Wer hat es eigentlich komplizierter gemacht? Man muss einmal sehen, was ursprünglich im Volkswahlrecht enthalten war. In der Tat zehn Stimmen, das heißt fünf für
den Wahlkreis, fünf für die Landesliste. Aber es waren Bezirksversammlungswahl und Bürgerschaftswahl getrennt. Man kann über Sinn und Unsinn dieser Maßnahme streiten,
aber jedenfalls ist an der Stelle der Volksentscheid so gewesen, dass er das getrennt hat. Sie haben das jetzt wieder zusammengeführt, haben bei der Landesliste aus fünf Stimmen eine Stimme gemacht. Das hat aber durch das Zusammenziehen der Bezirksversammlungswahl mit der Bürgerschaftswahl dazu geführt, dass die Leute jetzt insgesamt zwölf Stimmen haben und sie beides gleichzeitig erklären müssen. Dieses Zusammenführen wird eine Verkomplizierung für die Wählerinnen und Wähler bedeuten. Das müssen Sie dann den Leuten erklären und auch da sind Sie für mehr Komplexität selber verantwortlich.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL - Kai Voet van Vormizeele CDU: Das ist ja wohl der Hammer!)
Jetzt stellen Sie sich hin und sagen, Sie hätten immer schon gewusst, dass das verfassungsrechtlich schwierig ist. Bleiben Sie bei diesem Thema einmal bei der Wahrheit, Herr Reinert.
Dann dieses Thema, aus großer Verantwortung für das Gemeinwesen und für den Staat und die Demokratie mussten Sie handeln.
Ich kann gerne noch einmal die Presseerklärung von Ihnen, Herr Reinert, heraussuchen. Ich glaube, es war am 14. Juni 2004. Das habe ich schon ein paar Mal zitiert, ich kann es mittlerweile schon auswendig vortragen.
Dort haben Sie nämlich den Hamburgerinnen und Hamburgern zugesagt, dass der Volksentscheid zum Wahlrecht respektiert wird. Dann sind Sie umgefallen, weil in irgendwelchen Hinterzimmern der CDU Leute Ihnen eingeflüstert haben, das ist der Untergang für die CDU, da müssen wir etwas machen. Dann sind Sie umgefallen.
Zur Wahrheit gehört auch, dass wir an dieser Stelle nicht umgefallen sind, obwohl wir damals für ein anderes Modell gestanden haben.
Es interessiert mich an dieser Stelle nicht Herr Kahrs, sondern mich interessiert an dieser Stelle, was diese Fraktion hier im Rathaus vorschlägt und beschließt.
- Vielen Dank. Ich kann verstehen, dass Sie das ärgert, dass die Koalition, die wir vor dem Volksentscheid hatten, gemeinsam dieses 50er-Modell vorgeschlagen hat. Dann ist unser Modell abgelehnt worden, vermutlich auch, weil wir mit dem Erklären ein bisschen spät angefangen haben.
Dann haben wir gesagt, dass wir zu dem stehen, was das Volk entschieden hat, auch wenn uns vielleicht nicht jeder einzelne Punkt gefällt. Das ist von Anfang an unsere Position gewesen. Die haben wir bis zum Ende durchgehalten. Sie haben diesen Verfassungskonsens verlassen, dass das Thema Wahlrecht nur etwas ist, das hier in einem gemeinsamen Konsens angegangen werden kann. Deswegen fällt diese Sache voll auf Sie zurück. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mir das eben einmal vorgestellt, wie Herr Reinert mit einer Wandtafel durch Hamburg geht und den Wählerinnen und Wählern das CDU-Wahlrecht erklärt.
Ich finde, das ist eine wunderschöne Idee. Machen Sie so weiter, Herr Reinert. Wir werden das wahrscheinlich übernehmen und genau daran festmachen, was die CDU an diesem Wahlrecht verbrochen hat. Sehr schön, diese Wandtafel werde ich mir merken. Vielleicht ist das sogar etwas, das die Agenturen nächste Woche als eine Idee vorschlagen, wie wir als Bürgerschaft das neue Wahlrecht erklären sollen. Ich würde sagen, Sie kommen bestimmt gut darin vor.
Aber ich will noch etwas sagen. Herr Kollege Jäger, wir haben schon einige Zeit in dieser Bürgerschaft zusammengesessen. Ich fand Ihre Bemerkung - für den entsprechenden Hinweis bin ich auch Herrn Dressel sehr dankbar - ziemlich schäbig. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Sie werfen uns vor, wir hätten immer wieder ge
sagt, das Volkswahlrecht sei gar nicht verfassungswidrig. Wir haben uns in diesem Punkt - und das hat Herr Dressel hier noch einmal wunderbar vorgetragen - auf den CDU-Senat mit seinem großen verfassungsrechtlichen Sachverstand verlassen.
Er hat das Gesetz ausgeführt. Dann hatten wir, nachdem Sie die Axt angelegt hatten, vor einem Jahr eine große Expertenanhörung, wo keiner der Experten gesagt hat, das Volkswahlrecht sei verfassungswidrig.
Sie haben daraufhin, auch mit Ihrem großen juristischen Sachverstand nichts geändert an diesem Wahlrecht, zum Beispiel, dass zukünftig die Parteistimme gezählt werden müsste. Sie haben dann die Relevanzschwelle hineingenommen, die nämlich auch die Parteistimme nicht weiter berücksichtigt hat.
Deswegen kann man eines sagen: Nur, weil die Experten dieses Mal auch nichts gesagt haben - deshalb habe ich vorhin diesen Zwischenruf gemacht -, sollten wir uns hier als Abgeordnete nicht hinstellen und sagen, ach, dann wird das schon in Ordnung sein. Ich würde sagen, dass wir durch Ihre Gesetzgebung inzwischen ein Stadium erreicht haben, dass wir überhaupt nicht mehr sicher sein können, ob wir hier noch einmal verfassungsrechtlich richtig wählen. Das ist doch die Situation.
Der andere Punkt, den ich auch schäbig finde, ist, dass Sie uns hier ein Wahlrecht vorlegen, wo Ihre erstplatzierten Kandidaten in jedem Fall auf Platz 1 bleiben und in die Bürgerschaft einziehen.
Solch einen Fall von Selbstbedienung beim Wahlrecht hat es in der Bundesrepublik noch nie gegeben. Das muss man hier auch noch einmal sagen. Das ist schäbig, das ist Selbstbedienung und hat nichts mehr mit Demokratie zu tun.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob der letzte Satz des Kollegen Müller wirklich eine Replik verdient.