Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Abschließend möchte ich Ihnen sagen – und das ist immer der Sinn einer solchen Debatte, Herr Kruse –, dass wir drei Punkte an diese Drucksache herantragen. Ich hoffe, dass Sie dies aufgreifen und diesem Rechnung tragen. Wir erwarten vom Senatsbericht erstens Aufschluss über die Gründe und Verantwortlichkeiten für diese Fehlentwicklung. Darüber ist weder im Kultur-, Kreativwirtschafts- und Tourismusausschuss noch im Haushaltsauschuss gesprochen worden. Zur politischen Verantwortung gehört, dass wir eine solche Fehlentwicklung nicht einfach stillschweigend hinnehmen. Zweitens fordern wir eine genaue Aufschlüsselung, wie denn die massiven Kostensteigerungen gegenfinanziert werden sollen. Auch dies haben Sie bislang relativ pauschal beantwortet. Noch einmal, es geht hier nicht um kleine Summen. Schließlich – auch dies wurde am 26. November en passant mitgeteilt – müssen auch die jährlichen Betriebskosten komplett revidiert werden. Das heißt, wir müssen irgendwann damit anfangen, seriös darüber zu reden, wie das Betriebskostenkonzept dieser Pyramide aussehen soll. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich gebe das Wort Senatorin Professor von Welck.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen aus der SPD-Fraktion, Sie haben Ihren Antrag zur Aktuellen Stunde mit dem Thema "Elbphilharmonie – endlich Aufklärung" überschrieben. Ich teile Ihre Ansicht, dass diese Analyse not

(Dr. Eva Gümbel)

wendig ist. Wie Sie aber wissen – es wurde bereits gesagt –, habe ich am 26. November 2008 in der Sitzung des Kultur-, Kreativwirtschafts- und Tourismusausschusses mit Ihren Fraktionskollegen vereinbart, dass der Senat der Bürgerschaft so schnell wie möglich eine Drucksache zur Kostenund Terminentwicklung bei der Elbphilharmonie vorlegen wird. Die Sitzung des Kultur-, Kreativwirtschaftsund Tourismusausschusses fand drei Stunden nach der Einigung statt. Da kann man nicht erwarten, dass wir schon alles detailliert berichten könnten. Wir werden diese Aufklärung natürlich leisten. Wir werden diese Drucksache wie verabredet am 23. Dezember 2008 in den Senat einbringen und sie dann an die Bürgerschaft zur Entscheidung weiterleiten. Dies alles wissen Sie und werden verstehen, dass ich heute nicht beabsichtige, einen Vorabzug dieser Drucksache zu diskutieren. Mit dieser Drucksache werden wir der Bürgerschaft die Grundlage für die anstehenden Entscheidungen liefern. Wir werden mit der Drucksache um die Bereitstellung von zusätzlichen Haushaltsmitteln für den Bau der Elbphilharmonie in Höhe von 209 Millionen Euro werben und natürlich – das ist mit besonders wichtig – werden wir auch um Unterstützung für dieses Projekt durch die Opposition werben, denn die Elbphilharmonie ist ein Projekt für die gesamte Stadt und da wäre es gut, wenn die Bürgerschaft das Projekt mit großer Mehrheit weiter unterstützen würde.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Mir ist sehr bewusst, dass keine einfachen Diskussionen und Ausschusssitzungen vor uns liegen, denn wir werden auch verlorenes Vertrauen zurückgewinnen müssen. Daher die Frage: Wie wollen wir dies tun? Wir werden dies mit einer Drucksache tun, die zunächst die komplexen Zusammenhänge erläutern wird, die zu den Kostensteigerungen geführt haben. Dass es dabei nicht nur um die Frage gehen kann, wofür wir mehr Steuergelder ausgeben müssen, sondern auch um die Frage, wieso es zu dieser Entwicklung gekommen ist und wo die Ursachen dafür liegen, versteht sich von selbst. All diese Fragen werden wir beantworten. Ich habe in diesem Haus und auch in der Öffentlichkeit erklärt, dass ich es als meine wichtigste Aufgabe betrachte, die Begeisterung für die Elbphilharmonie dort, wo es nötig ist, neu zu entfachen. Daran werde ich zusammen mit allen anderen Beteiligten arbeiten. Ich bin dankbar, dass uns unsere Stifter, gerade auch die Kleinspender, unglaublich unterstützen und sagen, dies sei ein wichtiges Projekt für unsere Stadt, wir sollten weitermachen. Ich persönlich vertraue unserer neuen Geschäftsführung und habe Vertrauen in die grundlegende Neustrukturierung des Projektes, die wir in den letzten Monaten durchgeführt haben. Mir ist jedoch auch klar, dass ich dieses Vertrauen bei Ihnen hier im Hause nur erzeugen werde, wenn ich Ihnen vermitteln kann, worauf meine Überzeugung

