Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Sie dagegen versuchen den Spruch "wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis" noch zu steigern. Um es ganz klar zu sagen: Mit Arbeitskreisen bekämpft man keine Jugendgewalt.

(Beifall bei der SPD)

Die Hamburgerinnen und Hamburger erwarten konkrete Ansätze und Initiativen. Sie erwarten nicht, dass ein Senat sich auf den zugegebenermaßen guten Kriminalitätszahlen im Bereich der Eigentumsdelikte ausruht und sie erwarten auch nicht, dass der Senat achselzuckend sagt, das sei alles ein Bundestrend, da könnten wir in Hamburg nichts machen. Die Hamburgerinnen und Hamburger erwarten, um nur ein Beispiel zu nennen, dass Sie endlich das Waffenverbot, was Sie ihnen versprochen haben, umsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Sie erwarten, um einen weiteren Punkt zu nennen, dass in Hamburg gerade im Bereich Jugendgewalt für die Tat auch die Strafe auf dem Fuße folgt. Sie haben in Ihrer Zeit die Verfahren verlängert und auch das entspricht nicht dem, was die Hamburgerinnen und Hamburger erwarten. Die Hamburger erwarten Taten und keine Worte. Und wie es um Ihre hoch gelobte Sicherheitskompetenz bestellt ist, die Sie eben besonders hervorgehoben haben, kann man in diesem Bereich sehen; da kommt man sehr schnell an ein Ende.

Wir haben als SPD Konzepte zur Jugendgewalt und zur Entwaffnungsstrategie vorgelegt. Da mag Ihnen einiges nicht gefallen, aber Sie waren nicht einmal in der Lage, unsere Vorschläge an einen Ausschuss zu überweisen; Sie haben es einfach nur abgelehnt. Es ist klar, dass Sie gleich wieder - der Kollege Hesse hat sein Manuskript schon vor sich liegen - damit kommen werden, die SPD sei 44 Jahre dafür verantwortlich gewesen, dass die Innere Sicherheit vor die Hunde gegangen sei.

(Beifall bei der CDU)

Seit 2001 regiert ein CDU-Senat unter Ole von Beust und seitdem tragen Sie Verantwortung für die Ergebnisse und damit auch Mitverantwortung für die Steigerung der Jugendgewalt. Das ist eine Verantwortung, der Sie offensichtlich bisher nicht gerecht geworden sind.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb bin ich sehr gespannt, ob Ihre Ausreden zu den immer zahlreicheren Opfern im Bereich Gewalt und Jugendgewalt in Hamburg, die gleich kommen werden, überzeugen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Hesse.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Dressel, Parolen und Populismus ersetzen keine Sachkompetenz. Das hat die letzte Debatte gezeigt und das zeigt Ihr Wortbeitrag jetzt wieder.

(Beifall bei der CDU)

Sie sind auch heute wieder mit Ihrem Versuch gescheitert, Kompetenz im Bereich der Jugendkriminalität vorzugaukeln. Als Sie das letzte Mal einen Antrag eingebracht haben, sind Sie nicht nur von der rechten Seite des Hauses, von der CDU, verprügelt worden, sondern auch noch von der linken Seite, von den Grünen, denn, was Sie vorlegen, war weder Fisch noch Fleisch, das war gar nichts. Sie wissen gar nicht, was Sie wollen bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität. Das Einzige, was Sie können, sind Schuldzuweisungen zu machen, ohne Rezepte zu liefern.

(Aydan Özoguz SPD: Das ist doch gar nicht wahr!)

Die Realität in unserer Stadt sieht nämlich anders aus. Hamburg hat die Vorreiterrolle bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität. Wir haben in Hamburg eine Konferenz gehabt, die sich mit Jugendkriminalität beschäftigt hat. Wir haben eine Lenkungsgruppe, die sich mit allen Maßnahmen zur Jugendkriminalität beschäftigt. Wir haben bundesweit die Federführung bei den Konzepten gegen Jugendkriminalität übernommen und nicht nur das, lieber Kollege Dressel, wir gründen nicht nur einen Arbeitskreis, sondern im Gegensatz zu Ihnen - und jetzt kommt das, was Sie hören wollen - handeln wir seit 2001 und das werde ich Ihnen jetzt auch gerne darstellen.

