DIE LINKE hat immer wieder auf Steuergerechtigkeit gedrängt und wird einen Antrag einbringen, in dem eine Bundesratsinitiative gestartet werden kann zur Wiedereinführung der Vermögensteuer.
Wir begrüßen auch, dass Herr Senator Gedaschko das vielfach geforderte Absenken der Steuerlast, wie heute zu lesen war, als wenig wirksam bezeichnet hat. Wir stimmen aber nicht mit Herrn Gedaschko überein, wenn er sagt:
So manches Mal, wenn hier von der CDU etwas gesagt wird, frage ich mich immer: Wo leben Sie eigentlich? Die Menschen haben gar kein Geld um es zu horten, um es einmal deutlich zu sagen.
Dieser Haushalt und das Konjunkturprogramm müssen alle Einwohner im Blick haben. Das ist offenkundig nicht der Fall und es darf nicht so sein, dass die Reichen ein bisschen weniger reich werden, die Armen in Hamburg immer mehr werden und immer ärmer werden. Wir haben eine soziale Spaltung und wenn Herr Freytag sagt: "Hamburg, das ist Lebensqualität pur", dann weiß ich auch, wo er wohnt. Dann kennt er Jenfeld nicht, dann kennt er Großlohe nicht und dann kennt er Billstedt nicht.
Herr Präsident – vielen Dank, Frau Heyenn, dass Sie noch einmal auf diese ungeklärte Betriebsprüferfrage zurückgekommen sind. Ich hatte schon ganz verdrängt, dass wir eigentlich vereinbart hatten, dass das bis zu den Haushaltsberatungen geklärt werden soll. Vielleicht liegt es daran, dass ich gar nicht damit gerechnet hatte, dass Schwarz-Grün das wirklich ernsthaft prüfen will.
Ich habe mich eigentlich gemeldet, um noch einmal fünf Punkte richtigzustellen, die mir entgegengehalten wurden. Einen Punkt hat Herr Völsch mir schon abgenommen, das ist die Finanzierungsdefizitquote, Herr Kerstan. Der Finanzbericht, den wir haben, ist – wie Frau Heyenn sagt – nämlich schon
veraltet. Wenn man das mit der Steuerschätzung aus dem November alles noch einmal nachrechnet, dann ist es eben so, wie wir es schon gehört haben. Die Finanzierungsdefizitquote steigt von unter 3 Prozent in 2007 bis 2009 auf über 9 Prozent. Wenn das ein Kennwert ist, der Sie so beeindruckt, wie Sie gesagt haben, dann sollten Sie das ernst nehmen. Ich biete Ihnen auch an, im Mai, wenn die nächste Steuerschätzung kommt, diesen Wert auch für 2010 auszurechnen. Sie bekommen dann einen Umschlag mit einer Schleife und darin steht das für 2010. Ich will das nicht herbeireden, aber wir sollten uns darauf einstellen, dass der Steuerrückgang für 2009 nicht auf einmal abbricht. Sondern wir müssen uns darauf einstellen, dass die konjunkturelle Entwicklung so weitergeht, wie wir uns das vielleicht nicht wünschen. Aber darauf müssen wir uns vorbereiten.
Der zweite Punkt ist Ihre Kritik, dass ich das durcheinander bringe – Investitionsquote im Kernhauhalt und dann die restlichen Investitionen. Wir können uns gerne darauf verständigen, aber Sie haben doch damit angefangen. Sie haben gesagt, Investitionen beziehen Sie auf die öffentlichen Unternehmen und alles. Und bei den Schulden redet der Senat immer nur vom Kernhaushalt. Sie haben mit der Verwirrung angefangen. Ich bin gerne bereit, lassen Sie uns einigen. Entweder beziehen wir alles mit ein, dann machen wir das in Zukunft alle so, oder wir picken uns immer nur das heraus, was uns passt. Und daraus können Sie dann bitte schön keinen Kritikpunkt machen. Also, wir sollten uns da einigen.
