Wer möchte Ziffer 2 der Ausschussempfehlung folgen und die Hamburgische Bauordnung aus Drucksache 18/2549 mit den vom Ausschuss vorgeschlagenen Änderungen beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.
Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit so beschlossen. Das ist damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen.
Meine Damen und Herren! Mir liegt jetzt das Wahlergebnis vor. Bei der Wahl eines stellvertretenden bürgerlichen Mitglieds des Richterwahlausschusses sind 105 Stimmzettel abgegeben worden. Alle Stimmzettel waren gültig. Frau Jutta Bärthel erhielt 91 Ja-Stimmen, acht NeinStimmen und sechs Enthaltungen. Damit ist Frau Bärthel gewählt worden.
Tagesordnungspunkt 51, Drucksache 18/3245, Antrag der Abgeordneten der SPD- und der GAL-Fraktion: Einsetzung einer Enquete-Kommission nach Artikel 27 der Hamburgischen Verfassung in Verbindung mit Paragraph 63 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft: Konsequenzen der neuen PISA-Studie für Hamburgs Schulentwicklung.
[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Einsetzung einer Enquete-Kommission nach Artikel 27 der Hamburgischen Verfassung in Verbindung mit § 63 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft: Konsequenzen der neuen PISA-Studie für Hamburgs Schulentwicklung – Drucksache 18/3245 –]
Zunächst stelle ich fest, dass der Antrag aus der Drucksache 18/3245, mit dem nach Artikel 27 Absatz 1 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg erforderlichen Quorum gestellt worden ist.
Die CDU-Fraktion möchte diese Drucksache an den Schulausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Ernst.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Hamburger Verfassung ist weise. Auf Antrag eines Fünftels der Mitglieder der Bürgerschaft und damit auch auf Antrag einer Parlamentsminderheit kann zu umfangreichen und bedeutsamen Themenkomplexen eine Enquete-Kommission eingerichtet werden. Ihr gehören neben Vertreterinnen und Vertretern von Regierungs- und Oppositionsfraktionen auch Sachverständige an, die nicht der Bürgerschaft angehören.
SPD und GAL beantragen heute die Einsetzung einer Enquete-Kommission zu den Konsequenzen aus der neuen PISA-Studie für Hamburgs Schulen nach Artikel 27 der Verfassung.
Im Juni 1992 setzte die Hamburgische Bürgerschaft bereits einmal eine Enquete-Kommission zur Schulpolitik ein. Die schulpolitischen Debatten waren damals von harten politischen Kontroversen um die Schulstruktur geprägt. Schon damals schwand die Akzeptanz der Hauptschule in Hamburg. Eine Einigung gab es jedoch in dieser Enquete-Kommission, die Hamburgs Schulen weit nach vorne gebracht hat. Es wurde damals empfohlen, die hamburgischen Grundschulen verlässlich zu machen, verlässlicher Unterricht von 8 bis 13 Uhr wurde empfohlen und umgesetzt und hat so viel zur Verbesserung der grundschulischen Bildung in Hamburg beigetragen.
Wo stehen wir heute? Schulpolitik – schon damals wichtig – ist im Ranking der politischen Themen weit nach vorne geklettert. Die schulpolitischen Debatten sind immer noch von harten Kontroversen geprägt, aber es hat sich etwas vollzogen, was wir die empirische Wende nennen. Nicht mehr nur Meinungen, Vorurteile oder gar Glaube treffen in der politischen Arena der Schulpolitik aufeinander, sondern fundierte wissenschaftliche Untersuchungen wie LAU, KESS oder PISA bringen Licht ins Dunkel der schulischen Realitäten. Niemand kann leugnen, unser Bildungswesen muss weiterhin dringend verbessert werden.
30 Prozent aller fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schüler in Hamburg gehören zur so genannten Risikogruppe. Sie verfügen über so geringe Kompetenzen, dass ihr Übergang in Arbeit und Ausbildung nicht sicher ist. Die PISA-Studie macht auch deutlich, dass wir in der Leistungsspitze besser werden müssen. Aber das größere Problem ist die Risikogruppe in Hamburg. Dabei sind die Herausforderungen in Hamburg noch viel größer als in anderen Bundesländern, weil hier mehr Familien leben, die selbst wenig Zugang zur Bildung haben, die wenig Geld haben, die die deutsche Sprache nicht oder nur schlecht sprechen.
Von Bildungsarmut ist seit einiger Zeit die Rede, Bildungsarmut, die sich ungebrochen von Generation zu Generation vererbt. Wir sprechen in verschiedenen Ausschüssen über eine unheilvolle Reihe, wir sprechen von kleinen Kindern, die vernachlässigt werden, wir sprechen von der schulischen Risikogruppe, wir sprechen von der Arbeitslosigkeit junger Menschen und dann von jungen
Eltern, denen es nicht gelingt, ihren Kindern eine bessere Perspektive zu bieten. Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden.
Die schulische Risikogruppe findet sich in Förderschulen, in Hauptschulen, in Realschulen, in Gesamtschulen. An vielen Hauptschulen hat sich die Situation aber zugespitzt. Hier treffen besonders viele Jugendliche aufeinander, die schon zahlreiche negative Erfahrungen im Bildungswesen gemacht haben, und gleichzeitig sind diesen Jugendlichen die Anforderungen des Hamburger Arbeitsmarkts nur zu bewusst. Sie wissen, dass ihre Chancen nicht gut sind und auch die besten Pädagoginnen und Pädagogen haben Schwierigkeiten, diese Schülerinnen und Schüler zu motivieren. Es zeigt sich auch, dass die Hauptschulen es besonders dort schwer haben, wo sie nur wenige besuchen, weil integrierte Systeme wie die Gesamtschulen auf Akzeptanz gestoßen sind.
