Protokoll der Sitzung vom 02.04.2008

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben eben viele Argumente gehört und sie waren zur Frage der Studiengebühren auch sehr überzeugend. Wir haben auch die Argumente vernommen - vor allen Dingen von der GAL -, warum man den Antrag gegenwärtig nicht abstimmen kann, sondern ihn an einen Ausschuss überweisen will.

Ich will jetzt nicht beurteilen, ob das richtig ist oder nicht, man kann sich vorstellen, was ich darüber denke. Ich will aber auf einen anderen Aspekt eingehen.

Sie haben mit Haushaltsfragen begründet, den Antrag zu überweisen. Es gibt aber einen Zusatzantrag, der mit Haushaltsfragen nichts zu tun hat. Dieser Zusatzantrag hat auch nichts mit der Frage von Seelenheil oder Ähnlichem zu tun, sondern er sagt, solange diese Frage nicht geklärt ist und die Anträge der GAL und der LINKEN im Parlament nicht fertig behandelt sind, sollte es keine Aktion zur Exmatrikulation in dieser Stadt geben. Es ist besonders wichtig, dass die GAL diesem Antrag zustimmt und die Überweisung ablehnt. Es geht um eine demokratische Kultur in dieser Stadt und um die Studentinnen und Studenten, die Sie bei verschiedenen Aktionen unterstützt haben und die gegenwärtig durch Exmatrikulation bedroht sind. Es ist demokratischer Anstand, ein Moratorium darüber zu machen, solange diese Angelegenheit nicht geklärt ist. Das ist genau Ihre Argumentation, die Sie vorgetragen haben. Es ist existenziell und ein wichtiges demokratisches Zeichen, den Vorschlag der CDU, den Antrag zu überweisen, abzulehnen und stattdessen unserem Zusatzantrag zuzustimmen. So viel demokratische Kraft sollte dieses Parlament haben und so viel demokratische Kraft sollte vor allem die GAL haben. – Danke.

(Beifall bei den Fraktionen DIE LINKE und SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Neumann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Lieber Kollege Schira, in dem Augenblick, als es Sondierungsgespräche zwischen der Sozialdemokratischen Partei und der CDU gab, waren Sie noch nicht in dem Amt, das Sie heute bekleiden. Von daher sollten Sie sich nicht darauf verlassen, was andere Leute Ihnen unterjubeln wollen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Ach so, Sie wollen es jetzt dementieren!)

Das sind unrichtige Tatsachen und Behauptungen. Das Wort Lüge darf ich hier nicht benutzen. Was ich aber sagen möchte, da offensichtlich die Vertraulichkeit seitens der CDU fleißig gebrochen wird, sei der Hinweis, dass in Sondierungsgesprächen sehr wohl über die Forderung von Sozialdemokraten gesprochen worden ist,

inwieweit die Studiengebühren abgeschafft werden. Die CDU zeigte in diesem Sondierungsgespräch die gleiche inhaltliche Beliebigkeit und das gleiche inhaltliche Desinteresse, wie wahrscheinlich auch jetzt bei der GALKoalitionsverhandlung, indem eingeräumt wurde, man könne selbstverständlich darüber reden, man müsste sich lediglich darüber verständigen, wie man es finanziert. Inhaltlich waren aber die Verhandlungspartner, unter anderem der Erste Bürgermeister mit Michael Naumann, mit Ingo Egloff, mit Inka Damrau und mir einer Meinung, dass Studiengebühren abgeschafft gehören. So viel zum Thema Sondierungsgespräche. Erinnern Sie sich daran, fragen Sie Ihren Bürgermeister, stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei den Fraktionen SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann schreiten wir jetzt zur Abstimmung. Der Abgeordnete Dr. Steffen hat mich wissen lassen, dass er an der Abstimmung nicht teilnehmen werde.

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 19/29, 19/39 und 19/89 an den Verfassungsausschuss zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist mehrheitlich so beschlossen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Haben Sie mal gezählt? Wir wollten eine getrennte Abstimmung für alle drei Anträge!)

