Es ist nicht einfach für mich, wenn wir in den Themen wechseln. Kurzarbeit ist ein wichtiges Thema und ich hoffe, wir bleiben bis zum Schluss der Debatte dabei. Um einmal eine Grundthese hineinzubringen: Wir sollten eine Lanze für die Kurzarbeit brechen. Es gibt momentan Tendenzen in der Presse zu sagen, Kurzarbeit sei zu teuer. Es ist wichtig und wir sollten durchaus überlegen, das auf
24 Monate auszuweiten. Das würde bedeuten, dass Herr Scholz, da Sie es angesprochen haben, dieses durch die Bundesagentur mitfinanzieren und gewährleisten müsste. Und das ist doch ein Ziel, das wir gemeinschaftlich verfolgen sollten. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Tag der Arbeit in Zeiten der Krise – qualifizieren statt entlassen! Wenn wir zur Vorbereitung auf den Tag der Arbeit von einem führenden Gewerkschaftsvertreter hören, dass die große Warnung vor Massenarbeitslosigkeit schon einmal in den Raum gestellt werde oder soziale Unruhen befürchtet würden, dann ist das der völlig falsche Einstieg in den Kampf gegen weitere Erwerbslosigkeit.
Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen, Frau Badde: Wir waren im Wirtschaftsausschuss schon wesentlich weiter, als Sie uns heute dargestellt haben. Wir haben uns im Wirtschaftsausschuss gerade anhand Ihres qualitativ sehr guten Antrags auf viele Dinge verständigt. Wir haben uns darauf verständigt, dass es eine große Einigkeit zum Beispiel über die Notwendigkeit der Maßnahmen der Qualifizierung, sprich der Jugendsofortprogramme, gibt. Wir haben gemeinsam die interne Gemengelage von Herrn Steil und Herrn Bösenberg beobachtet, an welchen Stellen sie sich schon in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses deutlich voneinander unterschieden. Und wir wissen auch, dass Arbeitsminister Scholz gerne auf der Seite von Herrn Steil steht, nicht immer auf der Seite von Herrn Bösenberg
und schon gar nicht immer auf der Seite der Wirtschaftsbehörde. Da wünschen wir uns ein bisschen mehr Unterstützung, um dies einmal deutlich zu sagen.
Die von Ihnen eingeforderten Maßnahmen – da schaue ich noch einmal in den Bericht des Wirtschaftsausschusses – haben Sie in der Wirtschaftsausschussdiskussion mit zielgruppenorientierter Konzentration von Qualifizierungs- und Vermittlungsmaßnahmen in einem Begriff zusammengefasst. Sie haben aber gleichzeitig gesagt, dass die vorhandene Mittelausstattung der Behörde dafür ausreiche, sodass wir inhaltlich über den Antrag diskutieren konnten und das haben wir gemacht. Die vielen Punkte, die Frau Dr. Hochheim aufgeführt hat, wiederhole ich hier nicht, aber wir sind
uns einig gewesen, dass es ein gut geschnürtes, differenziertes Maßnahmenpaket Qualifizierung, Weiterbildung, aber auch Unterstützung der einzelnen Betriebe zum Schutz vor weiterer Erwerbslosigkeit geben muss. Sie haben im Wirtschaftsausschuss nicht gesagt, das sei doch alles Quatsch, was die Wirtschaftsbehörde mache und das helfe alles nichts, sondern wir haben uns darauf verständigt, dass Sie zwar gerne
eine Umverteilung der Mittel hätten, aber bei den Maßnahmen den großen Streit nicht weiter führen. An der Stelle hätte ich heute auch gerne begonnen, aber leider haben Sie alles noch einmal neu aufgerollt und so kommen wir natürlich nicht voran. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Abgeordnete! Das Thema lautet: Tag der Arbeit in Zeiten der Krise – qualifizieren statt entlassen! Es wäre doch wirklich zu wünschen, dass die Unternehmensleitungen sich dieses zu Herzen nehmen würden und ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auch ein sozialer und verantwortungsbewusster Vertragspartner sein würden. Die SPD forderte in ihrem Antrag Qualifizierungsinitiative ein aktives Zugehen auf Unternehmen und Personalleitung, um sie dafür zu gewinnen, die Möglichkeiten und Notwendigkeiten einer Qualifizierung in bestehenden Arbeitsverhältnissen verstärkt zu nutzen. Das ist nur ein Punkt dieses Antrags. Im Ausschuss bestand Einigkeit über die Forderung und der Senat steht dem aufgeschlossen gegenüber. Wir können auf den Bericht zur Qualifizierungsinitiative im vierten Quartal dieses Jahres hoffen, was dann auch regelmäßig passieren soll. Eine Zusammenarbeit mit team.arbeit.hamburg und der Agentur für Arbeit ist dringend notwendig und bestimmt auch noch ausbaufähig.
