Protokoll der Sitzung vom 01.10.2008

Nur wenige Worte zum Antrag der LINKEN. Der Antrag, der eigentlich ein anderes Thema behandelt, zeigt, dass Sie unserem Antrag nicht einfach zustimmen wollen, sondern noch einmal etwas anderes dazupacken, damit Sie unseren Antrag und den der GAL vielleicht am Ende ablehnen. Wir werden auf jeden Fall Ihren Antrag ablehnen, denn es ist zwar gut, über Deutschkurse zu sprechen, aber wir wollen jetzt handeln, und zwar sofort und, liebe SPD, so komplex ist dieser Antrag nicht, als dass wir den noch lange im Ausschuss diskutieren müssten. Wir wollen ihn heute abstimmen und dann auch umsetzen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Ciftlik.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Machaczek, der Antrag ist nicht komplex, das macht ihn aber nicht gut. Wir unterstützen die Idee, die dahinter steckt. Ich glaube, dass es wichtig ist, in der zweitgrößten Stadt Deutschlands nicht nur bürokratische Maßstäbe anzusetzen, sondern auch menschliche und weitsichtige. Sie haben es, wie ich finde, auch richtig beschrieben, warum es wichtig ist für das Zusammenleben, warum es wichtig ist für Menschen, die hier mehrere Jahre und vielleicht auch viele weitere Jahre hier leben, in den Genuss solcher Deutschkurse zu kommen. Ich verstehe nur nicht, warum nicht – und das kann auch schnell gehen, das muss nun nicht lange dauern – im Sozialausschuss auch über die Details geredet werden kann. Das ist doch auch wichtig, damit man es von vornherein richtig macht. Ich habe eine bisschen das Gefühl, dass es Sie langweilt, über solche Detailfragen zu sprechen.

(Egbert von Frankenberg CDU: Sie sind doch immer gelangweilt!)

Ich halte es aber für wichtig, so etwas von vornherein richtig zu machen.

Welche Personengruppen sind im Einzelnen gemeint? Es tut mir leid, ich bin auch nicht Anhänger von sehr komplexen Anträgen, wenn man es auch kurz machen kann, aber das wird aus diesem Antrag aus meiner Sicht nicht ganz deutlich. Wie wird das finanziert? Darf man vielleicht einmal in einem Nebensatz darüber reden und wann wird darüber Bericht erstattet? Gibt es irgendwann einen Bericht, ob die Kursangebote zusätzlich noch angenommen worden sind oder nicht. Sie haben eher salopp gesagt, dass das ein bisschen dauert, um das an den Mann oder die Frau zu bringen. Ich denke, das ist zu wenig, wenn man solch einen Antrag auf den Weg bringen möchte.

Sie haben das Thema Kita-Plätze angesprochen, auch eine feine Sache. Nur ist das regelhaft? Wer

den jetzt, wenn die Eltern, die Mutter oder der Vater Kita-Plätze beantragen, soziale Maßstäbe angesetzt? Viele von denen, die jetzt zuhause sind, haben keine Arbeit. Nach meinem Dafürhalten hat das bisher sehr oft dazu geführt, dass sie nicht in den Genuss von Kita-Plätzen gekommen sind. Ich habe das Gefühl, das absichtlich wenig Konkretes zum Besten gegeben werden soll, weil man sich nicht der Gefahr aussetzen möchte, kritisiert zu werden. Es sieht mir ein bisschen nach einer Luftnummer aus, obwohl die Idee, die dahinter steckt, gut ist und wir sie unterstützen. Lassen Sie uns aber noch einmal im Detail darüber in dem Ausschuss reden, in dem man darüber reden sollte, nämlich im Sozialausschuss. Ich glaube, dass wir dann gemeinsam zu dem Ziel kommen, das wir unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ciftlik, Sie haben recht damit, dass wir eine sehr kurze Ausschusssitzung hätten, wenn wir diesen Antrag in den Ausschuss überweisen würden. Die Fragen, die Sie gestellt haben, können wir auch hier beantworten. Es geht tatsächlich um eine sehr unkomplizierte und einfache Regelung. Die vielen Fragen nach dem Kindergartenplatz oder nach dem Arbeitsplatz stellen sich da nicht, denn die Gruppe von Menschen, die wir erreichen wollen, ist die Gruppe, die aus all diesen Kriterien herausfallen, die noch lange keinen Arbeitsplatz haben und die, wenn sie Glück haben, möglicherweise schon einen Platz für ihre Kinder in Kita oder Schule haben.

