Protokoll der Sitzung vom 28.03.2007

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD – Bernd Reinert CDU: Sie hätten es auch zur Debatte anmelden können!)

Ja, Herr Reinert, genau das ist der Punkt. Nun zu Ihrem Zwischenruf, man hätte es auch zur Debatte anmelden können. Bisher ist es Usus gewesen, dass wichtige Gesetzesvorhaben, die vom Senat in die Bürgerschaft eingebracht werden und von der Mehrheit verabschiedet werden, von der Fraktion, die die Mehrheit in diesem Haus hat und die diesen Senat trägt, auch zur Debatte angemeldet werden. Das ist ein ganz normaler Vorgang.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD – Bernd Reinert CDU: Das ist Ihre Interpretation und nicht die Beschreibung der Wirklichkeit!)

Das ist die Beschreibung der Wirklichkeit. Wenn Ihnen etwas wichtig ist, dann melden Sie das zur Debatte an. Sie melden zur Debatte Parkplätze für Reisebusse, Olympiastützpunkt und sonst etwas an. Diese Debatten lassen Sie heute ausfallen und bringen eine Änderung des Naturschutzgesetzes, die Sie fünf Jahre lang verschlafen haben, wollen zwischenzeitlich angeblich auch noch einen Umweltschwerpunkt eingeführt haben, und dann lassen Sie solche Debatten, wie die Novellierung des Naturschutzgesetzes unter den Tisch fallen. Das geht so nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Man erkennt daran, wie wichtig Ihnen dieser neue Schwerpunkt der Umweltpolitik tatsächlich ist, wenn Sie sich um diese Debatte drücken wollen. Die einzigen Initiativen, die aus Ihrer Fraktion zu diesem Gesetzentwurf gekommen sind, sind von denjenigen gekommen, die sich für Wirtschaftsinteressen und Landwirtschaftsinteressen einsetzen und nicht wirklich im Sinne des Naturschutzes.

Der Anlass dieser Novelle war die Novellierung – man höre – im Jahr 2002 des Bundesnaturschutzgesetzes. Das heißt, Hamburg hat fünf Jahre gebraucht, um das Gesetz dem Bundesrecht anzupassen. Wir sind hier Schlusslicht. Die Einzigen, die das in der CDU-Fraktion gestört hat, die öffentlich Druck gemacht haben, dass sich hier etwas ändern muss, waren die Wirtschaftspolitiker. Soweit ist es gekommen, dass die Einzigen, die sich an diesem Schlaftum im Senat im Hinblick auf den Naturschutz stören, die Wirtschaftspolitiker sind. Soweit sind wir gekommen und das ist ziemlich traurig.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Auch das Ergebnis ist ziemlich traurig, auf das wir hinausgelaufen sind. Überall dort, wo Sie etwas angefasst haben, hat es im Ergebnis Verschlechterungen für den Naturschutz gegeben und das, obwohl die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes von Rotgrün im Jahr 2002 eine mit einer klaren Intention zur Stärkung des Naturschutzes war. Sie haben das ins Gegenteil verkehrt: Bei der Landschaftsplanung, bei der Eingriffsregelung, beim gesetzlichen Biotopschutz, bei der Verbandsklage, bei all diesen Punkten hat es mehr Ausnahmen gegen den Naturschutz gegeben, überall war das Motto: Abbau von Naturschutz. Deswegen steht dieses Gesetz unter der Überschrift eines Naturschutzverhinderungsgesetzes. Es ist auch kein Wunder, dass die Handelskammer und die Landwirtschaftskammer diejenigen sind, die sich im Hinblick auf dieses Gesetz recht zufrieden geäußert haben. Der einzige Kritikpunkt, den Sie geäußert haben,

war, dass man doch noch mehr deregulieren hätte können. Wenn das das Fazit einer Novellierung des Naturschutzgesetzes ist, dann weiß man, dass man für die Natur richtig etwas falsch gemacht hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Deregulierung nehmen Sie immer nur dann in den Mund, wenn es um Vorschriften geht, die dem Schutz der Natur dienen. Wenn es hingegen um die Interessen der Wirtschaft geht, dann machen Sie richtig verrückte Sachen. Da hat Ihre CDU-Fraktion in letzter Minute noch einmal eine Initiative in den Umweltausschuss eingebracht, bei der es um ein neues gesetzliches Beteiligungsrecht gehen soll. Da sollen jetzt die Handwerkskammer, die Landwirtschaftskammer und die Handelskammer ein gesetzliches Beteiligungsrecht bei naturschutzrechtlichen Verfahren haben, sobald deren Interessen berührt sind. Mir war schon neu, dass die Handelskammer ein gesetzliches Beteiligungsrecht bei solchen Verfahren wirklich nötig hat. Bisher waren die kurzen, informellen Wege recht gut. Aber wenn man sich einmal überlegt, dass wir hier eine neue bürokratische Hürde, ein neues bürokratisches Verfahren eingeführt haben, und dass im Ergebnis im Naturschutzgesetz steht, dass Handelskammer, Handwerkskammer und Landwirtschaftskammer mehr Beteiligungsrechte haben als die Umweltverbände und die Naturschutzverbände,

(Barbara Ahrons CDU: Das stimmt überhaupt nicht!)

dann ist doch vollkommen klar, dass da wirklich etwas falsch läuft, Frau Ahrons, das stimmt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist wirklich eine bittere Erkenntnis im Jahre 1 des neuen Umweltschwerpunkts der CDU. Ich komme damit zum Schluss.

(Beifall bei der CDU)

Herr Gedaschko, es hat durchaus CDU-Umweltminister gegeben, die eine gewisse Anerkennung im Rahmen der Opposition gehabt haben. Solange Sie solche Gesetze zu verantworten haben, können Sie lange auf solche Anerkennung warten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Dr. Schaal für fünf Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen in der CDU, Ihr Beifall ehrt mich. Es ist mir ein Vergnügen, hierzu zu reden. Wenn man sich das Verfahren ansieht, meine Damen und Herren, wie das Naturschutzgesetz behandelt wurde, sowohl im Plenum als auch vorher bei den Ausschussberatungen, kommt man auf die Idee, dass die CDU offensichtlich etwas zu verbergen hat.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Sie hätten es doch zur Debatte anmelden können!)

Wenn es anders wäre, dann hätten Sie diese für den Naturschutz so wichtige Regelung auch zur Debatte anmelden können. Aber es kommt noch mehr dazu. Sie haben die Paragraf-29-Verbände nicht, wie es das Hamburgische Naturschutzgesetz vorsieht, an der Vorberei

tung des Gesetzes beteiligt. Das Ergebnis war, dass die Verbände vor der Beratung in der Ausschussanhörung ausgezogen sind. Aber es kommt ja noch viel dicker. Sie haben es nicht für nötig gehalten, dem Ausschuss die Stellungnahme aller Hamburger Verbände zu diesem Gesetzeswerk rechtzeitig zur Beratung zuzuleiten, sondern haben es erst auf Nachfrage in der letzten Ausschussberatung für nötig gehalten, uns das nach der Beratung im Ausschuss zuzuleiten. Das zeigt auch, dass Sie hier etwas zu verbergen haben. Denn wenn man sich die Stellungnahmen der Verbände ansieht, kommt die Kritik knüppeldicke und – Herr Maaß hat darauf hingewiesen – es gibt auch Berechtigung dazu, denn Sie haben die Standards im Naturschutzgesetz gegenüber dem, was bisher geregelt war, aber auch gegenüber dem Bundesnaturschutz, erheblich abgesenkt.

(Zurufe von der CDU)

