Die Zäsur ist per 30. September 2008 eingetreten. Da sind erstmals die erwirtschafteten Erträge in den Kerngeschäftsfeldern vollständig durch die faulen Kredite aufgefressen worden. Deshalb ist natürlich am 30. September 2008 eine Zeitenwende eingetreten, aber ich weigere mich, die gute Arbeit, die 4800 Mitarbeiter der HSH Nordbank machen, von Ihnen in den Dreck ziehen zu lassen.
(Beifall bei der CDU und der GAL – Michael Neumann SPD: Darum geht es gar nicht! Wir reden über Ihre nicht gemachte Arbeit!)
Sie gefährden Arbeitsplätze mit Ihrem Gerede und unsere Aufgabe ist es, das, was in der HSH Nordbank an guter Arbeit geleistet wird – das wird in
Aber die Zeiten haben sich am 30. September in der Tat gewendet, weil die Altlasten die aktuellen Erträge überschatten. Deshalb müssen wir handeln und das haben wir auch gemacht. Wir haben alles berichtet, was zu berichten ist. Es sind in den Quartalsberichten nicht nur die Gewinne berichtet worden. Die HSH Nordbank hatte noch bis 30. Juni 2008, anders als andere Landesbanken, einen Jahresgewinn vorausgesagt. Mitte September hat sich infolge der fortschreitenden Finanzmarktkrise, insbesondere nach dem Konkurs von Lehman Brothers, die Krise deutlich beschleunigt.
Das haben wir überhaupt nicht verschwiegen, sondern im Gegenteil. Als wir wussten, dass die Situation sich dreht, haben wir es sofort kommuniziert. Wir haben nach der Veröffentlichung der Quartalszahlen am 30. September nicht vier Wochen gewartet, sondern bereits Ende September kommuniziert, dass wir eine neue Situation mit erheblichen Abschreibungsbedarfen haben. Ich habe nie verschwiegen, was die Bank belastet und was uns die Krise jetzt beschert. Ich habe es in dem Augenblick gesagt, wo wir es wussten, und wir haben die Öffentlichkeit voll und ganz informiert.
Wir haben Gutes und Schlechtes in dieser Bank; es gibt eine Goodbank und eine Badbank. Aber wir haben die Verantwortung für die 30 000 Kunden der HSH Nordbank in Hamburg und in SchleswigHolstein. Die Sparkassen Schleswig-Holstein haben die Verantwortung, der private Eigentümer hat die Verantwortung. Was ist jetzt zu tun?
Herr Neumann, lassen Sie doch einmal diese ständigen Störversuche. Es ist wirklich besser, durch Schweigen den Verdacht der Inkompetenz zu erregen als durch Reden jeden Zweifel hierüber zu beseitigen.
Der Vorwurf, hier würde nur sukzessive die Wahrheit erzählt, ist deshalb falsch, weil Quartalsberichte es nun mal an sich haben, in jedem Quartal die aktuelle Lage wiederzugeben. Es ist jedes Mal neu bewertet worden und das, was neu bewertet worden ist, ist sofort kommuniziert worden, sowohl die Gewinne als auch die Verluste infolge der Abschreibungen.
Es geht auch gar nicht darum, welche Personen welche Rolle spielen. Sie versuchen, daraus ein Spiel "jagt den Senator" oder "jagt den Minister" zu machen.
Entscheidend ist, was wir jetzt tun, um das Beste für die Bank, für Hamburg und für Schleswig-Holstein aus der Situation zu machen. Deshalb ist es in der Tat wichtig, dass der nach wie vor zusammengebrochene Interbankenmarkt so schnell wie möglich wieder belebt wird. Die Banken haben im Moment kein Vertrauen, sich gegenseitig Geld auszuleihen. Sie geben die Kredite nicht mehr an die Wirtschaft, sie leihen sich untereinander kein Geld, sie geben das Geld lieber zur Europäischen Zentralbank. In der letzten Woche waren 280 Milliarden Euro bei den Banken. Die haben sie sich nicht gegenseitig geliehen, sondern lieber zur EZB gegeben, weil das Misstrauen nach wie vor dramatisch groß ist.