Ich möchte den Einstieg zu dem Antrag ein wenig anders machen als ihn Frau Machaczek gemacht hat. Wir haben seit einigen Jahren ein Ausländerrecht, das tatsächlich einen gewährenden Teil hat. Früher gab es nur den repressiven Teil, jetzt gibt es ein Ausländerrecht mit einem etwas großzügigeren gewährenden Teil. Wir haben inzwischen eine Bleiberechtsregelung, die wiederum einen Großteil der grob geschätzt 180 000 Menschen, die sich langjährig in Duldung insgesamt in Deutschland befinden, erfasst und die dazu führen wird, dass ein Teil dieser Menschen dauerhaft einen Aufenthalt in Deutschland bekommen wird. Gut und schön, aber es bleiben uns immer noch eine große Gruppe von Menschen, die langjährig hier geduldet sind, ohne Perspektive – im Moment jedenfalls – für einen Daueraufenthalt aber genauso auch ohne Perspektive, dieses Land schnell wieder verlassen zu können oder mit Hilfe der Behörde abgeschoben zu werden.

Diese Menschen kommen überhaupt nicht in den Genuss oder haben überhaupt nicht die Möglich

(Bettina Machaczek)

keit, ohne eigene Mittel – und über die verfügen sie in der Regel nicht –, aktiv zu ihrer Integration beizutragen. Sind sie dann möglicherweise aufgrund einer neuen Bleiberechtsregelung doch plötzlich auf der Liste derjenigen, die hier einen dauerhaften Aufenthalt bekommen können, dann kommt ihnen das Argument entgegen, nun sind sie schon sieben Jahre hier und sprechen immer noch nicht die deutsche Sprache, sie sind doch nicht wirklich integriert. Das ist für manche Menschen ein Kreis, aus dem sie nur schwer herauskommen. Deswegen ist dieser Antrag auch so schlicht und deutlich. Wir wollen die Menschen erreichen, die mindestens sechs Monate in Deutschland sind und auf nicht absehbare Zeit weiter hier bleiben werden. Dafür kann es sehr viele Gründe geben. Die sind aber als Grund an sich nicht wichtig, sondern es geht darum, dass es lediglich diese Perspektive gibt. Dann wollen wir die Menschen erreichen, die keinen kostenlosen Zugang zu Deutschkursen oder keinen Anspruch darauf haben und – das hat Frau Machaczek sehr deutlich gesagt – es geht vor allem auch um Eltern mit Kindern ab drei Jahren, die vielleicht durch ihre Kinder noch ganz anders verwurzelt sind als Einzelpersonen.

Die Finanzierung ist übrigens auch relativ einfach. Es gibt die Möglichkeit, auf die Bundesmittel für Integrationskurse zurückzugreifen, wenn Menschen länger als zwölf Monate hier geduldet sind. Dazu bedarf es aber eines Antrages der Ausländerbehörden. Das ist der eine Weg. Der andere Weg ist, die Personen über die hamburgischen Mittel in die Deutschkurse zu schicken, die gerade in Hamburg angeboten werden, vielleicht teilweise nicht belegt sind oder aber aufgrund unseres Antrags neu initiiert werden. Das ist von den Kosten her etwas, das sich im Moment noch nicht exakt abbilden lässt, wo aber klar ist, dass dieses innerhalb des Haushaltes ohne Probleme, so wie wir die Plätze einrichten werden, zu erreichen ist. Das heißt, wir brauchen hier keine Ausschussbefassung, sondern schlicht und einfach ein gemeinsames Votum dafür, dass wir auch diesen Menschen, die hier jahrelang in der Stadt leben, die Möglichkeit zu einem Deutschkurs geben. – Danke.

