Wenn das der Fall wäre, dann wäre es den staatlichen Behörden wenigstens in einem einzelnen Fall schon einmal gelungen, eine Straftat - organisiert durch diese Organisation - nachzuweisen. Ich habe gar nichts dagegen, dass Sie das Strafrecht gegen Straftaten anwenden. Tun Sie es doch. Aber nur den Verdacht gegen die Organisation als solche zu erheben, die auch ich widerlich finde und hasse, wegen ihrer Einflussmöglichkeit auf Individuen, ist nicht in Ordnung. Ich bin auf Ihrer Seite, soweit Sie die Straftaten im Einzelnen nachweisen. Aber das tun Sie nicht. Daher ist die Analogie falsch. Auch die Amerikaner sind entschieden dafür, die Mafia und die Camorra zu bekämpfen. Natürlich, dafür bin ich auch.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde die Schieflage der Debatte bemerkenswert, weil es über das Thema "Kriminelle Vereinigung" hinausgeht. Sie haben es in Ihrem Antrag ausgeführt. Scientology wird nicht beobachtet, weil es kriminelle Bestrebungen gibt, sondern weil es verfas
sungsfeindliche Bestrebungen gibt. Nur das ist an der Stelle die Berechtigung, warum man sagen kann, diese Organisation wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Das heißt, wir haben elementar die Erkenntnis, dass Scientology die Scientologisierung der Gesellschaft betreiben will. Das geht über die Frage von kriminellen Machenschaften hinaus. Dann wird es auch ein Thema für die Frage eines Vereinsverbots.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Nebahat Güclü GAL: Ist das ein Straftatbe- stand?)
Deswegen ist der Antrag auch etwas vorsichtiger formuliert. Er fordert nicht, Verbot heute, hier und jetzt, sondern es geht darum, in einem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren Anhaltspunkte dafür zu sammeln, ob die Gründe für ein Vereinsverbot reichen. Genau mit dieser Maßgabe sagen wir als SPD-Fraktion, auch in der Tradition der Scientology-Bekämpfung, die wir in Hamburg über Jahre haben - das haben Sozialdemokraten an der Stelle mit aufgebaut -, ja, Hamburg ist in diesem Punkt Vorreiter, aber wir können das Ende des Ergebnisses dieser Prüfung nicht vorwegnehmen. Das wird die Innenministerkonferenz zeigen. Wir werden sehen, ob Sie in der Innenministerkonferenz eine Mehrheit dafür zustande bekommen. Dann können wir in der Bürgerschaft auch wieder darüber reden. - Vielen Dank.
Wer einer Überweisung der Drs. 18/7304 an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.
Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer den CDUAntrag aus der Drs. 18/7304 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 30, dem gemeinsamen Antrag von SPD- und GAL-Fraktion, Drs. 18/7305: Am Votum von 365.133 Hamburgerinnen und Hamburgern nicht vorbeigehen: "Hamburg stärkt den Volksentscheid - Mehr Demokratie".
[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Am Votum von 365.133 Hamburgerinnen und Hamburgern nicht vorbeigehen: "Hamburg stärkt den Volksentscheid - Mehr Demokratie" - Drs. 18/7305 -]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einige werden sich wahrscheinlich fragen: Die hundertste Debatte über Volksentscheide, muss das denn sein? So einfach kann man es sich nicht machen, dass wir bei dem Thema jetzt quasi die Akten zumachen und die Diskussion einstellen. Ich kann verstehen, dass daran das Interesse bei der CDU ziemlich
groß sein dürfte. Ich will aber versuchen, mich dem Thema anders zu nähern, damit wir aus diesen politischen Schützengräben herauskommen, denn nach dem 14. Oktober dürfte sich der Pulverdampf ein bisschen verzogen haben.
