Eindruck, dass die Initiative die Hürden wollte, weil sie sich vor den Parteien fürchtete und vielleicht aus den Erfahrungen der letzten Legislaturperiode mit der CDU auch Recht hatte, hier misstrauisch zu sein.
Auf der anderen Seite war es klar der Wunsch der CDU, den gefundenen Kompromiss nicht durch erneute Volksentscheide schnell wieder hinfällig werden zu lassen. Wir hatten aber auch den Eindruck, dass Sie sich vielleicht vor Ihren eigenen Untaten der Vergangenheit schützen wollten, indem die Hürden so hoch sind, dass bei Ihnen klar ist, dass dieser Kompromiss so getragen werden muss.
Dennoch tragen wir diese hohen Hürden mit. Wir wollen uns aktiv an dem Kompromiss beteiligen und wir haben auch entscheidend dazu beigetragen, dass er überhaupt zustande gekommen ist.
Zweidrittelmehrheiten haben auch positive Seiten. Wir werden sicherstellen, dass Wahlrechtsveränderungen, die wir in den nächsten Jahren sicherlich hier und da machen werden, auf jeden Fall nur stattfinden, wenn es breite Mehrheiten dafür gibt. Es ist im Kern auch nicht verkehrt, wenn Veränderungen am Wahlrecht nicht mit knappen Mehrheiten durchgestellt werden. Außerdem drücken diese Zweidrittelmehrheiten auch aus, dass das Wahlrecht, auf das wir uns jetzt verständigt haben, möglichst lange Bestand haben wird, sodass die Bürgerinnen und Bürger sich in einem längeren Zeitraum darauf einstellen können.
Die Verhandlungen der letzten Wochen waren nicht ganz einfach, das wurde schon gesagt, jede Seite hat viele Kröten schlucken müssen. Wir hoffen nun, dass dieses Wahlrecht von den Hamburgerinnen und Hamburgern verstanden, akzeptiert und klug angewandt wird. Dann könnte das das Ende einer langen Geschichte sein.– Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Ernst, dass sich die SPD vor allen Dingen immer gerne mit Vergangenheitsbewältigung beschäftigt, wissen wir.
Sie wissen aber aus den eigenen Erfahrungen in der Partei, dass das nicht immer richtig nach vorne führt, von daher will ich das heute nicht fortsetzen.
Ich möchte mich an dieser Stelle erst einmal ganz herzlich beim Landeswahlleiter bedanken, bei Herrn Dr. Schween aus der Senatskanzlei und
auch bei unserem Juristen, Dr. Winterhoff, die wir gemeinsam beauftragt und die in den letzten Tagen durchgearbeitet haben, damit wir sowohl das, was uns heute vorliegt, als auch das, was wir heute ins Parlament eingebracht haben, nämlich die Wahlrechtsänderung, hinbekommen. Es war ein Husarenritt in den letzten Tagen, natürlich auch mit unseren Verhandlungen, die immer zu früher Morgenstunde stattgefunden haben.
Ich schließe mich den Vorrednern insoweit an, dass auch ich mich sehr darüber freue, dass uns nach vielen Gesprächen und Verhandlungen nun wirklich gelungen ist, einen Kompromiss zu finden, der von allen Fraktionen und auch von der Volksinitiative getragen wird. Wir haben jetzt die Chance auf einen echten Wahlrechtsfrieden und der hat für mich einen hohen Wert an sich.
Ich muss für meine Fraktion, für die CDU, konstatieren, dass der Preis sehr hoch ist. Die Bauchschmerzen und die Fragezeichen, auch bei mir persönlich, sind entsprechend groß. Dafür nenne ich ein paar Beispiele. Wie schaffen wir es, dass zum Beispiel die Abgeordneten auf den Bezirkslisten sich künftig wirklich bekannt machen können? Wir haben eine andere Situation als in vielen Städten und Kommunen in Deutschland, wo eine Stadt mit 50 000, 70 000 Einwohnern selbstverständlich ein, zwei Tageszeitungen hat. Wir haben in Altona keine Tageszeitung. Harburg ist ein positives Beispiel, da gibt es so etwas, da gibt es täglich eine entsprechende Medienberichterstattung. Es gibt auch andere Bezirke in Hamburg, wo es eine vernünftige Medienlandschaft gibt, aber es gibt auch ganze Stadtteile, Bezirke, wo über die Kommunalpolitik so gut wie nicht berichtet wird. Von daher ergeht auch ein Aufruf an die Verlage, an die Medien - das neue Wahlrecht hat auch eine Herausforderung für Sie. Berichten Sie bitte auch über die Kommunalpolitik, berichten Sie über das, was dort passiert, damit sich die Bürgerinnen und Bürger ein Bild machen können von ihren Abgeordneten und den Kandidaten.
