Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Schutz von Kindern ist ein maßgebliches Ziel des Senats. Aus diesem Grund hat der Senat bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die die Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen stärker vernetzen und damit die Handlungsmöglichkeiten, insbesondere der Jugendämter optimieren will. Ich will in diesem Zusammenhang nur auf die Bundesratsinitiative zum Bundeszentralregister hinweisen, die wir vor wenigen Wochen auf den Weg gebracht haben.
Ziel der Initiative ist es, die Informationsrechte der Jugendämter zu verbessern und ihnen verlässliche Informationen an die Hand zu geben, um die Frage einer Kindeswohlgefährdung besser und schneller beurteilen zu können.
Der Senat hat auch eine weitere Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, die in diesem Haus, glaube ich, auch breite Zustimmung gefunden hat, nämlich nach dem Fall Jessica die höhere Verbindlichkeit der U 1 bis U 9-Untersuchungen. Sie werden sich erinnern, dass der Bundesrat dies mit 16 : 0 Stimmen beschlossen hat. Leider kann sich die SPD-Bundestagsfraktion nicht dazu durchringen, diesem Antrag zuzustimmen. Auch das SPD-Bundesgesundheitsministerium unterstützt diese Forderung nicht, genau wie leider auch meine Vorgängerin, Frau Dr. Peschel-Gutzeit, die eigentlich eine ausgewiesene Familienrechtsexpertin ist. Dann können wir natürlich viel beschließen, wenn Sie gleichzeitig auf Bundesebene diese sinnvollen Maßnahmen zur Früherkennung der Kindeswohlgefährdung blockieren.
Wir alle sind gefordert, alle erdenklichen Anstrengungen zu treffen, um Fälle von Kindeswohlgefährdung zu erkennen und zu verhindern. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die Anträge bei den Familiengerichten in Verfahren wegen Kindesgefährdung, die auf den Entzug der elterlichen Sorge abzielen, in Hamburg, Herr Klooß, generell als Eilsache behandelt werden. Ihre Forderung in diesem Zusammenhang läuft also ins Leere. Wir machen es bereits so.
An den Familiengerichten steht der Eildienst für derartige Fälle sowohl zu den Dienstzeiten als auch am Wochenende zur Verfügung. Das ist noch nicht genug, ich möchte, dass die Familiengerichte künftig noch früher als bisher eingreifen können, um das Wohl gefährdeter Kinder zu schützen. Ich begrüße sehr die kürzlich vorgelegten Ergebnisse der Expertenarbeitsgruppe im Bundesjustizministerium, an der auch die Hamburger Justizbehörde maßgeblich beteiligt war. Die Arbeitsgruppe schlägt Folgendes vor: Das gerichtliche Verfahren soll bei Kindeswohlgefährdung noch weiter gestrafft und beschleunigt werden. Der Informationsfluss und die Zusammenarbeit zwischen den Familiengerichten, Jugendämtern und anderen beteiligten Institutionen sollen verbessert wer
den. Die Gerichte sollen den Eltern leichter als bislang Weisungen erteilen können, beispielsweise die Verpflichtung der Eltern, Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge anzunehmen oder für die Einhaltung der Schulpflicht ihrer Kinder zu sorgen.
Dem Gericht soll es ermöglicht werden, im Rahmen eines Erziehungsgesprächs auf die Eltern und Kinder einzuwirken mit dem Ziel, sie stärker in die Pflicht zu nehmen. Zeitlich begrenzte freiheitsentziehende Maßnahmen sollen dort erleichtert werden, wo sie als letztes Mittel zum Schutz der Kinder erforderlich sind. Ich halte diese Vorschläge für sehr geeignet, die Möglichkeiten der Familiengerichte für ein frühzeitiges Eingreifen bei Gefährdung des Kindeswohls zu erweitern und zu verbessern. Dies sind erste Vorschläge, aber ich glaube, wir werden sie umsetzen und das hilft uns auf unserem Weg. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von den Drucksachen 18/5188 und 18/5190 Kenntnis genommen hat.
Wir kommen zu Punkt 52, Drucksache 18/5191, Bericht des Rechtsausschusses zum Thema Wartezeit bei der Ersten Juristischen Staatsprüfung.
[Bericht des Rechtsausschusses: Wartezeit bei der Ersten Juristischen Staatsprüfung (Selbstbefassung gemäß § 53 Absatz 2 GO) – Drucksache 18/5191 –]
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute ein Thema angemeldet, das an sich zunächst die GAL-Fraktion beschäftigt hat. Wir konnten in der Zeitung "Die Welt" lesen, dass die Prüfungskandidaten für das Erste Juristische Staatsexamen ein Jahr auf ihre Examensergebnisse warten müssen. Wir haben uns daraufhin im Rechtsausschuss mit diesem Thema befasst und ich möchte Ihnen hier die Ergebnisse aus unserer Sicht vortragen, denn wir kommen an sich zu einer ganz anderen Sicht der Dinge als das, was wir in der Zeitung "Die Welt" lesen konnten.
