Protokoll der Sitzung vom 19.11.2008

(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen)

Wir sagen das gern und laut überall in dieser Stadt. Wir haben in weiten Bereichen Stadt eine unerträgliche Lärmverschmutzung. Wir werden das nachher im Zusammenhang mit verschiedenen Projekten und dem Hafen diskutieren. Es wird überall in dieser Stadt ein wichtiges Beispiel sein zu sagen, gegen diese Lärmverschmutzung, die wir sowohl im Zusammenhang mit Autoverkehr als auch mit Bahnverkehr haben, ist man in der Lage, etwas zu unternehmen. Deswegen ist der Deckel ein gutes Beispiel. Ich freue mich, dass sich die Grünen, die LINKEN, die SPD oder auch die CDU seit Jahren dafür eingesetzt haben, obwohl viele

Senatoren immer dagegen gesprochen haben. So einvernehmlich war das nicht. Aber es ist ein wichtiges Zeichen in dieser Gesellschaft, deutlich sagen zu können, dass man etwas gegen Lärm machen kann.

Der hier angesprochene Streitpunkt betrifft nicht ein paar Kleingärtner oder Ähnliches. Das müssten Sie, Herr Roock, in gewisser Weise wissen. Es geht um ein erfolgreiches Bürgerbegehren in Altona. 7000 Bürger haben unterschrieben, weil sie es ablehnen, dass in dem Gebiet, um das es gegenwärtig geht, Wohnungsneubau zu Höchstpreisen organisiert wird. Wir haben dort eine große Chance, etwas Neues herzustellen. Herr Becker, wir haben immer darüber gestritten. Die Bürger wollen nicht, dass man dort möglichst viele Häuser baut, um möglichst viel Geld für Investitionen auf dem Deckel zu bekommen. Sich dagegen zu wehren, ist nach meiner Meinung etwas Normales, was wir auch unterstützen. Wir sind der Meinung, dass die Art und Weise, wie dort geplant wird, nicht städtebaulich großzügig ist, sondern nur nach dem Prinzip verläuft, dort möglichst profittreibend viel Grund zu verkaufen.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das ist ja eine Unterstellung!)

Wir unterstützen die Kleingärtner, dass Sie sich dafür nicht zur Verfügung stellen wollen. Sie sehen sich in dieser Stadt als einen wichtigen Teil zur Auflockerung und wollen nicht, dass das ganze Gebiet bebaut wird. Darin unterstützen wir sie.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Senatorin Hajduk.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Grote, ich will auf die Punkte eingehen, die Sie aufgeworfen haben. Ich bin froh, dass wir uns im Hause einig sind – so habe ich es bisher verstanden –, dass die Überdeckelung der A 7 für Hamburg eine große Chance ist, eine große Chance für die Bürgerinnen und Bürger bezüglich der Lärmschutzproblematik und eine große Chance für die Stadtentwicklung in Hamburg.

(Beifall bei der GAL, der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Sie haben nach dem Anlass gefragt, dass wir auf einer Pressekonferenz die Pläne vorgestellt haben. Wenn ich Ihre Worte dazu höre, liegt diesbezüglich anscheinend ein Missverständnis vor.

Der Bund hat keine Bedenken gegen die Nutzung auf dem Deckel für Kleingärten vorgetragen. Das ist ein außerordentlich wichtiger Punkt, wenn man weiß, dass die geplante Nutzung des Deckels mit Kleingärten gerade Gegenstand einer öffentlichen

(Andy Grote)

Auseinandersetzung ist. Wenn wir wissen, dass die Realisierung und die Chance, einen Deckel nicht nur in der Länge zu bauen, wie ihn der Bund aus Lärmschutzgründen anerkannt hat, sondern dass wir Hamburger uns mit einem längeren Deckel einbringen wollen – natürlich im Zusammenhang mit der Maßnahme –, dann ist jetzt der Zeitpunkt, dieses Projekt weiter voranzubringen. Es ist auch der Zeitpunkt – das stimmt mit der Auseinandersetzung, die es zum Beispiel in Altona gibt –, das öffentlich zu machen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Der Anlass war, dass wir für unsere Nutzungspläne auf dem Deckel mit den Kleingärten einen Schritt weiter gekommen sind.

Richtig ist auch, dass wir nicht gesagt haben, dass es schon eine Entscheidung gibt. Ich habe bei der Pressekonferenz deutlich gemacht, wir werden eine Senatsdrucksache vorlegen, die wir Anfang nächsten Jahres sowohl zum Bundesdeckel als auch zum Hamburger Deckel in die Abstimmung bringen. Erst dann kann man davon reden, wie liegen die Zustimmungen vor vom Bund oder von Hamburger Planungen. Wir haben nur gesagt, 400 Millionen Euro ist die aktuelle Kostenschätzung. Weil Sie mich darauf angesprochen haben, will ich deutlich Stellung beziehen. Die aktuelle Kostenschätzung von Bund und Hamburg, die beide kooperieren beläuft sich für den Anteil des Bundesdeckels und des Ausbaus auf 400 Millionen Euro. Auch das habe ich im Rahmen der Planungen des Bundes und der jetzt aktuell vorliegenden Kostenplanung dargestellt.

Es ist richtig, wir sind noch nicht so weit, dass ich sagen kann, wir haben eine Drucksache im Senat gehabt. Aber wir haben für die Nutzungsperspektive einen klaren Fortschritt erzielt. Es ist jetzt wichtig, den mit Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vor dem Hintergrund bitte ich Sie um Folgendes: Natürlich können Sie mich als Senatorin in einem engeren Sinn kritisieren und sagen, ich hätte die Kommunikation jetzt nicht aufnehmen sollen. Aber bitte lassen Sie uns gemeinsam diese Chance nutzen, einen Deckel zu errichten, der doppelt so lang sein kann wie der, den der Bund allein vorsehen wird. Wenn wir zusammenstehen – ich begrüße, dass in Altona auch die SPD zu diesem Projekt steht –, dann lassen Sie uns das in der Sache vorantreiben und nicht Kommunikationsmissverständnisse in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung stellen. Das schadet dem Deckel und das können Sie doch wirklich nicht wollen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Mir liegt das Schreiben, das Sie haben, bisher nicht vor. Ich habe mich im Vorfeld dieser Debatte

darum bemüht. Ich bin Ihnen dankbar, wenn wir uns gleich nach der Debatte darüber austauschen können, denn mir ist am Fortschritt der Sache gelegen. Ich lasse mich gern korrigieren, wenn ein Missverständnis vorliegt, aber ich bitte Sie darum, dass wir die Deckelplanung gemeinsam vorantreiben.

Ich will noch einiges sagen. Wir haben der Öffentlichkeit in der letzten Woche unsere eigenen Planungen vorgestellt, und zwar wollen wir den Deckel in der Tat mehr als verdoppeln. Wir wollen ihn in Bahrenfeld immerhin um 1,5 Kilometer länger machen und in Schnelsen, wo im Moment im Streckenverlauf nur Lärmschutzwände mit Galeriebauwerken geplant sind, wollen wir auch einen Deckel einfügen.

Wenn in Schnelsen nur Lärmschutzwände entstehen, dann würde das heißen, dass die neun Meter hoch sind. Galeriebauwerke als Lärmschutzwand, die neun Meter hoch sind, würden im Zweifel die Schneise, die die Autobahn schlägt, noch als Schneise vertiefen. Hier könnte eine Lärmschutzmaßnahme entstehen, die einen Deckel und keine neun Meter hohe Wand vorsieht, die der Höhe eines dreistöckigen Wohnhauses entspricht und durch die eine Trennungswirkung erhöht wird. Das Vorhaben voranzubringen, das muss unser gemeinsames Interesse sein.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir wollen also mehr Deckel statt Wände und wir haben jetzt die Chance, einen Meilenstein zu setzen. Dafür brauchen wir die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort.

Ich will noch etwas ergänzen. Wenn man auf den Zeitplan guckt, dann soll das Planfeststellungsverfahren für die Deckel in Stellingen und Schnelsen 2010 beginnen. Wir können also Ende 2014 in Stellingen und 2015 in Schnelsen zu einer Verkehrsfreigabe für die Deckel kommen. In Bahrenfeld und Othmarschen beginnen die Planungen erst im Juni 2011. Die Fertigstellung wäre 2016/ 2017. Anfang des Jahres wollen wir das im Senat beschließen, um danach die Bürgerschaft damit zu befassen, wie es genau aussehen kann. Wir wissen, dass mit diesem Deckel nicht nur die Möglichkeit besteht, einen Lärmschutz für viele Menschen und Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu erreichen, sondern wir können mit diesem Lärmschutz auch eine historische Chance nutzen, die Stadtentwicklung in Hamburg voranzubringen, indem wir die historischen Parkanlagen Bonnepark und Lutherpark wieder verbinden und wir dann einen Grüngürtel vom Volkspark bis zur Elbe erhalten.

