Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Wenn Sie jetzt Strom unter Entstehungskosten verkaufen und Vattenfall gleichzeitig Rekordgewinne einzahlt, wer finanziert dann diese Gewinne? Das sind natürlich die Bürger.

(Hartmut Engels CDU: Was hat denn die HEW gemacht?)

Das ist natürlich wieder bezeichnend. Anstatt den Verbrauchern zur Seite zu springen, verteidigen Sie - genau wie bei der Atomdebatte - die Kapitalinteressen der Atom– und Kohlelobby.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es gibt natürlich jetzt schon Kraftwerke, die mit einem Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent arbeiten, und zwar doppelt so hoch wie das Kraftwerk Moorburg. Die Hälfte dieses Kohlekraftwerks wird in die Atmosphäre und in die Elbe entlassen und wird genau das Gegenteil von dem bewirken, was wir wollen, nämlich den Anstieg der CO2Emission.

Sie erklären immer wieder, dass nicht wir, sondern die Chinesen etwas unternehmen müssen. Nach wochenlanger Debatte über die IPCC-Berichte, in denen alle deutlich machen, dass wir selbst etwas tun müssen, ist das Ihr Beitrag und Motto zum Klimaschutz. Wir selbst fahren mit Vollgas in die falsche Richtung und die Chinesen sollen das dann richten, was wir anrichten. So sieht globale Solidarität und eine nachhaltige Politik nun wirklich nicht aus.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Schauen Sie sich doch einmal Konzerne an, die es anders machen, beispielsweise E.on, auch nicht gerade der grüne Vorzeigebetrieb. Aber E.on baut in Bayern ein GuD-Dampfkraftwerk mit Kraftwärmekopplung von mehr als 60 Prozent Wirkungsgrad und mit der Hälfte der CO2Emission, die Herr Gedaschko jetzt genehmigen will. Ich frage mich: Wenn das woanders geht, warum denn nicht auch hier in Hamburg, wo dieser Bürgermeister erklärt hat, dass wir Klimahauptstadt werden wollen.

(Wilfried Buss SPD: So ist es!)

Sie haben gerade gesagt, dass wir in der Vorzeit des Wahlkampfes ein bisschen realistischer werden sollen. Dann muss ich Ihnen entgegnen, dass dieser Vorwurf auf Sie zurückfällt. Wer vor der Wahl behauptet, dass wir Klimahauptstadt werden wollen und dann ein Kohlekraftwerk genehmigt, das auf einen Schlag die CO2-Emission in Hamburg um 40 Prozent erhöht,

(Hartmut Engels CDU: Das ist absurd!)

der beweist, dass es ihm nicht um Klimaschutz geht, sondern um Wählerstimmenfang zulasten unserer und zukünftigen Generationen.

(Beifall bei der GAL und der SPD - Karl-Heinz Warnholz CDU: Du bist ein Träumer, ein grüner Träumer!)

Ich komme zum Schluss. Wenn es Ihnen mit diesem Klimaschutz wirklich ernst wäre, dann hilft es auch nicht, dass Sie ein Kraftwerk eingespart haben. Wenn Sie einen großen und einen kleinen Elefanten in den Porzellanladen schicken und lassen nur den großen hinein, dann ist nichts gewonnen und der Klimaporzellanladen ist immer noch kaputt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Insofern, Herr Bürgermeister, wenn Sie dieses Kraftwerk genehmigen wollen, dann sollten Sie heute und hier einmal erklären, wie diese Entscheidung mit Ihren Klimaschutzzielen zusammenpasst.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss.

(Glocke)

Herr Kerstan, Sie kommen jetzt bitte zum Schluss.

Das sind die letzten Worte.

(Beifall bei Kai Voet van Vormizeele CDU)

Dieses Kraftwerk weist alle Klimaschutzziele aus, die Sie wohlweislich nicht erklärt haben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Senator Gedaschko.

Verehrte Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Erst einmal ein Kommentar zur Kohle auf den Tischen: Das war verschwendete Energie, schade darum.

A C

B D

(Beifall bei der CDU - Ingo Egloff SPD: Die kön- nen Sie ja Vattenfall schenken als Wahlkampfge- schenk!)

Was Sie betreiben, ist Schornsteinpolitik. Wissen Sie, wie man Schornsteinpolitik im Ruhrgebiet betrieb? Wir erinnern uns.