(Beifall bei der GAL, der CDU und bei Wil- fried Buss SPD und Christiane Schneider DIE LINKE)

Das Wort bekommt Herr Yildiz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir stimmen dem Antrag der CDU-Fraktion zu. Wir finden ihn wichtig, aber nicht ausreichend, und zwar aus Gründen, die auch Herr Ciftlik betont hat. Es ist so – das geht auch aus Ihrem Antrag hervor –, dass – ich zitiere –:

"In Hamburg leben mehrere Tausend Flüchtlinge mit ungesichertem Aufenthaltsstatus, in der Regel mit einem Duldungsstatus, viele von ihnen schon seit mehreren Jahren und mit ungeklärter Zukunftsperspektive."

Eines möchte ich vorab sagen, weil ich diese Diskussion öfter mal mit CDU-Kollegen habe. Erstens: Flüchtlinge kommen und verlassen ihre Länder nicht, weil sie Bock auf Europa oder Deutschland haben, sondern weil sie entweder politische oder wirtschaftliche Gründe haben.

(Antje Möller GAL: Steht da aber drin!)

Ich komme darauf, hören Sie einmal zu.

Ich gehöre zu den Flüchtlingen, die Jahre lang keinen festen Aufenthalt hatten. Bei mir waren es vierzehn Jahre. Ich habe es mit eigenem Willen und Kräften geschafft, eine Ausbildung zu machen, habe ein paar Jahre die Schule besuchen dürfen, um danach länger nicht arbeiten zu dürfen. Aber zum Glück, nachdem ich geheiratet habe, und lange in Deutschland war, hat man mir eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Jetzt habe ich die deutsche Staatsbürgerschaft und bin Hamburger Abgeordneter geworden.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und bei Antje Möller GAL)

Wir haben den Zusatzantrag gestellt, weil ich das tagtäglich erlebe. Jeder von Ihnen müsste das auch erleben, dass in Hamburg die Sprache eine der wichtigsten Bausteine für die Integration ist. Es ist auch bei dem jetzigen Einbürgerungsverfahren eine der Bedingungen. Ich erlebe das jeden Tag, auch wenn ich mich mit den Instituten oder der Sprachkursvermittlung treffe, dass diese Sprachkurse sehr schlecht gestaltet und nicht ausreichend sind. Deswegen haben wir den Antrag gestellt, dass das ausgeweitet wird.

Zweitens: Wenn man von Tausend Flüchtlingen und 500 Kursplätzen spricht, dann ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Es kommt mir so vor – das ist meistens auch im Koalitionsvertrag vereinbart –, dass Sie sich immer mit halben Sachen in der Presse gut darstellen wollen und bei diesem Antrag sehe ich das genauso. Damit Sie draußen bei den Menschen gut ankommen und es so aussieht, dass der Senat, hauptsächlich die Grünen, etwas Gutes für die Menschen tun, deshalb stellen Sie solche Anträge. Man könnte auch einen Antrag stellen, dass man hundert Bäume pflanzen möchte, um den CO2-Gehalt in Hamburg zu reduzieren, um sich auch in dem Bereich gut darzustellen.

Wir stimmen diesem Antrag zu, aber finden ihn nicht ausreichend. Deswegen würden wir uns freuen, wenn beide Anträge in den Sozialausschuss kommen, damit man darüber debattieren kann, dass auch diese Sprachkurse besser gestaltet werden, dass mehr Menschen die Möglichkeit haben

(Antje Möller)

und nicht nur 500, denn es sind Tausende von Menschen. Wer keine Ahnung davon hat, kann mal einen Tag mit mir auf die Straße gehen. Es sprechen mich in den Stadtteilen Altona und Wilhelmsburg zahlreiche Menschen an, weil viele mich kennen und fragen, wie sie einen Sprachkurs besuchen können. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN und bei Ksenija Be- keris SPD)

