Ich will mit einem Ausspruch anfangen, den Herr Petersen – das ist der Mann, der den Platz für Herrn Voscherau dort vorn warm hält – gemacht hat: Krisen wie diese könne sich Hamburg nicht leisten. In der Tat, Herr Petersen. Eine Opposition wie Sie hat Hamburg nicht verdient.
Worüber reden wir eigentlich in den letzten Jahren? Worum geht es eigentlich im PUA? Der PUA hat ja nicht am 3. März 2006 begonnen, sondern im April des letzten Jahres. Stellen wir doch einmal fest, dass dieser PUA von Anfang an unter einem ganz eigenartigen Stern gestanden hat. Bis Juni immerhin haben wir es geschafft – das hat ja bereits vorhin der Vorsitzende einmal erwähnt: Da wurden bereits zum ersten Mal zwei Mitarbeiter des Arbeitsstabes, die von der SPD nominiert worden waren, in der Vorbesprechung der SPD im PUA angetroffen. Die Folge war eine Rüge und eine klare Aussage, dass beim nächsten Mal für diese Mitarbeiter im PUA Schicht sei. Trotz alledem hat sich wenig geändert.
Danach kamen wir immerhin bis zum Januar. Da kam es zur Rüge – einstimmigen Rüge, das muss man deutlich sagen – für die Obfrau der GAL-Fraktion, weil diese von allen Fraktionen festgestelltermaßen der Öffentlichkeit vertrauliche Unterlagen aus dem PUA zur Verfügung gestellt hatte.
Jetzt kommen wir zum März, zu dieser bekannten PUASitzung. Einen Tag davor war dem Vorsitzenden des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses durch den Arbeitsstab mitgeteilt worden, dass Protokolle in falsche Kanäle geraten waren. Der Vorsitzende informierte die Obleute im Laufe des Mittags. Am Freitagabend sind alle Obleute zutiefst betroffen. Der Ausschuss steht da, Herr Böwer fast mit Tränen in den Augen: Wenn er das gewusst hätte! Wenige Wochen später erfahren wir allesamt, dass Herr Böwer es bereits vorher gewusst hat. Er wurde eigenartigerweise direkt von der betroffenen Mitarbeiterin angerufen. Das hat er aber nicht etwa gleich gesagt, zum Vorsitzenden vielleicht oder der Öffentlichkeit gegenüber oder am Abend im Ausschuss. Nein, damit kam er in dem Moment heraus, als ihn eine Hamburger Tageszeitung damit erwischt hatte.
Dann sagte er mit einem Mal, meine Güte, ja, die "Hamburger Morgenpost" habe Recht, das sei so gewesen.
Aber das Schöne dabei kommt noch. Es ging weiter: Dann sagte er, er sei Opfer gewesen. Er, der arme Thomas Böwer, könne sich ja der Anrufe von solchen Menschen aus dem Arbeitsstab – von der berühmten Inga C. – nicht erwehren. Zur Krönung schrieb er einen Brief an den Vorsitzenden, in dem er diesen bat, ihn doch künftig davon freizustellen, dass ihn PUA-Mitarbeiter insbesondere der SPD-Fraktion telefonisch belästigen.
Ist Herr Böwer also das erste Opfer politischen Stalkings in dieser Stadt? Das zu glauben fällt uns bei Herrn Böwer ein bisschen schwer, liebe Kollegen von der SPD.
Das muss man sich einmal reinziehen. Herr Böwer ist derjenige, der jetzt den von der CDU gestellten PUA-Vorsitzenden bittet, ihn künftig von Belästigungen durch die Mitarbeiter des PUAs freizustellen.
Aber sehen wir weiter: Wir alle glaubten am 3. März 2006, mit der Bekanntgabe dieser fehlgeleiteten Protokolle sei es dies gewesen. Nun erfahren wir heute etwas Zusätzliches öffentlich von den Kollegen der "Bild"-Zeitung und ich will es hier auch noch einmal bestätigen. Hören Sie zu, ich möchte es gern deutlich machen: Der betroffene Gesprächspartner, Staatsrat a. D. Meister, hatte mir bereits am Rande der Sitzung des Familienausschusses von diesem Vorfall am Parlamentarischen Abend erzählt, weil er ausgesprochen sauer darüber war.
