sind vielfältig: Beengter Wohnraum, Alkoholismus, Gewalt, Ausgrenzung sind sicherlich Probleme. Ein sehr großes Problem ist auch die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland. Armut und Perspektivlosigkeit ergeben einen Teufelskreislauf. Leider waren die letzten sieben Jahre keine guten Jahre für unser Land, sondern sie waren äußerst problematisch und haben uns nicht weitergebracht. Insofern ist die Große Koalition durchaus eine Chance, das zu ändern.
Die Hauptsorge ist zurzeit – in der Literatur wird es so genannt und auch in neueren Aufsätzen habe ich es so gelesen – die "Infantilisierung" der Armut, das heißt also, Kinder machen arm. Das dürfen wir gesellschaftlich nicht hinnehmen!
Das ist keine grundsätzliche Frage, sondern sie sollte uns in ganz Deutschland umtreiben. Es geht hier nicht um ein spezielles Hamburger Problem, sondern es sind Fragen, die von sehr viel tieferer Bedeutung sind und wo die Ursachen ganz woanders liegen, als Sie das hier darstellen.
Wenn man genau hinsieht, ist leicht zu erkennen, dass hinter Ihrem aggressiven Auftreten in dieser Frage keine Substanz steht. Sie fordern mehr Kontrolle, mehr Perso
nal, aber ein echtes Konzept für die Kinder in unserer Stadt haben Sie nicht. Die Probleme gehen viel tiefer.
Sie sagen hier etwas über Spielräume. Die Spielräume in der Kinder- und Jugendpolitik haben Sie selber eingeschränkt. Sie haben beim letzten Mal viele Zahlen aus 2001 genannt, ich nenne jetzt einige aus der EnqueteKommission "Jugendkriminalität": Von 1997 bis 1999 gab es bei den Erziehungsberatungsstellen ein Minus von 8,6 Prozent, beim ASD ein Minus von 4,9 Prozent bei 5,3 Prozent nicht besetzten Stellen. Da erzählen Sie uns, wir hätten Spielräume verschenkt. Das ist sehr merkwürdig.
Wir müssen die Spielräume, die Sie in der Kinder- und Jugendpolitik eingeschränkt haben, erst wieder erarbeiten. Das ist leider trauriger Fakt. Daran kommen Sie nicht vorbei.
Die Zeit reicht auch nicht, um in der Aktuellen Stunde alle Erfolge und Maßnahmen, die der Senat seit 2001 eingeleitet hat, aufzuzählen.
Dafür ist ein Fünf-Minuten-Beitrag in der Aktuellen Stunde zu kurz. Aber es geschieht viel. Vor der grundlegenden Drucksache "Hamburg schützt seine Kinder" ist viel geschehen und es wird weiter viel geschehen.
Es ist absoluter Unsinn, Hamburg als Hochburg der Kindesvernachlässigung darzustellen. Ich glaube, das macht hier auch ernsthaft keiner.
Zurzeit dringen wir, weil die Maßnahmen besser greifen, in ein trauriges Dunkelfeld vor. Die einen fordern dort mehr, aber wenn die Wahrheit ans Licht kommt, dann geht die Opposition schnell in die Büsche, will nichts damit zu tun haben und bekennt sich nicht zu ihrer Verantwortung.
(Bernd Reinert CDU: Das ist ja schon ein starkes Stück. Herr Neumann hat das Wort Schwachsinn benutzt! – Gegenruf von Michael Neumann SPD: Ich habe das Wort nicht benutzt! – Glocke)
Meine Damen und Herren! Wenn es etwas ruhiger ist, dann können wir hier oben auch Zwischenrufe verstehen. Sonst lassen sich diese erst durch den Mitschnitt feststellen. – Fahren Sie bitte fort.
Danke schön. Einseitige Schuldzuweisungen helfen uns nicht weiter, davon bin ich fest überzeugt, alle Parteien hier im Hause haben zeitweise für die Stadt oder auch für Deutschland Verantwortung getragen. Insofern müssen wir uns gemeinsam dazu bekennen. Das ist klar.
Wir in Hamburg schützen unsere Kinder und nur gemeinsam können wir es schaffen. Machen Sie bitte alle mit. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Frankenberg, es ist erstaunlich. Sie reden davon, wir sollten den anderen nicht die Schuld zuweisen, machen es aber genauso. Sie graben in der Vergangenheit, anstatt die Probleme der Gegenwart zu sehen und sie zu bewältigen.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Karen Koop CDU: Aber die Ursachen liegen in der Vergangen- heit!)
Ihr Ex-Kollege Marcus Weinberg ist Ihnen wirklich weit voraus und ich will an dieser Stelle eine Fürsprache für ihn halten. Es ist positiv und ich begrüße es, dass Herr Weinberg auf dem kleinen Parteitag der CDU so klare Worte gefunden hat, die geradezu zum Handeln auffordern. Herr Bürgermeister, ich begrüße es auch sehr, dass Sie heute doch hier sitzen und dass Sie nun – immerhin verbal – kundgetan haben, dass Sie alle Kinder dieser Stadt im Blick haben wollen, auch die Kinder, die nicht auf der Sonnenseite dieser Stadt stehen. Das ist positiv.
Aber, meine Damen und Herren, Kritik sei an dieser Stelle dennoch erlaubt, denn die Kritik bleibt natürlich bestehen. Es wäre eigentlich Ihre Aufgabe gewesen, Frau Senatorin Schnieber-Jastram, als Familiensenatorin, diese Worte zu sprechen, diese Lage zu erkennen und vor allen Dingen zu handeln. Das hat Ihnen der Bürgermeister jetzt aus der Hand genommen. Statt dessen haben Sie verschleppt, verzögert, ignoriert und wiederholt in der Öffentlichkeit die Feststellung getroffen, dass zum Beispiel die Sozialen Dienste ausreichend ausgestattet sind. Peinlich ist dabei, Ihre Argumentation auf falschen Zahlen aufzubauen, weil Sie im Zusammenzählen einen Bezirk vergessen haben. Das soll vorkommen.