Frau Möller, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nur noch zwei Sätze, damit kein Missverständnis aufkommt. Die Zahl von 500 Plätzen per Anno sind insgesamt 2000 in vier Jahren, wenn wir mal großzügig über die Legislaturperiode reden, und wir reden über die Menschen, die sonst keinen kostenlosen Zugang zu Deutschkursen haben und das ist, glaube ich, das Entscheidende. Der Antrag der LINKEN ist inhaltlich nicht falsch, aber sehr allgemein formuliert. Deutschkurse allgemein auf Flüchtlinge und Migranten zu erweitern, damit kann ich nicht viel anfangen, weil wir genau die Gruppe, um die es geht, die nicht erfasst wird, in unserem Antrag erfassen. Wenn die Zahl nicht ausreicht – das werden wir möglicherweise im nächsten Jahr genauer wissen –, dann können Sie doch konkret noch einmal nachsteuern und sagen, dass die Plätze nicht reichen. Aber diesen Antrag jetzt zu überweisen, um noch einmal eine lange Debatte darüber zu führen, wollen wir nicht. Wir wollen jetzt anfangen und deswegen die Ablehnung Ihres Antrags, aber Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal sagen, dass es uns auch darum geht, die Qualität dieser Kurse zu überprüfen, weil es – Mehmet Yildiz hat das sehr deutlich gesagt –, jedenfalls bei den Sachen, die bei uns auflaufen, schwere Kritik an der Gestaltung dieser Sprachkurse gibt. Lediglich zu sagen, wir nehmen eine Zielgruppe heraus, die bislang Schwierigkeiten hatte, an so etwas heranzukommen, was wir grundsätzlich sehr positiv finden, löst nicht das Problem, dass wir irgendwann einmal über die Qualität dieser Sprachkurse reden müssen. Es wäre eine Chance, das im Ausschuss zu machen. Ich sehe, Sie wollen nicht. Insofern kann ich nur sagen, dass Sie das Thema von uns demnächst auf einem anderem Weg serviert bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Bevor ich Herrn Ciftlik das Wort gebe, möchte ich noch einmal den Appell von Frau Güclü wiederholen. Es wäre ganz toll, wenn diejenigen, die hier sehr kommunikativ sind, das vielleicht nicht in diesem Räumen ausleben würden, sondern vor die Tür gehen. Dann ist es insgesamt ein bisschen leiser. Jetzt hat Herr Ciftlik das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will es nur noch einmal wiederholen, weil ich glaube, dass das notwendig ist. Frau Möller, Sie haben betont, wie wichtig es ist. Das ist auch alles richtig, auch das, was Frau Machaczek gesagt hat. Ich verstehe nur nicht, warum Sie darüber nicht reden wollen, ob das nun jetzt oder in einem Monat im Ausschuss umgesetzt wird. Sie sagen, man könne nächstes Jahr einmal sehen, was daraus geworden ist und dann könnte man irgendwie nachsteuern. Ja, wo dann? Wird es dann im Ausschuss beraten? Ich weiß gar nicht, warum Sie vor solch einer Diskussion Angst haben. Auch zu der Finanzierungsfrage haben Sie nichts gesagt oder ich habe es verpasst.

(Antje Möller GAL: Ich habe das mit der Fi- nanzierung erklärt!)

Dann spreche ich Sie gleich noch einmal an. Aber ich verstehe nicht, warum wir darüber nicht im Sozialausschuss reden können. Ich finde das ziemlich schwach.

(Wolfgang Beuß CDU: Das haben Sie ja frü- her auch immer so gemacht!)

Und fanden Sie das gut?

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/1199.

Wer einer Überweisung dieser Drucksache an den Sozial- und Gleichstellungsausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Nun kommen wir zum gemeinsamen Antrag von GAL- und CDU-Fraktion aus der Drucksache 19/ 1123. Wer einer Überweisung dieser Drucksache an den Sozial- und Gleichstellungsausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

(Mehmet Yildiz)