Interessant dürfte die Berichterstattung über fehlende Fachkräfte in Hamburg in Gegenüberstellung von erfolgten Weiterbildungsmaßnahmen sein, denn die Realität sieht zurzeit leider etwas anders aus. Immer und überall bekommen wir zu hören, die Kosten laufen uns weg, die Umsätze brechen uns weg, die Personalkosten sind zu hoch, wir haben Überkapazitäten und wir müssen entlassen. Gott sei Dank haben in Hamburg Unternehmen den Weg zur Kurzarbeit gewählt, statt Entlassungen auszusprechen. Hier nehmen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Einbußen in Kauf, um ihren Arbeitsplatz zu retten; ich hoffe, es klappt. Und auch wenn das Programm erweitert werden sollte,
Auf der anderen Seite werden in vielen Branchen Fachkräfte gesucht, woher sollen die denn kommen? Für viele Unternehmen ist das Bedürfnis nach mehr Wissen in den Reihen ihrer Arbeitnehmer nur ein lästiges Anliegen, weil es immer nur mit Kosten zu tun hat. Die Personalchefs sehen es lieber, dass die Weiterbildungswilligen ihr Können und Wissen außerhalb der Arbeitszeit erwerben, um es dann wieder zur Verfügung zu stellen. Und wenn die Meldungen auch nur zum Teil so eintreffen wie die Medien heute und gestern berichtet haben, wird es noch schlimmer werden auf dem Arbeitsmarkt. Soll es denn so weitergehen, heute heuern, morgen feuern und übermorgen suchen wir ausgebildete Fachkräfte?
Günstig und willig sollen sie sein, die Fachkräfte von morgen; das ist falsch. Wir brauchen Fachkräfte, die hier ihre Arbeit finden und ihr Auskommen mit dem Einkommen erzielen. Genauso schlimm für die Menschen sind befristete Arbeitsverträge und die Ausnutzung von Praktikanten und Auszubildenden sowie das entgeltlose Einarbeiten in neue Bereiche und neue Arbeitsstellen, wie es gerne betrieben wird. Es gibt Probezeiten, in denen man sich die Leistung der Menschen genau ansehen kann. Kostenloses Einarbeiten ist meiner Meinung nach nicht notwendig.
Was wir auch immer wieder anmahnen, sind immer wiederkehrende Überstunden, die immer öfter Folge der verfehlten Personalpolitik sind. Ich spreche hier nicht von mal länger arbeiten und mal länger bleiben, sondern von Stunden, die eigentlich schon Bestandteil der Personalplanung sind und kostenmmäßig vollkommen unter den Tisch gekehrt werden. Das kostet letztendlich auch Arbeitsplätze. Sicher sind alle gefragt, in schweren Zeiten die Ärmel hochzukrempeln und fünf einmal gerade sein zu lassen, aber nicht immer wieder auf dem Rücken der Beschäftigten.
Dazu passend habe ich eben noch ein Gedicht erhalten von einem Kollegen, das genau in diese Zeit passt. Es stammt aus dem Jahre 1930.