Ich möchte noch etwas sagen, weil es kritische Töne dazu gab, was es für die Region bedeutet, wenn dort ein Deckel entsteht und dort auch andere Nutzungen vorgesehen werden. Ich möchte ganz deutlich sagen, dass wir auch die Chance ha

(Senatorin Anja Hajduk)

ben, 30 Hektar neue innerstädtische Wohnbaufläche zu schaffen. Das gibt uns dann auch die Chance, ökologisch eher fragwürdige Flächenerschließungen am Stadtrand nicht vornehmen zu müssen. Das bedeutet Platz für rund 1500 Wohnungen mitten in der Stadt an einem neuen Grünzug von der Elbe zum Volkspark. Ich habe die Diskussionen in der Bürgerschaft so verstanden, dass solch ein Ziel, innerstädtischen attraktiven Wohnraum mit Zugang zum Grüngürtel zu schaffen, von allen unterstützt wird. Dann bitte ich Sie an dieser Stelle, uns zu helfen, dass wir das auch umsetzen können und das nicht nur mit Blick auf Lärmschutz oder abstrakte Stadtentwicklung, sondern auch mit der Chance auf innerstädtisches Wohnen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich spreche das auch vor dem Hintergrund an, der mit dem Anlass der jetzigen Auseinandersetzung zu tun hat. Darauf haben Sie auch abgehoben, Herr Grote. Es ist wahr und richtig, dass wir einen Konflikt mit den Menschen haben, die dort Kleingärten besitzen und sich sorgen, was mit ihren Kleingärten wird. Es werden Unterschriften gesammelt für einen Bürgerentscheid "Apfelbaum braucht Wurzelraum", der darauf abzielt, eine mögliche Verlagerung von Kleingärten auf den Deckel zu verhindern. Das ist der Anlass, bei dem wir uns alle fragen und uns in die Diskussion begeben müssen, wie wir das umsetzen wollen. Wenn wir diesen Wohnraum schaffen wollen, dann kommen wir nicht umhin, solche Umnutzungen vorzunehmen.

Der Kostenanteil – und da bitte ich Sie, mich nicht auf eine Zahl festzunageln, das habe ich auch ausdrücklich bei der Pressekonferenz gesagt – wird Ihnen im Rahmen der Drucksache vorgelegt werden, aber die Kostenschätzungen zeigen, dass es bis an 180 Millionen Euro herangehen kann, die nur der Hamburger Teil kosten wird. Wir müssen also nicht nur Flächen für Wohnraum als Ziel verfolgen, sondern auch Gegenfinanzierungen bringen und die kann man mit solch einer Flächenumnutzung darstellen. An dieser Stelle kann ich Ihnen nur sagen, dass ich den Konflikt mit den Kleingärtnern ernst nehme. Die Planung sagt, dass man 560 bestehende Kleingärten verlagern müsste, wenn wir diese Finanzierungslücke schließen wollen. Aber wir bieten 400 bis 450 Kleingärtnern eine Ersatzfläche auf dem Deckel an, weil alle eine Ersatzfläche bekommen sollen und für weitere 150 bis 200 Kleingärtner eine Ersatzfläche an anderer Stelle. Damit haben wir ein Konzept, das wir einerseits verlagern, aber mit dem wir auch jedem ein Angebot machen können. Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Dialog, den wir in der Bürgerschaft, aber auch in Altona ernst nehmen, zu einem erfolgreichen Ende bringen wollen. Deswegen sollten wir jetzt aktiv in diesen Dialog eintreten und da bitte ich Sie alle mitzumachen. Dafür haben wir jetzt den Anlass, weil uns der Bund zugestanden hat, diese Pläne zu verfolgen, Kleingärten auf dem

Deckel zum Nutzungskonzept zu machen. Ich glaube, das ist im Endeffekt eine gute Botschaft. Wenn es uns gelingt, da die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner mitzunehmen, dann schaffen wir es, ein wirklich großartiges Projekt voranzubringen. Das steckt sich dann nicht nur ein schwarz-grüner Senat an den Hut, sondern das stecken sich alle Politiker in diesem Haus an den Hut, die mitgemacht haben, und das sollte die Hauptbotschaft sein. – Schönen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Carola Veit SPD: Wie lange war das?)