Es ist nicht ganz einfach, von den Bürgern zu erwarten, wenn wir nur mal die fünf größeren Parteien nehmen, sich auf Landesebene ernsthaft 300 Kandidaten anzuschauen und dann daraus die besten auszuwählen. Zumindest mir würde es schwerfallen, sage ich ganz offen. Die Erfahrungen aus Studentenparlamenten zeigen auch, dass solche personalisierten Wahlen nicht unbedingt ankommen. Der Bürger wird es auch nicht schätzen, wenn sich alle von uns landesweit plakativ darstellen würden. Man muss sicherlich gemeinsam mit den Medien darüber nachdenken, wie man an dieser Stelle eine vernünftige Darstellung schafft. Bei den Wahlkreisen hat es letztes Mal sehr gut geklappt, im Hamburger Abendblatt zum Beispiel,
Wenn man, wie Mehr Demokratie, glaubt, dass sich der Bürger künftig mehr über die Kandidaten, über die Abgeordneten informieren wird, dann frage ich mich, ob es Sinn macht, drei relativ beliebige Sozialkriterien auf dem Wahlzettel abzudrucken, nämlich das Alter, den Beruf und den Wohnort. Wir hatten darüber diskutiert, das ist alles einer gewissen Interpretation zugängig. Ich könnte bestimmt fünf, sechs, sieben Berufsbezeichnungen darauf schreiben, die alle juristisch erst einmal korrekt wären. Da kann man sich eben überlegen, ob man Banker oder lieber Schriftsteller darauf schreibt. Es ist durchaus in solchen Fällen die Frage, ob das wirklich zur Klarheit beträgt.
Warum nicht die Anzahl der Kinder, finde ich zum Beispiel eine hervorragende Idee, wäre ich immer dafür.
Familienstand, Ausbildung, Religionszugehörigkeit. Es ist schwierig, dass jetzt plötzlich drei relativ willkürliche Kriterien darüber entscheiden sollen, ob jemand ein guter Abgeordneter ist oder nicht. Da könnte ich mir andere Kriterien vorstellen oder eben auch gar keine.
Wir haben es zumindest hinbekommen, dass wir bei den Listen, also bei Bezirks- und Landesliste, den Stadtteil herausnehmen, weil dort ja in der Tat die Abgeordneten für den gesamten Bezirk oder für das gesamte Land Hamburg zuständig sein sollen.
Wir haben außerdem das Thema der Bezirkswahlen, die künftig an die EU-Wahl gekoppelt sind. Ob das für die Wahlbeteiligung unbedingt eine positive Resonanz haben wird, lassen zumindest die Ergebnisse aus anderen Bundesländern bezweifeln. Wir haben hohe Kosten, über die man auch einmal nachdenken muss, sowohl für die Parteien als auch für die Organisation, und wir haben natürlich vor allen Dingen sicherlich auch Veränderungen in der Zusammensetzung der Bezirksparlamente. Und, Frau Ernst hat es schon gesagt, sie sind weniger demokratisch legitimiert als sie es heute sind, wenn weniger Menschen zur Wahl gehen. Alles dies tut weh.
Noch mehr schmerzt, muss ich aber sagen, dass wir eine durchaus nicht ganz einfache, man kann auch sagen eine komplizierte Lösung gefunden haben. Ich finde dieses Bremische Modell schwer zu erklären. Es sind relativ komplizierte Rechenmodelle.
Ich sage ganz offen, wir hätten es gerne etwas einfacher gehabt. Vielleicht auch, um einmal zu zeigen, dass ein Kompromiss in der Politik nicht immer gleich bedeuten muss, dass es schrecklich kompliziert wird. Wir hatten einen entsprechenden Vorschlag gemacht, auf den sich auch drei Fraktionen, drei Parteien schon geeinigt hatten. Wir müssen aber leider konstatieren, dass wir das nicht geschafft haben. Es ist, wie immer in der Politik, ein Kompromiss geworden, der kompliziert ist.
Dennoch haben wir, und das sollte man auch nicht verschweigen, viel erreicht. Wir haben die Parteienstimme erhalten - und wenn es immer darum geht, was der Wähler eigentlich will: Beim letzten Mal hatte er doch die freie Auswahl, ob er in den Wahlkreisen die Parteienstimme wählt oder ob er auf die Personen geht. 60% der Wähler haben sich entschieden, die Partei anzukreuzen.
Also bei freier Auswahl hat sich der Hamburger Wähler, die Hamburger Wählerin für die Parteienstimme entschieden, hat gesagt, ich vertraue dort den Parteien und möchte die CDU wählen oder die SPD wählen, möchte mich nicht mit den einzelnen Abgeordneten auseinandersetzen. Diese Möglichkeit wird es zumindest auf den Listen künftig weiterhin geben.
Wir haben die 3-Prozent-Hürde vereinbart und damit haben wir auch eine Stabilität in die Bezirksparlamente hineingebracht. Wir haben auch kein Nachrücken aus anderen Wahlkreislisten. Es gab ja den Vorschlag, dass Kandidaten aus anderen Parteien nachrücken sollten, wenn die Wahlkreisliste einer Partei erschöpft ist. Ich glaube, das hätte die Wählerinnen und Wähler doch sehr irritiert, wenn sie CDU gewählt hätten und dann plötzlich die Linkspartei nachgerückt wäre. Von daher ist dies sehr wichtig auch für das demokratische Verständnis,
Wir haben jetzt das besondere Schutzrecht für das Wahlrecht in beide Richtungen, sowohl eine Volksinitiative braucht eine Zweidrittelmehrheit als auch wir hier im Parlament. Das macht zum einen sicherlich das Wahlrecht stabiler. Wir können dem Wähler nicht zumuten, alle vier Jahre nach einer neuen Regelung abzustimmen. Aber ich glaube auch, es ist immer gut, wenn das Wahlrecht auf einer breiten Mehrheit steht. Das macht es der SPD vielleicht auch nicht ganz so einfach, sich wegzuducken und dann hier gegen die eigenen Überzeugungen zu polemisieren, so wie beim letzten Mal. Ich erinnere nur daran, wie heftig hier über die sogenannte Berlusconi-Klausel von Herrn Dr. Dressel gestritten wurde, jetzt hat er sie glücklich akzep
tiert. Die angeblich so böse Berlusconi-Klausel wurde von allen Fraktionen und der Volksinitiative akzeptiert, das hätte man sich mal vor drei Jahren überlegen sollen.
Über diese Schutzregelung in der Verfassung stimmen wir heute ab. Ich freue mich ganz besonders, dass es bei dieser Verfassungsänderung, anders als bei vielen anderen Verfassungsänderungen auf Bundes- oder auf Landesebene, auch gelungen ist, den neuen Verfassungstext schön kurz zu halten. – Vielen Dank.
Nein, das bin ich mit Sicherheit nicht. Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Da ich die vierte Rednerin bin, kann ich mich kurz fassen,
weil die Darstellung des Wahlrechts und der Verfassungsänderung schon von den Vorrednern vorgenommen wurde. Ich werde mich also relativ kurz fassen.
Den Schlussakt des mehrjährigen Wahlrechtsdramas in mehreren Akten wird es erst in der nächsten Bürgerschaftssitzung geben, wenn wir nämlich mit einem Interfraktionellen Antrag ein neues Wahlrecht verabschieden. Heute sorgen wir einvernehmlich mit einer Verfassungsänderung dafür, dass dieses Wahlrechtsdrama nicht endlos weiter fortgeschrieben wird und dass es überhaupt so etwas wie einen versöhnlichen Schlussakt geben wird.
Die Verfassungsänderung ist Bestandteil eines tragfähigen Kompromisses, den die Initiative "Mehr Demokratie" und die in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen gefunden haben. Dem Dank an alle Beteiligten schließen wir uns ausdrücklich an. Den Inhalt der Verfassungsänderung und auch des Wahlrechts muss ich nicht erneut referieren, das haben meine Vorredner/innen gemacht. Da wir den Kompromiss einvernehmlich gefunden haben und die Verfassungsänderung heute einvernehmlich einbringen, will ich mich auch in der Kritik an der Rolle, die die CDU im Wahlrechtsdrama gespielt hat, zurückhalten. Von der Aufhebung des erfolgreichen Volksentscheids von 2004, in dem eine Zweidrittelmehrheit der Wählerinnen und Wähler das Wahlrechtsgesetz der Initiative "Mehr Demokratie" unterstützt hat, durch die CDU-Mehrheit in