gründet. Sie gründet unter anderem darauf, dass wir aus den Fehlentwicklungen der vergangenen Monate gelernt haben. Dass in diesem enorm komplexen Projekt Fehler gemacht worden sind, will niemand bestreiten. Diese Fragen werden wir in den anstehenden parlamentarischen Beratungen mit Ihnen erörtern. Uns geht es jedoch auch darum, ein zutreffendes Bild zu vermitteln. Dieses Bild beinhaltet auch Facetten, die sich nicht in einem einfachen Schwarz oder Weiß abbilden lassen, also in der vereinfachten Frage nach dem Schuldigen oder einer vermeintlichen Ross-undReiter-Diskussion. Ich wiederhole: Das Projekt Elbphilharmonie – und daran führt kein Weg vorbei – ist sehr komplex. Dies zu leugnen hieße, sich einer ernsthaften Diskussion aus politischen Gründen zu verweigern. Das werde ich nicht tun. Ich versichere Ihnen, mit der anstehenden Drucksache werden wir eine solide Entscheidungsgrundlage für das parlamentarische Verfahren schaffen. Ich bin mir sicher, dass die zuständigen Ausschüsse die Fragen mit gleicher Ernsthaftigkeit behandeln werden. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Tschentscher.

Frau Senatorin, Herr Kruse! Wir reden hier über ein Halb-Milliarden-Euro-Projekt und 200 Millionen Euro Mehrkosten zurzeit. Da werden Sie erwarten dürfen, dass wir Sie in der Aktuellen Stunde in Zukunft noch häufiger mit diesem Projekt bemühen werden. Wir reden nämlich von Transparenz der Mehrkosten, die Sie versprochen, aber zumindest bisher nicht geliefert haben.

(Frank Schira CDU: Sie haben es doch ge- rade gehört!)

Den Termin für die Sitzung des Kultur-, Kreativwirtschafts- und Tourismusausschusses haben nicht wir gesetzt, sondern die Behörde. Die Information, die wir an diesem Termin erhalten haben, hätte auf eine halbe DIN-A4-Seite gepasst. Diesen Termin hätten wir uns vom Informationsgehalt sparen können. Da hätten wir gleich die Drucksache abwarten können.

(Beifall bei der SPD)

Nun, Herr Kruse, behaupten Sie, wir kritisierten die Elbphilharmonie. Da haben Sie nicht hingehört. Wir haben bisher nicht mit einem Satz die Elbphilharmonie kritisiert. Wir kritisieren die Art und Weise, wie Sie damit umgehen.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind mit keinem Satz auf das eingegangen, was wir hier vorgetragen haben. Sie reden von

(Senatorin Dr. Karin von Welck)

Wahrzeichen, Bildung, Macht und Pyramiden. Für einen finanzpolitischen Sprecher, Herr Kruse, ist das wenig. Es geht um viel Geld.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kulturbehörde im Ausschuss hartnäckig Angaben darüber verweigert hat, welche Mehrkosten zusätzlich im kommerziellen Teil stecken. Es wurde der Eindruck erweckt, dass dies nicht von Belang sei. Das stimmt mich ein wenig misstrauisch. Frau Senatorin, ich glaube Ihnen, dass Sie uns eine solide Drucksache liefern werden.

(Uwe Grund SPD: Wollen!)

Aber sie muss auch vollständig sein, und deswegen haben wir diesen Termin genutzt, um Ihnen noch einmal klipp und klar zu sagen, was wir von dieser Drucksache erwarten: Sie muss solide und vollständig sein, damit wir endlich die Gelegenheit bekommen, uns ein Bild zu machen. Sie werden nämlich sehr bald eine Entscheidung von uns darüber verlangen, ob wir dieses Projekt in dieser von Ihnen vorgeschlagenen Form weiter finanzieren wollen. Dafür brauchen wir die Fakten. Herr Kruse, darüber sollten Sie sich ein bisschen mehr solide Gedanken machen. Frau Senatorin, Sie sollten jetzt dieses Versprechen zu Weihnachten wenigsten einhalten, dass Sie uns in der Drucksache die Transparenz endlich liefern.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Senatorin Welck, Sie haben gesagt, dass dieses Projekt für die ganze Stadt da ist. Und Sie haben vehement darum geworben, dass das ganze Parlament und alle Fraktionen dem zustimmen. Ich glaube, Sie machen einen kleinen Denkfehler. Die ganze Stadt ist mehr als dieses Parlament. Was ich vor Ort feststellen muss, ist, dass viele Bürger, schon bevor das Projekt angefangen hat, sehr skeptisch waren. Auch ist es nicht vertrauensbildend gewesen, wie sich das Projekt weiter entwickelt hat, sodass die Bürger, die vorher skeptisch waren, überzeugt worden wären, dass das eine gute Sache sei. Bei vielen Bürgern, gerade auch in den Bereichen wie Jenfeld oder Großlohe, wo viele Menschen das Gefühl haben, sie werden nie im Leben in die Elbphilharmonie gehen,

(Lydia Fischer CDU: Aber ihre Kinder!)

herrscht ganz große Skepsis, dass finanzielle Mittel, die eigentlich vor Ort gebraucht werden, in dieses Projekt hineinkommen.