"Wenn die Börsenkurse fallen, regt sich Kummer bei fast allen. Aber manche blühen auf: Ihr Rezept heißt Leerverkauf. Wenn in Folge Banken krachen, haben Sparer nichts zu lachen, und die Hypothek aufs Haus, heißt, Bewohner müssen raus. Trifft’s hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken, auch die Spekulantenbrut zittert jetzt um Hab und Gut. Soll man das System gefährden? Da muss eingeschritten werden: Der Gewinn, der bleibt privat, die Verluste kauft der Staat. Dazu braucht der Staat Kredite, und das bringt erneut Profite, hat man doch in jenem Land die Regierung in der Hand. Für die Zechen dieser Frechen hat der kleine Mann zu blechen und – das ist das Feine ja – nicht nur in Amerika! Und wenn die Kurse wieder steigen, fängt von vorne an der Reigen ist halt Umverteilung pur, stets in eine Richtung nur. Aber sollten sich die Massen dies bald nimmer bieten lassen,…"
Herr Präsident, werte Damen und Herren! Qualifizieren statt entlassen. Das mit dem Nicht-Entlassen in Kurzarbeit ist ein Thema, was auf eine erfreuliche Art und Weise funktioniert. Aber das Kernthema, über das wir heute reden, funktioniert überhaupt nicht. 150 Millionen hat der Bund bereitgestellt für das Thema Qualifikation von Menschen, die in Kurzarbeit sind. Noch nicht einmal eine Million Euro ist aber tatsächlich abgeflossen. Das heißt, dieses Instrument des Bundes funktioniert von hinten bis vorne überhaupt nicht. Und das ist etwas, was in dieser Diskussion leider völlig ausgeblendet wird. Es ist so schön, wenn man Maßnahmen hat, wunderbar, aber sie müssen auch tatsächlich genutzt werden und sie müssen funktionieren. Wenn ich 150 Millionen Euro für Qualifikationen zur Verfügung stelle und noch nicht einmal eine Million Euro fließt, dann funktioniert dieses Instrument des Bundes eben nicht. Dann stellt sich natürlich die Frage – ich will
Die Situation ist sicherlich so – da komme ich auf etwas zurück, was Frau Möller gesagt hat –, dass wir uns wünschen würden, in Hamburg in der Arbeitsmarktpolitik wesentlich ortsnähere Instrumente einzusetzen und nicht ferngelenkt aus Nürnberg mit Instrumenten arbeiten zu müssen, die offenkundig nicht funktionieren.
Und das ist besonders wichtig, wenn es um den Bereich der Qualifikation geht. Hier zeigt es sich, dass die Instrumente, so gut sie gemeint sind, eben nicht gut am Markt ankommen. Deshalb haben wir insbesondere bei den Planungen zum Europäischen Sozialfonds seitens der Hansestadt Hamburg und mit Unterstützung der Europäischen Union die Dinge korrigieren müssen, die offenkundig nicht laufen. Das heißt, wir werden insbesondere die Weiterbildungsträger in diese Richtung fortbilden und sie dort mitnehmen, wo die Unternehmen sie wirklich brauchen, denn hier scheint eine Diskrepanz zu sein. Die Angebote der Weiterbildungsträger gehen an den Bedürfnissen der Unternehmen vorbei. Aber es geht auch um einen zweiten Punkt und hier müssen wir gemeinsam auf die Beschäftigten in den Betrieben hinwirken, denn häufig ist die Bereitschaft, an Qualifikationsmaßnahmen mitzuwirken, extrem gering ausgeprägt.
Meine Damen und Herren! Es gibt aber auch positive Beispiele, die zeigen, dass es funktionieren kann. Es ist das 500er-Programm von Frau Dr. Hochheim angesprochen worden, ich möchte das einmal konkretisieren. Das ist ein Programm aus Hamburg, das für Hamburger Unternehmen funktioniert. Jüngstes Beispiel: Sie alle kennen die schwierige Situation der Halbleiterwirtschaft. Sie kennen das Hamburger Unternehmen NXP. Wir haben mit NXP verhandelt und wir haben so verhandelt, dass am 14. April der Bewilligungsbescheid herausgehen konnte. Für 1,2 Millionen Euro werden dort 407 Mitarbeiter fortgebildet. Wir haben dafür auch die Garantie erhalten, dass diese Mitarbeiter für einen Mindestzeitraum von drei Jahren nicht entlassen werden. Das heißt, in Hamburg ist mehr Geld abgeflossen als in der gesamten Bundesrepublik Deutschland für Weiterbildung bei einem einzigen Unternehmen und das ist Erfolg.
Meine Damen und Herren! Wir sind jetzt in der Zeit nach Paragraf 22, Absatz 3.3. Das Wort bekommt der Abgeordnete Rose.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde mich darauf beschränken, auf die letzten Bemerkungen von Herrn Senator Gedaschko einzugehen, wenngleich ich mich eigentlich darauf eingestellt hatte, den ersten Teil des angemeldeten Themas, nämlich 1. Mai, Arbeitnehmer oder Hamburg im Zeichen der Krise, noch einmal anzusprechen.
Herr Gedaschko, ich glaube, es ist ein großer Fehler, wenn Sie den Versuch unternehmen, in der Frage der Verantwortung für die Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit die Bundesregierung und den Hamburger Senat auseinanderzudividieren und dabei die Bundesagentur für Arbeit mit zu instrumentalisieren. Inwieweit wirksame Maßnahmen in ausreichendem Ausmaß in dieser Stadt tatsächlich angewendet und umgesetzt werden können, ist keine Frage, bei der Sie sagen können, das sei Hamburg nicht zugelagert, das könne hier nicht entschieden werden.