Protokoll der Sitzung vom 26.09.2007

(Olaf Ohlsen CDU: Ja, das ist gut!)

- Ja, hier kommt das schlechte Gewissen durch, dass Sie das alles nicht hören wollen. Aber es nützt nichts. Die Stadt, wie Sie sie sehen, existiert so nicht.

Schauen Sie sich Ihren Kulturstaatsminister, Herrn Neumann, an, der jetzt einen Aktionsplan für die Musikwirtschaft aufgelegt hat. Eine Million Euro ist zwar nicht viel, aber in Hamburg wäre damit schon sehr viel zu erreichen. Ich würde mir nicht nur für diese Stadt, sondern auch insbesondere für die betroffenen Musikerinnen und Musiker wünschen, dass Sie ein offeneres Ohr für diese Branche haben, die an sich in Hamburg ein wahnsinniges Potenzial hat. Das sind wirklich Talente und hierzu braucht man keinen Unternehmensberater, sondern man muss einfach einmal dorthin gehen. Heute Abend findet beispielsweise ein Branchentreff statt oder gehen Sie zum Reeperbahn-Musikfestival und schauen Sie sich das an. Das Potenzial ist vorhanden, nur wir müssen es auch erkennen und wir müssen dort, wo Hilfe notwendig ist, auch helfen.

Ich würde mir wünschen, dass Sie unseren Antrag an den Ausschuss überweisen. Meine Rede möchte ich mit folgendem Satz beenden und ich meine es ernst: Gehen Sie zum Reeperbahn-Festival und sprechen Sie mit den Akteuren, dann werden Sie sehr schnell merken, dass Handlungsbedarf notwendig ist. - Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Herr Rusche hat das Wort.

(Jörg Lühmann GAL: Der Sigmar Gabriel der CDU!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrter Kollege Müller, mit der Behauptung, es würden Leute von Hamburg nach Berlin ziehen, weil es dort mehr Musiksender gäbe, haben Sie nicht nur den Antrag, sondern sich selber ad absurdum geführt. So etwas habe ich überhaupt noch nie gehört.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch ohne diese Bemerkung hätte man Ihrem Antrag kaum zustimmen können. Man kann ihn wirklich nur ablehnen, denn einerseits enthält er Forderungen, die längst überfällig und längst vom Senat in Angriff genommen worden sind, andererseits fehlen natürlich, wie bei den meisten Anträgen der Opposition, die Finanzierungsvorschläge, von der fehlenden sachlichen Fundiertheit ganz zu schweigen.

Ich will aber trotzdem zu den einzelnen Punkten Ihres Antrags gerne Stellung nehmen. Schon die erste Forderung ist überholt, denn wir wissen alle, dass der Senat längst erfolgreich an einer Verbesserung der Vernetzung der Musikwirtschaft und damit auch an der Musikstadt Hamburg arbeitet.

(Beifall bei der CDU)

Das Gleiche gilt natürlich für die Weiterentwicklung der Talentschmiede "Popkurs". Natürlich - das will ich gerne einräumen - kann nicht alles, was in der Senatsküche am Kochen ist, schon auf dem silbernen Tablett serviert werden, sondern es braucht seine Zeit, um gar zu werden.

(Beifall bei Karen Koop CDU)

Für die in Punkt drei Ihres Antrags, natürlich ohne Finanzierungsvorschlag, geforderte Konzerthalle in Wilhelmsburg besteht nach meiner Auffassung allerdings zurzeit keine zwingende Notwendigkeit. Und dem NDR, den Sie hier auch angesprochen haben, kann der Senat schon wegen des verfassungsrechtlich legitimierten Gebots der Staatsferne keine Vorschriften bei der Schaffung eines neuen redaktionellen Musikradios machen.

(Farid Müller GAL: Davon war nicht die Rede!)

- Doch, das war genau das, was Sie gefordert haben. Lesen Sie Ihren Antrag, vielleicht haben Sie den eigenen Antrag nicht richtig verstanden.

(Beifall bei der CDU)

Hamburg hat jedoch zusammen mit anderen Bundesländern die Förderung deutschsprachiger Musik durch eine Protokollerklärung zum Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterstützt und das ist genau der Schritt, den die Hansestadt tun musste und getan hat.

Weil die GAL beim Schreiben ihres Antrags gerade so schön am Fordern war, hat man in den Antrag gleich noch schnell ein Straßenmusikfest für Gruppen aus ganz Europa eingebaut, das nun aber mit Rock und Pop nicht unbedingt etwas zu tun hat. Natürlich wird für die geforderten Mittel kein Finanzierungsvorschlag gemacht, aber es lohnt sich kaum noch, sich darüber zu wundern.