Überraschend für Sie – das freut mich –, Sie werden wahrscheinlich gleich noch bisschen mehr Hintergründe erfahren.
Hintergrund ist schlichtweg, dass sich die Examensbedingungen Ende Juli geändert haben. Bis dahin galt das sogenannte Hausarbeitsexamen für Juristen im ersten Staatsexamen, die neben einer Hausarbeit drei Klausuren geschrieben haben. Nach der Änderung des Gesetzes werden anstatt der Hausarbeit und drei Klausuren nur noch sechs Klausuren geschrieben, woraus eine Reihe von Prüfungskandidaten geschlossen haben, dass das Examen deutlich schwieriger werden wird.
Die Folge war, dass sich 587 Examenskandidaten für das Erste Juristische Staatsexamen gemeldet haben. Regulär
melden sich 500 bis 540 Kandidaten im Jahr, also bei den sechs Kampagnen etwa 65 bis 70 pro Termin. Dann gibt es zwei Doppeltermine. Man kann also sagen, dass sich zu dem Termin eigentlich nur 100 Kandidaten hätten melden müssen. Tatsächlich waren es 600 Kandidaten. Was hat das Prüfungsamt gemacht? Die haben natürlich damit gerechnet, dass es mehr Bewerber für das erste Staatsexamen geben wird und haben mit 300 Kandidaten gerechnet. Dass es nun doppelt so viele waren, kann man, glaube ich, niemandem zum Vorwurf machen. Wenn wir uns einmal die Auswirkung anschauen, werden wir sehen, dass die relativ gering sind. Um das zu verstehen, muss man den zeitlichen Ablauf solch einer Staatsprüfung kennen. Den werde ich Ihnen kurz skizzieren. In der Regel dauert es, bis man das erste Staatsexamen hat, von der Anmeldung bis zur mündlichen Prüfung neun Monate. Man meldet sich an, es vergehen sechs bis acht Wochen, die Zulassung durch das Prüfungsamt erfolgt. Innerhalb von zehn Tagen wurde dann die Hausarbeit ausgegeben und vier Wochen später musste die Hausarbeit abgegeben werden. Dann teilt sich der ganze Vorgang. Einerseits mussten die Examenskandidaten natürlich eine kleine Erholungspause von zehn bis vierzehn Tagen haben und danach den einwöchigen Klausurenblock. Parallel erfolgte die Korrektur der Hausarbeiten, wo man dem Erstvotanten, einem Hochschullehrer, in der Regel acht Wochen und dem Zweitvotanten sechs Wochen gegeben hat.
Das war ein Thema, das die GAL angemeldet hat, das Sie in den Rechtsausschuss gezogen haben und womit Sie die Studenten verunsichern wollten. Hören Sie erst einmal weiter zu. Es ist ja alles nicht so schlimm, wie Sie den Leuten glauben machen wollen.
Die Zweitvotanten haben dann noch einmal sechs Wochen und die Notenbekanntgabe für die Studierenden beziehungsweise die Examenskandidaten erfolgte insgesamt vier Monate nach der Hausarbeit. Danach fangen dann die mündlichen Prüfungen an, frühestens 14 Tage, und innerhalb von sechs bis acht Wochen sind alle fertig.
Die Sorgen der GAL, ob nun Examenskandidaten tatsächlich ein Jahr auf die Examensergebnisse warten müssen, kann ich entkräften. Es gab nämlich drei Möglichkeiten, wo überhaupt Verzögerungen auftreten könnten.
Insgesamt wurden in diesem Durchgang 1800 statt 300 Klausuren geschrieben. Diejenigen, die wissen, wie lang eine Klausur ist, können sich in etwa vorstellen, was auf das Korrekturpersonal zukommt. Dazu muss man sagen, dass das Prüfungsamt mit 900 Klausuren gerechnet hat. Zum Glück hat das Prüfungsamt genügend Korrekturpersonal gefunden, das die Klausuren entsprechend zeitgerecht korrigieren wird. Da wird es wahrscheinlich überhaupt keine Verzögerungen geben.
sind Hausarbeiten. Es wurden rund 600 Hausarbeiten geschrieben, mit 300 hatte man gerechnet und normal wären 100 gewesen. Die Folge ist, dass jeder Professor, der in der Regel zuerst votiert, nicht zwei bis drei Hausarbeiten zu korrigieren hat, auch nicht die fünf, wie sie geplant waren, sondern zehn. Da muss man sagen, dass das für einen Hochschullehrer an der Grenze der Zumutbarkeit ist. Hier kann es nach Aussagen des Prüfungsamtes zwei bis drei Monate Verzögerung geben.
Eine große Unbekannte – und das ist die dritte Möglichkeit, wo es Verzögerungen geben kann – sind die Durchfallquoten. Da weiß nun wirklich keiner, wie sich die Kandidaten bewährt haben. Zwei bis drei Monate Verzögerung, nicht ein Jahr, wie es die GAL aus Angstmacherkampagne den Kandidaten für das erste Staatsexamen weismachen will, kommen dabei raus.