Ich muss eines sagen. Ich war und bin ein großer Verfechter des Rettungsschirms der Bundesregierung. Bundestag und Bundesrat haben sehr schnell ein hervorragendes Paket geschnürt, das allerdings in der Umsetzungspraxis jetzt ins Stocken gerät. Es kann nicht sein, dass, wenn eine Bank einen Garantieschirm beantragt, wo es nicht darum geht, dass Geld fließen soll, sondern nur, dass der Bund mit seinem Namen eine Garantie für Interbankengeschäfte gibt, wir jetzt vor lauter Bürokratie nicht zu Potte kommen.
Wenn man schnell helfen will, dann muss man schnell helfen, und wenn der Bund einen Schirm aufspannt, dann muss er das auch tun und nicht Bürokratie entfachen. Ich finde es sehr unbefriedigend, was im Moment passiert und bin dankbar, dass die Finanzminister, auch die Ministerpräsidenten, auf das Thema aufmerksam machen. Die HSH Nordbank wie auch viele andere Banken werden unter diesen Schirm gehen. Der Garantieschirm muss so schnell wie möglich aufgespannt werden und wir werden im Weiteren über Eigenkapital verhandeln müssen. Die HSH Nordbank hatte immer schon zu wenig Eigenkapital. Deshalb sollte ja ein Börsengang gemacht werden. Auch vor der Krise war der Börsengang vorgesehen. Der verschob sich mehrfach, deshalb haben wir Geld nachgeschossen und deshalb haben wir nach wie vor die Situation von zu wenig Eigenkapital. Die
Frage muss geklärt werden, wenn die Bedingungen feststehen. Es kann aber nicht sein, dass der Bund die Bedingungen so hoch setzt, dass er ein Geschäft mit der HSH Nordbank macht und die Bank dann, wenn sie wieder Luft zum Atmen hat, die Luft gleich wieder abgedrückt bekommt, weil der Bund alle Gelder, die aus den zusätzlichen Erträgen kommen, wieder abzieht; so geht es sicherlich nicht. Wir werden mit dem Bund ernsthaft sprechen müssen. Ein Rettungsschirm muss ein Rettungsschirm sein und darf nicht eine Belastung werden.
Deshalb werden wir diese Gespräche jetzt zu Ende führen. Die KPMG – auch das habe ich in der letzten Woche bereits angekündigt – wird sich alle relevanten Kapitalmarkttransaktionen angucken. Sie haben letzte Woche den Bericht des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Bank im Haushaltsausschuss gehört, der gesagt hat, dass ein Großteil der faulen Kredite aus der Zeit vor der Fusion 2003 komme, weil nämlich die damalige Hamburgische Landesbank und die Landesbank Schleswig-Holstein diese Kreditersatzgeschäfte als großes Geschäftsfeld eingeführt haben. Das waren nicht wir, lieber Herr Neumann, das waren ganz andere, da haben Sie Gedächtnislücken.
(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL – Ingo Egloff SPD: Wann übernehmen Sie eigentlich mal Verantwortung!)
Das heißt, wir werden mit dem KMPG-Bericht auch Klarheit darüber haben, bei welchen Geschäften es Anlass zu Bewertungskorrekturen gibt. Für uns ist wichtig, dass wir jetzt sowohl mit dem Bund als auch mit den Gesellschaftern nach vorne schreiten. Wir wollen unsere Bank nach vorne bringen, wir müssen sie durch die Krise steuern und diese Krise bietet auch die Chance eines Neubeginns, denn in der Tat ist es unerträglich, dass die international fehlende Kapitalmarktaufsicht uns in diese Situation gebracht hat. Wir müssen denjenigen, die diesen Kasinokapitalismus für bestimmte Kapitalmarktprodukte entfacht haben, das Handwerk legen. Ich bin überzeugter Marktwirtschaftler und sage hier aus vollem Herzen: Ich bin Gegner einer schrankenlosen Wirtschaft,
weil schrankenlose Wirtschaft, schrankenlose Freiheit zu Missbrauch führt. Ich bin überzeugter Vertreter der sozialen Marktwirtschaft, in der Wert und Gegenwert in einer ausgewogenen Balance sind und die vor allem den Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht das Geld.
