Protokoll der Sitzung vom 19.11.2008

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist taktieren. Ich habe die Worte von Herrn von Kleist noch gut im Ohr, als ich sagte, ich möchte eine Demo für Kleingärtner machen und er antwortete, doch nicht jetzt, Frau Gregersen, das machen wir vor der Wahl.

(Glocke – Ingo Egloff SPD: Der versteht sein Geschäft, Frau Gregersen! Deshalb ist er auch so erfolgreich!)

Frau Abgeordnete, darf ich auch Sie noch einmal an das Thema erinnern.

Ja, gut. Ich komme zurück zum A 7-Deckel. Im Moment ist es interessant, dass wir jetzt noch ein weiteres Taktieren haben in der ins Wanken geratenen Person von Herrn Tiefensee, der wahrscheinlich anderen Zahlen zukommen lässt, die den A 7-Deckel betreffen, aber vielleicht nicht uns. Ich denke, wir sollten das Taktieren lassen und alle gemeinsam für den Deckel kämpfen und einstehen, damit es für diese Stadt zum Guten wird. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Grote.

(Ingo Egloff SPD: Sage mal was zu Ingo von Kleist!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, liebe Frau Gregersen, wir alle wollen den Deckel. Die SPD will den Deckel. Wir haben viel dafür vor Ort getan und beschäftigen uns seit Jahren intensiv damit. Gerade weil wir das Projekt sehr ernst nehmen, kann man natürlich auch erwarten, dass wir hier eine ehrliche und ernsthafte Kommunikation dazu führen. Das Ganze hat einen langen Vorlauf, den wir alle kennen. Wir wissen auch, dass die Kommunikation sensibel sein muss, weil viele Tausend Menschen unmittelbar von dem betroffen sind, was da passiert. Da geht es nicht, dass Sie sagen, dort gibt es wohl ein kommunikatives Missverständnis. Das Problem ist kein Missverständnis, sondern die Kommunikation, die es hier gegeben hat. Sie können nicht hingehen und sagen, wir haben jetzt den Durchbruch, wir haben einen völlig neuen Sachstand, der Bund hat etwas genehmigt, wenn das nicht stimmt. Ich werde Ihnen den Vermerk gleich geben, Sie können sich dann noch dazu äußern.

(Jens Kerstan GAL: Hat sie doch!)

Es gibt keine entsprechende Zustimmung. Wenn Sie sagen, der Bund habe keine Bedenken vorgetragen, dann ist der Anlass Ihrer Pressekonferenz, dass der Bund sich zu irgendetwas nicht geäußert hat. Ich glaube, das rechtfertigt kaum die Rhetorik vom Durchbruch, die Sie da an den Tag gelegt haben.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Bei Herrn Tiefensee sind keine Durchbrüche zu erwar- ten!)

Die Finanzierungsumstände sind so, dass das Projekt eher weiter weg als näher gerückt ist.

Frau Gregersen, wenn Sie jetzt zu dem Dialog, den Frau Hajduk mit den Kleingärtnern angeregt hat – man fragt sich auch, warum jetzt, warum nicht viel früher? –, bemerken, Herr Kleist würde sich nicht ausreichend für seine Kleingärtner einsetzen, dann kann ich nur sagen, warten Sie einmal ab, wie der sich einsetzen wird. Daran werden Sie viel Spaß haben.

Ich will noch etwas zur Finanzierung sagen. Sie haben angedeutet, dass die Finanzierungslücke deutlich größer ist als wir bisher kalkuliert haben. Die 127 Millionen Euro reichen nicht aus, wir kommen auf 180 bis 200 Millionen Euro. Damit ist natürlich das ganze Konzept, das Sie jetzt vorgetragen haben – Finanzierung über Kleingärtner –, hinfällig. Wir brauchen eine völlig neue Finanzierungs

(Martina Gregersen)

struktur und die sind Sie bisher schuldig geblieben. Dazu gibt es nicht einmal eine erste Idee. Wenn man das ernsthaft betrachtet, dann muss man sich für diese Finanzierung Flächen in ganz Altona und nicht nur direkt an der Autobahn ansehen, man muss auch die Trabrennbahn und andere Flächen mit einbeziehen. Sie werden nicht umhin kommen, dafür einen mittelgroßen zweistelligen Betrag aus dem Haushalt zur Verfügung zu stellen. Sonst wird das nichts werden.

