Die Architektenkammer fürchtet um die Qualität des Bauens in Hamburg, vor allen Dingen im Bereich des Wohnungsbaus. Sie wollen jetzt auch Aufenthaltsräume im Keller zulassen und das in Kombination mit abgesenkten Deckenhöhen und verringerten Abstandsflächen. Das ist wirklich der Rückschritt in den Mietskasernenbau des vorvorherigen Jahrhunderts.
Der Grundeigentümerverband befürchtet durch die Ausweitung der Baufreistellungen einen starken Anstieg der Nachbarschaftskonflikte. Das bezieht sich beispielsweise gerade auf den Bereich der Carports in Vorgärten. Man kann sich vorstellen, wie viele Anwälte und Gerichte dadurch zu tun bekommen werden. Sie schmeißen Regelungen über den Haufen, die sich in Hamburg wirklich bewährt haben.
Die Denkmalschützer fürchten um die Verschandelung einer Vielzahl kleiner denkmalgeschützter Bauten, weil dort die Eingriffe überhaupt nicht mehr registriert werden. Sie sind freigestellt oder sie sind im vereinfachten Genehmigungsverfahren und dort wird der Denkmalvorbehalt herausgenommen. Die Denkmalwürdigkeit wird nicht mehr geprüft.
Die Akademie für Städtebau und die Akademie der Künste sprechen sich gegen eine Ausweitung der Werbegenehmigungen aus, gerade an hervorragenden öffentlichen Bauten, die Sie jetzt in der ganzen Stadt für Werbung zulassen wollen und damit Gefahr laufen, dass Hamburg mit Werbung zugepflastert wird.
Mehrere Bezirksversammlungen haben gefordert, dass beispielsweise Mobilfunkantennen nicht genehmigungsfrei gestellt werden, um den Sorgen der Bürger Rechnung zu tragen. Auch mit Stimmen der CDU, wie kürzlich in Wandsbek geschehen, wird dieses vor Ort für sehr kritisch gehalten. Aber Sie scheren das alles über einen Kamm. Freistellung ist das hehre Ziel.
Es gab also viel Kritik und wenig Lob für diese Novelle. Immerhin muss ich aber sagen: Sie haben sich dazu durchgerungen, die Rauchmelderpflicht für Wohnräume in die Novelle aufzunehmen. Aber Sie haben die Chance verpasst, auf die große Zahl von sehr konkreten und durchdachten Vorschlägen der Experten und auch der Opposition einzugehen. Augen zu und durch, das war Ihr Motto.
Aber, wer die Augen schließt, der steht im Dunkeln. Im Dunkeln können Sie nicht mit unserer Zustimmung rechnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bauen in der wachsenden Stadt wird entbürokratisiert. Es wird einfacher, schneller und es gibt mehr Service für die Bürger. Hierfür steht die neue Hamburgische Bauordnung. Sie ist ein großer Wurf.
Die neue Hamburgische Bauordnung fasst alle wesentlichen Bauvorschriften zusammen und beschränkt sich auf das Notwendige. Das führt zu einer Reduzierung des Regelungsumfangs um ein Drittel. Zudem kann der Bürger die Baugenehmigung künftig aus einer Hand erhalten und wird sich nicht mehr an verschiedene unterschiedliche Genehmigungsstellen wenden müssen. Das neue Baugenehmigungsverfahren wird in der Tat einfacher, schneller und serviceorientierter. Mit unserem Gesetz entbürokratisieren wir das Hamburgische Baurecht. Das neue bürgerfreundliche Verfahren wird zu einem der Eckpfeiler für Hamburg als wachsende Metropole.
Wir verringern nicht nur den Regelungsumfang, sondern ermöglichen mit dem neuen Verfahren sowohl für die Bürger als auch für die Wirtschaft, das Bauen in Hamburg auf qualitativ hervorragendem Niveau zu beschleunigen.
