Protokoll der Sitzung vom 28.06.2006

In der Anhörung ist das doch deutlich geworden. Die Finanzbehördenvertreter haben gesagt, sie wollen eine Miete zahlen, die unter dem Marktpreis im Umfeld liegt nach dem Motto: Geiz ist geil. Und das ist Hamburgs wichtigstes Gebäude, nein danke, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Gleiche gilt für die Vorgabe der Drittverwendbarkeit. Wer will denn ernsthaft – auch Ihnen nehme ich das nicht ab –, dass in 20 oder 30 Jahren auf Hamburgs Keimzelle ein Bürogebäude steht, in dem irgendeine Versicherung sitzt? Wer will das denn? Warum diese Vorgaben? Das war ein Fehler und das wird jetzt zum größten Problem für die Bebauung dieses Platzes.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Deswegen haben wir das, was wir jetzt vorgelegt bekommen haben. Aber die Reaktion auf die öffentliche Kritik an dem Wettbewerbsergebnis, die wir vom Bürgermeister und vom Bausenator erleben, meine Damen und Herren, ein um jeden Preis mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, das kann niemand in der Stadt nachvollziehen, auch nicht nach dem, was Sie uns erzählt haben, Herr Roock.

Der Bürgermeister nimmt die CDU in Geiselhaft, um den Entwurf durchzudrücken. Der Bürgermeister ist das Problem, nicht die Lösung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich prophezeie, in einigen Wochen wird der Bürgermeister auch an dieser Stelle umkippen, wie er es bei der Müggenburger Durchfahrt jetzt gerade macht. Dabei ist doch dem Senat eine Architekturdebatte in Hamburg so wichtig. Sogar eine Architektur-Olympiade wurde initiiert, um die Stadt auf der internationalen Landkarte zu profilieren.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Debattieren woll- ten Sie nicht!)

Meine Damen und Herren! Das darf aber nicht dazu führen, dass die Stadt dabei ihre Identität aufgibt, dort, wo Hamburg entstanden ist. Das geht nicht. Dieser Glasbau, wie er geplant ist, wäre ein Fremdkörper im Herzen der Stadt und dafür haben die Menschen in dieser Stadt ein feines Gespür.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Erzählen Sie doch nicht, dass die Menschen jeden Glasbau ablehnen würden. Das stimmt doch nicht. Schauen wir auf die Elbphilharmonie, die zu großer Begeisterung in der Stadt geführt hat, positiv aufgenommen, eindrucksvoll.

(Rolf Harlinghausen CDU: Gegen die sind Sie ja auch! – Glocke)

Herr Abgeordneter, Sie müssen einen Schlusssatz formulieren.

– Das mache ich gerne. Meine Damen und Herren! Wir haben versucht, Ihnen die Hand zu reichen. Unser Angebot steht, eine vernünftige Lösung für den Platz hinzubekommen. Nehmen Sie sie an.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Senator Dr. Freytag.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am vergangenen Samstag habe ich mit dem Bundesbauminister Tiefensee

(Gerhard Lein SPD: Toll!)

und dem Präsidenten der Bundesarchitektenkammer die bundesweite Auftaktveranstaltung des Tages der Architektur hier in Hamburg begehen können. Warum ist das wohl in Hamburg geschehen, meine Damen und Herren?

(Michael Neumann SPD: Weil der Domplatz hier ist!)

Sie hätten einmal dabei sein sollen, wenn uns auch international und national bescheinigt wird, dass wir in Ham

burg mit der wachsenden Stadt eine Balance zwischen Tradition und Moderne realisieren. Hier passiert etwas, und das ist gut für unsere Stadt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Der Domplatz ist eine unendliche Geschichte. Jahrzehntelange Diskussionen, genauer gesagt 60 Jahre lang Diskussionen. Es ist 60 Jahre nichts passiert – oder doch. Es ist etwas passiert, nämlich der gegenwärtige Zustand des Domplatzes, ein Parkplatz mit vorgeschalteter Pommesbude, ein unwürdiger Zustand, meine Damen und Herren, den wir beseitigen werden.

(Beifall bei der CDU)

27 Entwürfe sind gesichtet worden. Acht Arbeiten sind in die engere Wahl gekommen. Ein Hamburger Architekt war dabei, vier deutsche Büros und drei internationale Büros. Die Entscheidung für den ersten Preis ist mit großer Eindeutigkeit geschehen, nämlich mit 13 : 4 Stimmen. Die Gründe für die Entscheidung, meine Damen und Herren, sind wie folgt: Die Entscheidung für eine Bebauung mit einem Solitär, der in historischer Analogie die Solitärbauten des Mariendoms und des Johanneums aufgreift, ein angemessenes Pendant zur Petri-Kirche bildet und zugleich durch seine Architektur einen besonderen Anspruch zeigt. Dies sagt die Jury, nicht ich. Bleiben Sie ganz ruhig, es waren nämlich sehr gute Leute im Preisgericht.