Der Unterschied ist, dass zu diesem Zeitpunkt, lieber Herr Neumann, als mir das der Staatsrat sagte, wir beide
da standen und uns fragten, meine Güte, was soll dieses pöbelhafte Verhalten gegenüber einem Staatsrat, was soll eine Drohung, womit will Herr Böwer bei einem solch langweiligen PUA, in dem SPD und GAL seit Monaten nichts mehr reißen, dem Staatsrat drohen?
Heute, nach den Kenntnissen vom 3. März 2006, ist die Frage eine ganz andere. Gerade habe ich vernommen, dass der Kollege Böwer eine eidesstattliche Erklärung abgegeben habe, er sei in keiner Verschwörung beteiligt, wie auch immer geartet. Ich habe aber auch vernommen, dass er offensichtlich die Tatsache, dass er gegenüber dem Staatsrat der Behörde für Soziales und Familie am Rande des Parlamentarischen Abends – in welchem Zustand auch immer –
die Drohung ausgesprochen habe, mein lieber Klaus, wenn ich will, bist du binnen von drei Tagen weg, nicht mehr in Abrede stellt. Dies, liebe Kollegen von der SPD, finde ich interessant. Das wird Herr Böwer – und diese Chance werden wir ihm auch geben – vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wo und wie auch immer, erklären müssen.
Aber, liebe Kollegen, wir haben auch eine andere Aufgabe. Wir haben heute intensiv darüber gesprochen, was der Senat zu machen und aufzudecken hat – das haben wir auch deutlich benannt –, wo der Senat Fehler gemacht hat. Wir müssen aber feststellen, dass dieser Parlamentarische Untersuchungsausschuss von Anfang an dadurch gekennzeichnet war, dass wir eine Vielzahl von vertraulichen Unterlagen grundsätzlich nicht vertraulich behandelt haben, sondern sich diese Unterlagen wenige Tage nach Erscheinen in der Presse wiedergefunden haben. Das geht so weit, dass der Redakteur eines öffentlich-rechtlichen Senders an die BSF ein Fax mit einem Auszug aus einem vertraulichen Vermerk schickt. Das geht so weit, dass sich eine Hamburger Tageszeitung damit brüstet, dass sie sämtliche Akten über Jugendliche, die dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorliegen, in Kopie vorliegen habe. Das finde ich bemerkenswert. Das ist auch eine Tatsache, die wir als Parlament so nicht einfach stehen lassen können. Wir haben hier einen erheblichen Aufklärungsbedarf, wie es denn sein kann, dass in dieser Stadt offensichtlich jeder, aber wirklich jeder angeblich vertrauliche Unterlagen aus dem PUA kennt und nur die Abgeordneten, die letzten sind, die etwas erfahren.
Da trifft auch Sie, verehrte Kollegen von der SPD, die Aufklärungsverpflichtung. Sie haben hier die Pflicht, daran mitzuwirken, denn mit Verlaub – auch das kann sich jeder überlegen – die Bereitschaft der CDU-Fraktion, vertrauliche Unterlagen, die ja sehr häufig durchaus kritisch gegenüber dem Senat gewesen sind, frei in der Stadt und an die Medien zu verteilen, ist relativ gering. Das Interesse lag bei den Oppositionsfraktionen.
Ich will gar nicht so tun, als ob es nicht durchaus zum Geschäft gehören würde, aktive Medienarbeit zu betreiben. Das ist in jeder parlamentarischen Demokratie so. Das gilt für die Kollegen von der SPD und der GAL auch. Aber, liebe Kollegen, es gibt Grenzen, die man einzuhalten hat. Es ist kein Spaß und keine hinnehmbare Tatsache, wenn Sie meinen, dafür Sorge tragen zu müssen, dass sämtliche Akten über Jugendliche einem Presse
(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Die Vorhaltungen, die Sie hier machen, müssen Sie alle beweisen!)
Es ist auch nicht akzeptabel, wenn diejenigen, die den PUA von Anfang an als Medienspektakel missbraucht haben, sich jetzt als Opfer eines groß angelegten Verschwörungsversuchs des Senats hinstellen. Das, liebe Kollegen, heißt wirklich, den Böwer zum Gärtner zu machen.
