Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Wer stimmt dem Überweisungsbegehren zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das war einstimmig der Fall.

Tagesordnungspunkt 35, Drs. 18/6156, Antrag der CDUFraktion: Bildungshäuser für Drei- bis Zehnjährige.

[Antrag der Fraktion der CDU: Bildungshäuser für Drei- bis Zehnjährige - Drs. 18/6156 -]

Hierzu liegt Ihnen als Drs. 18/6219 ein Antrag der SPDFraktion vor.

[Antrag der Fraktion der SPD: Frühe Bildungschancen für alle Kinder - Bildungsgärten für die Menschliche Metropole - Drs. 18/6219 -]

Beide Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen.

Wer stimmt dem Überweisungsbegehren zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist das Überweisungsbegehren mehrheitlich abgelehnt.

Mir ist mitgeteilt worden, dass sowohl aus den Reihen der GAL-Fraktion als auch aus der SPD-Fraktion hierzu gemäß Paragraph 26 Absatz 6 unserer Geschäftsordnung das Wort begehrt wird.

Frau Blömeke, Sie haben das Wort für maximal fünf Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, ich kann mir auch etwas Schöneres vorstellen, als jetzt einen Fünfminutenbeitrag dazu zu halten.

(Zurufe von der CDU)

Ihr Abstimmungsverhalten zwingt uns aber dazu, denn eigentlich ist es peinlich, dass wir hier stehen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Da haben Sie recht!)

Man muss sich einmal Folgendes vorstellen: Sie wollen eine relativ umfassende Reform, eine Idee, die eine Umwälzung im Bildungssystem ist, per Handzeichen, ohne jegliche Debatte durchstimmen. Da stellt sich natürlich die Frage, wovor Sie Angst haben. Haben Sie Angst davor, Ihre Ideen zu veröffentlichen? Haben Sie Angst davor, mit uns in einen Diskurs zu treten? Haben Sie Angst vor kritischen Anmerkungen zu Ihrem Antrag? Davon gäbe es sicherlich reichlich. Dieser Antrag überzeugt letztlich nur durch seine Schwammigkeit, aber nicht durch Inhalte.

Aus diesem Grunde wäre ich gern inhaltlich mit Ihnen ins Gespräch gekommen, und zwar im Fachausschuss, wohin dieser Antrag gehört, wo ich auch gern den SPDAntrag gesehen hätte. Möglicherweise hätten wir sogar Sympathien für diesen Antrag entwickelt.

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Man kann sich über alles unterhalten. So stelle ich aber fest, dass Ihr Antrag im Ganzen so unkonkret und so schwammig ist - ich sagte es ja schon -, dass man diesem Antrag keinesfalls zustimmen kann. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Es sind erstens inhaltliche Gründe. Ihre Bildungshäuser für Kinder von drei bis zehn Jahren sind für uns, mit dem Schulsystem, das die Grünen propagieren - neun Jahre gemeinsam lernen -, in keiner Weise kompatibel, denn Sie zementieren damit eine Trennung nach Jahrgang vier, ebenso das Nebeneinander von Vorschule und Kita.

Ein zweiter Grund ist, dass ich mich frage, warum Sie die Bildung von Krippenkindern völlig aus Ihrem Bildungsgedanken ausklammern. Warum fängt die Bildung bei Ihnen erst ab dem dritten Lebensjahr an?

Sie verweisen in Ihrem Antrag auf Baden-Württemberg. Das ist ein guter Gedanke. Wenn Sie nach BadenWürttemberg schielen, dann werden Sie mitbekommen haben, dass in Baden-Württemberg zum Beispiel Finanzen für diese Umsetzung zur Verfügung gestellt werden. 3,7 Millionen Euro sind es, glaube ich, damit die Schulen drei Wochenstunden pro Grundschulklasse mehr bekommen. Über eine Finanzierung schweigen Sie sich in Ihrem Antrag völlig aus.

Unklar bleibt, wie die Selbstständigkeit der Kita-Träger erhalten bleiben sollen, unklar bleibt, wie die beiden Bildungsträger miteinander verschmelzen sollen. Unklar bleibt das ganze Konzept.

Ein Modellprojekt ist gut und schön und man kann auch immer Modellprojekte machen. Aber in diesem Fall ist es sehr wichtig, zunächst das Konzept zu sehen. Das haben wir bei den Familienzentren - Sie nennen das ElternKind-Zentren - genauso gemacht. Wir haben auch darüber gesprochen. Sie haben ein Konzept erstellt - wir hatten schon lange vor Ihnen eines -, dann kam es zu uns in den Fachausschuss und wir haben gemeinsam darüber geredet. Sie können doch nicht allen Ernstes einen so oberflächlichen Antrag schreiben und sich dann mit einer Arroganz hier hinsetzen und diesen Antrag abstimmen. Das ist eine Politik, die vielleicht mit den Füßen gemacht wird, aber nicht mit dem Kopf.

(Beifall bei der GAL und bei Michael Neumann SPD)

Zum SPD-Zusatzantrag, der sehr viel umfassender ist, noch kurz ein paar Worte. Der Antrag besteht aus mehreren Punkten, die zusätzlich die gesamte Situation in der Kita noch einmal ins Blickfeld nehmen. Das ist sehr wichtig. Deswegen werden wir bei dem SPD-Antrag punktweise abstimmen wollen und vor allen Dingen den Punkten zustimmen, die wir schon öfter angesprochen haben, beispielsweise die Erzieherausbildung, zu der wir in der Bürgerschaft schon einen Antrag hatten, und natürlich die Kooperation Jugendhilfe-Schule und den Aspekt der Sprachförderung.