Eingangs eine kleine Rückblende. Wie war es 1998? Es gab einen Volksentscheid über "Mehr direkte Demokratie" in Hamburg. Das Volksbegehren war seinerzeit erfolgreich, dann gab es den Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl. Der hatte teilweise Erfolg und in Hamburg wurden Bürgerentscheide eingeführt. In einer anderen Frage hatte er keinen Erfolg, nämlich bei der Frage der Verfassungsänderung. Aber es gab sehr schnell - es lohnt sich immer wieder, in die Parlamentstagebücher hineinzugucken - einen Konsens zwischen den damaligen drei Fraktionen, die in der Bürgerschaft vertreten waren - CDU, SPD und GAL -, diesen Volksentscheid nicht leerlaufen zu lassen, weil das Votum der Menschen eindeutig gewesen ist, und zwar auch hinsichtlich der Verfassungsänderung.
Ole von Beust hat damals gesagt - das muss man sich auch noch einmal auf der Zunge zergehen lassen -, alle Parteien wären gut beraten, auf die Initiative zuzugehen. Noch ein weiteres Zitat aus der Bürgerschaft vom geschätzten Kollegen Kruse, der jetzt nicht mehr bei Ihnen ist:
"Wir können unseren Bürgerinnen und Bürgern also mit sehr viel Vertrauen entgegentreten, in die Gesetzgebung und die wichtigen politischen Vorgänge hinein zu entscheiden. Das ist das Spannende."
Heute fragt man sich natürlich, wo Ihr Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger geblieben ist? Ihr Vertrauen ist, so wie Sie sich gegenüber Volksentscheiden verhalten, offensichtlich weg, genauso wie das Vertrauen der Menschen in Sie bei diesem Thema.
Es gibt nur noch Misstrauen. Deshalb wollten wir Ihnen heute abseits des politischen Schlagabtauschs, den wir uns geliefert haben, einen Konsens anbieten. Wir sollten zu dem bewährten Brauch zurückkommen, dass wir wie bereits 2001, als wir über das Thema geredet haben, sagen, Grundfragen der Demokratie müssen im Konsens mit allen drei Fraktionen entschieden werden.
Sie können heute nicht so tun, als wäre am 14. Oktober nicht irgendetwas gewesen. Fast 76 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger haben gesagt, wir wollen mehr Verbindlichkeit, wir wollen mehr direkte Demokratie. Daran können Sie nicht vorbeigehen. Deshalb hat Ihr Bürgermeister gesagt, in Teilfragen, bei der Frage der Verbindlichkeit, würde er vielleicht mit sich reden lassen. Es stellt sich die Frage, ob das ein Scheinzugeständnis war, das Sie jetzt vor der Bürgerschaftswahl geben, um das Thema tot zu bekommen, oder ob das ein ernst gemeintes Zugeständnis war.
Deshalb legen wir Ihnen heute einen gemeinsamen Antrag vor, mit dem Sie ein bisschen à la carte umgehen können. Das heißt, es ist klar, dass Sie bei dem Thema der Quoren nicht bereit sind, einen Millimeter weiterzugehen, aber vielleicht bei der Verbindlichkeit, wenn der Bürgermeister sagt, darüber lasse er mit sich reden. Das können Sie auf der Grundlage dieses Antrags, der zwei
geteilt ist, einerseits die Verbindlichkeit, andererseits die Quoren. Wir bitten Sie zu sagen, wir gehen jedenfalls in den Teilfragen, wie Sie es angekündigt haben, darauf ein.
Bei allen Differenzen müssen wir sagen, dass sich 30 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger insgesamt deutlich hierfür ausgesprochen haben. Sie sollten an der Stelle auch im eigenen Interesse gucken, dieses nicht als Wahlkampfgeplänkel verkommen zu lassen. Wir wollen wieder dahin zurück, wo wir 2001 in der Frage der Demokratie miteinander aufgehört haben. Grundfragen der Demokratie erfordern den Konsens der Demokraten. Das war früher so und dahin möchten wir gern wieder mit Ihnen zurück. Deshalb sollten wir wenigstens dieses Thema im Verfassungsausschuss miteinander weiterbewegen. Das erwarten die Hamburgerinnen und Hamburger von uns. - Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kollegen! Wenn es noch eines beredten Beispiels bedurft hätte, dass wir am 24. Februar des nächsten Jahres Bürgerschaftswahlen haben, dann hat es eben der Kollege Dressel eindeutig gebracht. Es geht weder der SPD noch der GAL darum, irgendeine Art von Gemeinsamkeit zu erzeugen und irgendeine Art von inhaltlichem Vorantreiben zu bringen. Sie wollen versuchen, weil es Ihnen an restlichen Wahlkampfthemen mangelt, ein Thema in den Wahlkampf hineinzudrängen, das nicht hineingehört.
Es bleibt für mich festzustellen, dass wir einen Volksentscheid gehabt haben. Wir haben uns in dieser Stadt vier Wochen lang kräftig darüber gestritten. Es gibt eine klare Entscheidung, dieser Volksentscheid war nicht erfolgreich. Wir haben sowohl als CDU-Partei als auch als CDU-Fraktion gesagt, dass wir, wenn sich der Pulverdampf ein bisschen gelegt hat - wie Herr Dressel es eben formuliert hat -, allesamt wieder ein bisschen zum normalen Alltag in dieser Stadt zurückkehren sollten und alle Seiten aufeinander zugehen müssen, um miteinander zu reden. Diese Kommunikation muss stattfinden. Wer meint, diese gemeinsame Kommunikation jetzt mit Wahlkampf ersetzen zu können, der täuscht sich ganz kräftig. Wir werden diesem nicht Vorschub leisten. Wenn Sie meinen, Sie können hier die, wie Sie selbst sagten, einhundertste Debatte zum selben Thema führen, dann tun Sie es, aber tun Sie es gern ohne uns. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Vormizeele, so wie Sie eben geredet haben, macht es deutlich, dass Sie vor dem Thema Angst haben. Herr Dressel hat hier überhaupt keine Wahlkampfrede gehalten. Er hat versucht, ein strittiges Thema - das Verhältnis von direkter und parlamentarischer Demokratie -, über das wir im Parlament leiden
schaftlich und mit den Menschen draußen in der Stadt über eine ganze Zeit lang diskutiert haben, jetzt ins Parlament zurückzuholen, nachdem das Volk abgestimmt hat. Über 365.000 Menschen haben mit Ja gestimmt. So viele Wählerstimmen haben Sie in dieser Stadt selten bekommen, meine Damen und Herren von der CDU, das ist eine beachtliche Zahl. Wir glauben als Parlamentarier, dass man das nicht übergehen darf.
Was heißt hier, wir ziehen das Thema in den Wahlkampf? Dieser Volksentscheid, wenn wir uns erinnern, sollte eigentlich bei der Bürgerschaftswahl stattfinden. So hatten es sich die Initiatoren gedacht, so sah es das Gesetz vor, mit einer Trichterwirkung und allen Regeln. Sie haben den Termin vorgezogen. Wir möchten den Streit jetzt nicht noch einmal nachvollziehen, warum das alles so gewesen ist. Wir wissen, es war knapp und deswegen hat der Volksentscheid vor der Wahl stattgefunden.
Vor dem Hintergrund, wie die Debatte gelaufen ist, müssen wir aufnehmen, dass es in dieser Stadt das Bedürfnis gibt, dass eine Volksabstimmung, die in dieser Stadt stattfindet, auch gelten soll. Diese Debatte ist weit über irgendwelche parteilichen Lager hinaus geführt worden. Sie wissen genau, dass unter allen Stimmen natürlich nicht nur Wählerinnen und Wähler von SPD und Grünen sind und dass das überhaupt nichts mit der Parteifarbe zu tun hat. Die Menschen sind im 21. Jahrhundert - im Gegensatz zu der Zeit kurz nach dem Krieg - sehr wohl in der Lage, einen Teil des Gemeinwesens mitzubestimmen. Sie können sich genauso wie die Parlamentarier über einen Sachverhalt ein Bild machen.
