Protokoll der Sitzung vom 31.01.2007

Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir in den Ausschüssen genauer überprüfen, was denn da nun gemacht wird und was nun wirklich an Erfolgen da ist. Es wäre sinnvoll, dass wir dies im Ausschuss genauer untersuchen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete von Frankenberg.

Herr Buss, in einem gebe ich Ihnen Recht: Rotgrün hat viele Probleme erkannt, nur leider nie gehandelt. Das war Ihr Problem.

(Beifall bei der CDU)

Was die Fragen angeht: Diese sind relativ schnell beantwortet. Sie sind nämlich schon während der Haushaltsberatungen beantwortet worden. Was ist mit den 400 Kindern mit Förderbedarf, bei denen nichts passiert ist? Bisher war es freiwillig. Wir haben jetzt die Möglichkeit geschaffen, dass es auch verpflichtend ist. Damit ist auch Ihr Beratungswunsch nicht mehr aktuell, denn das haben wir schon im Dezember beschlossen.

(Beifall bei der CDU – Wolfhard Ploog CDU: Sehr richtig!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Zunächst stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drucksache 18/5322 besprochen worden ist. Wer

stimmt einer Überweisung dieser Drucksache federführend an den Schulausschuss und mitberatend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, gebe ich Ihnen die Wahlergebnisse bekannt. Bei der Wahl einer Deputierten der Justizbehörde sind 107 Stimmen abgegeben worden. Alle 107 Stimmzettel waren gültig. Frau Jutta Bärthel erhielt 93 Ja-Stimmen, sechs Nein-Stimmen und acht Enthaltungen. Damit ist Frau Bärthel gewählt.

Bei der Wahl eines Mitglieds der Kommission für Stadtentwicklung sind 107 Stimmzettel abgegeben worden. Ein Stimmzettel war ungültig, somit waren 106 Stimmzettel gültig. Herr Niels Böttcher erhielt 83 Ja-Stimmen, acht Nein-Stimmen und 15 Enthaltungen. Damit ist Herr Böttcher gewählt.

Bei der Wahl eines vertretenden Mitglieds der Kommission für Stadtentwicklung sind 107 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren drei ungültig, also 104 gültig. Frau Dr. Natalie Hochheim erhielt 83 Ja-Stimmen, elf Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen. Damit ist Frau Dr. Hochheim gewählt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 33, 16 und 22 auf, die Drucksachen 18/5563, 18/5618 und 18/5629, Antrag der SPD-Fraktion: Kinder- und Jungendlärm gegenüber anderen Lärmquellen privilegieren, Bericht der Umweltausschusses und Bericht des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses: Kita Marienkäfer.

[Antrag der Fraktion der SPD: Kinder- und Jugendlärm gegenüber anderen Lärmquellen privilegieren – Drucksache 18/5563 –]

[Bericht des Umweltausschusses über die Drucksache 18/3033: Kinderlärm in Wohngebieten ist erwünscht! – Erlass einer Rechtsordnung gemäß Paragraf 23 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Paragraf 23 Absatz 2 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (Interfraktioneller Antrag) – Drucksache 18/5618 –]

[Bericht des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses Betr.: Kita Marienkäfer (Selbstbefassung gemäß Paragraf 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft) – Drucksache 18/5629 –]

Die SPD-Fraktion möchte die Drucksachen 18/5563 und 18/5618 an den Umweltausschuss überweisen beziehungsweise rücküberweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Schaal.

Frau Präsidentin, meinen Damen und Herren! In der Presse konnten wir heute lesen, dass Biergärten dank einer neuen Regelung für die Außengastronomie länger öffnen dürfen, während das Hanseatische Oberlandesgericht der Kita "Marienkäfer" mangels klarer Rechtsgrundlage den Betrieb untersagt. Im Fall des Kindergartens "Kokopelli" ist ein Vergleich zwischen dem Betreiber und einem Anlieger vor drei Wochen gescheitert.

Meine Damen und Herren, irgendetwas stimmt doch in unserer Gesellschaft und der Hamburger Politik nicht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Die Kindertagesstätten sind vor Gericht gescheitert, weil es keine verlässliche und zielführende Grundlage zur Regelung von Nachbarschaftskonflikten mit Kindergärten und -tagesstätten gibt.

Ein Blick in die "Marienkäfer"-Entscheidung zeigt doch, wie unwägbar der Ausgang einer Klage wegen Kinderlärms vor Gericht in jedem weiteren Einzelfall sein kann. Die Bewertung der Gerichte, wann eine Beeinträchtigung als wesentlich einzustufen ist, lässt sich nach der gegenwärtigen Rechtslage kaum abschätzen. Wenn Kinderlärm messtechnisch nicht von Straßenlärm unterschieden werden kann, dann muss ein Richter – Zitat –:

"…seine eigenen Empfindungen zugrunde legen",

wie es im "Marienkäfer-Urteil" zur Begründung aus dem Schriftstück heißt.

(Stefanie Strasburger CDU: Das war ein Fehl- urteil!)

Da ist der Willkür doch Tür und Tor geöffnet, Frau Strasburger. Darum brauchen wir verlässliche Kriterien, an denen sich dann die Gerichte, die Bürgerinnen und Bürger, die Kita-Betreiber bei Klagen wegen Lärms aus Kitas orientieren können, und dazu hat die SPD-Fraktion ein Gesetzentwurf eingebracht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Die GAL hat bereits vor eineinhalb Jahren einen Regelungsversuch präsentiert, der dem interfraktionellen Antrag "Kinderlärm in Wohngebieten ist erwünscht" zugrunde gelegt wurde. Allerdings konnte diese Vorlage dann aber auch nur als Prüfauftrag formuliert werden, weil Senat und CDU keine rechtliche Regelung haben wollten und sie auch später immer wieder hinausgezögert haben.

Erst als der Vergleich in Sachen "Marienkäfer" für diese Kindertageseinrichtung zum Desaster wurde und auch ein Vergleichsversuch für den Kindergarten "Kokopelli" zu scheitern drohte und der öffentliche Druck deswegen auf den Senat immer stärker wurde, endlich Rechtsgrundlagen zu schaffen, meine Damen und Herren, entwickelte der Senat Eifer.

Anfang Dezember wurde eilig ein Workshop einberufen, jenseits von allen parlamentarischen Gepflogenheiten, frei nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis. Dieser Workshop, meine Damen und Herren, ist nirgends dokumentiert. Kein Wunder, denn er war zunächst offenbar nur dazu gedacht, die Opposition darauf einzuschwören, die Finger von einer gesetzlichen Regelung zu lassen. Der Senat hatte in diesem Workshop nämlich zunächst dargelegt, dass er keine gesetzliche Regelung zum Kinderlärm anstrebe, weil Hamburg angeblich nicht zuständig sei. Dies hat er gesagt, nachdem die Föderalismusreform in Kraft getreten ist, meine Damen und Herren.

Außerdem hat der Senat gesagt, sie sei auch nicht nötig, weil es nur bei zwei Kitas Probleme gebe, während über 900 andere Kindertageseinrichtungen in Hamburg keine Nachbarschaftsprobleme hätten. Ich meine, dem Verfassungsexperten Dr. Rainer Holtschneider ist es dann gelungen, die Zweifel an der Zuständigkeit für eine solche Regelung auszuräumen. So war dann dem Senat die

entscheidende Grundlage für seine Untätigkeit genommen.

Wir wurden uns dann im Workshop zum Schluss überraschend doch noch darin einig, dass der Hamburger Gesetzgeber einen eigenständigen Gesetzentwurf jenseits vom Bundes-Immissionsschutzgesetz vorlegen sollte mit einem Programmsatz, der auf die Privilegierung von Kinderlärm zielt. In Bezug auf die Hinzuziehung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gibt es allerdings zwischen der SPD und der GAL nach wie vor unterschiedliche Meinungen.

Meine Damen und Herren! SPD und GAL haben eigene Gesetze vorgelegt. Die CDU wollte das nicht. Ihr genügte eine Ergänzung des Sozialgesetzbuches VIII um einen einzigen Paragrafen. Am 11. Januar haben wir im Umweltausschuss alle Vorlagen beraten. Der Vorsitzende des Ausschusses, Herr Maaß, und ich haben uns im Ausschuss sehr intensiv darum bemüht, eine gemeinsame Vorlage zu erarbeiten. Dies wäre auch eine breitere Legitimationsgrundlage für künftige Rechtsfindung. Leider ist uns das nicht gelungen, obwohl alle drei Fraktionen, Frau Strasburger, grundsätzlich die gemeinsame Zielsetzung hatten, dass Kinderlärm hinzunehmen sei. Ich meine, man hätte zusammenkommen können, wenn die CDU gewollt hätte, Frau Strasburger. Leider hat die CDUFraktion abgelehnt und das ist ausgesprochen schade.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Der Vorschlag der CDU beschränkt sich auf einen allgemeinen Appell, Kinderlärm als Ausdruck kindlicher Entfaltung hinzunehmen. Das reicht für eine Lösung bestehender und künftiger Konflikte zwischen Kindertagesstätten und Anwohnern nicht aus. Wichtig ist, dass keine Konfliktpartei einseitig bevorzugt wird. Darum steht in unserem Gesetzentwurf der Privilegierung des Kinderlärms eine Einschränkung dieser Privilegien gegenüber, denn dieses Privileg gilt nur für die genehmigten Betriebszeiten, für die genehmigte Nutzung und bei Angemessenheit der Einrichtung zum wohnortnahen Bedarf. Allerdings geben wir auch zu bedenken, dass bei Einrichtungen mit einem besonderen pädagogischen Konzept, zum Beispiel beim Waldkindergarten oder auch bei einem Waldorfkindergarten, ein größerer Einzugsbereich zu berücksichtigen ist.