Wir als CDU-Fraktion werden den Gang jeder vertraulichen Drucksache, die bei nicht berechtigten Empfängern gelandet ist, genau aufklären. Wir werden dafür Sorge tragen, dass wirklich nichts unaufgeklärt bleibt, was in dieser angeblichen Protokollaffäre bisher genannt worden ist. Aber wir können schon heute eins deutlich feststellen: Der Senat hat seinen Teil geleistet. Der Senat war bereit, schnell und unverzüglich zu handeln.
Der Senat hat aufgeklärt, der Senat hat einen Sonderermittler eingesetzt und gehandelt. Es wäre schön, wenn die Oppositionsfraktionen genauso weit wären. Bisher habe ich von Ihnen keinen Aufklärungsbeitrag vernommen. Außer, dass Sie den Senat beschuldigen, haben Sie sich selbst bisher vollkommen ausgenommen, dabei haben Sie zur Aufklärung genauso viel beizutragen wie Senat und Bürgerschaftskanzlei.
Es gibt für uns als CDU-Fraktion nicht den geringsten Zweifel daran, dass der Senat auch weiterhin gewillt sein wird, gemeinsam mit dem Parlament an der Aufklärung zu arbeiten. Wir wollen damit schnellstmöglich anfangen.
Ich finde es überraschend, dass ein von allen Fraktionen gemeinsamer Erweiterungsauftrag für einen PUA, mit dem wir schnell und sehr zügig in der Lage wären, Aufklärungsarbeit zu leisten, nicht mehr zustande kommt. Ich bedaure dies ausgesprochen, schon deshalb, weil wir allesamt in der Pflicht stehen, dem Bürger gegenüber zu erklären, warum wir einen zweiten PUA einrichten wollen, der den Steuerzahler im Jahr weit mehr als eine halbe Million Euro kosten wird.
(Michael Neumann SPD: Wenn der Senat nicht rechtswidrig gehandelt hätte, wäre das nicht nötig gewesen!)
Der Kollege Maaß ist gerade nicht in Raum. In seinem Beitrag war eine Erläuterung für das, was vielleicht gerade die GAL-Fraktion bewogen haben mag. Dort hieß es nämlich irgendwann: Sie haben mir den PUA verweigert. Ich habe das Gefühl, dass der eine oder andere sich jetzt erhofft, eine Bühne für seine ganz persönliche Eigendarstellung zu bekommen.
Das, liebe Kollegen, ist aber nicht Aufgabe eines PUAs. Wir wollen aufklären, wir wollen schnell aufklären und sachlich,
und zwar in alle Richtungen. Das werden wir mit einem zweiten PUA eher verzögert schaffen. Es wird lange dauern. Wir finden dies schade. Wir hätten gern den gemeinsamen Weg einer Verhandlung auch mit der GAL fortgesetzt. Dass die GAL sich von diesem Weg entfernt hat, verstehen wir nicht.
Mein Appell an die Oppositionsfraktionen bleibt also: Wenn Sie glaubwürdig sein wollen, kommen sie auch um eine kritische Beleuchtung Ihres eigenen Handelns nicht herum. Wir bieten Ihnen dazu Gelegenheit. Machen Sie mit. Der Senat hat seine Aufklärungsarbeit geleistet. Bei der SPD und der GAL warten wir noch darauf. – Vielen Dank.
(Olaf Böttger CDU: Ausgerechnet die, die Akten weitergibt. Die ist nicht glaubwürdig! – Zurufe von der CDU)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Voet van Vormizeele, es ist nur allzu durchsichtig, dass Sie mit einer ganz billigen Masche versuchen, vom eigentlichen Geschehen abzulenken, das uns in Hamburg eigentlich bewegt, nämlich der Protokollaffäre. Es geht nicht darum, dass Sie uns jetzt beschuldigen, Informationen weitergegeben zu haben. Da muss ich sogar einmal den Bürgermeister beim Wort nehmen: Warten Sie doch ab, bis Sie Herrn Böwer im Untersuchungsausschuss verhört haben. Dann kommen Sie bitte abschließend …