(Beifall bei der CDU - Dr. Andreas Dressel SPD: Und mit welchem Ergebnis?)

Wir haben - bundesweit einzigartig - ein Familieninterventionsteam, was rechtzeitig interveniert, wenn junge Leute kriminell werden. Wir haben eine geschlossene Unterbringung, die sich um schwerstkriminelle Delinquente kümmern. Ich warte immer noch auf ein Konzept von Ihnen, was man anders machen könnte. Wir haben unsere 230 Cop4Us, die in der Schule eine hervorragende Arbeit leisten. Wir haben einen neuen Jugendarrest in Hahnöfersand. Tun Sie doch nicht so, als ob hier seit 2001 nichts passiert ist. Dieser Senat handelt, dieser Senat setzt Konzepte um und dieser Senat hat auch Erfolg bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität.

(Beifall bei der CDU)

Unter Ihrer Zeit, unter Rot-Grün, hatten wir eine EnqueteKommission. Zu dem Zeitpunkt ist gar nichts passiert bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität. Wo sind Ihre Ideen? Wo sind Ihre Vorschläge? Sie stehen hier und kritisieren diesen Senat, weil in einzelnen Bereichen der Jugendkriminalität anscheinend etwas nicht so läuft, wie Sie sich das vorstellen. Welche Einrichtungen fehlen denn in Hamburg, Herr Dressel? Sagen Sie doch einmal, was Sie wollen? Wie wollen Sie denn unabhängige Richterentscheidungen von Familiengerichten und Jugendgerichten beeinflussen? Was wollen Sie denn ändern? Was wollen Sie machen? Ihre billige Schill-Kopie, die Sie eben geliefert haben, reicht auf jeden Fall nicht aus, um Kompetenz bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität zu erlangen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wenn Sie bei der Bekämpfung von Jugendkriminali

tät von der CDU-Fraktion wirklich ernst genommen werden wollen, dann bitte ich Sie um eines: Alles das, was Sie hier vollmundig verkünden, lieber Kollege Dressel, schreiben Sie mal ein paar Anträge - das habe ich das letzte Mal schon gesagt - für den SPD-Bundesparteitag und versuchen Sie, Ihre Kollegen in den anderen Bundesländern davon zu überzeugen, dass es notwendige Gesetzesänderungen geben muss. Daran scheitert nämlich noch Vieles. Da kommt von Ihnen nichts. Hier machen Sie den großen Maulhelden, aber auf Bundesebene sind Sie still. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CDU)

Solange die SPD in Hamburg immer nur mit dem Finger auf den Senat und die CDU zeigt und meint, hier würde nicht genug geschehen, ohne im Endeffekt selber einmal Taten zu zeigen, werden wir Sie nicht ernst nehmen. Deswegen ist auch diese Debatte heute wieder ein gescheiterter Versuch, hier irgendwelche Kompetenz im Bereich der Bekämpfung von Jugendkriminalität vorzugaukeln. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hesse, wenn man eine Rede mit dem Satz Pathos und Populismus beginnt, dann muss man selber ein bisschen aufpassen, was man sagt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich glaube, dass das auch der Senat tun muss. Auch der Senat muss aufpassen mit seiner Bewertung der Tatsache, dass es jetzt die Arbeitsgruppe in der Innenministerkonferenz gibt. In Ihrer Pressemitteilung - ich zitiere immer gerne Ihre Pressemitteilungen, Herr Senator Nagel - steht:

"Hamburg bleibt damit der Motor bei der Entwicklung konkreter Maßnahmen und ich freue mich, dass Hamburg im Kampf gegen die Jugendgewaltkriminalität die volle Unterstützung der gesamten Innenministerkonferenz und des Bundes hat."

Das ist auch ein bisschen viel Pathos. Ich glaube, es ist einfach andersherum. Die Innenministerkonferenz hat es sich insgesamt, und zwar bundesweit, als Aufgabe vorgenommen, ein Lagebild zu erstellen und der Jugendgewaltkriminalität mit Maßnahmen, hoffentlich aber auch mit Präventionen, etwas entgegenzusetzen. Das ist eine Entscheidung, die wir gut und richtig finden. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass wir das, was in Hamburg passiert, für ausreichend halten. Das bezieht sich natürlich vor allem auf die immer noch fehlende Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern, Sozialbehörde und Polizei, zwischen denen, die vor Ort mit den Jugendlichen zutun haben und denen, die sie als Beobachtungsobjekt ansehen und die Repressionsmaßnahmen planen.