Und wenn wir drittens schon dabei sind uns zu einigen, dann sollten wir uns auch einmal einigen, worüber wir eigentlich reden – Kredite, Schulden und Vermögen. Da sollten wir uns orientieren am Rechnungshof, denn der hat uns im März einen sehr sorgfältigen Bericht vorgelegt. Der Rechnungshof hat uns empfohlen, Kredite, Vermögensverkäufe und die Entnahmen aus Rücklagen gleichermaßen zu betrachten und das mit dem Begriff Defizit zu belegen. Diesen Begriff, Herr Niedmers, benutze ich sowohl im Haushaltsausschuss als auch hier, ich rede vom Defizit. Dass Ihnen das als Begriff nicht passt, glaube ich, weil Sie da ganz alt aussehen, weil Sie auch nicht mehr auf die Vergangenheit hinweisen können, wie das früher unter den SPD-Senaten war. Im Gegenteil: Sie sind 2003 Rekordmeister gewesen im Defizitmachen. 1,9 Milliarden Euro Defizit 2003, zwei Jahre nach Amtsantritt des CDU-Senats, das ist absolutes Nachkriegshoch gewesen. Der letzte Bürgermeister, der einen ausgeglichenen, defizitfreien Haushalt vorgelegt hat, war – wiederum im Rechnungshofbericht nachzulesen – 1989, wenn ich das richtig erinnere, Henning Voscherau. Also reden Sie nicht so über die Vergangenheit, sondern klären Sie das durch klare Begriffe.
Viertens, das Konjunkturprogramm: Da wird am 3. September der Haushaltsplan-Entwurf des Senats vorgelegt, am 3. September war es, glaube ich. Da ist kein Wort von Konjunkturprogramm gesprochen worden – überhaupt nicht. Das ist Ihnen im Nachhinein eingefallen. Da wird auf einmal gesagt: Wir haben sowieso 800 Millionen Euro Mehrkosten, tirili, das ist ab sofort unser Konjunkturprogramm. Das nimmt das Thema nicht ernst. Ich will nicht sagen, dass wir wieder schlauer sind als alle anderen, aber es gibt natürlich Unterschiede. Es gibt Maßnahmen, die geeignet sind Investitionen auszulösen und es gibt solche, die sind es nicht. In diesem Haushaltsplan-Entwurf sind reihenweise Ausgaben, die mit dem Auslösen eines Investitionsprogramms nichts zu tun haben. Darüber wollen wir gerne mit Ihnen gemeinsam sprechen – in dieser Situation – in den Haushaltsberatungen, um die Punkte herauszufiltern, die in der Tat geeignet sind, Investitionen auszulösen für Arbeit, Bildung und Beschäftigung.
Dass die HHLA-Milliarde irgendwo cash auf dem Konto liegt, Herr Kerstan, ist wirklich ein Märchen. Mit dieser HHLA-Milliarde ist es kompliziert, die liegt irgendwo bei der HGV,
die ist zum Teil schon ausgegeben. Aber dass die irgendwo auf der hohen Kante liegt und wir müssen sie nur nehmen, das ist wirklich Kinderkram.
In Wahrheit ist es so, dass die HHLA-Milliarde voll in den Haushalt, in die Bilanz der HGV, eingegangen ist.
Da muss man lange suchen um zu finden, wo sie da noch ist. Jetzt geht es aber eigentlich gar nicht darum, wo das verbucht ist, sondern es geht um ein Versprechen, das Sie gegeben haben. Das Versprechen lautete: Wir haben 3 Milliarden Investitionsbedarf im Hafen bis 2015 – das ist unstrittig gewesen. Zwei Drittel davon waren bisher finanziert über HPA und den Haushalt. Das letzte Drittel, die letzte Milliarde – das war Ihr Versprechen an die Hafenwirtschaft – wird finanziert mit den Erlösen aus dem HHLA-Verkauf. An dieses Versprechen erinnern wir Sie. Wenn Sie das nämlich jetzt ändern, reißen Sie wiederum ein Investitionsloch in die Hafenwirtschaft. Sie können ja sagen und erklären, warum das nötig ist, aber Sie brechen ein Versprechen und daran erinnern wir Sie. Das wäre uns wichtig, dass wir – auch für die Hafenwirtschaft – einmal klären, was aus diesem Investitionsloch wird, wenn Sie die HHLA-Milliarde komplett ab so
fort in Ihren Doppelhaushalt einbringen, indem Sie alle anderen Hafeninvestitionen, die schon eingeplant waren, durch diese Mittel ersetzen. Das ist nicht fair, das ist ein Versprechen, das Sie brechen. Und das können Sie so mit der Hafenwirtschaft und den Beschäftigten nicht tun.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Da der Senatsantrag bereits im Vorwege an die zuständigen Ausschüsse überwiesen wurde, bedarf es keiner weiteren Abstimmung.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 49, das ist die Drucksache 19/1476 in der Neufassung, Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Elftes Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg.