Zunächst einmal haben wir die vielen Bauvorschriften und -gesetze konzentriert. Wir hatten bisher fünf verschiedene Gesetze und Verordnungen, die sich mit Bauvorschriften befasst haben, und zwar die Hamburgische Bauordnung, das Hamburgische Wohnungsbauerleichterungsgesetz, das Ausgleichsbetragsgesetz, die Bauanzeigeverordnung und die Baufreistellungsverordnung. Diese fünf Gesetze haben wir jetzt in eine Gesetzesform, nämlich in die Neue Hamburgische Bauordnung, mit erheblich reduziertem Umfang zusammengeführt.
Wie war es denn bisher? In bestimmten Fällen musste der Bürger wirklich von Pontius zu Pilatus laufen, weil er nicht nur die Baugenehmigung, sondern auch noch zusätzliche Genehmigungen für sein Bauvorhaben benötigte. Es kam durchaus vor, dass bis zu acht verschiedene Genehmigungen benötigt wurden, die man sich an verschiedenen Stellen besorgen musste. Oft lagen Genehmigungen in der Zuständigkeit unterschiedlicher Behörden und Ämter. Das Verfahren war nicht bürgerorientiert. Ich nenne Ihnen hierfür gern ein paar Beispiele, wie Zufahrten an einer Bundesstraße, Abweichung vom Arbeitsstättenrecht oder Sielanschluss und Baumfällgenehmigungen.
Künftig muss der Bürger nicht mehr von Amt zu Amt laufen, sondern jetzt wird die Baugenehmigung in dem konzentrierten Verfahren aus einer Hand vom Bauprüfer vergeben. Die Einführung des Baugenehmigungsverfahrens mit dieser Konzentrationswirkung bedeutet für den Bürger die Lösung aus einer Hand. Er hat einen Gesprächspartner, nämlich den Bauprüfer, der die Erledigung übernimmt und die Verantwortung dahingehend trägt, dass alle betroffenen Behörden und Ämter beteiligt werden. Um das Verfahren zu beschleunigen müssen
diese Stellungnahmen der anderen Behörden und Ämter in einer Frist von vier Wochen abgegeben werden. Danach erhält der Bürger, wenn rechtlich alles in Ordnung ist, die Baugenehmigung.
Bei diesem Verfahren mit Konzentrationswirkung erhält der Bürger neue Lebensqualität im Verwaltungsverfahren. Hier schließt die Genehmigung des Bauprüfers alle sonstigen erforderlichen Freigaben mit ein. Der Bauprüfer wird zum Verfahrensmanager und trägt die Verantwortung dafür, dass die Beteiligung aller Dienststellen ordnungsgemäß, zeitgerecht und schnell erfolgt und auch die Stellungnahmen der anderen Ämter vorliegen. Die Baugenehmigung wird in diesem konzentrierten Verfahren spätestens nach drei Monaten erteilt.
Die Bauprüfer, die in diesem Verfahren den Bauwilligen gegenüber alle Belange und Aufgaben arbeitsteilig gegenüber der Hamburger Verwaltung wahrnehmen, haben also eine besondere Rolle. Wir müssen die Bauprüfer auch besonders schulen. Das tun wir bereits. Wir haben die notwendigen Fortbildungsmaßnahmen auf den Weg gebracht.
Wer noch schneller an eine Baugenehmigung kommen will, kann sich des vereinfachten Verfahrens bedienen. Wohngebäude mit maximal fünf Geschossen, die nicht vom Baurecht abweichen und nach einem qualifizierten Bebauungsplan zu beurteilen sind, können bereits innerhalb eines Monates genehmigt werden.
Alle anderen Bauvorhaben aus dem Katalog des vereinfachten Verfahrens werden innerhalb von zwei Monaten genehmigt. Hier müssen die Genehmigungen aus den Rechtsbereichen anderer Ämter durch den Bauherrn selbst beantragt werden. Wir haben eine weitere Besonderheit: In diesem so genannten vereinfachten Verfahren garantiert die von uns vorgesehene Fiktionswirkung, dass Fristen eingehalten werden. Erfolgt innerhalb der Zweimonatsfrist nämlich kein Bescheid an den Antragsteller, gilt die Baugenehmigung automatisch als erteilt, bei den erwähnten Wohngebäuden mit maximal fünf Geschossen sogar schon nach einem Monat. Das ist eine bürgerfreundliche, neue Rechtsregelung, die Hamburg weiterbringt.
