Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Lärmschutz entlang der Güterumgehungsbahn - Hamburg ist in der Verantwortung - Drs. 18/7074 (Neufassung) - ]

Wird das Wort gewünscht? - Das ist der Fall. Der Abgeordnete Wersich hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selten gibt es die Gelegenheit, hier als erster Redner einen Antrag anderer Fraktionen zu begründen.

(Antje Möller GAL: Sie sind ja flexibel!)

- Wir sind sehr flexibel.

Das will ich gern tun, zumal ich den Eindruck habe, dass Sie heute gern auf diese Debatte verzichtet hätten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Fraktion will Sie nicht so billig davonkommen lassen, deswegen haben wir den Antrag heute zur Debatte angemeldet. Zu groß mag das Verlangen der Opposition sein, sich nach einer hier verlorenen Abstimmung ohne Debatte hinzustellen und den Menschen vor Ort die Botschaft zu überbringen, die CDU mache beim Lärmschutz nicht mehr mit. Das wollen wir lieber von vornherein vermeiden und deswegen unterhalten wir uns heute über Ihr Papier.

(Ingo Egloff SPD: Dann nehmen Sie es an, oder wie?)

Warum kommt dieses Papier jetzt und heute, Herr Egloff?

(Zuruf von der SPD: Weil es notwendig ist!)

Unsere Forderung, erst die Wand, dann die Bahn, ist schon ohne Wirkung geblieben. Auch andere, dringend zu lösende Anliegen können Bürgerschaft und Senat bei Bahn nur anfragen und erbitten. Tatsache ist, die Lärmschutzinitiativen und die Freie und Hansestadt Hamburg stehen gemeinsam einem halben Dutzend zum Teil schwerwiegender Probleme gegenüber. Bahn und Bund sind in der Verantwortung und nicht nur CDU-Politiker sind an dem SPD-geführten Ministerium in Berlin bisher gescheitert, auch Senat und BSU können auf weitgehend unbeantwortete Fragen beziehungsweise ungelöste Probleme verweisen.

(Dr. Willfried Maier GAL: Dann muss die Kanzlerin ein Machtwort sprechen!)

In diesem Zusammenhang weise ich gern darauf hin und mache auch keinen Hehl daraus, dass ich kein Freund Großer Koalitionen bin. Als Koalitionspartner von einem Minister und seinem Ministerium ausgebremst zu werden, ist nicht sehr lustig. Davon wissen auch die Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten ein Lied zu singen.

Es war höchste Zeit - Herr Egloff, jetzt komme ich dazu, das ist nämlich der Punkt -, dass die Kollegen der SPD aus Land und Bund endlich aktiv wurden und Minister Tiefensee zumindest ein Gespräch mit dem Staatssekretär und der IG Schienen-Lärm gemeinsam anboten. Allerdings, Herr Egloff, wie zum Jagen getragen, fand dieses Gespräch leider erst vor ein paar Wochen statt. Auch Ihnen sind die Probleme mit Bund und Bahn schon seit langer Zeit bekannt. Immerhin, alle vorgetragenen Punkte, das halbe Dutzend - ich komme noch dazu - würden geprüft, meine Damen und Herren. Im Beisein der SPD-Bundestagsabgeordneten Annen, Kahrs und Carstensen war man seitens des Ministeriums offensichtlich nicht einmal über alle Problempunkte mit Bahn und Eisenbahnbundesamt informiert. Das nenne ich - mit Verlaub gesagt - eine tolle Vorbereitung. Mit Professionalität hat das überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Vor einer Woche kam eine Pressemitteilung aus Berlin. Ich hatte die Hoffnung, nun gibt es Ergebnisse. Nein, Fehlanzeige. Es ist lediglich die Zusammenfassung des Gesprächs mit den Prüfanträgen. Da tritt man wohl als Hamburger Sozialdemokrat gern aufs Gas und tritt sozusagen die Flucht nach vorne an. Mangelt es etwa an Hoffnung positiver Ergebnisse aus Berlin? Im Interesse aller Beteiligten sage ich nein, ich hoffe nicht.

Warum Ihr Antrag, Herr Quast? Jetzt muss Hamburg etwas machen, sagen Sie, völlig losgelöst davon, dass Hamburg schon lange macht, und zwar erfolgreich. Vergleichbares ist aus anderen Kommunen oder Ländern nicht bekannt. Ich erspare Ihnen jetzt die Einzelheiten, wir haben dieses schon an anderer Stelle debattiert. Die GAL, bei den Gesprächen in Berlin übrigens auch nicht dabei, ergänzt die Vorlage der SPD noch um einige der in Berlin vorgetragenen Punkte. Herr Lühmann, das bringt uns richtig vorwärts. Nein, meine Damen und Herren, das ist nichts.

(Beifall bei der CDU)

Nehmen wir jetzt die von der IG Schienenlärm in Berlin vorgetragenen Punkte, das halbe Dutzend, wie bereits erwähnt.

Erstens: Anwohner und die Freie und Hansestadt Hamburg sollen erheblich höhere Planungskosten tragen als vergleichsweise der Bund.

Zweitens: Wir sollen für Rückbaukosten - in 40 Jahren - und den Erhalt der wartungsfreien Lärmschutzwände zahlen. Auch eine tolle Nummer.

Drittens: Die Brücken müssen saniert und entdröhnt werden, sonst sind Lärmschutzwände an vielen Stellen eher kontraproduktiv.

Viertens: In der lärmschutzwandfreien Zeit müssen die Züge zumindest nachts langsamer fahren.

