Nach Schätzungen der UNO werden allein in Europa Jahr für Jahr eine halbe Million Frauen und Mädchen verschleppt und zur Prostitution gezwungen. Die EU geht von rund 140 000 Frauen pro Jahr aus, die in die Gemeinschaft gebracht werden. Es wird geschätzt, dass zur Fußballweltmeisterschaft 30 000 bis 40 000 Frauen vor allem aus Osteuropa nach Deutschland kommen werden. Verlässliche Zahlen gibt es nicht, aber ich betone nochmals, wir wissen, dass Frauen kommen.
Die SPD-Fraktion unterstützt daher die Initiativen für eine öffentliche Kampagne gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel. Vor allen Dingen benötigen wir mehrsprachiges Informationsmaterial, Anlaufstellen mit Beratung. Auch eine Telefon-Hotline wäre vorteilhaft.
Bereits geplante Kampagnen, wie "abpfiff" und die Telefon-Hotline der katholischen Hilfsorganisation "Solwodi" müssen mit weiteren Angeboten koordiniert und publik gemacht werden.
Die SPD-Fraktion unterstützt den Antrag der GALFraktion und auch wir werden uns für eine Finanzierung des Beratungscontainers einsetzen.
Es macht mich geradezu wütend, wenn ich die Herren der CDU gestern höre, mit welcher Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit für die Sicherheit 8,8 Millionen Euro im Haushalt Deckung gefunden wird, aber um 13 000 Euro für eine Frauenberatungsstelle muss monatelang diskutiert und beraten werden und es ist immer noch nicht darüber entschieden worden. Auch wenn Sie in Ihrer heutigen Presseerklärung Zuschüsse versprechen, dann sind diese Zuschüsse für Kondome gemeint, aber nicht für eine Frauenberatung. Das ist wirklich beschämend für diesen Senat, der bisher nicht in der Lage ist,
verbliebene 8134 Euro zu bewilligen. Stattdessen schmückt sich Hamburg mit den "Blue Goals" und viele in der Stadt sind über jede weitere Erleuchtung begeistert. Vielleicht findet sich der eine oder andere unter den edlen, fast ausschließlich männlichen Sponsoren, der für diesen Senat diese 8134 Euro aufbringen kann.
Die FAZ meint, dass Hamburg mit den "Blue Goals" die Größe seiner Gastfreundschaft zeigen will und sich damit bundesweit an die Spitze stellt.
Ich wäre stolz auf diese Stadt, wenn wir auch Spitze in der Bekämpfung der Zwangsprostitution und des Menschenhandels wären.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Themen Zwangsprostitution und Menschenhandel – und in diesem Punkt gebe ich Ihnen Recht – sind im Bewusstsein der Öffentlichkeit noch zu wenig verankert. Daher finde ich die Idee, eine Öffentlichkeitskampagne zu starten, grundsätzlich auch gut. Dennoch werden wir hiermit nur bedingt etwas erreichen können.
Die Menschen, die diese Kampagne verstehen und um die Situation von Frauen wissen, stehen naturgemäß dem Milieu etwas fern. Diejenigen jedoch, die in irgendeiner Form hiermit in Verbindung stehen, werden häufig gar nicht in der Lage und auch nicht gewillt sein, die Missstände zu erkennen oder hierauf zu reagieren.
Ich vermute daher, dass eine entsprechende Sensibilisierung – so wichtig sie auch ist – nur in Ansätzen im Kampf gegen die Zwangsprostitution erfolgreich sein könnte.
Schätzungen zufolge befinden sich in Hamburg derzeit bis zu 3700 Prostituierte. Davon sind bis zu 2100 illegal hier. Diese Frauen, die überwiegend aus Osteuropa kommen, werden vorwiegend Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Es ist daher vor allem die Aufgabe der Polizei, entsprechende Strukturen aufzudecken, und der es auch immer wieder gelingt, im Rahmen von Razzien gegen die Zuhälterei vorzugehen. Ich verweise hier auf den erfolgreichen Schlag gegen die Marek-Bande Anfang des Jahres.
Bereits vor drei Jahren hat die Polizei Hamburg das Bekämpfungskonzept Menschenhandel zur Bekämpfung der mit Prostitution einhergehenden Straftaten entwickelt. Dieses Konzept und das Programm zur Zeugenbetreuung tragen zum Schutz der Frauen bei und zeigen, dass sich Hamburg dieser Aufgabe dauerhaft stellt.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihren Vorwurf, Hamburg bereite sich schlecht auf die WM vor, kann ich nicht nachvollziehen.
Die von Ihnen zitierten Anfragen machen sehr wohl deutlich, dass unser Senat das Thema ernst nimmt. Und wenn es am 21. Oktober des letzten Jahres heißt – "Die für Gesundheit zuständige Behörde befasst sich mit dieser Thematik im Zusammenhang mit HIV- und AidsPrävention während der WM 2006. Bundesweite Planungen von Kontext umfassen sowohl Präventionskonzepte als auch Aufklärungskampagnen. Das Vorhaben wird in Bezug auf die Möglichkeit einer fachlichen und finanziellen Unterstützung und Umsetzung in Hamburg seitens der für Gesundheit zuständigen Behörde geprüft" –, dann verstehe ich nicht, was Sie hieran zu kritisieren haben.
Wenn es dann weiter heißt, dass an einem "Fan Guide" gearbeitet wird, der auch das Thema Aids-Prävention und Prostitution aufgreift und das Konzept des Ratschlags Prostitution werde ebenfalls geprüft, dann frage ich mich: Was wollen Sie eigentlich mehr? Sollen wir etwa Maßnahmen umsetzen, ohne diese vorher zu prüfen? Erwarten Sie vielleicht, dass sämtliche Vorbereitungen für die WM schon Monate im voraus abgeschlossen sein müssen, nur um Ihr Misstrauen zu zerstreuen? Wenn der Antrag von Ragazza e. V. am 23. Januar bei der Behörde für Soziales eingegangen ist, liegt das ja wohl auf der Hand, dass am 10. Februar noch nicht darüber entschieden sein konnte.