In Hamburg besteht eine Auffälligkeit vor allem darin, dass bei den Zahlen, die wir dank der SPD quartalsweise bekommen, eine starke Schwankung zu sehen ist. Wenn Sie die Zahlen nehmen, die aus der Kleinen Anfrage von Herrn Dr. Dressel hervorgehen, dann schwanken die Zahlen. In dem einen Monat, zum Beispiel bei den Kindern: Gefährliche und schwere Körperverletzungen: Zunahme um 27 Prozent, im nächsten Monat Abnahme um

32 Prozent. Bei den Jugendlichen ähnlich: Zunahme 19 Prozent, im nächsten Monat Abnahme 21 Prozent. Das ist nichts, womit wir politisch arbeiten können, meine Damen und Herren. Man muss ein bisschen mehr auf die Inhalte, auf die Hintergründe dieser Zahlen eingehen und dann kann man ganz deutlich sagen, dass die Zahl der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen bundesweit gestiegen ist. Das ist eine der Fragen, die in der Arbeitsgruppe, denke ich, zu hinterfragen und zu bearbeiten sind. Vor allem bezieht sich aber der Anstieg der Gewaltdelikte auf leichtere Formen der Gewalt. Dazu hat die kriminologische Forschungsstelle beim LKA in NordrheinWestfalen sehr deutliche Worte gesagt. Die Zunahme der Anzeigehäufigkeit trägt dazu bei. Die Schwelle der Anzeigebereitschaft ist gesunken. Das ist einerseits eine positive Entwicklung, bedeutet aber andererseits, dass dort mit Jugendarbeit und sozialer Arbeit präventiv etwas getan werden muss.

Zum anderen haben wir auch hier das Stichwort Integration. Es stellt sich ja auch heraus, dass Jugendliche die Konflikte zwischen den Ethnien, um es einmal abstrakt zu sagen, nicht anders klären können, als dass Gewalttaten stattfinden und diese angezeigt werden. Das ist ein soziales Defizit, meine Damen und Herren. Da hilft Repression erst einmal überhaupt nicht.

Der vierte Punkt ist das Thema Verrechtlichung der Konflikte. Auch hier muss man, glaube ich, eine Lösung finden, die im sozialen Bereich liegt. Das Miteinandersprechen, die Prävention, bevor es zu Gewalttaten kommt, die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen sind hier ein entscheidendes Element. Allerdings fürchte ich, dass das kein Thema in der Arbeitsgruppe auf Bundesebene sein wird. Deswegen sagen wir, dass es gut und richtig ist, bundesweit ein Lagebild zu erstellen. Es ist aber nicht ausreichend, nur über Repressionen zu reden und dabei die soziale Arbeit und die Jugendarbeit außer Acht zu lassen.

(Beifall bei der GAL und bei Doris Mandel SPD)

Das Wort bekommt Senator Nagel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Jugendgewalt beschäftigt aus gutem Grund Sicherheitsfachleute in Bund und Ländern und nicht zuletzt auch die Innenministerkonferenz. Der Titel "Hilflosigkeit regiert!", verehrte Kolleginnen von der SPD, passt eher zu der Haltung "Wasch mir den Pelz, aber mach' mich nicht nass" und zu dem, was Sie bisher zum Thema Innere Sicherheit beigetragen haben. Hilflos agiert nämlich, wer die Gewalttaten junger erwachsener Täter beklagt, aber beispielsweise im Bundestag verhindert, dass erwachsene Täter im Grundsatz auch nach dem Erwachsenenstrafrecht abgeurteilt werden. Hilflos agiert auch, wer den Schutz vor demonstrierenden Gewalt-Hooligans fordert, aber das richtige und notwendige Hamburger Vorgehen einer engen polizeilichen Begleitung gewalttätiger Demonstranten diffamiert. Ich darf noch einmal auf die Debatte von vorhin verweisen.