Der Begriff der Überdemokratisierung, der vom Ersten Bürgermeister genannt wurde, ist ein Misstrauensantrag gegen die Menschen in dieser Stadt. Das wurde auch so verstanden. Aber nun haben wir das Votum vorliegen. Sie haben das Hohelied des Parlamentarismus durch die Stadt gesungen. Nun ist das Parlament wieder am Zuge wie 1998, als ebenfalls ganz knapp eine Volksabstimmung zur Verfassungsänderung an den Hürden gescheitert ist. Auch da haben sich alle Fraktionen in diesem Hause zusammengefunden und einen vernünftigen Kompromiss im Sinne der Bürger ausgehandelt. Deswegen hätte ich mir gewünscht, dass Sie unser Angebot nicht einfach vom Tisch wischen mit dem Hinweis, es sei Wahlkampf. Natürlich bewegt das Thema die Menschen, ebenso die Frage, wie sich in Zukunft eine Partei bei Volksentscheiden verhält. Das ist für die Menschen wichtig bei der Frage, wen sie wählen sollen. Warum nicht, was ist daran illegitim? Das habe ich nicht verstanden, Herr Voet van Vormizeele.
Wir wollen es ermöglichen, einen parlamentarischen Kompromiss zu finden und das Thema nicht in weitere Debatten in den Wahlkampf hineinzuziehen. Das ist der Grund, warum SPD und Grüne diesen Antrag gestellt haben, denn die Menschen draußen haben genug diskutiert. Die Fronten sind klar, es gab eine Abstimmung. Unsere Aufgabe als Abgeordnete ist es jetzt, diese Stimmung im Parlament zu nutzen und zu sehen, was unter den drei Fraktionen möglich ist. Es ist sehr bedauerlich, dass Sie sich verweigern. Ich hätte mir gewünscht, dass wir den Antrag an den Verfassungsausschuss überweisen. Ich bin mir sicher, wenn wir ernsthaft miteinander gesprochen hätten, hätten wir einen Weg gefunden, einen Teil des Volkswillens auch in der Verfassung zu verankern. Dass Sie nicht einmal darüber reden wollen, ist bedauerlich. Die Menschen fühlen sich von Ihnen
verkannt. Sie sind keine Kinder mehr, sie wissen, sie können etwas entscheiden. Auch wenn Sie die Debatte hier verweigern, werden Sie, Herr Voet van Vormizeele und die Kollegen von der CDU, das Thema nicht vom Tisch bekommen. Dieses Thema bleibt natürlich weiter auf der Tagesordnung, weil es Gott sei Dank immer wieder neue Volksentscheide geben wird. Es wird sich immer wieder die Frage stellen, wie sich die Mehrheit in dieser Bürgerschaft bei diesem Volksentscheid verhält, der in der Stadt strittig ist. Deswegen hätten wir es gut gefunden, wir würden jetzt eine parlamentarische Lösung finden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Voet van Vormizeele, anders herum wird ein Schuh daraus. Dieser Antrag ist Ihre letzte Chance, dieses Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten.
Wo bleibt denn Ihr sonst immer so großer Spürsinn für Stimmungen in der Stadt? Sie hätten hier die Möglichkeit, genau wie Herr Müller gesagt hat, das Thema mit in den Verfassungsausschuss zu nehmen und zu sagen, der Bürgermeister hat gesagt, wir wollen einmal darüber reden. Das ist an der Stelle nicht passiert. Es ist ein Angebot, deshalb haben wir es Ihnen bewusst à la carte serviert, darauf einzugehen. Das wollen Sie nicht und so bleibt für uns nur die Erkenntnis, Sie wollen keinen Konsens und Sie wollen kein Signal in die Stadt geben, wie Sie das Thema verstanden haben. Damit ist die Frontenlage für den 24. Februar klar, dass es auf der einen Seite des Hauses zwei Parteien gibt, die klar zu Volksentscheiden und zur Verbindlichkeit stehen, und dass auf der Seite des Hauses eine Partei ist, die Volksentscheide missachtet hat und offensichtlich auch weiter missachten will. Das werden wir den Hamburgerinnen und Hamburgern erklären und dann können die am 24. Februar ihre Entscheidung treffen. Insofern ist der 24. Februar ein Volksentscheid darüber, wie weiter mit dieser direkten Demokratie in dieser Stadt verfahren werden soll. - Danke.