Ich habe zunächst Veranlassung darauf hinzuweisen, Frau Senatorin, dass Sie 230 Prozent der Redezeit in Anspruch genommen haben, die ein Abgeordneter in der Aktuellen Stunde in Anspruch nehmen kann.

Das Wort bekommt die Abgeordnete Frau Gregersen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Viele Argumente sind ausgetauscht worden – historische Parkverbindungen, Grünwege. Eine Zahl möchte ich noch einmal nennen: 25 Hektar Grünzug werden neu entstehen und davon alleine 17 Hektar in Altona. Der Grünzug wird Radwege und Spiel- und Sportplätze haben. Er wird eine tolle Grünverbindung werden, die uns allen fehlt, und er wird Kleingärten behalten. In Othmarschen, Stellingen, Bahrenfeld und Schnelsen sind die Anwohner die echten Gewinner dieses Deckels, wenn er kommt, denn nach fast 40 Jahren der Trennung und der Zerschneidung von Stadtteilen können sie wieder zusammenwachsen.

(Frank Schira CDU: Es wächst zusammen, was zusammengehört!)

Wo kein Deckel ist, kommen Lärmschutzwände hin und somit sind alle Menschen entlang der A 7 in Hamburg wirklich die Gewinner.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Die Senatorin hat es angesprochen, es entsteht neues Bauland. Das sind 30 Hektar für circa 1500 Wohneinheiten. Natürlich müssen wir darauf hinweisen, um alles finanzieren zu können, muss man auch unangenehme Dinge in Angriff nehmen, so die Verlagerung von 560 Kleingärten, denen der Umzug bevorsteht.

Es entstehen Ersatzkleingärten auf dem Deckel und 150 bis 200 Kleingärten auf anderen Flächen in der Umgebung sowie 40 Kleingärten zusätzlich. 60 Kleingärten, die entfernt werden oder umziehen müssen, befinden sich im Moment auf Altlastenflächen. Wer das kennt – ich bin selbst seit 20 Jahren Kleingärtnerin eines Kleingartens, der sich auf einer Altlastfläche befindet –, der weiß, dass er auf

(Senatorin Anja Hajduk)

dieser Fläche zum Beispiel kein Gemüse mehr anbauen darf, was sonst Vorschrift ist, und dass er Kinder nicht in Kontakt mit dem Boden kommen lassen kann. Auch wenn wir den Leuten etwas zumuten, ist das, was wir für einen Teil der Kleingärtner machen, eine absolute Verbesserung.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Natürlich ist es nicht so einfach, einen Garten mal eben umzusiedeln. Man kann einen Teich, eine Hütte, einen Schuppen, Bäume, Pflanzen nicht mal eben mit nach Hause nehmen und dann irgendwann, wenn man wieder einen anderen Garten hat, dort wieder hinsetzen. Das geht nicht. Auch weil wir diese Aspekte wissen und den Kleingärtnern einen möglichst guten Ablauf gewährleisten wollen, sind die Planungen so, dass erst die Fläche auf dem Deckel fertiggestellt wird, indem 1,20 Meter bis 1,50 Meter Erdreich aufgetragen wird und dann erst die Kleingärten dorthin umgesiedelt werden. Wir wollen den Menschen einen sehr entgegenkommenden Ablauf anbieten.

Wichtig ist uns – und das habe ich heute gesehen –, dass wir alle gemeinsam hinter dem Deckel stehen, alle Fraktionen. Dann finde ich es sehr bedauerlich, wenn zum Beispiel Herr von Kleist, der oberste Kleingärtner, in der Oktober-Ausgabe sagt, dass auch er den Deckel haben möchte, aber er findet es so wie es läuft alles sehr schlecht. Ich bin 20 Jahre Kleingärtnerin und habe 20 Jahre enttäuscht zugesehen, wie er sich nicht besonders toll oder teilweise nur halbherzig für Kleingärtner eingesetzt hat, außer es war vor der Wahl.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der CDU)

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist taktieren. Ich habe die Worte von Herrn von Kleist noch gut im Ohr, als ich sagte, ich möchte eine Demo für Kleingärtner machen und er antwortete, doch nicht jetzt, Frau Gregersen, das machen wir vor der Wahl.