Darum wird die SPD-Fraktion Ihrer Gesetzesnovelle nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir haben in unserem Zusatzantrag deutlich gemacht, wo die Gründe für unsere Ablehnung liegen. Es sind teilweise ganz einfache Sachen mit großer Wirkung. So werden die Grün- und Erholungsanlagen sowie die Flächen der Stadt nicht mehr in das Naturschutzgesetz mit einbezogen. Die Stadt kann offensichtlich schalten und walten, wie sie will und muss nicht mehr den Naturschutz beachten. Der Brutschutz, eine sehr einfache Maßnahme, der immer wichtiger wird in Zeiten des Klimawandels, bei dem auch die Artenvielfalt arg gefährdet ist, wird durch Ausnahmeregelungen aufgeweicht. Eine zentrale Regelung des Bundesnaturschutzgesetzes ist, dass 10 Prozent der Landesfläche in einen Biotopverbund umgewandelt werden sollen. Sie machen das unter Einbeziehung des Nationalparks Wattenmeer. Der ist größer als 10 Prozent der Fläche. Dann brauchen Sie also hier in Hamburg in Sachen Biotopschutz überhaupt nichts mehr zu tun. Das lassen wir nicht zu, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie räumen dem Vertragsnaturschutz Vorrang ein. Sicher ist es so, dass sich der Vertragsnaturschutz in dieser Stadt bewährt hat, aber er kann den Naturschutz durch die öffentliche Hand nicht ersetzen. Insofern ist das auch eine Regelung, die zu einer wesentlichen Verschlechterung im Naturschutz beitragen wird.

Dann zum Planungsinstrument. Die Landschaftsplanung wird künftig eine einstufige Planung in Form des Landschaftsprogramms sein. Aber in diesem Landschaftsprogramm bietet keine Möglichkeit darzustellen, was in Bebauungsplänen in Sachen Naturschutz im Einzelnen notwendig und zu beachten ist. Darum wollen wir, dass wieder das Instrument der Grünordnungspläne eingeführt wird, damit wir dann auch vor Ort wissen, was in Sachen Naturschutz und Landschaftspflege notwendig ist. Es geht dabei noch nicht einmal nur um den Naturschutz, sondern es geht auch um das sogenannte Stadtgrün. All das wird hier nicht mehr erfasst. Deswegen Grünordnungspläne.

Das Argument, dass die bisher nicht angewendet worden sind, ist keins. Man kann sie dann in Zukunft anwenden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Überhaupt nicht zu verstehen und geradezu bundesrechtswidrig ist, wenn Sie die Tide-Elbe aus der Gültigkeit des Naturschutzes ausnehmen. Das haben wir auch in der Anhörung von dem Experten Ramsauer gehört. Das ist also nicht nachvollziehbar.

Wir wollen auch nicht dulden, dass Arten- und Biotopschutz zum Fachkonzept herabgewürdigt werden, was für Dritte überhaupt keine Bedeutung mehr hat, meine Damen und Herren. Wir können es auch nicht verstehen, dass eine Stadt, die die Aarhus-Konvention unterschrieben hat, schlicht und ergreifend über das Verbandsklagerecht hinweggeht, obwohl sie es nach Bundesrecht sowieso anwenden müssten. Das ist auch das falsche Signal an die Naturschutzverbände, denn ohne deren ehrenamtliche Mithilfe im Naturschutz läge der Naturschutz in dieser Stadt schon längst brach, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Als kleinen Dank müssten Sie den Naturschutzverbänden wenigstens ein Mitspracherecht einräumen. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Engels, auch er für fünf Minuten.

Meine Damen und Herren! Wie ernst es der Opposition um den Naturschutz und um das neue Naturschutzgesetz ist, ist schon an der Tatsache zu erkennen, dass sie das in einer Fünfminutendebatte angemeldet hat. Das ist ihr tolles Interesse.

(Beifall bei der CDU – Gesine Dräger SPD: Immer sind wir Schuld!)

Wir haben uns vorhin über gegenseitige Fairness unterhalten. Wissen Sie, wann ich erfahren habe, dass dieses Thema zur Fünfminutendebatte angemeldet werden soll? Vor nicht einmal einer Stunde. Das ist Ihre Art und Weise der Fairness.

(Beifall bei der CDU – Dr. Willfried Maier GAL: Das ist die Frage Ihrer Fraktionsführung!)

Ich konnte es ahnen, ich werde es Ihnen auch nicht mit gleicher Münze zurückzahlen, weil ich für einen anständigen Parlamentarismus bin. Ich finde das nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU)

Nun zum Naturschutzgesetz.

(Dr. Willfried Maier GAL: Warum hat Ihr Fraktions- geschäftsführer Ihnen das nicht mitgeteilt? – Gegenruf von Wolfhard Ploog CDU: Herr Maier, Seien Sie doch mal ruhig!)

Das frage ich mich auch.

Das Gleiche gilt auch für einige Punkte des SPD-Antrags.

(Zurufe von der SPD)