Etwas merkwürdig ist der nächste Punkt, wo es um die Abschaffung der Stellplatzabgabe geht. Sie sollten vielleicht, Herr Müller, wenn ich Ihnen den Rat geben darf, noch einmal einen Blick in Ihre eigene Drucksache Nummer 18/6518 vom Juni dieses Jahres werfen, da wird genau das Gegenteil gefordert. Aber vielleicht einigen Sie sich in Ihrer Fraktion, was Sie nun eigentlich wollen: Stellplatzabgabe ja oder nein, beides wird von Ihnen zurzeit gefordert.

(Beifall bei der CDU)

Ich wundere mich darüber schon lange nicht mehr, denn in diesem Antrag, den Sie jetzt gestellt haben, wird natürlich Hamburg mal wieder schlechtgeredet. Er suggeriert nämlich, Hamburg tue für die Musikclubs in unserer Stadt überhaupt nichts. Das ist natürlich falsch und das wissen Sie auch, Herr Müller, und das ärgert mich. Es werden Behauptungen aufgestellt, die Hamburg schaden, und Sie wissen das und tun es trotzdem. Das ist einfach unredlich und über so etwas kann ich mich auch richtig ärgern.

(Beifall bei der CDU)

Unser aller Aufgabe, ob Opposition oder Regierungsfraktion, muss es sein, Hamburg zu helfen, wo immer wir können. Das tut man nicht, indem man Behauptungen aufstellt, die nachweislich falsch sind.

Natürlich fehlt in Ihrem Antrag auch der Hinweis auf eine neue Mitarbeiterin, die erst kürzlich im Bezirksamt Hamburg-Mitte eingestellt worden ist, um sich ausdrücklich und speziell um die Musikclubs zu kümmern. Vielleicht wissen Sie es nicht, aber dann sollten Sie nicht solche Aussagen machen.

Natürlich - das ist schon selbstverständlich bei Ihrem Antrag - erwähnen Sie nicht, dass der Bürgermeister noch im August dieses Jahres im Rahmen der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum der Musikhochschule für den "Popkurs" den Betrag von 750.000 Euro für die Gründung einer Stiftung zugesagt hat, allerdings mit der Maßgabe, dass von privater Seite das gleiche Engagement erfolgt. Auch das wäre eine Erwähnung wert gewesen, aber natürlich wird das nicht gesagt.

Meine Damen und Herren! Der von Ihnen gemachte Vorwurf der bräsigen Inkompetenz - eine wunderbare Formulierung, wie ich finde - fällt auf den Antragsteller selbst zurück. Die Musikszene Hamburg, die im GAL-Antrag so schlechtgemacht worden ist, brummt nämlich in Wirklichkeit aus vollen Rohren. Vielleicht darf ich einmal aus einer Einladung zitieren, die ich heute bekommen habe, eine Einladung zum elften Branchentreff der "Music City Hamburg" heute Abend um 19.30 Uhr im KNUST. Da heißt es - ich zitiere -:

"Hamburg ist ein bedeutender und gewachsener Musikstandort, der sich auch heute kontinuierlich entwickelt."

Das ist die Realität.

(Beifall bei der CDU)

Und morgen - ich kann es Ihnen allen nur empfehlen - geht das Reeperbahn-Festival los. Das hatte 2006 Premiere und beginnt mit 128 Bands in 15 Clubs rund um die Reeperbahn und dauert drei Tage; auch das ist Realität in Hamburg. Mit diesem Festival, das vom Senat finanziell kräftig unterstützt wird, nimmt Hamburg eine großar

tige Chance wahr, sich als Hauptstadt der Musikclubs überregional zu positionieren.

