Protokoll der Sitzung vom 04.07.2007

Viele von Ihnen haben dieses grauenhafte Bild vom "durchs Rost fallen" benutzt. Durchs Rost fällt man ins Feuer und das wollten selbst Sie nicht für Hamburgs Kinder, aber auf dem Rost wird man auch gegrillt oder gebraten. Ich weiß nicht, ob das besser sein soll. Das, was Sie, Frau Senatorin, jetzt in immer neuen Variationen einem großen Teil der Hamburger Kinder anbieten, führt direkt und ohne Umwege in den tiefen Keller der sozialen Benachteiligung. Was Sie hier als soziale Politik verkaufen wollen, das ist und bleibt in Wahrheit eine Politik der sozialen Spaltung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete von Frankenberg.

Ihre Rede war der sozialdemokratische Reflex auf Erichs Erben, die an das Rathaustor klopfen.

(Beifall bei der CDU)

Aber ich würde mir wünschen, dass solche Reden nicht gehalten werden, weil sie dem Thema überhaupt nicht angemessen sind.

(Beifall bei der CDU)

Ich will nur kurz ein paar Sachen richtigstellen. Zum einen haben Eltern für ihre Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Insofern stimmt das nicht, was Sie hier erzählt haben. Die Spielräume, die sich für unsere Stadt ergeben, werden konsequent für Kindertageseinrichtungen genutzt. Ich verwahre mich gegen die Aussage, die Hamburger Kitas seien schlecht. Das kann man so nicht stehen lassen. In den Hamburger Kindertagesstätten wird sehr gute Arbeit geleistet.

(Beifall bei der CDU - Dr. Andrea Hilgers und Dirk Kienscherf, beide SPD: Sie haben keine Ahnung!)

Was Sie eben über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kindertagesstätten gesagt haben - Sie können es hinterher im Protokoll noch einmal nachlesen -, können Sie so nicht gemeint haben. Ich hoffe, Sie haben sich versprochen, sonst täte mir das leid.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich haben wir die von Ihnen geschilderte Problemgruppe im Visier. Deshalb gibt es die Viereinhalbjährigenuntersuchung. Wir haben in dem Zusammenhang die Schulpflicht eingeführt. Dadurch sind die Vorschulklassen in den Gebieten sehr viel größer als vorher. Das heißt, wir haben das Problem im Visier und versuchen, dem vernünftige Lösungen zuzuführen und nicht nur darüber zu reden. Das ist sehr wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Ansonsten ist es bei uns in der Tat anders. Dieses ist nur ein Zwischenbericht. Das heißt, es wird darüber berichtet, was schon gemacht worden ist. Insofern ist es nicht richtig, Frau Blömeke, wenn Sie so tun, als hätte der Senat zwei Jahre geprüft und überlegt, gehandelt und begutachtet und vielleicht noch irgendwo einen runden Tisch oder eine Palaverrunde eingerichtet. Als der Sonderausschuss tagte, wurden die ersten Maßnahmen eingeleitet und es wurde konsequent gehandelt. Insofern wird permanent gehandelt und es wird auch über den heutigen Tag hinaus weiter aufgabenkritisch gearbeitet. Das ist anders als früher, das haben Sie nur noch nicht begriffen, aber die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt schon.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Blömeke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Na ja, das mit dem Klatschen kennen wir schon. Je schwächer die Rede und je schwächer die Argumente, desto mehr klatschen Sie.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der CDU: Oh! - Bernd Reinert CDU: Dann müssten die Grünen ja ständig applaudieren!)

- Ich nehme das als Applaus für mich und ich finde es nett, dass ich bei der letzten Sitzung so viel Applaus bekomme.

Frau Senatorin Dinges-Dierig, ich habe heute gelernt, dass es eigentlich egal ist, ob Sie hier stehen oder ob Senatorin Schnieber-Jastram hier steht. Die Rede, die Sie gehalten haben, ist gleich. Sie haben wahrscheinlich denselben Redenschreiber, aber Sie haben sie besser vorgelesen. Aber vielleicht stünde es Ihnen gut zu Gesicht, wenn Sie hier einmal sagen würden, okay, das ist ein Zwischenbericht und weil es ein Zwischenbericht ist, ergreifen wir auch einmal das Wort für die Punkte, die noch darin fehlen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das haben wir dreimal gesagt!)

Ewig diese Selbstbeweihräucherung statt ein bisschen Selbstkritik. Wir haben es gerade gestern wieder beim Kinder- und Jugendbericht erlebt, es wird nur vorgetragen, es wird nur damit geprotzt, was man erreicht hat. Ob es dann wirklich stimmt, kann man noch einmal detailliert überprüfen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Hören Sie in drei Jahren doch einmal zu!)

Aber seien Sie doch einmal ehrlich und sagen Sie, es ist ein Zwischenbericht und wir haben uns erst einmal auf die Optimierung der Handlungsabläufe konzentriert.

(Zurufe von der CDU)

Meine Herren, echauffieren Sie sich doch nicht immer so. Wir sind in einer Kita-Debatte. Herr Voet van Vormizeele, ich habe Sie noch nie zum Thema Kindertagesbetreuung reden hören. Das können Sie jetzt einführen.

Stellen Sie sich hier hin, seien Sie selbstkritisch und sagen Sie, da fehlen aber noch eine ganze Menge Maßnahmen, nämlich genau die, die Sie eben nicht aufgezählt haben. Auch bei Ihren Aufzählungen, Frau Senatorin Dinges-Dierig, nennen Sie nicht eine Stelle mehr, die in die Familien hineingehen, außer den Familienhebammen, da habe ich Ihnen Recht gegeben. Ich stimme Frau Veit zu, dass das nicht ausreichend ist, aber es ist eine gute Sache.