[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: 11. Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg – Drs 19/1476 Neufassung –]
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich heute in der Zeitung geblättert habe, stieß ich auf die Rubrik: Vor 50 Jahren im Abendblatt. Dort werden die aus heutiger Sicht wichtigsten Meldungen der damaligen Zeit beschrieben. Ich habe mich gefragt, was wohl in 50 Jahren vom heutigen Tag bleiben wird. Mit Sicherheit wird man sich auch noch an diesen Beschluss, den wir heute hier fassen wollen, erinnern. Mit dem heutigen Tag geht ein über zehn Jahre dauernder Streit zu Ende. Der heutige Tag versöhnt zwei bis vor Kurzem noch völlig unterschiedliche und widersprüchliche Auffassungen. Mit dem heutigen Tag geben wir dem Volk mehr Mitsprache und setzen unserer eigenen Macht als Abgeordneter Grenzen. Deshalb kann man schon sagen, dass dieser Tag für Hamburg ein historischer Tag ist. Es ist ein guter Tag für die Demokratie und es ist ein sehr guter Tag dafür, dass die Menschen in dieser Stadt ermutigt werden, wieder mehr mitzumachen am Gemeinwesen.
Das ist trotz Finanzkrise und heutigem schlechten Wetter wirklich ein Grund zur Freude. Wir haben das nicht allzu oft in diesem Haus. Möglich gemacht hat das das Bündnis aus CDU und GAL, weil nur wir in der Lage waren, für die heutige Verfassungsänderung den Weg freizumachen. Keine andere Koalition hätte geschafft, was uns gelungen ist. Weder Rot-Grün noch Rot-Rot-Grün hätte
die Zwei-Drittel-Mehrheit gehabt. Rot-Schwarz hätte der politische Wille gefehlt. Mit der SPD und der LINKEN haben wir im Bündnis für Volksentscheide jahrelang zusammengearbeitet. Sie tragen den Antrag der Volksinitiative mit und ich möchte mich dafür heute sehr herzlich bei Ihnen bedanken.
Nun fragt man sich: Was ist denn nun an dieser Konstellation – an Schwarz-Grün – dran, dass sie ausgerechnet bei diesem Punkt den Knoten durchgeschnitten bekommen hat? Es ist diese Koalition, die mit sehr viel unterschiedlichen Blickwinkeln zusammengegangen ist und es möglich gemacht hat, eben diesen Kompromiss aus diesen beiden unterschiedlichen Lagern hinzubekommen. Und ich sage Ihnen auch: Gerade in diesem Fall haben wir erhebliche Handlungsfähigkeit bewiesen. Für die Aushandlung eines Kompromisses in einer so komplizierten Materie wie es die Volksgesetzgebung ist, haben wir es nach einem Jahrzehnt in acht Monaten hinbekommen, einen Vorschlag ins Haus einzubringen, der konsensfähig für eine Verfassungsänderung ist. Das ist nicht alle Tage geschehen in dieser Bürgerschaft. Es ist auch gut, dass wir uns alle in der Frage der Verbindlichkeit von Volksentscheiden auf die heutige Lösung geeinigt haben. Das befriedet den Streit, der wirklich einen Riss durch die Stadt hat gehen lassen und vielen auch die Lust am Mitmachen genommen hat.