Wen betrifft es? Es betrifft drei Gruppen. Erstens, diejenigen, die den Freischuss machen. Darunter versteht man die Examenskandidaten, die einen Freiversuch haben wollen. Die sind ohnehin schon schneller und man muss fragen, wenn die zwei bis drei Monate mehr haben, ob das nicht durchaus noch vertretbar ist.
Verehrter Herr Abgeordneter Niedmers, können Sie sich nicht ein Beispiel an dem Abgeordneten Beuß nehmen? – Danke. Fahren Sie bitte fort.
Dann haben wir eine zweite Gruppe, die sogenannten Langzeitstudenten. Da sprechen wir von denjenigen, die zwölf bis achtzehn Semester studiert haben, also sechs bis neun Jahre.
Ich frage Sie ehrlich, ist es zumutbar, bei jemandem, der sechs oder neun Jahre studiert hat, zwei bis drei Monate länger auf die Ergebnisse zu warten? Ich denke, das ist durchaus verhältnismäßig.
Dann gibt es noch die sonstige Gruppe. Das sind zum Beispiel Kandidaten, besonders Kandidatinnen, die einen Erziehungsurlaub, eine Auszeit genommen haben und erst danach weiterstudiert und sich zum Examen gemeldet haben. Es gibt auch Kandidaten, die erheblich länger studiert haben. Der längste Studierende, der sich zum ersten Examen gemeldet hat, hat 54 Semester studiert.
Das war jemand, den man in Schutz nehmen muss. Der war nämlich zwischendurch krank. Nichtsdestotrotz hat er sich nach 54 Semestern zum ersten Staatsexamen gemeldet. Wir sehen, es gibt ganz unterschiedliche Gründe, warum auch Leute, die länger studiert haben, darunter fallen. Ich glaube, dass man auch denjenigen keinen Vorwurf daraus machen kann. Die werden sich im Zweifel freuen, wenn sie zwei bis drei Monate mehr Zeit zum Lernen haben für ihre mündliche Prüfung.
Sie sehen also bei dem Thema, das die GAL versucht hat, in der Presse als dramatisch aufzublasen, ist die Luft raus. Die Themenwahl war für die GAL eine Schnapsidee. Ich glaube, das Prüfungsamt und die Justizbehörde haben hier einen hervorragenden Job gemacht.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finck, Sie haben uns hier das juristische Staatsexamen in allen Einzelheiten dargelegt. Auf den Kern der Problematik und an die politische Dimension dieses Vorgangs, den wir hier beleuchtet haben, sind Sie aber nicht gekommen.
Der Senat hat zwar festgestellt, dass die Verfahrensdauer im Examen entgegen den Pressemeldungen neun Monate und nicht länger beträgt, aber, meine Damen und Herren, diese Verfahrensdauern sind aber doch und bleiben weiterhin eine Zumutung für alle Studierenden. Es ist doch absurd, dass dieser Senat auf der einen Seite jungen Leuten auf die Pelle rückt, weil sie ihr Studium nicht in der Regelzeit bewältigen, und auf der anderen Seite dann aber dieselben Studierenden mit Wartezeiten von neun Monaten drangsaliert.
Das ist umso ärgerlicher, weil die Studienordnung praktisch keine sinnvolle Beschäftigungs- oder Weiterbildungsmöglichkeit während dieser neun Monate vorsieht. Außer dem bangen Warten auf die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung, die darüber entscheiden, ob man zur mündlichen Prüfung zugelassen wird oder nicht.
Dass deutsche Studierende im internationalen Vergleich viel zu spät ihren Studienabschluss erreichen, ist bekannt. Durch derartige Wartezeiten, wie sie sich in Hamburg nun für das erste Staatsexamen herausgebildet haben, wird ein weiteres dazu getan, dass deutsche Studierende im internationalen Vergleich weiter zurückfallen.
Zu der konkreten Situation hat der Senat – das hat Herr Finck auch richtig berichtet – ausgeführt, dass es durch die Abschaffung der Hausarbeit im ersten Examen zu einer Versechsfachung der Kandidaten an dem letzten Prüfungstermin gekommen sei, an dem noch eine Hausarbeit angeboten wurde. Aber das ist doch nichts, was man den Studierenden vorwerfen kann. Es ist doch das gute Recht der Studierenden, von den Möglichkeiten Gebrauch zu machen, wenn sie die Arbeit an einer Hausarbeit für sich persönlich für besser halten als die Ableistung von Klausuren. Das ist auch ein in der Wissenschaft, der juristischen Pädagogik, sehr umstrittenes Thema gewesen. Es waren nicht nur Examensüberlegungen pädagogischer Art, die dazu geführt haben, sondern eher fiskalische Überlegungen, um es einmal ganz deutlich zu sagen.