Hamburgs CDU hat nun reagiert – endlich. Statt wie in den vergangenen Jahrzehnten das Hohelied der Stärkung der Hauptschule zu singen, hat es einen Vorstoß gegeben, über die Schulstruktur zu sprechen und die Mehrgliedrigkeit des Schulsystems zu reduzieren. Das begrüßen wir.
Es hat in Deutschland – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – nie einen breiten Konsens über diese Frage der Schulpolitik gegeben. So schlagen wir uns mit einem vielgliedrigen Schulsystem herum, das außerhalb Deutschlands kaum jemand versteht. Dieser Streit bewegt auch die Eltern, die in diesem System groß geworden sind. Hier gibt es glühende Verfechter der Vielgliedrigkeit genauso wie energische Verfechter einer Schule für alle. Dazwischen gibt es eine große Gruppe von Pragmatikern, die die beste Schule für ihr Kind in der Umgebung suchen
Ein häufiger Fehler, den es auf beiden Seiten gibt – sowohl bei denjenigen, die die Dreigliedrigkeit hochhalten als auch bei manchem Vertreter der Integration um jeden Preis – , darf aber nicht gemacht werden. Es darf nicht eine sinnentleerte Debatte um Schulstruktur geführt werden, sondern wir müssen sie vor dem Hintergrund bildungspolitischer Ziele führen, auf die man sich ebenfalls verständigen muss.
Daher haben SPD und GAL in dem vorliegenden Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission die zentralen Ziele, die verfolgt werden müssen, formuliert: Verringerung der Risikogruppe, Ausschöpfung von Bildungspotenzial in Hamburg und Klarheit über die Anforderungen des Hamburger Arbeitsmarkts. Wir wissen inzwischen, dass rund 30 Prozent eines jeden Jahrganges in Hamburg die Schulen entweder mit einem Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss verlassen. Diese Zahl soll niemanden stigmatisieren und sie soll die Anstrengungen an vielen Schulen auch nicht mindern, Jugend
liche in Ausbildung zu bringen, aber sie zeigt auf eine klare Art, dass wir mehr und höhere Abschlüsse brauchen, damit unsere Hamburger Jugendlichen in Hamburg Fuß fassen können.
Uns erreichte neulich die Nachricht, dass selbst der Beruf der Altenpflege künftig für Hauptschülerinnen und Hauptschüler nicht mehr zugänglich ist. Ich frage mich, wo diese jungen Menschen eigentlich eine Ausbildung machen sollen.
Die Herausforderungen in Hamburg, aber auch die Offenheit der CDU-Fraktion, über Schulstrukturen zu sprechen, sind der Anlass für die Einsetzung einer Enquete-Kommission. Ziel ist es, für uns konkrete Handlungsschritte zur Verbesserung des hamburgischen Schulsystems zu erarbeiten. Eine Enquete-Kommission ist dazu eine gute Einrichtung, da sie in der Mehrheit von Expertinnen und Experten besetzt ist und nicht von Vertreterinnen und Vertretern der politischen Parteien, die im politischen Alltag gelegentlich hart zur Sache gehen. Das garantiert eine gewisse Distanz vom politischen Alltag und hilft auch, die Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen besser zu vertreten und zu akzeptieren. Ich glaube, die Väter und Mütter dieses Paragraphen der Verfassung haben da klug gedacht.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, es hat in Hamburg in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Enquete-Kommissionen gegeben. Die große Mehrheit wurde von der Opposition initiiert. In der Regel haben Senat und Regierungsfraktion etwas gegrummelt, da sie nicht mehr allein das Verfahren bestimmen. Unterm Strich haben aber die meisten Enquete-Kommissionen in Hamburg ihren Niederschlag in der Praxis Hamburgs zum Wohle der Stadt gefunden.
Gerade die vor zehn Jahren von der CDU eingesetzte Kommission zur Schulpolitik hat durch die Einführung der Verlässlichen Halbtagsgrundschule Gutes getan. Sie hat dadurch nicht nur ihren Platz in den Geschichtsbüchern, sondern auch zu einer Leistungssteigerung geführt, die KESS auch herausgearbeitet hat. Ich denke, dass auch diese Enquete-Kommission diese Chance hat.
Die CDU will nun diesen Antrag an den Schulausschuss überweisen. Wenn wir dort noch einen größeren Konsens über Auftrag, Arbeitsweise und Zeitraum bekommen, dann finden wir auch, dass das eine gute Sache ist. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Ernst, ich habe heute zum ersten Mal von Ihnen gehört, der CDU sei es zu verdanken, dass wir die Verlässliche Halbtagsgrundschule in Hamburg haben. Das habe ich bisher noch nie gehört.
Wenn wir schon bei der Ehrlichkeit sind, können Sie heute auch mit noch so schönen Worten nicht vertuschen, dass Sie nur ein Ziel haben, nämlich einen wirklichen Konsens in der Frage der Hamburger Schulstruktur zu verhindern.