Es war aber auch ein juristischer Konflikt. Das Lager derer, die das Repräsentationsprinzip höher bewertet haben, also das Alleinbestimmungsrecht des Parlaments, ist dadurch ebenso gefestigt wie das Lager der sogenannten Direktdemokraten. Jetzt können die Lager verlassen werden. Wir haben mit diesem Vorschlag diese politische Auseinandersetzung beendet.
Zukünftig wird das Wahlvolk, also die Menschen, die das Parlament tatsächlich wählen, die uns wählen, der Maßstab dafür sein, ob ein Volksentscheid erfolgreich ist oder ob er durchfällt. Dieses Parlamentsquorum sichert die Legitimität des Volksentscheids ohne die Hürden zu erhöhen. Ganz im Gegenteil. Hätten wir eine Verfassungsänderung bei der Bürgerschaftswahl im Februar gehabt, wäre diese mit diesem neuen Parlamentsquorum schon bei 40 Prozent der Wahlberechtigten möglich gewesen. Das ist eine deutliche Senkung der bisherigen 50 Prozent, die bisher in der Verfassung stehen und lassen es realistisch erscheinen, eine Verfassungsänderung auch durch das Volk in dieser Stadt möglich zu machen. Das ist ein großer Fortschritt. Es gibt außerdem die Kopplung mit dem Parlamentsvotum, die einzigar
Das wesentliche Element ist aber ganz sicher, dass in dieser Stadt Volksentscheide nicht mehr angetastet werden dürfen, es sei denn, dass es politisch geboten ist. Das Parlament behält die Möglichkeit, Volksentscheide zu ändern. Das Volk erhält aber die Möglichkeit, in diesem Fall darüber abzustimmen, was das Parlament geändert hat. Mit dieser Lösung wird nicht nur dem grundgesetzlichen Rahmen, der die starke Stellung des Parlaments betont, Rechnung getragen, sondern auch dafür gesorgt, dass das Volk in Hamburg das letzte Wort hat. Es spricht für die politische Klugheit der Volksinitiatoren, dass sie solch eine Regelung geschaffen haben und es möglich ist, Volksentscheide durch dieses Parlament zu ändern, wenn es dafür überzeugende Gründe gibt, und zwar die Mehrheit des Volkes überzeugende Gründe. Ansonsten aber gilt: Was das Volk beschließt, müssen die da oben respektieren. Das ist neu und das ist auch das, was uns heute verbindet.
Weitere wichtige Neuerungen sind sicher, dass die Volksentscheide zukünftig in der Regel an Wahltagen zur Bürgerschaft und zum Bundestag stattfinden werden. Es wird auch klargestellt, dass finanzwirksame Volksentscheide zulässig sind. Für uns Grüne ist auch ganz wichtig, dass in dem Verfahren, das bis zu zwei Jahre dauern kann, bis es zum Volksentscheid kommt, das Volk in jeder Stufe im Parlament beteiligt wird. Wir hören demnächst die Initiatoren mit ihrem Anliegen in den Ausschüssen. Wir diskutieren mit ihnen darüber, was sinnvoll und was nicht sinnvoll ist, was es kostet oder nicht kostet. Das ist eine neue Qualität in Zusammenarbeit zwischen zwei Gesetzgebern in dieser Stadt, nicht mehr nur gegeneinander, sondern man spricht auch miteinander über diese politischen Fragen. Das ist ein Fortschritt und darüber bin ich froh.
Ich hatte gesagt, dass das Bündnis von GAL und CDU die Ursache dafür war, dass wir heute eine Zweidrittelmehrheit hinbekommen. Ich will aber auch sagen, dass es überhaupt dazu kommt, dass wir eine Verfassungsänderung im Parlament besprechen, ist das Verdienst der Volksinitiatoren. Erlauben Sie mir, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, dafür insbesondere vier Menschen – heute leider in Abwesenheit – ganz besonders herzlich zu danken, ohne die dieser Erfolg wohl nicht möglich gewesen wäre. Viele von Ihnen werden sie kennen: Angelika Gardiner, Manfred Brandt, Frank Teichmüller und Jürgen Mackensen. Das sind diejenigen, die diese Initiative sehr getragen haben und auch im Trägerkreis in der Stadt dafür gesorgt haben, dass dieses Thema eine brei