Über Bildungshäuser kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber auf jeden Fall ist das ein Punkt, den man in einem Diskurs fachlich ausdiskutieren muss. Dazu gehört dieser Antrag in den Fachausschuss. Solange das nicht passiert, können wir diese Punkte nur ablehnen, weil es inhaltlich auch bei dem SPD-Antrag nicht so weit ausgegoren ist, dass man guten Herzens sagen kann, das ist eine zukunftsweisende Idee. Zu einem solchen Konzept müsste man auch die Kita-Träger und die Schulleute anhören. Das schreit geradezu nach einer Exper

tenanhörung. Sie verweigern sich der Arbeit und das geht sogar schon so weit, dass wir Sitzungen des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses ausfallen lassen.

Ich finde das peinlich, das muss man der Öffentlichkeit einmal sagen. Wir haben nichts mehr zu arbeiten, weil Sie sich weigern zu überweisen und meinen, dieser Antrag müsse so abgestimmt werden. Schlimmer kann Politik nicht gestaltet werden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Frau Dr. Hilgers hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU hat heute auf eine Debattenanmeldung verzichtet, die sie noch hätte machen können.

(Wolfhard Ploog CDU: Hätten Sie doch machen können!)

Dieses innovative Thema der Bildungshäuser oder Bildungsgärten, wie immer wir das Kind nennen, hätte eine Anmeldung zur Debatte verdient.

(Beifall bei der SPD)

Wenn der von mir sehr geschätzte ehemalige jugendpolitische Sprecher Ihrer Fraktion, Herr Weinberg, hier wäre, hätte er einer Überweisung zugestimmt, weil er mit als erster im letzten Jahr die Idee hatte. Herr Weinberg weiß, wie schwierig es sein wird, diese strukturelle organisatorische und konzeptionelle Innovation zu verankern.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, wir haben noch einige Punkte in unseren Zusatzantrag aufgenommen, die wir auch schon in den Haushaltsberatungen in unserem Antrag hatten, denn wenn man über dieses Thema nachdenkt, dann muss man gleichzeitig über Qualifikationsbestrebungen bei Lehrern und Erziehern nachdenken, man muss über die Kooperation von Schule und Jugendhilfe insgesamt nachdenken, man muss über erweiterte und allgemeingültige Rechtsansprüche für Bildung, Betreuung und Erziehung nachdenken und man muss last, but not least auch über Familienentlastung, sprich Einführung von Beitragsfreiheit für frühkindliche Bildung, nachdenken.

All diese Punkte gehören debattiert und in den Ausschuss, den Sie - die Kollegin hat schon darauf hingewiesen - seit Monaten systematisch lahmlegen. Das ist eine Arbeitsverweigerung Ihrerseits und ein unerhörter Skandal, der hier nicht oft genug angesprochen werden kann.

(Wolfgang Beuß CDU: Oh, oh!)

- Sie sind zu feige.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Mit Ihrem lauwarmen Antrag haben Sie deutlich gemacht, dass Sie nicht begriffen haben, welche Anstrengung für diese bildungspolitische Innovation notwendig ist.

(Wolfgang Beuß CDU: Ganz schön arrogant!)

Das ist vergleichbar - verehrte Kollegen, ich weiß, wovon ich rede - mit der Einführung der verlässlichen Halbtagsgrundschule. Was Sie hier als Modellprojekt vorschlagen - es soll freiwillig sein und nicht gezwungen -, taugt nicht für eine Evaluation. Um so etwas systematisch zu ma

chen, müsste man sich das zumindest in einem Bezirk angucken, die Möglichkeiten analysieren und Defizite aufdecken. Dann kann man darüber nachdenken, wie man es flächendeckend einführt. Aber was Sie mit Ihrem Antrag vorschlagen, wird dem nicht gerecht.

Im Übrigen ist das, was Ihre Bundesfamilienministerin beim Krippenthema vorschlägt - ein Drittel Investitionskosten -, wahrlich nichts. Das bringt uns nicht weiter, da braucht man mehr. Ich hoffe, dass die Vorschläge der SPD-Bundestagsfraktion aufgenommen werden, die darauf hinweisen, dass man für Betriebskosten, Personal und Qualifizierung Geld braucht und nicht diesen Zuschuss für Steine. Sonst kommen wir beim Thema Krippe und den Bildungshäusern nicht weiter und dieser Antrag wird seinen geruhsamen Schlaf nehmen und der Diskontinuität anheimfallen, denn das bedeutet gar nichts.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Frau Strasburger hat jetzt das Wort.

Frau Blömeke, Sie sprachen eben von Arroganz. Ich fand sowohl Ihre Rede als auch die Rede von Frau Dr. Hilgers arrogant.

(Beifall bei der CDU - Uwe Grund SPD: Die CDU sollte sich schämen!)

Wir möchten gerne, dass die Kooperation zwischen Kindergärten und Schulen verstärkt wird, dass diese beiden Einrichtungen voneinander profitieren, dass die Fachkräfte voneinander profitieren,

(Zurufe von der SPD und der GAL - Gegenruf von Wolfgang Beuß CDU: Lasst sie doch einmal aus- reden!)