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 27 aufrufe, teile ich Ihnen das Wahlergebnis für die Wahl eines Mitgliedes des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas mit. Abgegebene Stimmen 117, davon entfielen auf Frau Machaczek 88 Ja-Stimmen bei 19 Nein-Stimmen und 10 Enthaltungen. Damit ist Frau Machaczek gewählt.

(Beifall bei der CDU-Fraktion - Zuruf: Was ist mit den anderen Anträgen?)

- Ich bitte um Nachsicht. Um welche Anträge soll es sich handeln?

(Zuruf: 19/29, 19/39 und 19/89, Herr Präsident!)

- Ich habe alle drei Anträge, sowohl 19/29, 19/39 als auch 19/89 aufgerufen. Allesamt sind mehrheitlich an den Verfassungsausschuss überwiesen worden.

Tagesordnungspunkt 27, Drs. 19/30, Antrag der SPDFraktion: Kindertagesbetreuung in Hamburg ab August 2008: kostenfreies Mittagessen und Beitragsfreiheit im letzten Jahr vor der Einschulung.

[Antrag der Fraktion der SPD: Kindertagesbetreuung in Hamburg ab August 2008: kostenfreies Mittagessen und Beitragsfreiheit im letzten Jahr vor der Einschulung - Drs. 19/30 -]

Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion an den Verfassungsausschuss überweisen. Das Wort wird gewünscht von der Abgeordneten Veit.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wahl liegt fast sechs Wochen zurück. Der eigentlich abgewählte Senat ist immer noch im Amt und für Hamburgs Wählerinnen

und Wähler hat sich konkret bisher nichts verändert und erst recht nichts verbessert. Die schwache Begründung, die die CDU eben gegen die Abschaffung der Studiengebühren lieferte, war fast zynisch.

(Beifall bei der SPD-Fraktion - Zuruf von Klaus- Peter Hesse CDU)

- Ja, Herr Hesse, und noch immer grinsen einige von Ihnen selbstgefällig in der Gegend herum, wenn es um die existenziellen Probleme der Menschen in dieser Stadt geht.

(Zurufe: Oh, oh!)

- Und Ihre Zwischenrufe sind auch nicht intelligenter geworden.

(Beifall bei der SPD-Fraktion - Klaus-Peter Hesse CDU: Das liegt an Ihren Redebeiträgen!)

Aber, meine Damen und Herren, glücklicherweise wird es hier und heute hoffentlich gleich einen guten Schritt vorangehen für Hamburgs Familien. Die Wählerinnen und Wähler wollten die Beust´sche Sozialpolitik nicht mehr und offenbar haben Sie von der CDU das zumindest in Teilen auch verstanden. Wie man hört, haben Sie sich gestern auf den letzten Drücker in den achtstündigen Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, dass das letzte vorschulische Jahr, also die Bildung für alle Fünfjährigen vor der Schule, kostenfrei werden soll. Dieses Vorhaben ist Inhalt unseres Antrags, der heute zur Abstimmung liegt. Wir sind schon ein wenig stolz darauf, dass es wiederum Sozialdemokraten sind, die wesentliche Inhalte und die Richtung der Hamburger Kindertagesbetreuung beschreiben.

(Beifall bei der SPD-Fraktion)

Nun ist Ihr Verhandlungsergebnis nicht besonders effektiv. Statt stundenlang zu verhandeln, hätten Sie von der GAL heute auch direkt zustimmen können, denn gerade für solche Themen haben uns die Wählerinnen und Wähler …

(Unruhe im Hause - Glocke)

Frau Abgeordnete, da werden wichtige Dinge verhandelt. Ich hätte die herzliche Bitte, das etwas leiser oder draußen zu tun, sonst kommt die Rednerin nicht zu Wort. Fahren Sie bitte fort.

Statt stundenlang zu verhandeln, hätten Sie hier und heute auch direkt zustimmen können. Schließlich haben uns die Wählerinnen und Wähler ja gemeinsam mit einer komfortablen Mehrheit für diese Vorhaben ausgestattet.