Anfänglich wurden im Ruhrgebiet die Schornsteine der Firmen relativ niedrig gebaut, was aber zur Folge hatte, dass der gesamte Dunst-, Staub- und Schadstoffausstoß in die niedrigen Luftschichten gelangte und sich dann in die direkt angrenzenden Gebiete absetzte. Die Beschwerden der hierdurch belästigten Bevölkerung veranlasste die Politik,

(Antje Möller GAL: Wen genau in der Politik?)

Schornsteine von nun an höher und höher bauen zu lassen. Als Folge belasteten die Emissionen nicht mehr die angrenzenden Gebiete, sondern sie wurden durch die Luftströmung viele Kilometer weiter transportiert. Das geschah einerseits in der naiven Hoffnung, dass durch die Verdünnung mit weniger verschmutzter Luft die Belastung unter eine erträgliche Grenze gedrückt werden würde, andererseits war natürlich auch ein angenehmer Nebeneffekt, dass die Emissionen nur noch schwer mit den Verursachern in Verbindung gebracht werden konnten.

Das war Politik nach dem Prinzip Sankt Florian. Sie diente der Zufriedenstellung der Bevölkerung im Ruhrgebiet, führte aber in letzter Konsequenz zur Versauerung der Seen in Skandinavien. Genau eine solche Politik nach dem Prinzip "O heiliger Sankt Florian, verschon' mein Hamburg, zünd' andre an" wollen wir nicht.

(Beifall bei der CDU)

Daher ist es schlicht peinlich, bei diesem globalen Thema nur in Hamburger Grenzen und Kategorien zu denken. Bei anderen Themen und Gelegenheiten geben Sie sich doch auch weltmännisch und -offen.

Fakt ist, dass Hamburg derzeit mit der produzierten Energie aus regenerativen Energiequellen nicht versorgt werden kann. Fakt ist auch, dass Sie alle Kern- und Kohlekraftwerke am liebsten sofort abschalten würden. Das haben Sie soeben auch unter Beweis gestellt.

(Manuel Sarrazin GAL: So ein Quatsch!)

Wie wollen Sie denn bei aller erstrebenswerter Energieeinsparung die Energieversorgung Hamburgs - und ich spreche hier auch von der Hamburger Industrie und Wirtschaft - sicherstellen?

(Nebahat Güclü GAL: Da hätten Sie zuhören sol- len!)

Bis zum Jahre 2020 sollen 25 Prozent der Stromversorgung mit erneuerbaren Energien und 20 Prozent mit Effizienzsteigerung sichergestellt werden. D'accord, aber was ist mit den restlichen 55 Prozent? Wie sollen diese 55 Prozent denn erzeugt werden? Sie sind weder mit Erdgas noch mit Öl zu decken, um das einmal ganz deutlich zum Ausdruck zu bringen.

(Jens Kerstan GAL: Warum nicht mit Erdgas?)

- Dann fragen Sie mal den Erdgasmarkt und die Kosten ab. Aber ich komme noch dazu. Das "warum" werde ich beantworten. Das verspreche ich Ihnen.

Dann bleiben also noch Kernkraft und Kohle. Wer auf Kernkraft verzichten will, braucht Kohlekraftwerke. Und umgekehrt, wer gegen Kohlekraftwerke ist, muss auf Kernkraft setzen.

(Claudius Lieven GAL: Das ist Quatsch!)

Das ist keine politische, sondern eine rein mathematische Frage.

Eine sichere, preiswerte und umweltfreundliche Energieversorgung ist eine elementare Voraussetzung für leistungsstarke und wettbewerbsfähige Volkswirtschaften. Sie ist zugleich die entscheidende Grundlage für den Umwelt- und den Klimaschutz. Nur so ist Hamburg langfristig auch als Wirtschaftsstandort konkurrenzfähig.

(Farid Müller GAL: Warum kein Gas?)

Eine nachhaltige Energiepolitik erfordert eine engagierte Politik zugunsten des Ausbaus der regenerativen Energien und der Energie-Effizienz. Das haben wir auf der Agenda. Hiermit leisten wir einen Beitrag zur langfristigen Stabilisierung der Energiepreise.

Hierfür sind - dessen müssen wir uns alle bewusst sein - Vorleistungen unausweichlich. Dieser Herausforderung wird sich der Senat stellen. Wenn wir über Energiepreise reden, so ist uns allen bewusst, dass durch den erhöhten Einsatz regenerativer Energien ohnehin die Preise steigen werden. Wir müssen uns nur überlegen, wie weit lassen und können wir die Preise für den Ottonormalverbraucher, für den Bürger, der tagtäglich darauf angewiesen ist, Energie zu beziehen, steigen lassen.

(Nebahat Güclü GAL: Wer ist das nicht!)