Aber alles andere kann sie doch nicht kalt lassen. Ich will Ihnen ein reales Beispiel aus Bergedorf erzähle. Dort muss ein Mitarbeiter zeitgleich 90 Fälle bearbeiten. Das kann Sie doch nicht dazu verleiten zu sagen, alles ist bestens, wir haben noch vakante Stellen aufgefüllt. In anderen Bezirken sieht es übrigens genauso aus - nicht ganz so schlimm -, da sind es 60 Fallbeispiele, die ein Mitarbeiter bearbeiten muss.

(Lydia Fischer CDU: Nein, das stimmt nicht!)

Das ist keine Zahl, mit der wir sagen können, dass dort Kinderschutz betrieben wird. Das ist unmöglich.

(Beifall bei der GAL und bei Doris Mandel SPD)

Natürlich leisten die Kitas gute Arbeit, Herr von Frankenberg. Ich glaube auch, Frau Veit hat es gar nicht so gemeint, sondern es ging eher um die Tatsache, dass es erstaunlich ist, wie …

(Unruhe im Hause - Glocke)

Frau Abgeordnete, ich muss Sie kurz unterbrechen. Es ist sehr laut und es gibt viele Hintergrundgespräche. Ich bitte um mehr Ruhe. - Frau Blömeke, bitte.

Es ist eher erstaunlich, dass diese Kitas so gute Arbeit leisten können, nachdem sie unter anderem 600 Erzieherstellen abbauen mussten. Ich rechne es den Kitas hoch an, dass sie mit aller Kraftanstrengung versuchen, mit weniger Erziehern und erhöhter Gruppenanzahl sehr gute Arbeit zu leisten. Aber die Verantwortung für die großen Gruppen in den Kitas und für weniger Erzieherinnen und Erzieher tragen die CDU-Fraktion und dieser Senat.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Noch ein Wort zu Ihrem Konzept "Lebenswerte Stadt Hamburg". Über die Maßnahmen konnte man etwas in der Drucksache "Hamburg schützt seine Kinder" lesen. Ich bin sehr erstaunt gewesen - ich glaube, wir haben schon einmal darüber gestritten, sogar mit Herrn Voet van Vormizeele -, welche Bedeutung Sie jetzt den Spielhäusern beimessen. Die Spielhäuser sollen jetzt finanziell unterstützt werden, damit sie regelhaft vormittags für Kinder eine Betreuung anbieten können. Was ist das denn für ein Schritt? Anstatt entschlossen und konsequent, wie Senatorin Dinges-Dierig es gerade gemacht hat, zu sagen, Kitas haben den Bildungsauftrag, sie haben die Bildungsempfehlung, sie haben ausgebildete Erzieherinnen, sie haben vielleicht sogar bald Erzieherinnen auf Hochschulniveau, da investieren wir und dahin wollen wir unsere Kinder schicken, da erhalten sie Bildung und Betreuung, nutzen Sie ein niedrig schwelliges Angebot, das sicherlich gut ist. Ich habe überhaupt nichts gegen Bildungshäuser, aber sie sind nicht dafür gedacht, gerade Kinder aus sozial schwachen Familien aufzufangen und dort zu fördern. Dafür brauchen wir Kitas, dafür brauchen wir möglicherweise qualifizierte Tagespflege. Aber Ihre Entschlossenheit reicht nur von einem Blickwinkel zum nächsten und weiter geht es nicht. Das bleibt dürftig.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält Frau Dr. Hilgers.

(Olaf Ohlsen CDU: Das könnt ihr doch alles im Fachausschuss beschnacken!)

Herr von Frankenberg, Ihre vasallentreuen Reden ohne Sinn und Verstand sind langweilig, da braucht man gar nicht zuzuhören.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Sie haben von einem Großteil dessen, worüber Sie heute geredet haben, nämlich vom Thema Kita, null Ahnung. Was Sie der Kollegin vorwerfen - Frau Blömeke hat schon einiges dazu gesagt -, trifft allein Ihre Verantwortung. Sie haben die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher verschlechtert, Sie haben größere Gruppen geschaffen, Sie haben die Qualität dadurch verschlechtert, dass es elf Prozent weniger für das pädagogische Personal gibt. Es fehlen 600 Erzieherinnen und Erzieher, dafür tragen Sie die Verantwortung und dagegen an arbeiten die pädagogischen Fachkräfte in den Kitas. Damit, dass es dort noch Qualität gibt und ein gewisser Standard gehalten werden kann, haben

Sie nichts zu tun. Das ist blanke Selbstausbeutung. Was Sie hier machen, ist jämmerlich, Herr von Frankenberg.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Sie verweigern öffentlich und im Fachausschuss eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Thema. Seit Wochen und Monaten wird dorthin nichts mehr überwiesen. Zum ersten Male sind Sie heute wieder bereit, eine Drucksache zu überweisen, nachdem schon zwei Ausschüsse ausgefallen sind. Das ist ein vorgezogener Wahlkampf, weil Sie im Ausschuss nicht mehr über heiße Themen reden wollen. Das ist Ihr Problem, aber nicht unseres.

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Beuß CDU: Kommen Sie doch mal zur Sache!)

- Ich bin bei der Sache, verehrter Kollege, nämlich bei Ihrer Arbeitsverweigerung.

(Wolfhard Ploog CDU: Sie sind nur am Schimpfen und Pöbeln! Können Sie auch einmal etwas zur Sache sagen?)