(Michael Neumann SPD: Genau, nicht Sie!)

Es wird betont: Die sehr gute Anordnung des Wohnens im Süden des Baugrundstückes in einem separaten Baukörper, die zu hervorragend belichteten Wohnungen führt, aber auch zu einem Maßstabgeber für die angrenzende kleinteilige Bebauung. Die Unterschneidung, die durch die Domstraße auseinander gerissenen Stadträume wieder zusammenführt und außerdem einen neuen markanten Eingangsbereich zur Architektur der Bibliothek schafft.

Meine Damen und Herren! Wer nichts verändern will,

(Gesine Dräger SPD: Dann verändern Sie was!)

wird auch das verlieren, was er bewahren möchte. Das ist nicht von mir, sondern von Gustav Heinemann, und er hat Recht. In dieser Erkenntnis haben wir jahrelang fraktionsübergreifend an dem Bürgerschaftsforum mitgearbeitet. Ich erinnere mich deshalb so genau daran, weil ich als Fraktionsvorsitzender an vielen Gesprächen teilgenommen habe und wir gemeinsam die Chance erkannt haben, für die Hamburgische Bürgerschaft an einem historisch bedeutsamen Ort ein Plenum für die Begegnung mit den Bürgern unserer Stadt zu schaffen. Darin waren wir uns immer einig

(Michael Neumann SPD: Aber Sie wollen es nicht mehr!)

und Sie opfern diese jahrelange gute Kooperation auf dem Altar des tagespolitischen Opportunismus. Ich finde das schade, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ihre Empörung kommt zudem mit Ladehemmung. Der Entwurf ist im November 2005 vorgestellt worden. Das ist ein halbes Jahr her. Ihre Empörung damals war mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Jetzt auf einmal kommen

Sie mit einer großen Protestwelle. Ich nenne so etwas "Heldentum nach Ladenschluss". Hätten Sie rechtzeitig mit uns diskutiert, hätte man sicherlich auch über alles Mögliche sprechen können, aber ein halbes Jahr danach eine große Inszenierung zu machen, ist nicht besonders glaubwürdig. Ich finde es nicht gut, wie Sie mit diesem historischen Platz umgehen und vor allen Dingen, dass Sie hier die Gemeinsamkeit verlassen haben. Das tut der ganzen Sache nicht gut.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben eine große Chance, die Zentralbibliothek an diesem historischen Ort auch für eine weitere Belebung der Stadt zu sichern, wie das auch andere Städte international und national gemacht haben. Public Libraries, große Zentralbüchereien sind in vielen großen Städten sehr erfolgreich in den letzten Jahren zum Beispiel in Seattle, in Barcelona, in Cincinnati, in Alexandria, in Chikago, in Wien, in Deutschland in Münster oder in Ulm auf den Weg gebracht worden. Auch dort hat man mit mutiger Architektur an der richtigen Stelle das Richtige gewagt. Jetzt ist der Architekt am Zug. Der Architekt hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, die Kritik insoweit auch aufzugreifen, die Baumasse des vorhandenen architektonischen Entwurfs zu reduzieren. Daran wird er arbeiten, das wird zügig geschehen. Dann wird auch dieser Entwurf der Öffentlichkeit wieder vorgelegt werden.

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich mit einem Zitat von Professor Burkhardt schließe, dem Vorsitzenden der renommierten Fritz-Schumacher-Gesellschaft:

"Von allen Entwürfen ist der erste Preis der Einzige, der im Grundriss an die überkommene städtebauliche Situation anknüpft. Der Entwurf interpretiert den Hof des ehemaligen Johanneums durch die innere Form neu. 60 Jahre"

sagt Professor Burkhardt –

"unbebautes Domareal sind jetzt schon Rekord. Alle bisherigen Vorschläge waren flau gegenüber der vorliegenden Grundidee. Wir meinen, man sollte jetzt die notwendigen Korrekturen ansetzen und zur Tat schreiten."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Lieven.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Freytag, Professor Burkhardt rekurrierte auf die Grundidee und nicht auf den Entwurf und genau da ist das Problem. Sie haben bei diesem Vorhaben die Balance zwischen Tradition und Moderne verloren. Bei anderen Projekten, bei der Elbphilharmonie, ist die Balance zwischen Tradition und Moderne in vorbildlicher Art und Weise gewahrt. Hier wird mit der Würde des Ortes, mit der Keimzelle Hamburgs Schindluder getrieben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Der Kern des Problems liegt darin, dass der Senat entschieden hat, diesen Platz verkaufen zu wollen. Herr Roock hat das in deutliche Worte gekleidet: Sie wollen eine weitere Baustelle, eine Baulücke abräumen. Baulü