Ragazza e. V. erhält für die Anlaufstelle für Sexarbeiterinnen in St. Georg Mittel, sowohl von der BSF, der BWA als auch von dem Bezirk Mitte.
Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, gern schon früher alles gewusst hätten. Mittlerweile aber sind auch weitere Informationen bekannt geworden, die sehr wohl deutlich machen, dass unser Senat für die WM gut gerüstet ist. So wird es durchaus auch Maßnahmen geben, die sich an die Freier im Umfeld der Spielorte richten.
Ich möchte kurz auf die Kampagne "abpfiff" eingehen. Es handelt sich hierbei unter anderem um eine Sammlung von Unterschriften für bestimmte Forderungen beziehungsweise Maßnahmen zur Bekämpfung der Zwangsprostitution. Träger ist der Deutsche Frauenrat. Die Unterschriften sollen vor und während der WM im Rahmen entsprechender Aktionen gesammelt und später – wenn ich recht informiert bin – der Bundeskanzlerin vorgelegt werden. Schirmherren sind der Regierende Bürgermeister von Berlin und der DFB-Präsident Dr. Zwanziger.
Im Rahmen der lokalen Bündnisse ist unter anderem der Hamburger Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen engagiert. Das begrüße ich persönlich sehr und würde mich auch sehr freuen, wenn sich noch weitere Unterstützer hierzu melden oder finden würden. Eine eigene Kampagne oder weitere zusätzliche Maßnahmen des Senats halte ich jedoch für nicht notwendig, zumal unser Senat bereits dauerhaft – beispielsweise auch im Bereich Opferschutz – aktiv ist und zudem nach unseren Einschätzungen nicht mit einem signifikanten Anstieg der Zwangsprostitution während der WM zu rechnen ist.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Meyer-Kainer, was wollen wir als Opposition mehr, als das, was der Senat zu tun überlegt. Wir wollen natürlich Beschlüsse. In den Kleinen Anfragen wurde es ganz deutlich, dass im Senat über alles noch nachgedacht wird oder in Bearbeitung ist, aber es gab keine klaren Bekenntnisse dazu, dass tatsächlich wirklich etwas passieren sollte.
Da ich mit dem Thema schon länger beschäftigt bin und meine Kolleginnen und Kollegen im Bezirk Mitte hier auch schon aktiv gewesen sind, muss ich auch ehrlich gestehen, dass ich lange darauf gewartet haben, dass Signale kommen und sich etwas bewegt. Ich habe darauf gewartet, dass es jetzt endlich Beschlüsse gibt. In Wahrheit aber gibt es diese Beschlüsse bis heute nicht.
Vielleicht hätte man Ihnen auch sagen sollen, dass von der BSF und von der BWG insgesamt nur 5000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Hinzukommen ungefähr 2700
Euro aus dem Bezirk. Das sind – soweit ich rechnen kann – keine 13 400 Euro. In Anbetracht dessen, dass wir hier gestern mal eben aus der Lamäng beschlossen haben, 8,8 Millionen Euro zu verschieben, um die Sicherheitsmaßnahmen für die WM zu finanzieren, ist das aus meiner Sicht genau der Punkt, dass es in dem Bereich der Prostitution bei Ihnen hapert. Hier scheint es für diese Frauen und Männer – es dreht sich im Übrigen auch um Männer, Frau Brinkmann,
um Stricher im Bereich St. Georg –, offensichtlich nicht nötig zu sein, Hilfsmaßnahmen anzubieten. Hier stellen Sie sich an und es ist für Sie so schwierig, irgendeinen Euro aus der Tasche zu ziehen. Das ist mir unverständlich, denn es geht hier um Menschenrechte und um Schutz von Menschen.
Frau Brinkmann, ich muss noch ein oder zwei Dinge aus Ihrem Redebeitrag nachfragen. Sie haben vielleicht aus Versehen geäußert, dass der Kampf gegen Prostitution,
nicht Zwangsprostitution, nicht unser Anliegen ist und dass Freier nicht unsere Freunde sein können. Sie können aber Kunden sein und hierbei kommen wir natürlich auf ein Dilemma, was wir beim Thema Prostitution haben.
Wir haben Prostitution legalisiert, aber wir haben gleichzeitig ein kriminelles Umfeld, ein Dunkelfeld, was sich an Zwangsprostitution, Schleusung, Menschenhandel und ähnlichen Dingen aufzeigt oder auch an der Ausnutzung von beispielsweise Beschaffungsprostituierten in St. Georg, die es immer wieder erleben, dass es zu einem verstärkten Aufkommen von Nachfragen nach sexuellen Dienstleistungen kommt, wenn Fußballspiele in Hamburg gewesen sind. Sie sind in einer relativ schutzlosen Situation, denn Prostitution in St. Georg ist illegal. Sie sind in der Regel drogenabhängig. Das heißt, sie haben möglicherweise auch Konflikte mit dem Betäubungsmittelgesetz. Diese Situation wird von Freiern schamlos ausgenutzt. Auch hier müssen wir Hilfe und Unterstützung anbieten.
Das war die Intention dieses Projektes in St. Georg. Ich kann immer wieder nur an Sie appellieren: Sorgen Sie dafür, dass das Geld komplett zur Verfügung gestellt wird, denn es ist ein Klacks gemessen an dem, was die Stadt Hamburg für die WM insgesamt ausgibt.