Damit wir uns aber richtig verstehen: Kein Gemeinwesen kann absoluten Schutz vor Verbrechen garantieren. Wer aber den zuständigen Institutionen aus ideologischen Gründen notwendige und rechtsstaatlich mögliche Instrumente gegen Jugendgewalt verweigert, der verur

teilt die Gesellschaft zur Hilflosigkeit, der schwächt das staatliche Gewaltmonopol und den Schutz der Schwächeren vor Gewalt und Willkür.

Meine Damen und Herren! Die IMK hat die Ergebnisse der Hamburger Fachkonferenz "Handeln gegen Jugendgewalt" positiv bewertet.

(Michael Neumann SPD: Die Zahlen stimmen aber nicht!)

Die IMK hat Hamburg und das IMK-Vorsitzland Berlin federführend damit beauftragt, in einer länderoffenen, bundesweiten Arbeitsgruppe ein bundesweites Lagebild zu erheben und Vorschläge - und jetzt kommt es, Frau Möller, das haben Sie auch gelesen - für präventive und repressive Konsequenzen zu machen. Hamburg ist und bleibt damit Motor im Kampf gegen Jugendgewalt

(Michael Neumann SPD: Sie müssen den Motor mal anmachen und Gas geben und nicht mit Standgas laufen lassen!)

und hat die Unterstützung - das ist nicht zu unterschätzen und hat auch nichts mit Pathos zu tun - der gesamten Innenministerkonferenz und die des Bundes. Wenn ich in diesem Lande etwas erreichen möchte, muss ich mir Verbündete suchen und die habe ich auf der gesamten Innenministerkonferenz mit allen Innenministern.

Betrachten wir noch einmal die Fakten ein bisschen nüchterner und ihre langfristige Entwicklung im Bund und in Hamburg. Das Problem ist nicht die Entwicklung der allgemeinen Jugendkriminalität. Hier sind zwischen 1993 und 2006 bundesweit im Durchschnitt moderate Steigerungen der Tatverdächtigen unter 21 Jahren festzustellen. In Hamburg sank diese Zahl sogar leicht. Die Problematik besteht allerdings - und das bundesweit wie auch in Hamburg - bei der Entwicklung der Jugendgewaltkriminalität. So verdoppelte sich im Bund und auch in Hamburg die Anzahl der unter 21-jährigen Tatverdächtigen bei Gewaltdelikten seit dem Jahre 1993. Einen leicht rückläufigen Trend haben wir bei den unter 21-jährigen Tatverdächtigen in Hamburg insgesamt. Während bundesweit die Anzahl der unter 21-jährigen Tatverdächtigen bei Gewaltdelikten aktuell um mehr als 1.000 auf rund 90.000 Tatverdächtigen im Jahre 2006 anstieg, sank die entsprechende Anzahl in Hamburg geringfügig. Auch bei der Entwicklung aller polizeilichen Gewalttaten insgesamt gibt es in Hamburg in der Langzeitperspektive betrachtete Rückgänge, entgegen dem Bundestrend. Dennoch sage ich ganz deutlich, dass ich mich mit diesen Zahlen nicht zufrieden geben möchte. Die Jugendkriminalität und Jugendgewaltkriminalität bleibt eine Herausforderung für alle Bundesländer, wobei ich eines noch einmal ganz deutlich bemerken möchte: Wir diskutieren immer gerne über Jugendgewaltkriminalität, wir wollen aber nicht die Jugend in der Gesamtheit kriminalisieren. 90 Prozent der Jugendlichen in Hamburg haben mit der Polizei in der Vergangenheit überhaupt nichts zu tun gehabt. Das ist gut so und das bleibt auch positiv.

Meine Damen und Herren! Hamburg hat seit 2002 wichtige neue Maßnahmen gegen Jugendgewaltkriminalität umgesetzt und bewährte Aktivitäten verstärkt. Seit Jahren trifft die Polizei in Kooperation mit anderen Fachbehörden verschiedene neue und langjährig bewährte Maßnahmen, die eines belegen: Hamburg tut eine Menge und die Polizei braucht keinen hektischen Aktionismus und Anträge einzelner selbsternannter Innenexperten, die - wie immer - nichts weiter sind als heiße Luft.

(Beifall bei der CDU)