Wenn Sie jetzt sagen, Sie haben aus den Fehlern gelernt, dann müsste man doch zumindest erwarten können, dass es auch den Plan B gibt. Was Sie die ganze Zeit machen, ist Sachzwänge zu schaffen. Sie fangen erst nur mit dem Grundstück an, dann wird Geld nachgeschossen, dann wird es verdoppelt bis zu einem Festpreis, dann gibt es gar keinen Festpreis und dann wird es noch einmal verdoppelt. Die Befürchtung der Bevölkerung und auch bei uns ist, dass auch mit dieser Summe, die jetzt genannt wird, das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Diese Bedenken müssen Sie einfach ausräumen. Die Sachzwänge, die Sie ständig schaffen, werden nicht dazu beitragen, die Bevölkerung in Hamburg zu überzeugen, dass das eine ganz wichtige Investition sei, die allen Hamburgern zugute kommt. Das glauben Ihnen ganz viele nicht.

(Olaf Ohlsen CDU: Das wird ja von Ihnen auch geschürt!)

Nein, wir haben unsere eigene Meinung und die lassen wir uns von Ihnen nicht nehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir waren vor der Wahl der Auffassung, dass dieses Projekt in einer Stadt wie Hamburg mit diesen großen sozialen Gegensätzen zurzeit nicht gebaut werden sollte. Es ist angesprochen worden, dass wir uns auf ein sehr schwieriges Jahr zu bewegen. Wir werden wahrscheinlich Situationen haben, in denen sehr viele Menschen, denen es sowieso schon nicht besonders gut geht, von Erwerbslosigkeit bedroht sind. Auch unter diesem Aspekt wird es sehr schwierig, solange nicht dargelegt wird, dass es auch ein Ausstiegsszenario gibt. Wir können nicht immer wieder Millionen nachschießen, wenn auf der anderen Seite das Geld fehlt, wenn zum Beispiel Büchergeld gezahlt werden muss, Kinder kein warmes Essen bekommen und all diese Sachen.

(Olaf Ohlsen CDU: Sozialneid!)

Deshalb glaube ich, dass Sie es sich einfach zu leicht machen und meinen, die Bevölkerung, die das unterstützen muss – die Hamburger –, sitzt nur hier im Parlament. Wir sind sehr skeptisch und unsere Skepsis ist seither nur gewachsen. Bisher hat dieser Senat nichts dafür getan, die Skepsis für dieses Projekt in irgendeiner Form zu lindern. Deshalb lehnen wir es ab und sagen: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wir sehen, dass es genau darauf hinausläuft und dass es immer mehr Geld kostet. Deshalb sollte man es beenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Dr. Gümbel.

(Dr. Peter Tschentscher)

Liebe Opposition, wir sind sehr bei Ihnen, wenn Sie Transparenz fordern. Wir fordern auch Transparenz und wir sind sehr sicher, dass die Drucksache, die wir zu Weihnachten erwarten, das auch leisten wird. Wir sind aber überhaupt nicht bei Ihnen, Frau Heyenn, wenn Sie sagen, dass wir hier nicht Hamburg sind. Aber selbstverständlich, wir sind die politische Repräsentanz von Hamburg. Was sonst?

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Zum anderen bin ich überhaupt nicht einverstanden, dass diese leidige Debatte ständig so geführt wird, dass Kultur gegen Soziales ausgespielt wird.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Zuruf von Dora Heyenn DIE LINKE)

Wem glauben Sie damit zu dienen? Sie schüren Ängste und bedienen Vorurteile.

(Dirk Kienscherf SPD: Sind 240 Millionen Euro ein Vorurteil?)

Diese Koalition wird in dieser Legislatur 240 Millionen Euro mehr für Schule und Bildung ausgeben, 110 Millionen Euro mehr für Kita-Betreuung im Vorschulalter, 76 Millionen Euro mehr für die Hochschulen und 78 Millionen Euro mehr für den Bereich Soziales. Frau Heyenn, es ist unglaubwürdig, wenn Sie so tun, als würden wir nichts in Soziales investieren.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Dora Heyenn DIE LINKE: Zu wenig, viel zu we- nig!)

Auch ist es eine Beleidigung für die Menschen, die in Jenfeld wohnen, wenn Sie immer so tun, als seien die nicht in der Lage, auch einmal in die Elbphilharmonie zu gehen.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Sie wissen doch gar nicht, wo- von Sie reden! Sie waren noch nicht in Jen- feld!)

Ich weiß sehr wohl, wovon ich rede.

Wir haben aus der Elbphilharmonie ein Haus für alle gemacht. Wir haben dafür gesorgt, dass es ein Education-Programm gibt, das in die Stadtteile geht, weil uns die kulturelle Bildung aller Menschen in dieser Stadt am Herzen liegt. Wo bekommt man denn heutzutage für Kinder und Erwachsene Karten für ein Konzert für 10 Euro? Wo? – In der Elbphilharmonie.