Meine Damen und Herren! Die Initiative Musikstadt Hamburg ist auf dem besten Wege, ein Erfolgsmodell zu werden. Das hängt natürlich auch mit dem kreativen Klima in unserer Stadt zusammen. Völlig zu Recht hat deswegen "Der Spiegel" erst kürzlich Hamburg als eine der coolsten Städte Europas bezeichnet und so haben wir bei diesem Thema auch Grund zur Freude. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Grund hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte ebenfalls mit dem Reeperbahn-Festival einsteigen. Das ist nun zweimal dargestellt worden und deshalb erspare ich mir das.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Nach meinen Informationen sind es übrigens 200 Bands, die an 20 Bühnen auftreten, also sehr bemerkenswert. Schauen Sie sich das an, dann können Sie sehen, dass in Hamburg tatsächlich Rock und Pop noch eine bedeutende Rolle spielt. Trotzdem, Herr Rusche, geht es nicht um Schlechtreden, sondern um die Realität und die Realität ist, dass wir den Spitzenplatz im Bereich der Musikwirtschaft und des Musikstandorts verloren haben. MTV und die Bertelsmann-Tochter BMG sind weg, Ariola ist weg, der Tonträgerverband ist nach Berlin gegangen. Es gibt eine Untersuchung des Bezirks Hamburg-Mitte, die sich mit der Frage, wie es denn auf St. Pauli mit dem Musikstandort aussieht, beschäftigt. Dort werden sehr bedenkenswerte Hinweise gegeben, dass es inzwischen so etwas wie ein Sterben der Club-Szene in HamburgMitte gibt, auch auf St. Pauli, und dass es Verlagerungen gibt, die der Struktur der Reeperbahn sehr schaden. Wenn die Musikclubs dort weggehen, verlagert werden oder aus Hamburg ganz verschwinden, wenn insbesondere die Live-Clubs verloren gehen, ist das wirtschaftlich problematisch, vor allem aber für die Standorte und deren Struktur wirklich bedauerlich. Wenn die Reeperbahn am Ende nicht mehr der kulturell lebendige und interessante Standort bleibt, sondern wieder auf Porno und Sex reduziert wird, dann ist das schade. Diese Gefahren wurden zu Recht deutlich gemacht und die muss man ernst nehmen, wenn einem das von Fachleuten gesagt wird und man für Politik verantwortlich ist. Da geht es nicht um Schlechtreden, sondern wir müssen Hinweise, die uns von Wissenschaftlern und Verantwortlichen vor Ort gegeben werden, wirklich ernst nehmen.

Dann noch eine Frage an die GAL. Den Antrag hat es mit Datum vom 15. August unter der Drucksachen-Nummer 18/6776, also vor 200 Drucksachen, schon einmal gegeben. Irgendwie ist er zurückgezogen worden und mich würde schon interessieren, warum das geschehen ist und der wortgleiche Antrag erneut eingereicht worden ist. Meine Vermutung ist, dass Herr Rusche nicht ganz Unrecht hat, dass es nämlich an der Finanzierungsdeckungsseite dieses schönen Antrags etwas mangelt. Aber, Herr Rusche, dann ist es falsch zu sagen, das lehnen wir ab, sondern lasst uns doch über dieses wichtige Thema für die Stadt wenigstens diskutieren; mehr wollen wir gar nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Lasst uns darüber reden und es nicht einfach ignorant ablehnen und sagen, weg damit, alles ist gut, wunderbar. Die Betroffenen sehen es nämlich ganz anders, Herr Rusche.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Müller.

(Wolfgang Beuß CDU: Der singt jetzt! - Heiterkeit bei der CDU)

- Das hätten Sie wohl gerne.

Meine Damen und Herren! Die Einladung, die viele Abgeordnete des Kulturausschusses zum Branchentreff heute Abend bekommen haben und die so nett vom Kollegen Rusche zitiert wurde, ist eine Einladung, die von der Wirtschaftsbehörde finanziert wird. Dass dort natürlich nicht geschrieben wird, es geht uns schlecht, aber wir haben trotzdem noch ein Reeperbahn-Festival finanziert, damit wir mal schauen können, wie andere Bands aus anderen Städten und Ländern spielen, ist doch klar. Wir haben nicht behauptet, dass die Branche am Boden liege, sondern dass Sie sich nicht darum kümmern und es höchste Zeit sei, dass das passiert. Dass Sie das komplett anders sehen, zeigt nur, dass Sie offenbar die Realitäten in dieser Stadt - nicht nur in diesem Bereich, aber auch in diesem Bereich - völlig ausblenden.

Ich will zwei oder drei Bemerkungen zur Aufklärung machen. Kollege Grund, es hat kein Finanzierungsproblem gegeben. Erstens habe ich vorhin gesagt, dass wir einen wunderbaren Finanzierungsvorschlag für den "Popkurs" gemacht haben. Für ein Straßenmusikfestival, wie viel das auch immer kostet, könnte der Senat einmal ein Konzept vorlegen. Dann wären wir auch gerne bereit, eine Deckung dafür herauszusuchen.

Für die anderen genannten Dinge gibt es keine großartigen Finanzierungsprobleme, denn - das habe ich Ihnen an der einen oder anderen Stelle erläutert - dort müsste man sich einfach nur einmal einsetzen. Das kostet Arbeitskraft der Abgeordneten da drüben und es kostet Arbeitskraft des Senats; die werden bezahlt.