Bevor ich Herrn Bischoff das Wort gebe, möchte ich, einer Tradition folgend, darauf hinweisen, dass das 260 Prozent der Redezeit eines Abgeordneten waren. Von daher ist es ein neuer Rekord.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Freytag, wir haben eine wirklich sachliche Differenz, die ich vorhin angesprochen habe. Die Landesbankenkrise war im August 2007 offenkundig und nicht nur für Experten nachvollziehbar.
Wir haben dann – auf dieses Datum beruft sich der Senator – in der Tat eine Zuspitzung im September 2008 gehabt.
(Karl-Heinz Warnholz CDU: Dann hätten Sie das doch zur Aktuellen Stunde anmelden können, wenn es Ihnen so wichtig war!)
Die Auseinandersetzung ist heute von Herrn von Beust ein bisschen aufgelöst worden, aber wir haben ein reelles Problem mit den Landesbanken und dazu gehört auch die HSH Nordbank. Was andere sagen, steht erst einmal gar nicht zur Diskussion.
Jetzt hat Herr von Beust aber noch einen weiteren Punkt genannt, Herr Freytag, und ich hätte mich wirklich gefreut, wenn Sie in Ihrem langen Beitrag dazu Stellung genommen hätten. Ich habe es so interpretiert – wenn ich es falsch interpretiert habe, korrigieren Sie mich –, dass auch der wichtige Bereich Shipping der HSH Nordbank in großen Schwierigkeiten steckt. Die HSH Nordbank, so Herr von Beust, muss beispielsweise schnell wieder Schiffe finanzieren können. Im Moment liegen zahlreiche Neubauten auf den Werften. Damit sie weiter gebaut werden können, muss die Finanzierung gesichert sein. Ohne die Bürgschaft vom Bund kann die HSH Nordbank das nicht leisten. Dass der Bürgermeister sagt, wir haben in diesem Bereich eine katastrophale Situation – das bitte ich jetzt wirklich zur Kenntnis zu nehmen –, finde ich gut, um das einmal deutlich zu sagen. Haben Sie das eben beim Finanzsenator gehört? Ich jedenfalls nicht.
Wir haben eine katastrophale Situation und ich habe mich – Wirtschaftsminister Glos ist gewiss nicht mein Parteifreund, Herr Freytag – sachkundig gemacht, wie das denn in diesem Bereich aussieht.
Das möchte ich Ihnen gerne kurz als Zitat vortragen. Das ist eine Umfrage, wie es im Bereich Shipping aussieht.
"Die Abarbeitung der bestehenden Schiffbauaufträge ist infolge der Auswirkung der Finanzkrise und der Zurückhaltung der Kreditinstitute in vielen Fällen akut gefährdet. Es drohen kurzfristig erheblich negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage und die Beschäftigungssituation. Nach Meinung von internationalen Schiffsfinanzierungsexperten kann davon ausgegangen werden, dass ein wesentlicher Teil der weltweit georderten rund 9 800 Schiffe noch nicht finanziert ist."
Es geht darum – das habe ich Ihnen schon mehrmals im Ausschuss gesagt –, Vertrauen in diese Prozesse zu bekommen und das bekommen wir nur, wenn wir ganz offen damit umgehen. Das heißt, es muss, wie Herr von Beust heute im "Hamburger Abendblatt" gesagt hat, offen ausgesprochen werden, dass es nicht nur um Goodbank oder Badbank geht, sondern wir in einem traditionellen, für Hamburg sehr wichtigen Geschäftsfeld eine katastrophale Situation haben und diese Situation nicht ohne Weiteres geheilt wird, wenn wir einen Schirm von 30 Milliarden Euro bekommen.