Wenn Sie jetzt den Dialog mit denjenigen suchen, die noch Schwierigkeiten mit der Akzeptanz des Projektes haben, insbesondere mit den Kleingärtnern, dann kann ich Ihnen nur raten, diesen Dialog ernsthaft zu führen und nicht mit dem Gedanken zu spielen, sich über das Bürgerbegehren hinwegzusetzen,

(Jens Kerstan GAL: Es gibt auch noch ande- re Bürgerbegehren; davon sagen Sie gar nichts!)

wie es die schwarz-grüne Koalition in Altona beim Bismarckbad gemacht hat. Das ist vielen Menschen noch gut in Erinnerung. Insofern hoffe ich, dass Sie diese Aufgaben, die auf dem Tisch liegen, ernsthaft aufnehmen und wir zukünftig über das Projekt sprechen können und nicht mehr über die Marketingstrategie der letzten Tage. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Bischoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, dass Frau Hajduk den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Im Unterschied zu Herrn Becker, bei dem das gar nicht vorkam, hat sie darauf aufmerksam gemacht, dass es in Altona einen gesellschaftlichen Konflikt gibt. Wenn wir dieses Projekt wollen, den Lärmschutz in einer anderen Dimension, dann macht das nur Sinn – gerade vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung in Altona –, wenn wir die Bevölkerung dort mitnehmen. Das war aus meiner Sicht der entscheidende Punkt. Man muss dann vor Ort für solch ein Projekt werben. Das sind nicht einfach verrückt gewordene oder stehengebliebene Kleingärtner, Frau Gregersen,

(Martina Gregersen GAL: Nein, natürlich nicht! – Hans-Detlef Roock CDU: Das sagt doch kein Mensch!)

sondern es handelt sich darum, dass hier ein Bürgerbegehren auf dem Weg ist. Die haben weit über 7000 Unterschriften gesammelt. Als Politiker muss man mal einen Moment darüber nachdenken, warum dieses Projekt eine solche Resonanz hat. Was beunruhigt die Leute? Ich glaube, dass die Bevölkerung – das ist bereits von Herrn Grote ge

sagt worden – im Umgang mit ihren Vorstellungen und Erwartungen – siehe Bismarckbad – keine positiven Erfahrungen im Kopf hat.

Der entscheidende Punkt, soweit wir das einschätzen können, ist nicht nur die Kleingartenfrage, sondern die Befürchtung, dass die dort entstehenden Neubauten wiederum Neubauten sind, die nicht dem Gesichtspunkt der sozialen Durchmischung Rechnung tragen. Die Leute haben durch die Gentrifizierung, die in Altona wirklich ein Problem ist, die Furcht, dass sie durch einen bestimmten Prozess aus ihren sozialen Räumen verdrängt werden.

Wenn der Bezirksamtsleiter sagt, wir machen das nach dem Höchstgebotsverfahren, uns nach alternativen Projekten, Plätzen für den sozialen Wohnungsbau umzugucken, den es im Bereich Altona bis Diebsteich reichlich gebe, dann ist das ein Angebot vor Ort, das aber nicht aufgegriffen werden kann. Das heißt, es ist bei diesem Projekt in Altona nicht nur eine Sache, wie ich dort das etwas konservative Klientel, die gerne an ihren alten Kleingärten festhalten will, überzeuge, sondern Sie müssen einen Teil der Altonaer Bevölkerung überzeugen, dass es Sinn macht, das zu machen, denn die Leute haben Angst davor, verdrängt zu werden. Sie sollen durch Gentrifikation nicht die Benachteiligten sein. Also müssen Sie ein umfassendes Angebot auf den Tisch legen und nicht einfach daherkommen, wie Herr Roock, und sagen, wir machen das jetzt und jeder, der da ist, ist für Freibier.