Meine Damen und Herren! Oft werden aber gar nicht die spielenden Kinder selbst als Beeinträchtigung empfunden, sondern der Lärm, der von einer Kindertagesstätte ausgeht, wenn zum Beispiel die Eltern ihre Kinder mit dem Auto bringen und holen, wenn eine Schaukel quietscht oder wenn das Prellgeräusch auf dem Steinfußboden stört. Auch solchem Konfliktpotenzial muss mit einer klaren Regelungsmöglichkeit begegnet werden, denn wenn die Anwohner schon den Kinderlärm ertragen, sollen sie nicht auch noch von quietschenden Wippen und zuschlagenden Autotüren oder lautem Ballgepolter belästigt werden. Hier gilt für uns das Gebot der Lärmminderung. Lärmminderungsmaßnahmen konkretisieren das Rücksichtnahmegebot, das wir dem Grundsatz der Privilegierung von Kinderlärm vorangestellt haben. Das Rücksichtnahmegebot gilt für Anwohner und für die Betreiber von Kindergärten gleichermaßen. Lärmminderungsmaßnahmen dürfen aber nicht dazu führen, meine Damen und Herren, dass eine Kita wirtschaftlich ruiniert wird.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn man das Gelände einzäunen soll oder ein Grundstück für einen Extraparkplatz braucht, dann ist das schlichtweg zu teuer. Das und mehr konkretisiert das Rücksichtnahmegebot.

Völlig unzureichend ist es aber, das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme lediglich durch den Erziehungsauftrag abzugelten, wie die CDU-Fraktion das tut. Der Streit um Kinderlärm wird dann zusätzlich um den Streit über die besten Erziehungsmethoden angeheizt, was die Gerichte wiederum vor neue Probleme stellt, meine Damen und Herren.

Erziehung zur Rücksichtnahme ist eine Selbstverständlichkeit. Auch die "Marienkäfer", auch die "Kokopellis" sind zur Rücksichtnahme erzogen worden und werden immer zur Rücksichtnahme erzogen. Dennoch haben die Gerichte gegen diese Einrichtungen entschieden. Was wir hier und heute beschließen, meine Damen und Herren – und darüber sollten sich alle in diesem Hause klar sein –, wird die weitere Rechtsprechung in Hamburg bestimmen. Die Vorlage der CDU-Mehrheit schafft unserer Meinung nach keine Rechtssicherheit und das ist brandgefährlich.

(Zurufe von der CDU)

Dass keine Regelung kommt, straft das Gerede des Bürgermeisters und seiner Stellvertreterin Lügen, dass Hamburg die kinderfreundlichste Stadt Deutschland sei.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Mit solch einem unzureichenden Entwurf lässt die CDU letztlich nicht nur die Kinder, die Eltern und die Einrichtungen im Regen stehen, sondern auch die betroffenen Anwohner und vor allem die Richter. Rechtssicherheit sieht für uns anders aus.

(Beifall bei der SPD und bei Christian Maaß GAL)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion! Wenn Sie das noch ändern wollen, dann holen Sie doch alle Vorlagen wieder in den Ausschuss zurück und lassen Sie uns, Frau Strasburger, doch einen gemeinsamen Entwurf erarbeiten. Wir waren doch schon ein großes Stück zusammen. Es wäre besser für die Kinder und auch für die Einrichtungen, wenn wir hier zu einer gemeinsamen Regelung kommen. Wenn Sie das aber nicht wollen, dann empfehle ich dem Haus, dass Sie wenigstens dem SPD-Antrag "Kinder- und Jugendlärm gegenüber anderen Lärmquellen privilegieren" zustimmen. Damit schaffen wir Rechtssicherheit und – es wird Sie nicht überraschen – den CDU-Entwurf lehnen wir ab. Gegenüber dem Vorschlag der GAL hatten wir uns im Ausschuss enthalten, denn es gibt eine Reihe von Überschneidungen und gemeinsamen Schnittmengen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Strasburger.