Protokoll der Sitzung vom 31.01.2007

Dann wäre es ehrlicher, wenn Sie die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt nicht mehr Bürger nennen würden, sondern Konsumenten und Konsumentinnen. Das wäre ehrlich.

Ich weiß auch schon, dass Herr Voet van Vormizeele gleich sagen wird, wer wirklich abstimmen wolle und wem es wichtig sei, der werde schon einen Weg ins Bezirksamt finden. Da werde es schon irgendeine Möglichkeit geben, vielleicht melde er sich krank oder hetze in der Mittagspause zum Bezirksamt. Das ist eine unterschiedliche Auffassung von Demokratie. Wir wollen, dass die direkte Demokratie in dieser Stadt leichter wird, Sie wollen sie praktisch erschweren bis abschaffen. Das ist der grundlegende Unterschied, weswegen wir hier streiten. Ich bin ganz sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt mitbestimmen wollen. Sie lehnen das, was Sie als Schikane aufbauen ab. Wir hoffen – und wir bitten auch –, dass Sie das noch einmal überlegen, dass Sie den Landeswahlleiter ermächtigen, der Bitte aller Bezirke nachzukommen, bürger- und arbeitnehmerfreundlichere Eintragungszeiten zu schaffen und dort, wo es angemessen ist, in manchen Bezirken, auch mehr Eintragungsorte einzurichten, denn dass man noch diverse U-Bahnstationen fahren muss, bevor man sich eintragen kann, ist nicht wirklich bürgerfreundlich und bürgernah zu nennen. Sonst stehen Sie immer gern dazu. Diese Sprachhülsen nutzen Sie immer gern, wenn es um andere Sachen geht. Wenn es aber darum geht, dass die Hamburgerinnen und Hamburger an ihrem Gemeinwesen mitbestimmen sollen,

ist bei Ihnen die Demokratie geschlossen. Das ist traurig, das wollen wir ändern, deswegen dieser Antrag. Wir bitten um Zustimmung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Voet van Vormizeele.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe das Gefühl, dass, wenn ich mehr als drei Minuten rede, es hier Ärger im ganzen Hause gibt, weil das HSV-Spiel inzwischen doch seine Kreise zieht. Ehrlich gesagt finde ich es auch nicht angebracht, viel länger auf den Beitrag des Kollegen Müller einzugehen.

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Kollege Müller, Sie haben einmal wieder – wahrlich nicht zum ersten Mal – diesem Hause Ihre Worthülsen von den vorigen Malen wiederholt. Sie haben zum Thema so gut wie nichts gesagt. Sie haben andere Themen gestriffen,

(Beifall bei der CDU)

das Ladenschlussgesetz und Ähnliches, die mit dem, was wir hier bereden wollen, wenig zu tun haben. Letztendlich, liebe Kollegen von SPD und GAL, geht es Ihnen hier um eine Art Vorwahlkampf. Das sei Ihnen gegönnt, aber es hat mit der Sache sehr wenig zu tun.

Wenn wir über Wahllokale reden, freue ich mich auf den Beitrag der Kollegen der SPD, denn diese haben zurzeit reichlich Erfahrung aus ihrer parteiinternen Debatte über Wahllokale. Das wird bestimmt interessant,

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Michael Neumann SPD)

eine Partei dazu zu hören, die sich mit Wahllokalen gut auskennt. Insbesondere der Kollege Neumann, das wissen wir ja, hat sich in den letzten Tagen und Wochen sehr für Ihre parteiinterne Demokratie eingesetzt. Wir freuen uns auf Ihren Beitrag, Herr Neumann, vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Möglichst viele Wahllokale!)

Lassen Sie mich noch ein paar kurze Worte zu dem sagen, was tatsächlich in Hamburg bei den Volksbegehren passiert, die wir Mitte des nächsten Monats erleben werden. Wir haben bei Volksbegehren jetzt im Gesetz zwei Verfahren festgeschrieben, wie man daran teilnehmen kann. Das eine Verfahren ist das, was ungefähr die Hälfte aller Bundesländer praktiziert, die Amtseintragung. Dort haben wir in drei Tagen in der Woche von 10 bis 16 Uhr die Gelegenheit, am Donnerstag bis 18 Uhr und – das hat der Kollege Müller eben vergessen zu erwähnen – wir haben auch noch einen Samstag, an dem von 9 bis 13 Uhr geöffnet ist.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Einen Samstag!)

Nun komme ich zu dem entscheidenden Unterschied zu dem, was sonst bei Wahlen ansteht: Wir haben die Möglichkeit der Briefeintragung. Die Briefeintragung ist ja nicht wie bei der Bürgerschaftswahl an irgendeine Art von Hürde gebunden, nach dem Motto "ich muss begründen, warum ich gern die Briefeintragung haben möchte". Nein, Sie können ohne jede Angabe von Gründen sagen, dass

Sie es so haben möchten, und bekommen die ganzen Unterlagen,

(Michael Neumann SPD: Das ist ja wie bei uns!)

jederzeit, und können dann von zu Hause entscheiden, ob Sie sich eintragen wollen.