(Beifall bei der LINKEN – Frank Schira CDU: Das macht er doch gar nicht!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Becker.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es sind schon viele Nägel getroffen und in der Sache die wesentlichen Argumente gesagt worden.

(Carola Veit SPD: Dann setzen Sie sich doch wieder hin!)

Was mich allerdings wundert, ist, dass zwei Fraktionen in diesem Haus, die angeblich dafür sind, nach meinem Eindruck mehr dagegen als dafür geredet haben.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Grote, Sie haben gesagt, dass Sie alles täten, um dieses Projekt zu unterstützen. Aber wenn es nachher 1000 Kleingärten sind, die angefasst werden, dann macht die SPD das nicht mehr mit. So habe ich das verstanden und mitbekommen, dass Sie wieder einmal gleichzeitig in beide Richtungen laufen. Da sollten Sie sich wirklich einmal überle

(Andy Grote)

gen, wo Sie eigentlich stehen, wo da irgendwelche Grenzen für Sie sind.

(Andy Grote SPD: Wollen Sie denn 1000 an- fassen?)

Davon ist doch gar keine Rede. Es ist von insgesamt 560 die Rede. Davon sind 100 im Bezirk Eimsbüttel und 460 im Bezirk Altona. Die Zahl 1000 haben Sie ins Gespräch gebracht und gesagt, dann macht die SPD das nicht mehr mit, nachdem Sie vorher gesagt haben, Sie täten alles, um dieses Projekt zu unterstützen. Nun tun Sie aber doch nicht alles, um dieses Projekt zu unterstützen und das nenne ich in beide Richtungen gleichzeitig laufen.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Carola Veit SPD: Setzen Sie sich doch einfach wie- der hin!)

Welche Kommunikationsstrukturen werden eigentlich bei Ihnen gepflegt, wenn man feststellen muss, dass irgendwelche Vermerke aus einem SPD-geführten Bundesministerium bei einem oppositionellen Landtagsabgeordneten landen und nicht bei der Senatorin?

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Da merkt man dann, mit welcher Strategie Sie ins Gefecht gehen. Sie wollen Sand ins Getriebe streuen und parteipolitischen Profit aus dieser Konfliktlage schlagen. Ihre Unterstützung dieses Deckels ist nicht ehrlich.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wenn Sie zu einer ehrlichen Haltung kommen wollen, dann sollten Sie wirklich deutlich über sich nachdenken.

Was Herrn Bischoff betrifft, habe ich vorhin über diese Konfliktlage nicht geredet, weil die fünf Minuten zu kurz waren. Ich wäre sonst darauf zu sprechen gekommen.

(Michael Neumann SPD: Einfach schneller sprechen!)

Es ist nicht so, dass wir erst jetzt ins Gespräch treten werden, sondern Frau Gregersen und ich sind schon vor Monaten dort gewesen und sind längst im Gespräch und das werden wir natürlich auch weiterhin machen. Wir werben für diese Idee, von der Sie auch gesagt haben, dass Sie dafür sind, aber dann sind Sie es doch nicht, wenn das und das einträte.

Zum Thema Gentrifikation, es geht überhaupt nicht darum, angestammte Wohnbevölkerung zu vertreiben. Das ist überhaupt nicht das Thema. Es geht um Freiflächen und Kleingärten und dass das ein sensibles Thema ist, dessen sind wir uns sehr wohl bewusst. Aber es ist auch ein gesamtstädtisches Thema, bei dem man die Frage auch einmal umkehren muss, wer ist eigentlich für wen da? Das

muss man dann auch einmal überlegen, wie wichtig es uns ist, dieses Ziel zu erreichen und wie weit man da geht. Die Frage der Zumutbarkeit müssen wir sehr deutlich überlegen. Darüber sollten Sie auch einmal nachdenken, ob es reicht zu sagen, wir servieren Champagner, aber wenn die Rechnung bezahlt werden soll, dann sind wir nicht mehr da.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Norbert Hackbusch DIE LINKE: Welch dummes Ar- gument!)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Thema sehe ich nicht. Dann rufe ich das zweite Thema auf, angemeldet von der Fraktion DIE LINKE: