Es freut mich auch, dass die SPD mit dem Antrag eines signalisiert: Obwohl teilweise sonst der Vorwurf besteht, unsere Schulreform wolle zuviel und die Bildungsoffensive sei zu umfassend, geht es Ihnen bei dem schwierigen Thema der Inklusion nicht schnell genug. Wenn Sie uns nun bescheinigen und selbst sagen, das ist durchaus möglich, dass wir das rasch machen,
dann glaube ich auch, dass Sie mit uns die Vision teilen, dass die umfassende Reform des Hamburger Schulsystems überhaupt schnell und flächen
deckend möglich ist. Und Sie bescheinigen uns, das ist auch wichtig, dass die Kinder mit Förderbedarf von der inklusiven Beschulung profitieren können, die Kinder ohne besonderen Förderbedarf darunter aber nicht leiden. Das ist auch unsere wesentliche Aussage generell zur Schulreform, zur Einführung von individualisiertem Lernen und von längerem gemeinsamem Lernen. Diese Botschaft gemeinsam immer wieder in die Stadt zu tragen, ist wichtig.
Wichtig ist die Frage, wie führen wir das in Hamburg Bestehende zusammen – Integrationsklassen, integrative Regelklassen, die integrativen Förderzentren und natürlich das vorhandene sonderpädagogische Know-how in den Sonder- und Förderschulen –, um die UN-Behindertenrechtskonvention gut umzusetzen. Dafür müssen wir den Dialog führen und diesen Dialog mit den Verbänden und den Betroffenen haben wir schon länger eröffnet, was Frau Gregersen schon gesagt hat. Mit dem Antrag der SPD findet dieser Dialog jetzt auch Eingang in die parlamentarische Diskussion; das freut mich. Lassen Sie uns gemeinsam beraten, welche Maßnahmen und Schritte wirklich zielführend sind, denn eines ist für uns klar: Eine Schule, die die Unterschiedlichkeit der Kinder in allen Punkten wahrnimmt und diese Unterschiedlichkeit als Chance versteht, ist unser gemeinsames Ziel, wie die Debatte heute gezeigt hat. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Dezember 2008 unterzeichnete die Bundesregierung die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das war nach zwei Jahren großer Zögerlichkeit. Alle, die beteiligt waren und den Originaltext in englischer Sprache kannten, haben einen gravierenden Übersetzungsfehler nicht bemerkt, außer Herrn Grund und ein paar anderen.
Was ist nun der Unterschied zwischen Integration und Inklusion. Im Grunde sind das pädagogische Schlüsselbegriffe. Unter Integration versteht man eigentlich, wenn ich das jetzt auf Klassen zurückführe, dass alle Klassen homogen sind, und wenn jemand aus diesem homogenen Muster heraus fällt, dann muss man ihn solange bearbeiten, bis er hineinpasst, bis er integriert ist. Für Kinder mit Behinderung bedeutet das, dass alle Kinder, seien sie behindert oder nicht behindert, das Recht auf gemeinsame Beschulung haben, aber nur dann, wenn sie in der Lage sind, sich den Bedingungen, die das System Schule vorgibt, anzupassen.
Inklusion ist ein pädagogischer Zentralbegriff. Man geht davon aus, dass es gar keine homogenen Klassen gibt – was ich auch glaube –, dass es nur heterogene Klassen gibt und es daher viel wichtiger ist, jeden Einzelnen zu fördern. Das ist auch das Konzept der jetzigen Schulsenatorin, möglichst viel Individualisierung und persönliche Förderung, weil man davon ausgeht, dass es nur heterogene Klassen gibt. Wenn ich heterogene Klassen habe, dann habe ich ein inklusives System. Das bedeutet für Kinder mit Behinderung, dass eine gemeinsame Beschulung aller durchgeführt werden kann, ohne dass Bedingungen der Anpassung an das System Schule gestellt werden, und dass sich die Schule auf die Kinder einstellt und alle materiellen und ideellen Voraussetzungen für eine optimale Förderung der ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellt.
Wenn wir ein inklusives Schulsystem aufbauen wollen, hat das natürlich erhebliche Folgen: a) materielle und b) müssen wir natürlich alle auch unsere Einstellungen ändern. Ich will nur ein Beispiel aus meiner Schule nennen. Wenn ich mich weit und breit umsehe – wir haben inzwischen an die 1 000 Schüler –, sind kaum Kinder mit offenbaren Behinderungen vorhanden. Dann gab es den Fall, dass ein Schüler in der elften Klasse krebskrank wurde, Chemotherapie bekam und einen Rollstuhl brauchte. Sie glauben nicht, was das für ein Theater war, dass dieser Junge weiter am Unterricht teilnehmen konnte. Es gab einen Fahrstuhl, aber zu diesem Fahrstuhl hatte nur der Hausmeister einen Schlüssel. Immer wenn er in die Fachräume für Chemie und Biologie wollte, musste der Hausmeister mit einem Schlüssel kommen. Das war eine Desavouierung dieses Jungen ohne Ende. Da haben wir zum ersten Mal gemerkt, was für ein Problem wir haben mit der Integration von Menschen mit einer einfachen körperlichen Behinderung, nämlich dass sie nicht laufen können. Da müssen wir ganz viel tun, da muss ganz viel investiert werden und wir müssen ganz viel ändern. Wir müssen therapeutische Räume bereitstellen, wir müssen das Fachpersonal bereitstellen und wir müssen natürlich auch die Bedingungen bereitstellen.
Wie ist die Situation in Hamburg? Wir haben ein sehr differenziertes, ausgebautes Sonderschulsystem, da sind wir in Hamburg Weltmeister, und wir haben zwei hauptsächliche Beschulungsarten für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen. Wir haben einmal die Integrationsklassen, wir haben seit 1971 an 35 Standorten die integrativen Regelklassen und wir haben die CDU-Variante der Sonderpädagogik, nämlich die sonderpädagogischen Förderzentren. Gerhard Lein hat sehr ausführlich und sehr plastisch noch einmal die Historie dargestellt, deshalb will ich dazu weiter gar nichts sagen.
schrift "Integration von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Betreuung kranker Schülerinnen und Schüler" haben wir Regelungen. Im ersten Absatz, das finden wir ganz positiv, steht, dass den Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ein Rechtsanspruch auf den Besuch einer allgemeinen Schule mit Anspruch auf integrative, müsste heißen inklusive, sonderpädagogische Förderung zugesprochen wird.
[…] soweit nicht aus inhaltlichen oder organisatorischen Gründen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel eine gesonderte Förderung in Lerngruppen mit sonderpädagogisch ausgerichtetem Unterricht erforderlich und zweckmäßig oder von den Sorgeberechtigten gewünscht ist."
Das bedeutet, diese inhaltlichen Gründe können einer gemeinsamen Beschulung entgegenstehen, und man hat im Grunde auch Finanzierungsvorbehalte; wenn die Bedingungen nicht so sind, dann kann das eben nicht funktionieren.
Wir sind der Auffassung, dass alle allgemeinbildenden Schulen umgerüstet werden müssen auf Barrierefreiheit und eingerichtet werden müssen mit physio- und ergotherapeutischen Maßnahmen. Es ist von Herrn Senator Wersich darauf hingewiesen worden: Für die UN-Konvention zu sein ist das eine, sie umzusetzen ist das andere, das dauert Zeit. Es muss aber angepackt werden und deshalb müssen wir auch wirklich darauf achten, dass es jetzt losgeht.
Was uns nicht gut gefällt, ist die Änderung, so ist mir jedenfalls berichtet worden, die in der Deputation vorgenommen wurde, dass der Paragraf 12 Absatz 2 geändert wurde, dass die Behinderungsarten jetzt aufgeführt werden und der Förderbedarf per Gutachten festgestellt werden muss. Insgesamt ist es so, dass die Testung von Schülern den Schülern immer sehr zu schaffen macht; das gilt insbesondere für Kinder mit Behinderungen.
Deshalb finden wir diesen Weg nicht gut, denn seit 1971 haben integrative Regelklassen bis zum Ende der vierten Klasse auf aktenmäßige Feststellung von Lernbehinderungen, Sprachbehinderungen oder sonstigem pädagogischem Förderbedarf aus gutem Grund verzichtet. Man ist davon ausgegangen, wenn man das frühzeitig macht, ist es so eine Art Etikettierung, führt zu einer Stigmatisierung und kann auch die Leistungsmotivation der Einzelnen sehr schwächen. Deswegen hat man das nicht gemacht und unsere Forderung ist: Integrative Regelklassen werden Regelangebot, vordringlich werden sie in sozialen Brennpunktgebieten eingerichtet und in stark sozial belasteten Gebieten muss eben Sonderpädagogik ambulant an
geboten werden. Langfristig sollten Förder- und Sprachheilschulen auslaufen und in die Regelschulen integriert beziehungsweise inklusiv eingebunden werden.
Wir begrüßen den Vorstoß der SPD, wir begrüßen insbesondere auch das, was Herr Lein eben vorgetragen hat, und wir sind auch für eine Inklusionsinitiative und hoffen, dass wir jetzt zu Potte kommen.
Zunächst zum Überweisungsbegehren der SPDFraktion. Wer diesem folgen und die Drucksache 19/2909 an den Sozial- und Gleichstellungsausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig überwiesen.
Wer nun die Drucksache 19/2910 an den Schulausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist einstimmig passiert.
Wir kommen zu Punkt 43 der Tagesordnung, Antrag der GAL- und CDU-Fraktion: Zentrumsentwicklung für Bramfeld vorantreiben – Projekte verknüpfen.
[Antrag der Fraktionen der GAL und CDU: Zentrumsentwicklung für Bramfeld vorantreiben – Projekte verknüpfen – Drs 19/2951 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nein, ich komme nicht aus Bramfeld, aber ich rede jetzt über Bramfeld.
Zentrumsentwicklung vorantreiben und Projekte verknüpfen lautet die Überschrift, die die Koalitionsfraktionen diesem Antrag gegeben haben. Bramfeld ist ein Stadtteil, in dem es seit Jahren Entwicklungsdruck gibt und auch gewisse Entwicklungshemmnisse. Dort gibt es ein Einkaufszentrum, das sich unabhängig von diesem Antrag jetzt schon auf einem guten Weg befindet, jedenfalls scheint sich dort eine Lösung abzuzeichnen. Aber es gibt weitere Dinge, die wir in unserem Antrag aufgegriffen haben. Da ist zunächst einmal der Endpunkt der geplanten Stadtbahn, von dem wir uns wünschen, dass der möglichst nah an das neue Zentrum herangeführt wird, und dann gibt es weiterhin ein Bürgerhaus, das von vielen aktiven Bürgern dort gewünscht wird. Es soll untersucht
werden, ob es möglich ist, dies im Rahmen der Zentrumsentwicklung mitzuerrichten, eventuell auch als Kooperationsprojekt.
Ein weiterer Punkt, der in Bramfeld auch schon seit Jahren heiß diskutiert wird, ist die sogenannte Kulturinsel. Dazu gibt es auch schon die sagenumwobene Drucksache 19/2347, mit der ein Inhalt des Koalitionsvertrags abgearbeitet wird, das heißt, die Kulturbehörde wird die Umsetzbarkeit prüfen. Im Falle der Umsetzung der Kulturinsel würden wir dort einen Veranstaltungssaal, ein Stadtteilkino und auch rückwärtigen Wohnungsbau bekommen.
Und damit kommen wir dann auch zum letzten Punkt des Antrags, der sich wünscht zu prüfen, ob es im Bereich des Bramfelder Zentrums möglich ist, eine weitere Nachverdichtung zu betreiben und weitere Wohnbevölkerung in diesen Stadtteil hereinzubekommen.
Ist Bramfeld – ich hörte gerade wieder den Zuruf von der SPD – der einzige Stadtteil, der Probleme hat? Das ist er nicht, aber wir finden den Ansatz richtig, dass wir ressortübergreifend vorgehen müssen, wenn ein Stadtteil Entwicklungsdruck hat. Wir wollen das auch in Zukunft betreiben, die Drucksache über die integrierte Stadtteilentwicklung wird uns vielleicht noch vor der Sommerpause erreichen, zumindest ist das so angekündigt. Das ist ein Ansatz, auf den wir sehr stark setzen, denn wir müssen die Stadtteile attraktiver machen. Das hat wirtschaftliche Gründe und auch Gründe, die im Bereich des Wohnungsbaus und des Wohnungsmarkts liegen.
Die Situation des Einzelhandels ist in den Stadtteilzentren nicht mehr so wie in den Neunzigerjahren. Damals waren kleine örtliche Kaufhäuser vielfach die Frequenzbringer und alles strömte zur Ortsmitte und deckte dort seinen täglichen Bedarf. Aber seit ungefähr 15 Jahren haben wir im Einzelhandel ein stark verändertes Einkaufsverhalten. Die Menschen greifen beispielsweise auf Internethandel zurück, es gibt verstärkt den Versandhandel und der tägliche Bedarf wird zunehmend dort gedeckt, wo man ebenerdig mit dem Auto parken kann. Dies und auch Einzelhandelsketten haben dazu geführt, dass die Kaufhäuser, die früher die Frequenzbringer waren, in Schwierigkeiten geraten sind.
Wir haben diese Situation auch in Eidelstedt und in Langenhorn mit der Hertie- und Karstadt-Problematik. Darauf müssen wir reagieren, und zwar so, dass wir die Stadtteilzentren so attraktiv machen, dass die Bewohner der Stadtteile diese auch als identitätsstiftenden Ortsmittelpunkt empfinden und sagen, sie seien Bramfelder, Langenhorner oder Eidelstedter und dann in die Mitte ihres Ortszentrums gehen und dort ihren täglichen Bedarf decken.
Das ist auch notwendig, weil wir einen zunehmend gespaltenen Mietenmarkt haben, das heißt, es gibt in der Stadt einerseits attraktive Wohnlagen und andererseits weniger attraktive Wohnlagen, die nicht sehr nachgefragt sind. Und das müssen wir ändern, indem wir dort aufwerten, wo es möglich und auch nötig ist, damit die Menschen animiert werden oder Lust bekommen zu sagen, sie mögen gerne nach Bramfeld ziehen, weil es dort vielleicht dann die Kulturinsel gibt, weil es soziale und kulturelle Einrichtungen gibt, die ihnen gefallen und weil vielleicht Ottensen voll ist und sie sich in Bramfeld noch eine erschwingliche Wohnung leisten können.
Diesen Antrag Bramfeld sehe ich auch im Zusammenhang mit integrierter Stadtteilentwicklung und wir halten es für die nächsten Jahre für einen sehr wichtigen Ansatz, diese Stadtteile aufzuwerten, weil wir zunehmend Wohnraum benötigen und diesen für die Menschen attraktiver machen müssen. In diesem Sinne werbe ich um Zustimmung für unseren Antrag.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Stadtteil Bramfeld hat sich zu einem wichtigen Wohnbezirk mit inzwischen 50 000 Einwohnern entwickelt. Wenn man Steilshoop hinzuzählt, kommen noch 20 000 hinzu, das ist ein Komplex von circa 70 000 Einwohnern. Entlang der Bramfelder Chaussee, der Bundesstraße 434 nach Lübeck, die eine Verbindung zwischen der City und dem Hamburger Umland darstellt, galt Bramfeld lange Zeit als unauffälliger Stadtteil.
Das Bramfelder Zentrum liegt direkt an dieser vielbefahrenen Hauptstraße. Viel Leerstand, Herr Becker erwähnte das, und eine rückläufige wirtschaftliche Entwicklung im Ortskern veranlassten im Herbst 2000 den Bezirk Wandsbek, eine städtebauliche Rahmenplanung für den Ortskern Bramfeld in Auftrag zu geben. Viele der Anregungen aus der Rahmenplanung sind schon in der Planung oder Umsetzung. Der Bezirk Wandsbek unternimmt derzeit Anstrengungen, das Ortszentrum unter anderem mit der Umsetzung der Neugestaltung des Marktplatzes an der Herthastraße und der Errichtung eines Einzelhandelszentrums zu stärken, Herr Becker erwähnte das. Seit der Fertigstellung der Rahmenplanung 2002 und heute ist die Entwicklung aber weitergegangen und nach über 40 Jahren Wartezeit werden die Bramfelder nun endlich an das Schienennetz in Hamburg angeschlossen.