Fünftens: Die Initiativen brauchen eine Lösung der Problematik Vorauszahlungen. Überzahlungen können den Betroffenen meist gar nicht erstattet werden.

Sechstens: Der passive Lärmschutz in den Bereichen Barmbek, Dulsberg, Eilbek und Hamm muss zurückgenommen werden. Nur weil einige Eigentümer dort bereits Lärmschutzfenster eingebaut haben, sollen ganze Straßenzüge keine Lärmschutzwand mehr bekommen können.

Meine Damen und Herren, diese Begehren richten sich an den Lärmverursacher. Das sind Bund und Bahn. Das sind die Voraussetzungen für die Schaffung von Lärmschutzwänden. Kosten für Brücken - zum Teil über 8.000 Euro pro laufender Meter -, Ablöserückbau, überhöhte Planungskosten können von den Anliegern nicht übernommen werden. Im östlichen Bereich müssen jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden, damit überhaupt aktiver Lärmschutz möglich wird und die Eigentümer für Lärmschutzwände mit Aussicht auf Realisierung Geld sammeln können. Es wird an der Strecke der Güterumgehungsbahn im Übrigen keine Ungleichbehandlung von Grundstücks- und Wohnungseigentümern geben. Wir werden auch in Barmbek, Dulsberg, Eilbek und Hamm jeden Euro der Anlieger verdoppeln und die Mittel durch Beschluss der Bürgerschaft zur Verfügung stellen. Auch werden Senat und BSU selbstverständlich die Aktivitäten der Menschen vor Ort unterstützen.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Schauen wir uns jetzt noch einmal den Inhalt des SPDGAL-Papiers an, Herr Lühmann, jetzt kommen wir dazu.

Erstens: Sie wollen den lückenlosen aktiven Lärmschutz an der Güterumgehungsbahn.

Das ist nicht nur aus fachlicher Sicht zum Teil unsinnig, sondern es stellt sich auch gleich die Frage, wer das bezahlen soll.

(Jan Quast SPD: Sie müssen den ganzen Satz lesen!)

Hamburg springt für Bund und Bahn mit 25 Millionen Euro plus der überhaupt nicht vorhersehbaren Kosten für die Brückenentdröhnung ein. Das kann es wohl nicht sein.

(Wilfried Buss SPD: Ja, sicher!)

- Herr Buss, weil Sie "sicher" dazwischen rufen, wie verhalten Sie sich gegenüber Anliegern an anderen lärmgeplagten Stellen in Hamburg? Welche Wahlversprechen wollen Sie machen? Sie können sich auch gern zu Wort melden, Herr Buss, sagen Sie den Bürgern, was Sie alles machen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens: Zur Verdoppelung der Mittel für den östlichen Teil der Güterumgehungsbahn - ich habe die Zusage bereits gegeben -, noch einmal: Voraussetzung dafür ist, dass der Bau von Lärmschutzwänden überhaupt genehmigt wird. Darum kümmert sich jetzt hoffentlich das Bundesverkehrsministerium, nachdem das Eisenbahnbundesamt dieses kategorisch abgelehnt hat.

Zu Ihrem Punkt 3 kann ich nur sagen: Die erste Priorität gilt den Menschen, die an der Strecke leben und wohnen.

Zu viertens, Senkung der Planungskosten, und fünftens, Forderung nach Geschwindigkeitsbegrenzungen: Es sind die in Berlin ebenfalls vorgetragenen Punkte von Bahn und Eisenbahnbundesamt nach wie vor abgelehnt.

Wir brauchen jetzt schnell positive Ergebnisse aus Berlin. Liebe Kollegen der SPD, sprechen Sie mit Ihren Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion Annen, Kahrs und Carstensen und lassen Sie sie jeden Tag in Berlin nachfragen, aber es muss hier vorangehen. Wir brauchen auch nicht monatelang auf irgendwelche runden Tische zu warten.

Ihren Show-Antrag werden wir heute ablehnen, wir brauchen auch keine Behandlung in irgendeinem Ausschuss, was Sie im Übrigen auch nicht beantragen. Ihre schönen Worte in Ihrer Pressemitteilung und Ihre Anträge, werte Opposition, helfen in der Sache nicht weiter. Wie man in Hamburg so schön sagt: "Jetzt muss Butter bei die Fische".

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Quast.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der CDU-Fraktion, wir sind der Auffassung, dass wir bei dem Thema "Lärmschutz entlang der Güterumgehungsbahn" nicht im Streit auseinandergehen sollten. Es sollte auch nicht, wie Herr Wersich eben sagte, zum Wahlkampfthema werden.

(Wolfhard Ploog CDU: Dann schenken Sie sich doch Ihre Anträge!)

Unser Ziel war es, gemeinsam mit der CDU- und mit der GAL-Fraktion - mit ihr ist es gelungen, einen gemeinsamen Antrag einzubringen - einen Interfraktionellen Antrag zu stellen und das einzuhalten, was Frau Goetsch, Herr Wersich und ich den Menschen in einer Diskussion über den Lärmschutz an der Güterumgehungsbahn in Barmbek versprochen haben. Wir wollen als Hamburgische Bürgerschaft weiterhin kraftvoll ihr Anliegen unterstützen. Leider war das nicht mit Ihnen möglich und ich kann nicht verstehen, warum nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie waren nicht einmal bereit, über Formulierungen zu reden. Tun Sie also nicht so, als wenn es das Ansinnen gab, etwas zu tun.