(Manuel Sarrazin GAL: Hören Sie auf zu reden!)

Dass das offensichtlich eine unüberwindbare Hürde sei, wie Herr Müller gerade festgestellt hat – nein, Herr Müller, bleiben Sie ruhig sitzen, das HSV-Spiel ist den Kollegen wichtiger –, fällt mir schwer zu glauben, denn wenn ich davon ausgehe, dass Bürger an einem Gesetzgebungsverfahren teilnehmen und Gesetzgebung dieses Parlamentes ersetzen wollen, kann man von jedem erwarten, dass er sich über die technischen Voraussetzungen und über das erkundigt, was für eine solche Wahleintragung notwendig ist.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich noch ein kurzes Wort zu dem sagen, was es bedeuten würde,

(Gerhard Lein SPD: Die drei Minuten sind um!)

wenn wir dem folgen würden, was Sie gerade vorgeschlagen haben: Allein, wenn man die Öffnungszeiten, die Sie gern hätten, umsetzen würde, würde das für Hamburg 230 000 Euro Mehrkosten bedeuten. Für jedes weitere Abstimmungslokal, das wir nach Ihrem Willen noch zusätzlich eröffnen sollen, kämen noch einmal 30 000 Euro hinzu. Das ist deshalb umso überflüssiger als der Landesabstimmungsleiter bereits in der amtlichen Veröffentlichung sehr deutlich gemacht hat, dass er – sollte es sich zeigen, dass es mit den Öffnungszeiten oder dem riesigen Andrang, wie Sie ihn ja vermuten, Probleme gibt – flexibel reagieren werde. Er hat bereits in der amtlichen Bekanntmachung deutlich geschrieben, dass man die Zeiten gegebenenfalls dem Bedarf anpassen werde.

Was wollen Sie also mehr? Wenn die Bedarfslage so groß ist, haben Sie die klare Zusage, dass Änderungen vorgenommen würden.

(Beifall bei der CDU – Dr. Willfried Maier GAL: Die hätten auf ehrenamtliche Mitarbeit verzichten sol- len!)

Und nun wollen wir kurz zu Ihren ehrenamtlichen Mitarbeitern kommen. Da muss ich zum Abschluss das eine Ding bringen, das mir heute in Vorbereitung

(Michael Neumann SPD: Das merkt man ja gar nicht!)

dieses Beitrags in die Hände gefallen ist und das mich schon verwundert hat. Ich habe nämlich heute eine Anzeige auf der Homepage von "Mehr Demokratie bundesweit" gefunden, die ich bemerkenswert finde. Das zeigt, dass Sie offensichtlich so langsam aber sicher bei "Mehr Demokratie" und vielleicht bei dem einen oder anderen hier im Raum der Glaube an die Nachhaltigkeit des eigenen Erfolges verschwindet. Dort gibt es eine Anzeige, die lautet:

"gesucht: Aktionsurlauber für Volksbegehren in Hamburg. Es erwarten Sie:

Viel Sinn, Spaß und Abenteuer

Freie Übernachtung im Übernachtungshaus InstantSleep im belebten Schanzenviertel. Es hat eine angenehme Atmosphäre und bietet die Möglichkeit, abends und morgens gemeinsam zu essen, zu trinken und die anstehende Arbeit zu organisieren

Fahrtkosten werden bei Bedarf übernommen"

Unterschrieben ist dies von einem Menschen namens Kurt Wilhelmi mit einer Berliner Telefonnummer – auch dies bemerkenswert –, Pressesprecher …

(Jens Kerstan GAL: Das ist ein bundesweiter Ver- ein!)

Genau da sind wir beim Kern, Herr Kerstan. Omnibus ist eben nicht ein bundesweiter Verein. Omnibus ist eine bundesweite GmbH. Das finde ich bemerkenswert. Da gibt es eine GmbH, die in ihren Zielen auf ihrer Homepage verkündet, "Wir helfen Ihnen bei Volksbegehren". Das, verehrte Kollegen, ist die Realität. Das ist genau der Grund, weswegen wir diese Amtseintragung so brauchen, wie sie jetzt durchgeführt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich der Abgeordneten Duden das Wort gebe, möchte ich die Abgeordnete Boeddinghaus bitten, darüber nachzudenken, dass aus dem Straßenverkehr bekannte Gesten auch im Parlament rügensfähig sein können.

Nun bekommt die Abgeordnete Duden das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die versprochenen drei Minuten von Herrn Voet van Vormizeele waren deutlich länger. Ich kann auch keinen Vergleich mit dem HSV anbringen, weil ich es in diesem Zusammenhang auch oberunpassend fand.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Man kann bei dem Grad von Angebranntheit, den Sie hier bei dem Spiel HSV gegen Cottbus an den Tag gelegt haben, nur mutmaßen, dass die vermutlich mal wieder zurückliegen,

(Bernd Reinert CDU: Es steht eins zu eins!)

aber das ist das Problem der Fußballfans in diesem Haus.

(Glocke)

Es steht eins zu eins.

– Gut, dann ist das ja für diejenigen, die am liebsten nach Hause laufen würden, ein sehr hilfreicher Hinweis.