Viele weitere Vorschriften erleichtern das Bauen. Wir haben viele Sachverhalte im Bereich von Carports und Garagen, bei statisch einfachen Umbauten, kleineren Dachaufbauten und -einschnitten sowie beim Abbruch von frei stehenden Gebäuden bis zu drei Geschossen genehmigungsfrei gestellt. Dennoch muss das Baurecht selbstverständlich eingehalten werden. Wir haben hier die Bürokratie nicht über den Bürger gestellt, sondern umgekehrt möchten wir, dass der Bürger mit den Gesetzen frei und selbständig umgeht. So wird Bürokratie abgebaut und die Verwaltung für den Bürger schneller und schlanker.
Ich möchte mich bei der Bürgerschaft ganz besonders bedanken, denn wir haben ein sehr intensives Beratungsverfahren einschließlich Anhörung absolviert.
Herr Lieven, ich wäre auch nicht so starr und konservativ in meiner Betrachtungsweise wie Sie. Wir haben sogar Vorschläge der GAL und immerhin Ihre Sorgen mit aufgenommen – nicht alle, viele waren mir zu konservativ, wir waren da etwas reformfreudiger. Aber wir haben auch
Das Ergebnis ist, dass die neue Bauordnung neues Recht aus einem Guss ist, ein echter Fortschritt für die Bürger und ein echter Fortschritt für die Stadt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Quast, Sie sind ja schon ganz unruhig. Stellen Sie sich einmal vor, ich wäre Gastronom und ich möchte mich gern selbständig machen.
Ich stellte mir etwas Schönes vor, machte sogar eine kleine Erbschaft – leider im Bezirk Hamburg-Nord, warum "leider", dazu komme ich später –
und dächte mir, das sei ein schönes Grundstück, dort könnte ich ein Restaurant bauen, vielleicht noch ein Wohnhaus. Es wäre allerdings noch ein größerer Baum auf dem Grundstück. Vielleicht möchte ich auch eine Markise, Herr Quast.
Es gibt also eine ganze Reihe Dinge, die ich mir vorstellen kann. Vielleicht möchte ich das Grundstück auch noch teilen, das heißt, ein Stück verkaufen, um das Ganze zu finanzieren. Sie ahnen, worauf ich hinaus will: Das ist der normale Wahnsinn für einen Gastronomen. Bei einer solchen Konstellation, wie sie Gastronomen gerade betrifft, wird so etwas schnell zum Alptraum. Der Gastronom benötigt nämlich jetzt eine ganz andere Ausbildung und ganz andere Erfahrungen. Der Senator hat es angedeutet: Sie haben von der Idee über das Verfahren, die Erlaubnis bis zur Realisierung als Gastronom einen Marathon über die Bauprüfabteilung, Schornsteinfeger, Tiefbauabteilung, Stadtentwässerung, Verbraucherschutzamt
und so weiter vor sich. Bevor darüber Jahre vergehen und mein Bier sauer ist, habe ich sehr viele Bekanntschaften in Behörden gemacht und werde wahrscheinlich mein Projekt nie realisieren können. Diese Problematik wird jetzt angefasst. Nach dem Grundsatz "one face to the customer" ist hier – und der Begriff ist richtig – mit der neuen Hamburgischen Bauordnung ein Meilenstein gesetzt worden.
Die Opposition wirft uns vor, dass dies den Rückzug in Deregulierung – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – und den Verlust von Qualität bedeute. Im Übrigen biete das vereinfachte Verfahren auch keine Rechtssicherheit. Diese Kritik der Opposition überrascht mich natürlich nicht. Wir sind da völlig unterschiedlicher Auffassung. Zu Ihrer Beruhigung – und das finde ich sehr fortschrittlich – werden wir die Auswirkung der neuen Hamburgischen Bauordnung nach drei Jahren evaluieren. Wir schreiben das auch ins Gesetz.
(Rolf-Dieter Klooß SPD: Das hätten Sie schon viel früher machen müssen! – Gegenruf von Klaus- Peter Hesse CDU: Da haben Sie ja noch regiert. Das arbeiten wir jetzt ab!)