(Beifall bei der SPD-Fraktion und bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Das ganze Theater hätten Sie sich schenken können. Hier war kein Kompromiss gefordert. Hier hätte es gereicht, wenn Sie Ihre Wahlversprechen ernst nehmen, Frau Goetsch, und für das stimmen, was Sie den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl, und auch Sie, Frau Blömeke, versprochen haben.

(Beifall bei der SPD-Fraktion)

Aber nun haben Sie diese Kuh vom Eis und es passt auch wirklich wie die Faust aufs Auge, dass Sie hier und

heute gleich Nägel mit Köpfen machen können und das Gesetz zur Umsetzung dieses Vorhabens gleich beschließen und, Herr Beuß, die Deckung dafür ist dann auch vorhanden. Sie werden sich das dann später, wie auch bisher, auf Ihre Fahnen schreiben, aber auch das soll uns recht sein zum Wohl von Hamburgs Kindern.

(Beifall bei der SPD-Fraktion)

Das zweite Anliegen unseres vorliegenden Antrags ist die Abschaffung der Kosten für das Mittagessen in Hamburgs Kindertagesstätten. Die CDU fand es ja gut und richtig, auch hier noch abzukassieren, und zwar gleichmäßig und in gleicher Höhe bei allen, ohne soziale Staffelung, was bei den Mindestbeitragszahlern im Kindergarten eine Erhöhung der Kindergartengebühr um 50 Prozent bedeutete. Wir waren dagegen, die GAL war dagegen und wir sind von den Wählerinnen und Wählern auch hier mit einer Mehrheit ausgestattet worden, um diese unsoziale Abzockgebühr, die den Kindern schadet und die soziale Schere noch weiter öffnet, wieder abzuschaffen. Es ist ein klarer Wählerauftrag, den man entweder erfüllen oder missachten kann - jetzt, hier und heute.

(Beifall bei der SPD-Fraktion und bei Kersten Artus DIE LINKE)

Die Menschen, die Eltern und Familien in dieser Stadt müssen diese Kosten Monat für Monat aufbringen. Viel schlimmer ist, dass viele diese Kosten nicht aufbringen können und ihre Kinder dann kein warmes Essen bekommen. Es ist überhaupt nicht vermittelbar, warum Sie das aus koalitionstaktischen Gründen noch weiter hinausschieben wollen.

B (Beifall bei der SPD-Fraktion und bei Kersten Artus und Dr. Joachim Bischoff, beide DIE LINKE)

Stimmen Sie jetzt zu. Sie haben es Ihren Wählerinnen und Wählern versprochen. Bei der Politik für Hamburgs Kinder, vor allem für die Kleinen, ist es nämlich anders als bei Ihren Diskussionen über Kraftwerke und Ähnliches. Bei den Kindern ist jede Woche, die sie in ihrer Entwicklung verlieren, von Bedeutung. Da ist jedes Mittagessen, das die Kinder wieder bekommen, für ihre Entwicklung wichtig oder hat sich Ihre Meinung da geändert, Frau Goetsch?

(Christa Goetsch GAL: Nein!)

Deswegen gehe ich auch davon aus, dass Sie unseren Antrag nicht auf die lange Bank schieben, damit Sie ihn in ein paar Wochen als Verhandlungserfolg präsentieren können. Dieses ist heute schon auch eine Stunde der Wahrheit. Waren die Wahlversprechen leeres Gerede oder können sich die Menschen auch darauf verlassen, was ihnen vor der Wahl versprochen wurde. Da gibt es auch nichts mehr zu beraten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD-Fraktion)

Wir haben dieses Thema hier und auch im Ausschuss immer und immer wieder mit Experten und im Detail besprochen. Die Kosten sind bekannt. Es handelt sich um etwa 7 Millionen Euro jährlich für alle Hamburger Kinder in Betreuung. Das sind über 50.000 Kinder. Diese Vorlage ist beschlussfähig. Nach der Wahl ist vor der Wahl und passen Sie auf, dass hier nicht der Eindruck entsteht, dass Ihnen die Fleischtöpfe des Senats wichtiger sind als die Suppenschüsseln in den Kindertagesstätten. - Danke.

(Beifall bei der SPD-Fraktion)